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Kaprun Prozess

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TPD
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von TPD »

Freilich gibt es einen oder mehrere Schuldige. Nur solange die Beweise fehlen (die sind nunmal alle verbrannt, daran gibts nichts zu rütteln), kann auch niemand verurteilt werden.
Nicht unbedingt. Es könnte ja die sogenannte Gefährdungshaftung zur Anwendung kommen.
Aber die wahre Ursache und den Schuldigen (sofern es diesen überhaupt gibt), wird man im Falle von Kaprun vermutlich nie finden.
Und ja, es mag durchaus berechtigt sein die Arbeit vom Gericht in Frage zu stellen. Aber mit einem Bauernopfer ist auch niemanden geholfen.
http://www.skichablais.net, die Bergbahnen der Region Chablais und Umgebung.

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Dachstein
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

TPD hat geschrieben:Es könnte ja die sogenannte Gefährdungshaftung zur Anwendung kommen.
Das ist imo nur Zivilrechtlich, aber nicht Strafrechtlich relevant. Wir reden hier aber im Moment um die strafrechtlich relevante Komponente. Zivilrechtlich stimme ich dir aber zu. Diese Möglichkeit besteht. Allerdings ist der Begriff "erlaubte Gefahr" wieder ziemlich schwammig, sodass es hier auch in beide Richtungen gehen kann. Freispruch oder Verurteilung.

MFG Dachstein
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TPD
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von TPD »

Das ist imo nur Zivilrechtlich, aber nicht Strafrechtlich relevant. Wir reden hier aber im Moment um die strafrechtlich relevante Komponente. Zivilrechtlich stimme ich dir aber zu. Diese Möglichkeit besteht.
Stimmt, da gibt es ja einen Unterschied.
Da nun auch die Option der Gefährdungshaftung weg fällt, wird es schwierig einen Schuldigen zu bestimmen.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von jens.f »

TPD hat geschrieben:
Freilich gibt es einen oder mehrere Schuldige. Nur solange die Beweise fehlen (die sind nunmal alle verbrannt, daran gibts nichts zu rütteln), kann auch niemand verurteilt werden.
Nicht unbedingt. Es könnte ja die sogenannte Gefährdungshaftung zur Anwendung kommen.
Soweit ich weiss, gab es sowas in Ö zu dem Zeitpunkt nicht.

Als eine der Konsequenzen von Karprun wurde dafür ja das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz eingeführt...
http://de.wikipedia.org/wiki/Verbandsve ... eitsgesetz

Gruß, Jens
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von schafi »

jens.f hat geschrieben:Als eine der Konsequenzen von Karprun wurde dafür ja das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz eingeführt...
http://de.wikipedia.org/wiki/Verbandsve ... eitsgesetz

Gruß, Jens
Verbandsverantwortlichkeit ist allerdings nicht mit Gefährdungshaftung gleichzusetzen, da für eine Verbandsverwantwortlichkeit auch ein Verschulden erforderlich ist.
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Kris
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Kris »

TPD: Da tust Du mir unrecht, es ist nicht mein Ziel hier willkürlich eine Personen zu beschuldigen. Vielmehr geht es mir um die Art der Urteilsfindung in dem Prozess, den ich für skandalös halte. Untersucht man das Urteil, so wird man unweigerlich das auch Verantwortlichkeiten betrachten...

TPD, vergesse aber auch nicht, dass es die Kapruner Gletscherbahnen waren, die den Hersteller des Heizlüfters angeklagthaben! Die haben beschuldigt!
Wäre es in Deutschland sodann zu einem Gerichtsverfahren gekommen, und hätte dieses der österreichischen Vorlage gefolgt, so hätte jetzt ein womöglich Konstrukteur eines filigranen Haushaltsgeräts den Tod von 155 Personen zu verantworten!

Hier hat das Gericht -gesteuert wodurch auch immer- einen Schuldigen konstruiert, um seine beschützten Schäflein selbst in Unschuld waschen zu können. Das ist eine menschlich besonders niederträchtige Vorgehensweise.

Zum Glück hat die dt. Staatsanwaltschaft dem eine Abfuhr erteilt.


Es geht mir schon garnicht darum, den genauen Unfallhergang im Detail bestimmen zu wollen, das ist sowieso nicht möglich. Es ist jedoch sehr wohl möglich, jene Kombination an Fehlern ausfindig zu machen, die zum Brand geführt haben. Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass das Feuer im Führerstand vorne links ausbrach, dies ist auf Zeugenaussagen gestützt.

Sodann habe ich mich wie viele andere auch einerseits Fragen über die Zulässigkeit des Einbaus eines Haushaltsgeräts in unmittelbarer Nähe zur Druckleitung gestellt, und anderseits über die Regeln die beim Verlegen von Hydraulikleitungen beachtet werden müssen. Hier wurden in beiden Fällen schwerwiegende Verstöße begangen, die vom Gericht wegkonstruiert worden oder erst gar nicht erhoben worden sind.

