Da es aus Seefeld (Rosshütte) bisher noch nicht sehr viele Berichte im Alpinforum gibt, möchte ich mal einen hinzufügen und meine Eindrücke von diesem Skigebiet darstellen.
Warum Seefeld? Dazu einige Zeilen, die vielleicht erklären, wieso ich so ein "unspektakuläres Skigebiet" besuche und darüber einen Bericht schreibe. Ich wechsle beim Skifahren gerne „zwischen den Welten“ (Zitat Gerrit), sprich unterschiedlichen Typen von Skigebieten, und wähle das entsprechende Skigebiet je nach Situation aus. Mal bin ich auf Skiern unterwegs, mal am Snowboard; mal auf der Piste, mal abseits. Dass ich prinzipiell eher eine Vorliebe für alte, kleine, leere und unbekannte Skigebiete und Fahren abseits der Piste habe, schließt nicht aus, dass ich auch gerne mal in Großskigebieten Gas gebe und im Frühling auf weißen Kunstschneebändern und Talabfahrtsresten rumrutsche.
Inkonsequent kann man sagen, aber ich genieße manchmal einfach gern die Vielfalt. Sofern jeder den anderen „leben lässt“, ist für mich alles in Ordnung. Nicht jeder Schlepplift muss für durch eine KSB mit Bubble und Sitzheizung ersetzt werden, nicht jede Piste platt gewalzt und mit Fangnnetzen versehen werden. Gleichzeitig sind für mich aber auch Carvingautobahnen und Hochleistungsbahnen am passenden Ort nichts schlechtes (Rundumpolsterung der Pisten eher schon, aber das wäre ein anderes Thema

Wenn ich bei guten Schneeverhältnissen die Wahl habe, bewege ich mich zwar schon meistens abseits der Massen, aber so richtig gute Schneeverhältnisse haben wir diesen Winter in den Nordalpen in tieferen Lagen nun Mal nicht.
Am Plan stand ein Skiausflug der von mir betreuten Jugendgruppe, was die Auswahl weiter einschränkt. Zu groß darfs nicht sein, sonst verliert man irgendwann die Hälfte der Leute, zu teuer darfs nicht sein, und die Anfahrt von München sollte auch nicht lange dauern (so etwas zieht sich ja doch immer in die Länge…). Gewünscht wurde von den Teilnehmern außerdem ein Funpark und Anstehen am Lift will natürlich auch keiner. Letztlich kamen nur zwei Gebiete in die engere Wahl: Lermoos und Seefeld, beide mit ganz ordentlichen Schneeverhältnissen, kurzer Anfahrt und überschaubarer Größe.
Die Wahl fiel (zwecks Funpark und weil ich noch nie dort war) auf Seefeld. Bisher ein Skigebiet, dass ich nur vom Vorbeifahren kannte und das mich nie sonderlich interessierte. Zu wenig Abwechslung versprachen mir die 20 Pistenkilometer, zu wenig Besonderheiten das Skigebiet.
Kurz mal ein paar Fakten zum Skigebiet und zum Tag, dann folgen der bilderlastige Teil und meine Ansichten zum Skigebiet.
Zur Übersicht verweise ich ganz einfach ich auf folgenden Link:
http://www.rosshuette.at/deutsch/winter/lifte.html
Hier gibt es recht gute Infos zu allen Liften und Pisten. Ein paar Worte noch zum Skigebiet. Das tiefe Hermannstal in der Mitte teilt das Gebiet in zwei ungleiche Hälften. Südlich des Tals am Härmelekopf drehen seit einigen Jahren zwei 6 KSBs ihre Runden, zuvor war die Abfahrt vom Härmelekopf nur über die Pendelbahn erreichbar, die von der Rosshütte übers Hermannstal führt. Nördlich des Tals führt eine Standseilbahn hinauf zur Rosshütte, unterstützt durch eine weitere Liftkette (SL+DSB+zwei SL). Von der Rosshütte zum Joch führen ein weiterer Schlepplift und eine kleine Pendelbahn.
