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Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

gfm49 hat geschrieben: 23.05.2021 - 22:41 Grausamer Unfall - mein Mitgefühl mit allen Opfern und Angehörigen.
ThomasK hat geschrieben: 23.05.2021 - 21:37 ...
Wenn ich mir im Vergleich dazu die völlig harmlose aber mit zwei Tragseilen pro Fahrbahn ausgestattete 80-PB Zermatt - Furi angucke mit wesentlich kürzeren Seilfeldern und wesentlich windgeschützterer Lage, dann wundert mich das schon, dass man diese Anlage in Stresa mit nur einem Tragseil pro Fahrbahn fährt.
Gibt es in Italien überhaupt Seilbahnen mit zwei Tragseilen?

Das Extrem war wohl Furggen (Cervinia) mit fast 3 km stützenfreier Seillänge bei ca. 950 m Höhenunterschied - ebenfalls nur ein Tragseil und mit im Gelände befindlichen Rollenbatterien zur "Ablage" der Zugseile
Die erste Seilbahn in Italien mit Doppeltragseil war 1975 die Schnalstaler Gletscherbahn. Diese wurde mit Technik der Schweizer Fa. Garaventa gebaut. Die Italienischen Seilbahnhersteller haben kurz darauf auch bei besonders großen Bahnen zwei Tragseile je Fahrbahn verwendet. Der Südtiroler Hersteller Hölzl hatte 1981 im Alta Badia seine erste 100er-Doppeltragseilbahn gebaut. Danach die Mehrheit der Anlagen mit Doppeltragseil ausgestattet.
Zuletzt geändert von Christoph Lütz am 23.05.2021 - 22:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Mt. Cervino »

Wanderer hätten ein lautes Pfeifen gehört, sagte die örtliche Bürgermeisterin Marcella Severino dem italienischen Sender Sky TG24. Anschließend hätten sie beobachtet, wie die Gondel schnell rückwärts fuhr und an einem Stützpfeiler heruntergeschleudert worden sei.

Nach dem Aufprall rollte die Kabine offenbar noch weiter den Berg herab, bevor sie zum Stehen kam.
https://www.focus.de/panorama/welt/ungl ... 24086.html
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

Hundert Meter hat geschrieben: 23.05.2021 - 22:34 Und wenn das Gegenseil gerissen ist? Welche Auswirkungen hätte das dann?

Das hängt davon ab, wo der Antrieb ist und in welchem Seilfeld sich die Kabinen befinden und ob ggf. eine Gegensteigung vorhanden ist.

Bei der Stützenüberfahrt über die Stütze 2 ist bei dieser Anlage beides fatal, da sich hinter der Stütze 2 - ähnlich wie bei der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn an der Stütze 3 - eine Gegensteigung befindet.

Fahren wir in Stresa bei der Stütze 2 bergwärts. Man sieht ganz klar, dass die Einfahrt in das ca. 2 km lange Seilfeld zwischen Stütze 2 und Stütze 3 mit einer Gegensteigung beginnt.

https://youtu.be/cclmDHWff4Q?t=147

Offenbar war es so, dass kurz vor dem Unglück beide Kabinen bergauf gefahren sind.

_____________


Vor einigen Jahren durfte ich mal am Trockenen Steg eine Seilbahnfahrt der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn beobachten. Das ist gigantisch, wie sich die Motorleistung ändert, wenn eine Kabine über die Stütze 3 fährt.

Meines Wissens ist die Kraftdifferenz bei 38 % Gegensteigung der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn so stark, dass die Stützenüberfahrt auf 7 m/s limitiert ist. Selbst die 120-PB Eibsee - Zugspitze darf mit 8,5 m/s über die Stütze fahren; allerdings gibt es bei der Seilbahn Zugspitze auch keine Gegensteigung. Bei der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn ist die Gegensteigung mit 38 % wesentlich höher als die der 3S-Bahn, die direkt daneben steht. Die 3S-Bahn zum Klein Matterhorn hat auch eine Gegensteigung, aber die liegt nur etwa bei 13 - 15 %, also gerade mal bei einem Drittel im Vergleich zur Pendelbahn.

