Um den Aufstieg interessanter zu gestalten, sind wir auf dieser Tour über den weitaus weniger frequentierten Westgrat auf den Berg aufgestiegen. Im unteren Bereich hat der der westliche Teil des Obersulzbachkees nennenswerte Spalten, im oberen Bereich wird man mit einem gut kletterbaren Blockgrat im 2. bis 3. Schwierigkeitsgrat belohnt. Als Abstiegsroute haben wir den Normalweg gewählt. Übernachtet haben wir auf der sehr empfehlenswerten Kürsinger Hütte (2558m) an der Nordseite des Berges.
^^Die Gletscherwelt um die Kürsinger Hütte wirkt auf den ersten Blick majestätisch, doch auch hier ist der Gletscherschwund schockierend: Dort wo heute der See liegt, trafen bis vor wenigen Jahrzehnten die verschiedenen Zungen des Obersulzbachkees in einem beeindruckenden Eisbruch aufeinander („Türkische Zeltstadt“).
^^Der nächste Morgen startet wolkenverhangen mit leichtem Nieselregen. Aufgrund der Wettervorhersage haben wir uns dafür entscheiden, erst etwas später (5.30h) als ursprünglich geplant loszugehen, um auf dem Gletscher und Grat gute Sicht zu haben. Das sollte sich später auszahlen.
^^Das Schneefeld unter der Felsnase (unteres Ende des Nordgrates) kommt uns gelegen, so können wir die Steigeisen noch länger anlassen. Insgesamt ist das Obersulzbachkees im unteren Bereich vollständig aper und ziemlich zerklüftet.
^^Kleiner Zeitsprung: Wir sind auf dem Obersulzbachkees (rechts vom Grat) bis zur Scharte am Westgrat aufgestiegen, haben dort die Steigeisen abgelegt und sind am Grat in Richtung Gipfel geklettert. Man erkennt deutlich die großen Spalten sowie die Randkluft im oberen Bereich des Obersulzbachkees. Der Neuschnee hat die Kletterei teilweise etwas interessant gemacht und es war bei starkem Wind, gelegentlichem Schneefall und oft ohne Sonne ziemlich kalt. Zum Glück gibt es aber gute Kleidung und das Wetter wurde auch bald besser

^^Oben ist es noch einmal ziemlich eisig, wir sichern mit dem Seil nach. Der Gipfel ist nur noch wenige Meter entfernt.
^^Der Gipfel ist erreicht! Verglichen mit anderen Sommern liegt am Gipfelkreuz noch sehr viel Schnee, unter dem Kreuz befindet sich noch ein ca. 2m hoher Sockel. Dieser ist oft bereits im August freigetaut.
^^Der Abstieg führt über den Normalweg zunächst in Richtung Kleinvenediger und dann über die Venedigerscharte und das Obersulzbachkees zurück zur Kürsinger Hütte.
^^Rückblick zur Venedigerscharte (Mitte), Kleinvenediger (links) und Großvenediger (rechts). Der Normalweg ist deutlich einfacher als der Westgrat - und entsprechdn viel begangen. Die Ausrüstung einiger der anderen Bergsteiger ist eine Katastrophe: Mein "Highlight": Eine 2er Seilschaft aus Vater und 10-jährigem Sohn, beide ohne Klettergurt mit dem Seil um die Hüfte geknotet und in einem Abstand von 3 Metern ohne Eispickel, Bremsknoten und jegliche andere obligatorische Ausrüstung (Prusikschlingen, Eisschrauben, Bandschlingen, Seilreserve im Rucksack, ...) auf dem Gletscher. Wenn der Vater da reinfällt, will ich sehen, wie der Sohn ihn rauszieht - wenn es gut läuft hat der Junge ein Handy und kann die Bergrettung rufen, vorausgesetzt er kriegt seinen Vater überhaupt gehalten.
^^Rückblick von der Kürsinger Hütte bei besserem Wetter auf die Aufstiegsroute unterhalb des Nordgrates, den Venedigergipfel und das Obersulzbachkees.
Ich hoffe der Bericht gefällt! Weitere Bilder, detailliertere Beschreibungen der Route und auch einige weitere Tourenberichte gibt es hier: https://goo.gl/gQmvsf