Zu den Bedingungen:
Wetter:
bis auf einige Wolken am Vormittag ein sonniger, warmer Frühlingstag
Schnee:
offiziell 30-50 cm, die Schneehöhe im Tal ist etwas optimistisch angegeben, morgens pulvrig-hart (Neuschnee am Vortag), nachmittags zunehmend firnig und sulzig
Lift- und Pistenstatus:
alle Lifte geöffnet, alle Abfahrten bis auf Sportabfahrt und Zufahrt Hermannstal von der Härmeleabfahrt offen
Wartezeiten:
bis zu 5 Minuten, so genau hab ich aber nicht drauf geachtet
Erste Überraschung bei der Ankunft an der Talstation. Ab ins Parkhaus und über mehrere Rollbänder rauf ans Licht zu den Pisten (ja, für mich ist das ungwohnt, bin sonst eben meist in weniger modernen Skigebieten unterwegs

Wie im Kaufhaus, aber fürs Landschaftsbild durchaus positiv.
Die ersten zwei Fahrten an den beiden 6 KSBs waren wenig aufregend (. Planierte, unspektakuläre Abfahrten (sehen einige sicher anders

Piste an der oberen 6 KSB mit schöner Aussicht übers Inntal
Dann mit der Standseilbahn auf die Rosshütte. In Ellmau am Kaiser find ich die Standseilbahn super, hier weniger. Zu eng, zu häufig warten. Über den SL Brandlift, die DSB und die oberen Schlepplifte gehts aber auch nicht besser nach oben, aber immerhin an der frischen Luft.
Talbereich am Morgen...
und am Nachmittag, das bisschen Neuschnee vom Vortag ist sofort weggebrutzelt.
Die Abfahrten an den zwei Schleppliften oben sind schön breit aber wenig abwechslungsreich, vom Funpark ist nicht mehr viel übrig geblieben. Unsere Snowboarder haben trotzdem ihren Spaß und halten sich vor allem hier auf. Am Kaltwasserlift (der linke SL) ist die Piste wegen eines Skirennens fast den ganzen Tag komplett gesperrt, dafür geht sie super, als sie am Nachmittag mal kurz nicht abgesperrt ist.
Kaltwasserlift mit Piste
Kurve am Kaltwasserlift. Ich mag Schlepplifte mit Kurven einfach

Erste positive Überraschung ist die Fährt mit der Härmelebahn. Eine tolle kleine Pendelbahn (30 Plätze) mit eindrucksvoller Strecke übers Hermannstal. Die Station am Härmelekopf liegt ausgesetzt am Steilhang, Rummel gibt es hier keinen mehr. Bis zur Bergstation der 6 KSB hat man die Wahl zwischen einem unpräparierten Hang mit super Aussicht und einer leichteren Umfahrung.
Blick übers Spannfeld der Bahn auf Härmelekar (normalerweise Variantenabfahrt)
Über den Wolken, Starthang der Härmelekopfabfahrt
Zweite positive Überraschung dann beim Mittagessen an der Rosshütte. Normalerweise mag ich so riesige Bergrestaurants weniger, aber hier passt es. Die Auswahl ist riesig, die Qualität top und die Preise wirklich moderat. Am meisten freue ich mich über eine große Schale frischen Obstsalat für 1,5 Euro. Da sich die Mittagspause mit der Gruppe wie gewöhnlich etwas hinzieht, bleibt mir Zeit ein bisschen von der Terrasse aus zu fotografieren und auch mal das Tele auszupacken.
Kabinen über dem Hermannstal im Zoom
Kabine der Pendelbahn
Kabine der kleinen PB zum Seefelder Joch
Blick zum Seefelder Joch mit Kurven-SL und PB
Die Massen ziehen wieder ab (dieses Bild soll keine Negativwerbung für die Gastronomie sein, die hatten die Sache sonst super im Griff.
Dritte positive Überraschung ist die eigentlich gesperrte Sportabfahrt ins Tal. Zwar nicht mehr frisch gewalzt aber herrlich aufgefirnt und ganz leer. Nur eine kurze Passage ist schon reichlich ausgeapert, aber noch gut befahrbar. Weniger gut gefällt mir allerdings, was an dieser Piste teilweise für Planierungsarbeiten vorgenommen wurden. Die leichte Talabfahrt bietet zwar einige schöne, sanfte Waldhänge aber auch ein längeres Flachstück und Ziehwege. Auch hier wird Wald gerodet und die Piste offenbar verbreitert.