_____________

Das Unglück in Stresa hat meiner Ansicht nach irgendetwas mit der Kraftdifferenz zu tun bei der Stützenfahrt über die Stütze 2. Für eine Pendelbahn ist das immer eine große Bürde, wenn beide Kabinen gleichzeitig bergauf oder bergab fahren.
Hundert Meter
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Hundert Meter »

Ok danke👍🏻
Aber egal was es war, es ist eine Tragödie und hätte auf keinen Fall passieren dürfen, gerade wenn Leitner diese Bahn erst vor 4 Jahren komplett erneuert hat. Man schließt ja nicht einfach zwei Jahre, wenn man danach keine Garantie für die einwandfreie Technik erwartet oder?
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

ThomasK hat geschrieben: 23.05.2021 - 22:58
Vor einigen Jahren durfte ich mal am Trockenen Steg eine Seilbahnfahrt der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn beobachten. Das ist gigantisch, wie sich die Motorleistung ändert, wenn eine Kabine über die Stütze 3 fährt.

Meines Wissens ist die Kraftdifferenz bei 38 % Gegensteigung der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn so stark, dass die Stützenüberfahrt auf 7 m/s limitiert ist. Selbst die 120-PB Eibsee - Zugspitze darf mit 8,5 m/s über die Stütze fahren; allerdings gibt es bei der Seilbahn Zugspitze auch keine Gegensteigung. Bei der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn ist die Gegensteigung mit 38 % wesentlich höher als die der 3S-Bahn, die direkt daneben steht.
Um in dem Spannfeld mit Gegensteigung anfahren zu können, hat die Pendelbahn Klein Matterhorn eine maximale Antriebsleistung von 1,7 MW. Das dürfte ziemlich einmalig sein. Als Dauerleistung genügen dagegen 740 kW, also weniger als die Hälfte.
MarcB96
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MarcB96 »

ThomasK hat geschrieben: 23.05.2021 - 22:58
Hundert Meter hat geschrieben: 23.05.2021 - 22:34 Und wenn das Gegenseil gerissen ist? Welche Auswirkungen hätte das dann?

Das hängt davon ab, wo der Antrieb ist und in welchem Seilfeld sich die Kabinen befinden und ob ggf. eine Gegensteigung vorhanden ist.

Bei der Stützenüberfahrt über die Stütze 2 ist bei dieser Anlage beides fatal, da sich hinter der Stütze 2 - ähnlich wie bei der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn an der Stütze 3 - eine Gegensteigung befindet.

Fahren wir in Stresa bei der Stütze 2 bergwärts. Man sieht ganz klar, dass die Einfahrt in das ca. 2 km lange Seilfeld zwischen Stütze 2 und Stütze 3 mit einer Gegensteigung beginnt.

https://youtu.be/cclmDHWff4Q?t=147

Offenbar war es so, dass kurz vor dem Unglück beide Kabinen bergauf gefahren sind.

_____________


Vor einigen Jahren durfte ich mal am Trockenen Steg eine Seilbahnfahrt der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn beobachten. Das ist gigantisch, wie sich die Motorleistung ändert, wenn eine Kabine über die Stütze 3 fährt.

Meines Wissens ist die Kraftdifferenz bei 38 % Gegensteigung der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn so stark, dass die Stützenüberfahrt auf 7 m/s limitiert ist. Selbst die 120-PB Eibsee - Zugspitze darf mit 8,5 m/s über die Stütze fahren; allerdings gibt es bei der Seilbahn Zugspitze auch keine Gegensteigung. Bei der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn ist die Gegensteigung mit 38 % wesentlich höher als die der 3S-Bahn, die direkt daneben steht. Die 3S-Bahn zum Klein Matterhorn hat auch eine Gegensteigung, aber die liegt nur etwa bei 13 - 15 %, also gerade mal bei einem Drittel im Vergleich zur Pendelbahn.