Dachstein kann daher nicht gebetsmühlenartig wiederholen, daß nichts zu beweisen sei...
Absurd, denn das Feuer ist eben durch diesen Heizlüfter in Kombination mit den Ölleitungen entstanden. Dass das Feuer sich derart rasch ausbreiten konnte, hat dann noch viele weitere Gründe auf die zB. città dei sassi und 3303 eingegangen sind.


Schlampereien werden immer passieren, aber die Art des Gerichtsverfahrens beklemmt mich einfach, die Ohnmächtigkeit mit die Entscheidungen hingenommen werden müssen. Ich will nicht dass in meinem Land derartiges so abläuft.


Sehr interessant und kaum hier erforschbar sind die wahren Hintergründe und Interessenslagen beim Prozess, und erst recht bei der Rückweisung einer Wiederaufnahme in zweiter Instanz... weshalb ist der Prozess so abgelaufen? Nebst den Grotesken, die man leicht Dingfest machen kann in dem 270 Seiten Urteilsbegründung sind während den Ermittlungen zahlreiche obskure Vorgänge passiert, wie auch Steinstadt hier anmerkt. Oder die Staatsanwaltschaft Heilbronn in ihrem Untersuchungsbericht (Der Link von Dachstein zeigt lediglich auf eine Pressemeldung).

Zu Dachsteins Verbindung zu Akteuren aus dem Bereich, die ich erfragte: Mir ist diese teilweise bekannt, ich ich brauchs nicht lesen hier...
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von darkstar »

Kris hat geschrieben:Absurd, denn das Feuer ist eben durch diesen Heizlüfter in Kombination mit den Ölleitungen entstanden.
Wie kommst du zu dieser Aussage?

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Dachstein
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