Einzige Engstelle auf der gesperrten Sportabfahrt.
Am Nachmittag geht es noch mit der kleinen 12 PB hinauf aufs Joch. Eine Anlage, die ich in diesem Skigebiet gar nicht erwartet hätte. Eine weitere schöne Überraschung. Oben ist es ganz ruhig, es gibt keine Gastronomie dafür aber eine fantastische Aussicht ins Karwendel, nach Deutschland und Richtung Westen und ein herrlich alpines Ambiente. Die Abfahrt hier oben bietet beste Frühjahrsverhältnisse und ist am späteren Nachmittag schon wieder angenehm leer.
Blick auf die unberührte Rückseite, mittig müsste die Erlspitze sein, gute Schneelage am Wegweiser im Vordergrund.
Blick nach Norden Richtung Deutschland, rechts das Karwendel, links die Arnspitzen
Blick Richtung Nordwesten auf Seefelder Plateau und Wetterstein
Blick nach Südwesten übers Seefelder Plateau zur Hohen Munde (ganz rechts), links davon das Inntal, auch zu erkennen die Pisten am Gschwandkopf
Überraschend alpines Ambiente
Blick hinunter zur Rosshütte
Die 12 PB kurz vor der Bergstation
Die PB an der einzigen Stütze.
Blick hinüber zur Station am Härmelekopf, durchaus ausgesetzt an den Hang gebaut.
Zum Abschluss geht es ein letztes Mal mit der Pendelbahn zum Härmelekopf und dann im warmen Nachmittagslicht auf Genusspisten ins Tal. Ein leckeres Eis noch bei der besten Eisdiele von Garmisch und dann durch den üblichen Oberau-Stau zurück in den Frühling.
Hoch über dem Hermannstal mit Blick zum Härmelekopf, unter der Bahn die verbotenen Steilrinnen (siehe weiter unten).
Letzte Abfahrt vom Härmelekopf mit Blick ins Inntal.
Ein kurzes Fazit:
Mit den Pisten im unteren Teil kann ich weniger anfangen, relativ monotone Autobahnen oder flache Hänge. Bei diesen frühlingshaften Verhältnissen hat es mir aber trotzdem richtig Spaß gemacht. Am schönsten ist sicher die Sportabfahrt.
Die Hänge oben sind zwar auch ziemlich gleichförmig, aber eigentlich recht schön und vor allem aussichtsreich. Die Starthänge am Joch und Härmelekopf gefallen mir dank ihrer Lage sogar richtig gut, sind aber natürlich sehr kurz. Bei besserer Schneelage würde mich die Variantenabfahrt durchs Härmelekar sehr interessieren (mit Aufstieg von der Bergstation). An den Steilrinnen von der Bergstation der Bahn stehen Lawinengefahrschilder mit Hinweis auf Videoüberwachung und 10000 Euro Strafe. Sonst ist der Auslauf abseits der Piste ziemlich begrenzt, oder man muss viel Ahnung vom Gelände haben. Es geht eben doch meist sehr steil und felsig runter, aber genau diese Lage macht das Gebiet ja auch reizvoll.
Ein Manko ist für mich, dass ein zweiter direkter Zubringer als Alternative zur Standseilbahn fehlt und die Pisten stark künstlich modelliert wurden (oder zumindest so wirken).
Punkten kann das Skigebiet bei mir vor allem durch Lage und Aussicht, die Pendelbahnen und das Essen. In Verbindung mit dem super Wetter, den (mir sympathischen) Frühlingsverhältnissen (Firn und auch Sulz) und der Gruppe war es ein super Tag.
Zusammenfassend sicher kein Skigebiet, wo ich sofort wieder hin muss, das ich aber bei entsprechenden Ausgangsbedingungen (z.B. Jugendgruppe) durchaus wieder mal besuchen werde.