8. Oktober 2004, 02:29, Neue Zürcher Zeitung
Schnurgerade Gondelbahn zum Zoo
Vorprojekt beziffert Kosten auf 16,7 Millionen Franken
Ein im Auftrag der Stadt entstandenes Vorprojekt für eine Gondelbahn zum Zoo schlägt eine schnurgerade Linienführung zwischen Stettbach und der Masoala-Halle vor. Der Zoo hat 16,7 Millionen Franken aufzutreiben, um die Bahn zu erstellen.
mju. Mitten in der Skisaison gab der Zürcher Stadtrat Ende Januar den Auftrag, ein Vorprojekt für eine Gondelbahn zum Zoo Zürich auszuarbeiten. Zuvor hatte eine Studie aufgezeigt, dass eine solche Bahn eine durchaus realistische Option wäre, um den Zoo besser mit dem öffentlichen Verkehr zu erschliessen. Am Mittwoch sind die Resultate des Vorprojekts den betroffenen Anwohnern präsentiert worden.
Sechs Minuten Fahrzeit
Die Strecke würde in einer schnurgeraden Linie geführt, wie Stadtrat Andres Türler, Vorsteher des Departements der Industriellen Betriebe, auf Anfrage sagte. Die Fahrzeit würde sich auf 6 Minuten belaufen, bei einer Geschwindigkeit von 5 Metern pro Sekunde. Die Strecke misst knapp 2 Kilometer, total müssten 11 Stützen gebaut werden. Die Talstation käme beim Bahnhof Stettbach mitten in die Tram- und Busschlaufe zu liegen. Die Bergstation würde in der Nähe der Masoala- Halle gebaut, und zwar auf dem Gebiet der heutigen städtischen Tennisplätze, von denen einer dem Vorhaben weichen müsste. 80 Prozent des Gebietes, über welches die Gondeln schweben würden, gehören der Stadt. Die maximale Kapazität läge bei 1500 Passagieren pro Stunde; befördert würden sie in Achtergondeln. Im Jahr 2003 verzeichnete der Zoo 1,6 Millionen Besucher.
Die Strecke verläuft zumeist oberhalb des Waldes; nur auf der Krete müsste die Bahn durch den Wald geführt werden, weil sonst die wegen des Flugverkehrs erlassenen Höhenbeschränkungen nicht mehr eingehalten würden. Besonders wichtig ist laut Türler, dass die Gondeln bequem mit Kinderwagen beladen werden können. «Der öffentliche Verkehr zum Zoo wird von vielen Besuchern nur darum nicht benutzt, weil das Ein- und Aussteigen mit Kinderwagen mühsam ist.» Aus diesem Grund setzen die VBZ bei den Trams der Linie 6 bereits heute sogenannte Sänften ein, die über einen tief liegenden Einstieg verfügen. - 16,7 Millionen Franken würde die Bahn kosten, jetzt muss der Zoo laut Türler das nötige Geld auftreiben. Für den Bau der Bahn wolle der Zoo eine selbständige Gesellschaft gründen, weil diese Aufgabe ja nicht zu seinen Kernkompetenzen gehöre. Ähnliche Gesellschaften existieren bereits bei der Dolder- oder der Polybahn. Die Stadt würde sich an einer solchen Gesellschaft beteiligen, «wenn andere es auch tun», so Türler. Die Stadt habe schliesslich auch ein Interesse daran, dass das Verkehrsproblem rund um den Zoo gelöst werde. Denkbar sei, dass die VBZ den Betrieb übernähmen; die Verkehrsbetriebe besässen bereits eine Seilbahnkonzession. Ideal wäre es, wenn die Bahn in den Verkehrsverbund eingegliedert würde; Zoobesucher könnten dann Billette und Eintrittskarten für den Zoo gleichzeitig an den Schaltern lösen.
Keine Parkplätze bei der Talstation
Laut Türler sind die Initianten «wild entschlossen», bei der Talstation keinen einzigen Parkplatz zu bauen. Die Gondelbahn soll eine reine Umsteigestation sein; die Idee sei, dass die Zoobesucher schon an ihrem Ausgangsort oder in dessen Nähe die öffentlichen Verkehrsmittel besteigen und mit diesen bis zur Talstation reisen. «Wenn die Besucher wissen, dass es in Stettbach keine Parkplätze hat, fahren sie auch nicht mit dem Auto dorthin», so Türler.
Im Idealfall wird die Gesellschaft für den Bau der Gondelbahn bis Mitte 2005 gegründet. Bis Mitte 2006 würde dann das Auflageprojekt ausgearbeitet, das in Bern genehmigt werden muss. Dieses Verfahren dürfte etwa 18 Monate dauern. Danach würde das Ausführungsprojekt erstellt, und in der zweiten Hälfte 2009 könnten die ersten Gondeln von Stettbach in Richtung Zoo entschweben. Rechtsmittel könnten das Projekt allerdings verzögern oder gar ganz zu Fall bringen. Laut Türler waren die Reaktionen im Quartier um den Zoo verhalten, aber nicht grundsätzlich negativ. In Stettbach beständen seines Wissens Bedenken in Sachen Verkehr und Parkplätze.
Copyright © Neue Zürcher Zeitung AG