Kris hat geschrieben:TPD, vergesse aber auch nicht, dass es die Kapruner Gletscherbahnen waren, die den Hersteller des Heizlüfters angeklagthaben! Die haben beschuldigt!
Was ich durchwegs für einen Fehler halte. Einerseits weil es auf einem Konstrukt auf Österreich beruht, welches falsch ist und andererseits, weil man zwangshaft versucht, einen Schuldigen zu finden. Die Herrschaften in Heilbronn haben ja festgestellt: Brandursache unklar. Somit ist es auch hinfällig, Fakir anzuprangern.
Hier hat das Gericht - gesteuert wodurch auch immer - einen Schuldigen konstruiert, um seine beschützten Schäflein selbst in Unschuld waschen zu können. Das ist eine menschlich besonders niederträchtige Vorgehensweise.
Was zugegebenermaßen naheliegt, aber bis jetzt nicht bewiesen wird. Ich gehe davon aus, dass die BB KSH sich versucht haben, an Fakir schadlos zu halten (mit dem österreichischen Urteil in der Tasche, das ja Fakir die Schuld zuschiebt). Grober Fehler.
Es geht mir schon garnicht darum, den genauen Unfallhergang im Detail bestimmen zu wollen, das ist sowieso nicht möglich. Es ist jedoch sehr wohl möglich, jene Kombination an Fehlern ausfindig zu machen, die zum Brand geführt haben. Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass das Feuer im Führerstand vorne links ausbrach, dies ist auf Zeugenaussagen gestützt.
Das Problem bei der Zeugenaussage ist aber, dass das Feuer verdeckt hinter einer Abdeckung ausbrach. So gesehen kann man zwar in etwa abschätzen, wo das Feuer ausbrach, aber nicht genau das Bauteil nennen, das zum Unglück geführt hat.Es wäre aber zur Erhärtung der Theorie Heizlüfter durchwegs wünschenswert, um die Sache dingfest zu machen. Solange ein Zweifel dran bleibt, gibts in meinen Augen auch keinen Schuldigen. Wieder im Zweifel für den Angeklagten. 90% Warscheinlichkeit reichen in meinen Augen nicht aus, weil es immer noch 10% Warscheinlichkeit gibt, jemanden Unschuldigen das Leben zu versauen. Darum gehts mir.
Sodann habe ich mich wie viele andere auch einerseits Fragen über die Zulässigkeit des Einbaus eines Haushaltsgeräts in unmittelbarer Nähe zur Druckleitung gestellt, und anderseits über die Regeln die beim Verlegen von Hydraulikleitungen beachtet werden müssen. Hier wurden in beiden Fällen schwerwiegende Verstöße begangen, die vom Gericht wegkonstruiert worden oder erst gar nicht erhoben worden sind.
Die Frage ist durchwegs berechtigt. Gehen wir mal (abgesehen von aller vorhandenen Unklarheiten, da das Feuer hinter einer Verblendung ausgebrochen ist und damit im Anfangsstadium nicht einsehbar war) aus, dass das Feuer dort ausgebrochen ist. Für meine Begriffe wäre es jetzt wichtig zu erfahren, wie die einzelnen Komponenten ineinander gegriffen haben, um feststellen zu können: ist das Teil ursächlich beteiligt, oder nur in die Kette geraten, weil es gerade dort verbaut war oder hatte es gar nichts damit zu tun? Das macht in der Schuldfrage imo. einen großen Unterschied. Die Reihenfolge ist eine ganz, ganz Wichtige. Nur wer die genauen Zusammenhänge kennt, kann auch objektiv urteilen. Unter einem Summenstrich können bekanntlich verschiedene Kosntellationen von Zahlen ein und das selbe Ergebniss liefern. Die Zusammenhänge sind leider unklar, daher haben wir ein Problem.
Absurd, denn das Feuer ist eben durch diesen Heizlüfter in Kombination mit den Ölleitungen entstanden. Dass das Feuer sich derart rasch ausbreiten konnte, hat dann noch viele weitere Gründe auf die zB. città dei sassi und 3303 eingegangen sind.
Der absoluten Beweis fehlt aber wiederum, das sagst du, ob es so war, sei dahingestellt - ich kann es dir leider nicht beantworten, sonst hätte ich es schon lange getan (und wenn es jemand anders könnte, hätte er es ebenso getan). Ihr seit nur der Ansicht, dass dem so gewesen ist. Ich bin es übrigens auch, nur muss ich mir halt eingestehen, dass aufgrund des Brandverlaufes nicht möglich ist, das in der Form nachzuvollziehen, um einen Schuldigen auch zu verurteilen. Im Zweifel für den Angeklagten. Daran wird sich in meinen Augen nichts ändern.
Sehr interessant und kaum hier erforschbar sind die wahren Hintergründe und Interessenslagen beim Prozess, und erst recht bei der Rückweisung einer Wiederaufnahme in zweiter Instanz... weshalb ist der Prozess so abgelaufen? Nebst den Grotesken, die man leicht Dingfest machen kann in dem 270 Seiten Urteilsbegründung sind während den Ermittlungen zahlreiche obskure Vorgänge passiert, wie auch Steinstadt hier anmerkt. Oder die Staatsanwaltschaft Heilbronn in ihrem Untersuchungsbericht (Der Link von Dachstein zeigt lediglich auf eine Pressemeldung).
Der Anschein ist komisch, das gebe ich zu. Es passt auch mir nicht, wie der Prozess abgelaufen ist. Das war unter aller Sau. Dennoch stellen die Deutschen berechtigterweise fest, dass auch sie nicht wissen, was passiert ist. Die Österreicher (Gutachter) glauben es aber, obwohl schwer von einem System aufs andere Geschlossen werden kann (Frage: sind die Rahmenbedinungen wirklich die gleichen? Nicht nachweisbar, da ein Wagen in Flammen aufgegangen ist und dort die Spuren vernichtet wurden). Und ich halte das für einen Trugschluss. Ich denke, wir sind uns zu sicher, die Brandursache zu kennen. Die Annahmen (Heizlüfter + Ölleitung) können stimmen, genau so wie sie falsch sein können (Zigarette). Und genau darum bleibt für mich ein Zweifel an der ganzen Sache. Ein Zweifel, der sich letztlich nicht ausräumen lässt.
Zu Dachsteins Verbindung zu Akteuren aus dem Bereich, die ich erfragte: Mir ist diese teilweise bekannt, ich ich brauchs nicht lesen hier...
Mir ist gänzlich neu, dass ich Kontakte nach Kaprun hätte... Ich kenne war viele in der Branche und teilweise auch Quer durch Österreich, Tschechien und Deutschland (was ich nicht bestreite), muss aber dezitiert festhalten, dass ich weder Kontakte zu den BB Kitzsteinhorn habe noch zum Ministerium unterhalte.

MFG Dachstein

EDIT: Rechtschreibfehler ausgebessert.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von baeckerbursch »

90% Warscheinlichkeit reichen in meinen Augen nicht aus, weil es immer noch 10% Warscheinlichkeit gibt, jemanden Unschuldigen das Leben zu versauen
Zurück zu meiner Frage aus der vorherigen Seite: Was wäre denn denkbar das die Bergbahen wirklich keine Schuld haben? Also was sind die 10%? Was hätte denn den Brand noch auslösen können? Und vor allem: Welche Brandursache macht die ganzen Fehler der Verantwortlichen ungeschen? Mir fällt nichts ein.