_____________

Das Unglück in Stresa hat meiner Ansicht nach irgendetwas mit der Kraftdifferenz zu tun bei der Stützenfahrt über die Stütze 2. Für eine Pendelbahn ist das immer eine große Bürde, wenn beide Kabinen gleichzeitig bergauf oder bergab fahren.
Wenn die untere Kabine während des Seilrisses zwischen der 2. und 3. Stütze war, muss sie aber ziemlich weit noch gefahren sein, bevor die Fangbremse gegriffen hat. Anscheinend hängt die Kabine direkt vor der Mittelstation.🤔
ThomasK
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

Christoph Lütz hat geschrieben: 23.05.2021 - 23:13
ThomasK hat geschrieben: 23.05.2021 - 22:58
Vor einigen Jahren durfte ich mal am Trockenen Steg eine Seilbahnfahrt der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn beobachten. Das ist gigantisch, wie sich die Motorleistung ändert, wenn eine Kabine über die Stütze 3 fährt.

Meines Wissens ist die Kraftdifferenz bei 38 % Gegensteigung der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn so stark, dass die Stützenüberfahrt auf 7 m/s limitiert ist. Selbst die 120-PB Eibsee - Zugspitze darf mit 8,5 m/s über die Stütze fahren; allerdings gibt es bei der Seilbahn Zugspitze auch keine Gegensteigung. Bei der 100-PB Trockener Steg - Klein Matterhorn ist die Gegensteigung mit 38 % wesentlich höher als die der 3S-Bahn, die direkt daneben steht.
Um in dem Spannfeld mit Gegensteigung anfahren zu können, hat die Pendelbahn Klein Matterhorn eine maximale Antriebsleistung von 1,7 MW. Das dürfte ziemlich einmalig sein. Als Dauerleistung genügen dagegen 740 kW, also weniger als die Hälfte.
Wenn beide Kabinen vollbesetzt sind und beide Kabinen bergab fahren, dann läuft der Stromzähler sogar rückwärts. Ich habe irgendetwas mit -400 kW Leistung in Erinnerung. Allerdings gab es damals keine Rückspeisung der Energie ins Stromnetz.

__________________________

MarcB96 hat geschrieben: 23.05.2021 - 23:14 Wenn die untere Kabine während des Seilrisses zwischen der 2. und 3. Stütze war, muss sie aber ziemlich weit noch gefahren sein, bevor die Fangbremse gegriffen hat. Anscheinend hängt die Kabine direkt vor der Mittelstation.🤔

Wenn ich schreibe, dass die Absturzstelle ungefähr so weit von der Bergstation entfernt ist wie die Stütze 2 von der Talstation, dann ist das natürlich nur eine Pi * Daumen Grobschätzung, die ich anhand des Videos vorgenommen habe.

Schauen wir noch einmal hier auf das Video:

https://youtu.be/cclmDHWff4Q?t=18

Also weit ist es nicht von der Talstation bis zur Stütze 1. Vielleicht 400 m oder so. Von der Stütze 1 bis zur Stütze 2 sind es ca. 120 m. Da kann es durchaus sein, das die Kabine noch 300 m Richtung Talstation rutscht.

So, und jetzt noch einmal zum Vergleich die Entfernung von der Stütze 3 zur Bergstation:

https://youtu.be/cclmDHWff4Q?t=304


Ich habe jetzt zwei Tabs aufgemacht, um noch einmal die Entfernungen Talstation bis Stütze 1 und Stütze 3 bis Bergstation miteinander zu vergleichen. Pi * Daumen würde ich sagen, das es von der Stütze 3 zur Bergstation vielleicht 50 m weiter ist, als von der Talstation zur Stütze 1. Den Abstand zwischen Stütze 1 und Stütze 2 habe ich auf ca. 120 m geschätzt. Die Unglückstelle liegt vielleicht 100 m unterhalb der Stütze 3.

In den Berichten stand etwas von 300 m vor der Bergstation. Ich hätte jetzt die Absturzstelle auf ca. 500 m vor der Bergstation lokalisiert. Aber klar, wenn der Youtuber seinen Zoom eingestellt haben sollte, dann liege ich logischerweise falsch, aber anhand der Geschwindigkeit der Seilbahn gehe ich jetzt nicht davon aus, dass der Youtuber gezoomt hat.

Also wie gesagt: Anhand des Videos kommt es Pi * Daumen ganz grob ungefähr hin, dass die Absturzstelle ungefähr so weit von der Bergstation entfernt ist, wie die Stütze 2 von der Talstation.

Wie alles exakt verlaufen ist, wird in den kommenden Monaten analysiert werden und dann ggf. mehrere Jahre mit Sachverständigen vor Gericht diskutiert werden.

Wir können hier anhand der Bilder und Videos natürlich nur unsere Grobeinschätzungen abgeben. Das ist völlig klar.

MarcB96
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MarcB96 »

ThomasK hat geschrieben: 23.05.2021 - 23:39
MarcB96 hat geschrieben: 23.05.2021 - 23:14 Wenn die untere Kabine während des Seilrisses zwischen der 2. und 3. Stütze war, muss sie aber ziemlich weit noch gefahren sein, bevor die Fangbremse gegriffen hat. Anscheinend hängt die Kabine direkt vor der Mittelstation.🤔

Wenn ich schreibe, dass die Absturzstelle ungefähr so weit von der Bergstation entfernt ist wie die Stütze 2 von der Talstation, dann ist das natürlich nur eine Pi * Daumen Grobschätzung, die ich anhand des Videos vorgenommen habe.

Schauen wir noch einmal hier auf das Video:

https://youtu.be/cclmDHWff4Q?t=18

Also weit ist es nicht von der Talstation bis zur Stütze 1. Vielleicht 400 m oder so. Von der Stütze 1 bis zur Stütze 2 sind es ca. 120 m. Da kann es durchaus sein, das die Kabine noch 300 m Richtung Talstation rutscht.

So, und jetzt noch einmal zum Vergleich die Entfernung von der Stütze 3 zur Bergstation:

https://youtu.be/cclmDHWff4Q?t=304


Ich habe jetzt zwei Tabs aufgemacht, um noch einmal die Entfernungen Talstation bis Stütze 1 und Stütze 3 bis Bergstation miteinander zu vergleichen. Pi * Daumen würde ich sagen, das es von der Stütze 3 zur Bergstation vielleicht 50 m weiter ist, als von der Talstation zur Stütze 1. Den Abstand zwischen Stütze 1 und Stütze 2 habe ich auf ca. 120 m geschätzt. Die Unglückstelle liegt vielleicht 100 m unterhalb der Stütze 3.

In den Berichten stand etwas von 300 m vor der Bergstation. Ich hätte jetzt die Absturzstelle auf ca. 500 m vor der Bergstation lokalisiert. Aber klar, wenn der Youtuber seinen Zoom eingestellt haben sollte, dann liege ich logischerweise falsch, aber anhand der Geschwindigkeit der Seilbahn gehe ich jetzt nicht davon aus, dass der Youtuber gezoomt hat.

Also wie gesagt: Anhand des Videos kommt es Pi * Daumen ganz grob ungefähr hin, dass die Absturzstelle ungefähr so weit von der Bergstation entfernt ist, wie die Stütze 2 von der Talstation.

Wie alles exakt verlaufen ist, wird in den kommenden Monaten analysiert werden und dann ggf. mehrere Jahre mit Sachverständigen vor Gericht diskutiert werden.

Wir können hier anhand der Bilder und Videos natürlich nur unsere Grobeinschätzungen abgeben. Das ist völlig klar.
Ich hab mit dem Messtool von Google Maps (keine Ahnung wie verlässlich das ist) mal ein bisschen gemessen:

Abstand Bergstation zur Stütze 3: ca 460m - zur mutmaßlichen Absturzstelle so knapp 530m
Abstand Mittelstation zur Stütze 1: ca 440m
Abstand Mittelstation zur Stütze 2: ca 560-570m

Sollte die untere Kabine irgendwo in der Nähe der Stützen gewesen sein, hatte man da jedenfalls großes Glück, dass die Kabine kurz vor der Mittelstation gestoppt hat.
ThomasK
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

MarcB96 hat geschrieben: 23.05.2021 - 23:47 Ich hab mit dem Messtool von Google Maps (keine Ahnung wie verlässlich das ist) mal ein bisschen gemessen:

Abstand Bergstation zur Stütze 3: ca 460m - zur mutmaßlichen Absturzstelle so knapp 530m
Abstand Mittelstation zur Stütze 1: ca 440m
Abstand Mittelstation zur Stütze 2: ca 560-570m

Sollte die untere Kabine irgendwo in der Nähe der Stützen gewesen sein, hatte man da jedenfalls großes Glück, dass die Kabine kurz vor der Mittelstation gestoppt hat.