Interessant finde ich ja sogar daß derjenige Freigesprochen wurde, der es versäumt hat im Alpincenter ein Branschott (oder in diesem Fall Rachschotts, oder auch Rauchabzüge) zum Bahnhof / Alpincenter einzubauen. Für dieses Vergehen ist die Brandursache nämlich egal. Dort oben sind auch 3? Personen im Rauch umgekommen - zur Mittagszeit hätten es leicht 100 und mehr sein können. Diese Schutztüren kenne ich eigentlich schon "immer", warum haben sie gerade da nicht funktioniert?
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

baeckerbursch hat geschrieben:
90% Warscheinlichkeit reichen in meinen Augen nicht aus, weil es immer noch 10% Warscheinlichkeit gibt, jemanden Unschuldigen das Leben zu versauen
Zurück zu meiner Frage aus der vorherigen Seite: Was wäre denn denkbar das die Bergbahen wirklich keine Schuld haben? Also was sind die 10%? Was hätte denn den Brand noch auslösen können? Und vor allem: Welche Brandursache macht die ganzen Fehler der Verantwortlichen ungeschen? Mir fällt nichts ein.
Ich sage nicht dass sie unschuldig sind - es fehlt für mich aber der letzte Beweis, der den jeweiligen Angeklagten auch eine eindeutige Schuld zuweist. Solange das nicht geht, gilt im Zweifel für den Angeklagten. Das sind die letzten 10%. Darauf will ich hinaus.

Einige andere Theorien gingen beispielsweise auch von Zigarettenstummeln aus. Es liegt dirchaus im Bereich des möglichen, dass irgendjemand am Bahnsteig geraucht hat und beim Einsteigen die glühende Zigarette wegschnippt. Jetzt braucht nur die Türe vom Führerstand offen gewesen sein. Drinnen wäre sie und eine alternative Zündquelle wäre vorhanden. Freilich: Spekulation zu 100%, es liegt aber im Bereich des Möglichen.
Weitere Theorie: Kabelbrand: kann ich das ausschließen, dass es nicht sowas war? Leider nein, eine Restmöglichkeit besteht.
Wenn alles so eindeutig wäre, wie hier manche tun, gäbe es auch keine Diskussion darüber. Es ist aber nicht alles eindeutig, ein Spielraum für andere Unglückshergänge sind leider immer noch da.

Ich frage deswegen so vehement nach einer Alternativtheorie, weil mir das Verhalten des erstne Gutachters etwas komisch vorkommt. Er präsentiert den Heizlüfter als Ursache, geht aber die Verteidigung nicht an und sagt, er wäre unter Druck gesetzt worden. Gleichzeitig weigert er sich, die zu nennen, die ihn unter Druck setzen. Warum? Vor was oder wem fürchtet sich der Mann? Oder fürchtet er, dass er sein Gutachten nicht eindeutig verteidigen zu können und selber Fehler eingestehen zu müssen (Schluss vom intakten auf den verbrannten Wagen nicht oder nur bedingt möglich)? Es wäre dem Gericht viel geholfen, da die wahren Hintergründe zu kennen. Meine Zweifel wären mit der Nennung der Hintergrundpersonen ausgeräumt - warum tut er es dennoch nicht? Was sind da die Hintergründe?
Interessant finde ich ja sogar daß derjenige Freigesprochen wurde, der es versäumt hat im Alpincenter ein Branschott (oder in diesem Fall Rachschotts, oder auch Rauchabzüge) zum Bahnhof / Alpincenter einzubauen. Für dieses Vergehen ist die Brandursache nämlich egal. Dort oben sind auch 3? Personen im Rauch umgekommen - zur Mittagszeit hätten es leicht 100 und mehr sein können. Diese Schutztüren kenne ich eigentlich schon "immer", warum haben sie gerade da nicht funktioniert?
Naja: nach Expertenmeinung hätte es ja gar nicht brennen können. Freilich - totaler Trugschluss. Aber wenn mir die Behörde und die Experten sagen, ich brauche sowas nicht, weil es ihrer Ansicht nicht zum Brand kommen kann, spare ich es mir vermutlich auch ein.

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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von baeckerbursch »

Naja: nach Expertenmeinung hätte es ja gar nicht brennen können. Freilich - totaler Trugschluss. Aber wenn mir die Behörde und die Experten sagen, ich brauche sowas nicht, weil es ihrer Ansicht nicht zum Brand kommen kann, spare ich es mir vermutlich auch ein.
Aber dieses Branschott gabs doch? Oder gabs jedenfalls bei anderen Anlagen. (also war die Gefährdung doch bekannt)
Einige andere Theorien gingen beispielsweise auch von Zigarettenstummeln aus. Es liegt dirchaus im Bereich des möglichen, dass irgendjemand am Bahnsteig geraucht hat und beim Einsteigen die glühende Zigarette wegschnippt. Jetzt braucht nur die Türe vom Führerstand offen gewesen sein. Drinnen wäre sie und eine alternative Zündquelle wäre vorhanden. Freilich: Spekulation zu 100%, es liegt aber im Bereich des Möglichen.
Ok, damit wäre eine Zündquelle da. Aber was soll (wenn im Zug alles in Ordnung war) brennen?
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Kris »

Es gab offensichtlich einen Brandabschnitt zwischen Station und dem restlichen Komplex. Getrennt waren die Bereiche durch zwei hintereinandergschaltete elektrische Glasschiebetüren jeweils am Eingang und am Ausgang einer Art grosser Schleusenkammer. Früher war es so, daß nach Ankunft der Bahn die Leute in die Schleusenkammer geleitet wurden, danach die Eingangstür geschlossen und die Ausgangstüre geöffnet wurde. Dies wurde (immer?) so gemacht, da offensichtlich der Luftzug durch die Kaminwirkung auch im Normalbetrieb oft sehr stark war.
(Weshalb hier statt der Schleusenlösung nicht wie bei anderen Bahnen ein Rolltor im Tunnel bei Stationseingang angebracht wurde...wäre simpler gewesen?)

Diese Glasschiebetüren entsprachen der Brandschutzbverordnung. Rauchabzugsklappen waren auch vorhanden, aber diese öffnen nur bei Rauchtemperaturen > 70 Grad, blieben also zu! (Wobei...70 Grad...da wird Fleisch bereits gut gegart...). Auch das entsprach den gültigen Regeln.

Die Glasschiebetüren waren so konzipiert, dass sie bei Stromausfall (über einen eingebauten Akku) schließen, was auch Sinn macht.
Nachdem das Starkstromkabel im Tunnel bei der brennenden Bahn (nach glaube ich 8 Minuten) einen Erdschluss verursachte, schlossen also die Türen.
Die flüchtenden Bediensteten aus dem Führerstand, mussten aber durch diesen Schleusenbereich, weshalb sie die Türe aufdrücken mussten. Danach blieben die Stromlosen Türen offen, da lt. Gesetz bei Stromausfall nur ein einmaliges Schlissen vorgesehen ist (was in manchen Fällen auch Sinnvoll sein kann, hier jedoch nicht).

Weshalb zusätzlich zu den el. Schiebetüren keine wahren Brandschutztüren (automatisch bei Brandalarm zufallend, brandfest) vorgesehen waren? Wenn schon die Bahn nicht brennen konnte im Verständnis der Beteiligten, hätte dies der restliche Komplex (Restaurant)...sehr wohl, und dabei die Station mit seinen großen Menschenmassen gefährden müssen...
Zuletzt geändert von Kris am 17.11.2010 - 12:49, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von jens.f »

baeckerbursch hat geschrieben:
90% Warscheinlichkeit reichen in meinen Augen nicht aus, weil es immer noch 10% Warscheinlichkeit gibt, jemanden Unschuldigen das Leben zu versauen
Zurück zu meiner Frage aus der vorherigen Seite: Was wäre denn denkbar das die Bergbahen wirklich keine Schuld haben? Also was sind die 10%? Was hätte denn den Brand noch auslösen können? Und vor allem: Welche Brandursache macht die ganzen Fehler der Verantwortlichen ungeschen? Mir fällt nichts ein.

Wie schon drei mal Geschrieben:
Es gibt drei "wahrscheinliche" Grundmöglichkeiten:
Möglichkeit 1: Heizlüfter brennt durch und Beschädigt die Leitungen
Möglichkeit 2: Leitungen sind fehlerhaft verlegt, undicht und Beschädigen den Heizlüfter
Möglichkeit 3: Das Öl zerstört die Dichtungen, das Öl tritt aus und Beschädigt den Heizlüfter

In allen Möglichkeiten hat zwar in Gewissen weise die Bergbahn Schuld - aber die Bergbahn kann nicht strafrechtlich Belangt werden - Strafrechtlich kann man nur Personen Belangen.
Um zu wissen, welche Person(en) man belangen soll, müsste man halt wissen, ob Möglichkeit 1) oder 2) die Ursache war - sprich: Den Elektriker, der den Heizlüfter eingebaut hat oder den jenigen, der für die Leitungen / die Auswahl des Öls verantwortliche war.

da gibt es natürlich noch diverse andere, unwahrscheinlichere Möglichkeiten:
1) Der Heizlüfter war wirklich defekt
2) Eine Person hat in irgendeiner Form an der Anlage manipuliert (hier gab es ja Gerüchte über eine Person im Führerstandesbereich)
3) Der Fahrer hat bei der Talfahrt geraucht und eine Zigarette ist dann da reingefallen
4) Es trat ein Problem bei den Stromleitungen auf (Kabelbrand)

Ist zwar alles sehr unwahrscheinlich - aber unmöglich sicher nicht.

Gruß, Jens

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Dachstein
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

Weshalb hier statt der Schleusenlösung nicht wie bei anderen Bahnen ein Rolltor im Tunnel bei Stationseingang angebracht wurde...wäre simpler gewesen?
Am simpelsten wäre es in meinen Augen gewesen, das Rolltor am unteren Ende des Tunnels zu schließen. Wird ja beim Pitzexpress so gemacht, zusätzlich gibt im es Pitztal noch ein Rolltor bei der Ausweiche - somit ist die Anlage in zwei Abschnitte gegliedert.