Da weiß ich jetzt nicht, wie stark die Steigungen und die Seillinie verzerrt sind.

Ich habe gerade mal bei Lift World nachgeguckt.

Ich hatte geschätzt:

Talstation - Stütze 1 ca. 400 m
Stütze 1 - Stütze 2 ca. 120 m
Stütze 2 - Stütze 3 ca. 2000 m
Stütze 3 - Bergstation ca. 450 m.

Summe 2970 m.

Auf Lift world steht, dass die Anlage 2998 m lang ist.

https://www.lift-world.info/de/lifts/5596/datas.htm

Also einigermaßen passt es jetzt.
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

Könnte es nicht sein, dass das Zugseil direkt unterhalb der Bergstation gerissen ist. Die Tragseilbremse der oberen Kabine hat dann aus irgendwelchen Gründen versagt und sie ist einige 100 m zu Tal gerollt. An der Stütze 3 ist sie dann entgleist und abgestürzt. Bei der anderen Kabine hat die Tragseilbremse dagegen vielleicht ordnungsgemäß funktioniert.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von piotre22 »

Genau so habe ich es auch verstanden nach dem Interview der Bürgermeisterin was ich in den Nachrichten gesehen habe.
Die Kabinen waren demnach bereits unmittelbar vor den jeweiligen Stationen, das würde auch zu dem Foto von der Gegenkabine passen, die kurz vor der Mittelstation steht.
Dann gabs laut dem Interview den zischendes/pfeifendes Geräusch, die Kabine ist plötzlich rückwärts gefahren, immer schneller geworden, dann mit hoher Geschwindigkeit mit Stütze 3 kollidiert und dabei schließlich abgestürzt.

Hier das Video mit dem Interview der Bürgermeisterin:
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama ... n-100.html
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MarcB96 »

In dem Video https://www.youtube.com/watch?v=J320iG3 ... noCanavese bei etwa 1:05 kann man mein ich die Fangbremse sehen (leider nur recht weit weg, sodass man wenig Details sieht). Mir kommt es aber so vor, als ob die Fangbremse aussieht, als hätte sie ausgelöst.
Verglichen mit dem rechten Bild scheint zwischen den Bremsbacken kein Spalt zu sein.
Kris hat geschrieben: 23.05.2021 - 16:00 Bild

Das Bild rechts zeigt das Laufwerk von Kabine Nummer 3 in der Bergstation, von mir 2017 geknipst. Kabine 3 fährt bergwärts betrachtet links. Die Nummer der verunglückten Gondel (3 oder 4) ist auf den zirkulierenden Unglücksbildern nicht zu erkennen.
Der blaue Farbton des Laufwerks ist durch starke Aufhellung des ansonsten unterbelichteten Bildbereichs bedingt. Es müsste Grau sein.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kris »

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Bild



So in etwa?
Bild
Zuletzt geändert von Kris am 24.05.2021 - 07:22, insgesamt 2-mal geändert.
>> Die unaufhaltsame Industrialisierung des Skiraums führt zu Banalisierung und somit zum Verlust der magischen Skisportfreude<<

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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MarcB96 »

piotre22 hat geschrieben: 24.05.2021 - 00:30 Genau so habe ich es auch verstanden nach dem Interview der Bürgermeisterin was ich in den Nachrichten gesehen habe.
Die Kabinen waren demnach bereits unmittelbar vor den jeweiligen Stationen, das würde auch zu dem Foto von der Gegenkabine passen, die kurz vor der Mittelstation steht.
Dann gabs laut dem Interview den zischendes/pfeifendes Geräusch, die Kabine ist plötzlich rückwärts gefahren, immer schneller geworden, dann mit hoher Geschwindigkeit mit Stütze 3 kollidiert und dabei schließlich abgestürzt.