Wie von Kris dargestellt, war die Brandschutzvorkehrung eher auf einen Gebäudebrand als auf einen Brand im Stollen ausgelegt. Leider ist genau der umgekehrte Falle eingetreten, dass der Brand dort auftrat, wo er nicht hat auftreten können (nach Expertenmeinung). Wäre es umgekehrt gewesen (sprich Brand im Gebäude), hätte der Kamineffekt zusätzlich Luft ins Gebäude geliefert (was ja auch nicht besonders geschickt wäre). Daher wurde die SSB vom restlichen Gebäudekomplex isoliert und so gebaut, dass man die Anlage noch leerfahren kann, wenn das Gebäude dahinter schon brennt. Eigentlich eine logische Konstruktion...

@baeckerbursch: ich habe keine Ahnung, was in weiterer Folge gebrannt hat, kann ich leider ich es dir nicht beantworten. Schmutz? Papier? Vieles ist denkbar und möglich.

Aber Jens.f fasst es sehr schön zusammen:


da gibt es natürlich noch diverse andere, unwahrscheinlichere Möglichkeiten:
1) Der Heizlüfter war wirklich defekt
2) Eine Person hat in irgendeiner Form an der Anlage manipuliert (hier gab es ja Gerüchte über eine Person im Führerstandesbereich)
3) Der Fahrer hat bei der Talfahrt geraucht und eine Zigarette ist dann da reingefallen
4) Es trat ein Problem bei den Stromleitungen auf (Kabelbrand)

Ist zwar alles sehr unwahrscheinlich - aber unmöglich sicher nicht.
Die Möglichkeit, dass es auch anders gewesen sein kann, besteht. Und so lange das so ist, wird es auch Diskussionen geben. Ideal wäre es, alle anderen Möglichkeiten ausschließen zu können. Leider ist das nicht möglich, und damit bleibt nichts anders übrig: in dubio pro reo.

MFG Dachstein
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von starli2 »

Wenn es ein Kabelbrand gewesen wäre, müsste man m.E. aber noch unterscheiden / hinterfragen, ob die Auswirkungen genau gleich gewesen wären, wenn es kein "Herumbasteln" an Heizlüfter und Ölleitungen gegeben hätte ... war jetzt der Heizer egtl. in Betrieb oder nicht? Wenn er in Betrieb war, ist die Schuldfrage doch eh klar?

Was die Schuldfrage generell angeht: Ist es nicht auch oft so, dass anhand von Indizien ein Urteil gesprochen werden kann? Geschworenen/Schöffen usw.? Insofern muss man doch gar nicht den 100%igen Hergang belegen?
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Dachstein
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

starli2 hat geschrieben: Was die Schuldfrage generell angeht: Ist es nicht auch oft so, dass anhand von Indizien ein Urteil gesprochen werden kann? Geschworenen/Schöffen usw.? Insofern muss man doch gar nicht den 100%igen Hergang belegen?
Man muss in diesen Fall die Schuld mit an Sicherheit grenzender Warscheinlichkeit feststellen können. Und das kann man hier imo. nicht.
Wenn es ein Kabelbrand gewesen wäre, müsste man m.E. aber noch unterscheiden / hinterfragen, ob die Auswirkungen genau gleich gewesen wären, wenn es kein "Herumbasteln" an Heizlüfter und Ölleitungen gegeben hätte
Was leider nicht mehr möglich ist, da die nötigen Beweise allesamt in Flammen aufgegangen sind, und zwar bei solchen Temperaturen, bei denen sogar Aluminium verzehrt wird... Das Fatale im Grunde an dem ganzen Desaster war imo. nicht die Konzeption der Wagen an sich (auch wenn sie etwas dazu beigetragen hat), sondern die Tatsache, dass sich das Unglück in einem Schrägstollen (Kamineffekt) ereignet hat. Draußen wären sicher nicht so schnell so hohe Temperaturen erreicht worden wie in einem Tunnel, wo eine Art Feuersturm wütet. Eventuell hätte es im Falle eines Brandes im Freien verwertbare Hinweise gegeben.
Wenn er in Betrieb war, ist die Schuldfrage doch eh klar?
Nein: denn selbst wenn er in Betrieb gewesen ist und eine Zigarette aber das Unglück ausgelöst hat, dann wäre der Heizlüfter unschuldig und nicht mal päripher am Brandgeschehen beteiligt. Weiters ist eben anzumerken, dass niemand den wirklichen Brandausbruch gesehen hat. Das was nach Zeugenaussagen gesehen wurde ist, dass Rauch in jenem Bereich aus dem Pult gekommen ist, wo auch der Heizlüfter war. Der Brandherd lag aber irgendwo dahinter. Was dort war, ist unbekannt. Zigarette? Kabelbrand? Staub vom Heizlüfter der sich entzunden hat, usw... Freilich liegt nun an und für sich der Schluss nahe, dass der Heizlüfter was mit der Sache zu tun haben könnte. Es ist aber nicht mehr als ein Fingerzeig auf eine Region, wo mehrere Gerätschaften vorhanden gewesen sind... Daher kann imo. nicht festsgestellt werden mit an Sicherheit grenzender Warscheinlichkeit, dass es der Heizlüfter war. Die Möglichkeit, dass es der Heizlüfter war, besteht - die Zweifel darüber lassen sich aber nicht ausräumen.

MFG Dachstein
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jens.f
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von jens.f »

starli2 hat geschrieben:Wenn er in Betrieb war, ist die Schuldfrage doch eh klar?
Nein, überhaupt nicht.
Wenn jemand eine leicht entzündliche Flüssigkeit in einen laufenden Heizlüfter gießt, dadurch der Heizlüfter in Brand gerät und dann für eine weitere Ausbreitung des Feuer sorgt - wer ist dann Schuld:
Der Heizlüfter, oder der, der die Flüssigkeit dort hineingießt?
starli2 hat geschrieben: Was die Schuldfrage generell angeht: Ist es nicht auch oft so, dass anhand von Indizien ein Urteil gesprochen werden kann? Geschworenen/Schöffen usw.? Insofern muss man doch gar nicht den 100%igen Hergang belegen?
Erstmal muss man hier wieder zwischen Strafrecht und Zivilrecht unterscheiden:
Strafrechtlich:
Natürlich - aber die Indizien müssen dann so überzeugend sein, dass es keinen "vernünftigen" Zweifel mehr geben kann.
Sprich: Es muss nicht 100% sein - aber schon 99,99%.

Es werden ja auch oft genug Mörder freigesprochen, wo eigentlich allen klar ist, dass der jenige es war, aber es eben auch eine anderer Gewesen sein könnte.

Damit jemand wegen einer Straftat verurteilt werden kann, muss die Indizien-Kette Lückenlos sein und es darf keine "begründeten" Zweifel an der Schuld geben (das jetzt eher ein Begriff aus der amerikanischen Justiz, kennt man ja aus diversen Filmen, aber das Prinzip ist das ähnliche.

Wie auch Dachstein schon sagte:
"In dubio pro reo".
Siehe hierzu:
http://www.vogellaw.de/im_zweifel_fuer_ ... dubio.html

Demmnach muss die Schuld zweifelsfrei bewiesen sein, damit ein Angeklagter verurteilt werden darf. Ist ein Richter nicht von der Schuld des Angeklagten voll überzeugt, ist eine Verurteilung ausgeschlossen

Ein "Die Indizien deuten darauf hin" reicht also nicht.

Zivilrechtlich ist das teilweise etwas anders - aber das ist dann eine andere Baustelle.. Hier würde es maximal auch um Schadensersatz-Ansprüche gehen..

Gruß, Jens
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mic
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von mic »

---mal kurz was anderes---
Das Leben ist manchmal schon F....
Wird in dem Topic doch tatsächlich die Werbung vom Kitzsteinhorn eingeblendet! :naja:
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von gfm49 »

Hallo,
jens.f hat geschrieben:Demnach muss die Schuld zweifelsfrei bewiesen sein, damit ein Angeklagter verurteilt werden darf. Ist ein Richter nicht von der Schuld des Angeklagten voll überzeugt, ist eine Verurteilung ausgeschlossen
der erste Satz stimmt nicht so ganz (jedenfalls nicht in der Allgemeinheit, wie er verstanden werden könnte), der zweite schon: Das Gericht darf keine Zweifel an der Schuld haben - jeder andere Mensch auf der Welt kann durchaus Zweifel haben.

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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von gfm49 »

Hallo,
Kris hat geschrieben:Das Salzburger Gericht formuliert die Brandursache nicht im Konjunktiv, sondern ohne Einschränkung. Nirgends ein "könnte", "eventuell"....
auch im Hinblick auf meinen vorangegangenen Post: Das stimmt auch nicht so ganz. Das Gericht sagt nicht "so war es wirklich", sondern "das Gericht ist überzeugt, daß es so war"; der Einleitungssatz, der über der ganzen Schilderung steht, lautet nämlich:
"Aufgrund des abgeführten Beweisverfahrens wird folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen und festgestellt"

Ob man diese Überzeugung aufgrund der Beweisaufnahme zu teilen vermag, ist unerheblich. Es kommt darauf an, wovon das Gericht überzeugt ist.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Kris »

Gfm, interessante Praezisierung jene bzgl. der Relativierung der eigenen Erkenntnisse durch das Gericht selbst. Allerdings steht der von Dir zitierte Passus wie in Form einer Art
Praeambel isoliert vor den Ausfuehrungen selbst. Ich denke es handelt sich um ein Standardsatz der jedes Urteil einleitet. "absolute universelle Wahrheit gibt es ja nicht, in der Wahrheitsdefinition werden philosophische Grundproblematiken angeschnitten....

Auch kann man den Satz als eine Art Disclaimer fuer die Rechtssprechenden selbst werten, falls sie sich doch geirrt haben sollten. Vgl. Verurteilung v."und die Erde dreht sich doch" ...
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von snowflat »

Dachstein hat geschrieben:
Weshalb hier statt der Schleusenlösung nicht wie bei anderen Bahnen ein Rolltor im Tunnel bei Stationseingang angebracht wurde...wäre simpler gewesen?
Am simpelsten wäre es in meinen Augen gewesen, das Rolltor am unteren Ende des Tunnels zu schließen. Wird ja beim Pitzexpress so gemacht, zusätzlich gibt im es Pitztal noch ein Rolltor bei der Ausweiche - somit ist die Anlage in zwei Abschnitte gegliedert.
Das hatte ich, als diese Thematik oben angesprochen wurde auch in Erinnerung, dass das Tor an der Einfahrt nicht geschlossen wurde und dies den Kamineffekt noch beschleunigt hat, oder? Vermute mal, dass es dazu vor 10 Jahren auch noch keine bindenden Vorschriften gab? Gibt es die heute?
Du kannst Dir Glück nicht kaufen.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von 3303 »

@dachstein: Du kannst es drehen und wenden wie Du willst.
Brennbare, giftigen Qualm freisetztende Gummimatten in eine U-Bahn zu legen und Bastellösungen mit Geräten, die nicht explizit für den entsprechenden Einsatzzweck konstruiert sind, ist (nicht nur meines Erachtens) einfach Schlamperei.
Wer so handelt, dem sollte dringend die Entscheidungskompetenz entzogen werden.
Und wenn Du auch jetzt wieder fortfolgend Unzahlen von Bergahnschützenden postings verfasst, wirst Du das nicht ändern.
Und bevor Du wieder mit der Beweislage anfängst: Ich kann nicht beurteilen, ob irgendwie beweisbar ist, wer nun Schuld ist (habe ich auch nie). Das Gericht sah es offenbar nicht als erwiesen an. Das spricht besonders hinsichtlich der Anzahl von Todesopfern nicht gerade für eine qualitativ hochwertige, effektive Justiz.
“Wir sind gewohnt, daß die Menschen verhöhnen, was sie nicht versteh'n,
Dass sie vor dem Guten und Schönen, das ihnen oft beschwerlich ist, murren.“

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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von gfm49 »

Hallo,
Kris hat geschrieben:Allerdings steht der von Dir zitierte Passus wie in Form einer Art Praeambel isoliert vor den Ausfuehrungen selbst. Ich denke es handelt sich um ein Standardsatz der jedes Urteil einleitet.
sehr wahrscheinlich ist das ein Standardsatz, der zum Ausdruck bringt, daß es sich eben um die Überzeugung des Gerichts handelt - und wo soll der sonst stehen außer am Beginn? Soll jeder Satz des Sachverhalts eingeleitet werden mit "nach Überzeugung des Gerichts ... ?
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Dachstein
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

3303 hat geschrieben: Das spricht besonders hinsichtlich der Anzahl von Todesopfern nicht gerade für eine qualitativ hochwertige, effektive Justiz.
Wie willst du was beweisen, wenn sich die Beweise in Rauch aufgelöst haben? Die Anzahl der Todesopfer ist vollkommen imo. unerheblich für die Schuldfrage, maximal für das Strafausmaß. Egal wie du es drehen und wenden willst: so lange es keinen eindeutigen Beweis gibt, gibts auch keine Verurteilung, auch wenn es eine große Anzahl von Toten gibt.

Und nochmal für dich zum Mitschreiben: jeder Stoff, der brennt, setzt potentiell tötliche Gase frei. Jedes Verbrennungsgas ist faktisch tötlich. Da waren die Gummimatten waren und sind total unerheblich. Für eine potentiell lethale Rauchgasvergiftung brauchst keine Gummimatten, es reicht primitives Holz!
Und die Schlamperei ist wieder eine Aussage, die zu beweisen ist. Bis jetzt haben zwei Gerichte das nicht als erwiesen angesehen. Punkt. Die Sache ist rechtlich in Österreich abgeschlossen. Jedoch wäre mir eine andere Argumentation (im Zweifel für den Angeklagten statt einer sehr konstruiert wirkende Sache) viel lieber gewesen, weil sie imo. nachvollziehbar ist und wir uns damit einiges an Diskussion erspart hätten.

Übrigens wurde auch 2007 eine Beschwerde vom EGMR zurückgewiesen, also noch eine (wenn auch andere) Instanz... Das sollte euch mal zu Denken geben.

MFG Dachstein

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