Hier das Video mit dem Interview der Bürgermeisterin:
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama ... n-100.html
Das zischende/pfeifende Geräusch würde doch eigentlich darauf schließen lassen, dass die Fangbremse ausgelöst haben könnte oder? Das einfache Bergabrollen (ohne Widerstand) würde denk keine großartigen Geräusche machen. :?:
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

Dann sieht es danach aus, dass hier ein Versagen der Tragseilbremse vorliegt. Um 1970 gab es in der Schweiz umfangreiche wissenschaftliche Erkenntnisse (Wettstein-Theorien) zu diesem Thema, die bei der Konstruktion dieser zeitgleich gebauten Bahn nicht eingeflossen sind. Auch später wurden die Forschungsergebnisse aus der Schweiz in anderen Ländern nicht konsequent bei der Konstruktion von Pendelbahnen berücksichtigt.

Der deutsche TÜV Süd hatte allerdings Mitte der 1970er Jahre bei einigen Bayrischen Pendelbahnen Nachberechnungen auf Grundlage der Schweizer Forschungsergebnisse und Theorien angestellt, und dabei folgendes festgestellt:
- Bei den von deutschen Seilbahnbaufirmen konstruierten Seilbahnen sind die meisten Tragseilbremsen nicht ausreichend dimensioniert, um eine voll beladene Kabine bei bergseitigem Zugseilriss und Restseilzug durch das talseitige Gegenseil mit kurzem Bremsweg zum Stehen zu bringen. Nur die Pendelbahnen Schweizer Bauart in Deutschland sind diesbezüglich ausreichend dimensioniert.
- Bei den meisten Pendelbahnen besteht an zahlreichen Stellen der Strecke eine Abhebe- und Kippgefahr des Laufwerks im Fall einer Tragseilbremsung infolge eine bergseitigen Zugseilrisses und den talseitigen Restseilzug.

Allerdings bestand über Jahrzehnte nur in der Schweiz die Pflicht einer Nachrechnung und gegebenenfalls Umrüstung der betroffenen Pendelbahnen, um diese Probleme zu beseitigen. Im Regelfall wurden dort die Laufwerke und/oder Gehänge getauscht. Nur durch den Einsatz von bergseitig gelenkig gekuppelten Bremswagen oder nichtdruckübertragende Gehänge wird ein Abheben oder Kippen des Laufwerks im Katastrophenfall einigermaßen zuverlässig verhindert. Darüber hinaus wurden in der Schweiz die sogenannten „Habegger-Bremsbeläge“ eingeführt, die eine sehr geringe Streuung des Reibbeiwertes aufweisen. Dazu hatte Habegger nach dem Unglück von Betten 1972 umfangreiche Versuche auf einen selbstgebauten Versuchsstand durchgeführt, bei dem als Zugfahrzeug ein Panzer der Schweizer Armee diente.

Die aktuellen Europäischen Richtlinien, die auch in der Schweiz zu Anwendung kommen, haben nach meinem Eindruck dazu geführt, dass die geschilderten Betrachtungen nicht mehr vollumfassend berücksichtigt werden, weil andere Länder keinen Bedarf gesehen haben. Vielmehr hat sich inzwischen die fangbremsenlose Pendelbahn etabliert. Allerdings ist bei Antrieb am Berg sowie unterschiedlich dicker Zug- und Gegenseile die Pendelbahn mit Tragseilbremse weiterhin oft die wirtschaftlichere Lösung bei neuen Pendelbahnen.

Ich bin sehr gespannt auf die weiteren Untersuchungen an der Unfallbahn:
- Hat die Tragseilbremse infolge des Schlaffseils sofort ausgelöst? Der Seilriss war ja scheinbar nicht unmittelbar am Laufwerk.
- Hat die Tragseilbremse nach Auslösung vollständig das Tragseil erfasst?
- Wenn ja, warum hat dann die Bremsreibung oder Bremskraft nicht ausgereicht, die nicht voll beladene Kabine rechtzeitig zum Stehen zu bringen?

Wenn die Tragseilbremse die Kabine nicht innerhalb von Bruchteilen von Sekunden zum Stehen bringt, erzeugt die Restseilspannung des talseitigen Zugseil eine extreme Beschleunigung des Laufwerks, so das es nicht mehr gebremst werden kann. Das war hier vielleicht der Fall.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von old17 »

Laienfrage: wenn das Zugseil nicht direkt an der Kabine gerissen ist (sondern irgendwo zwischen Kabine und Bergstation), kann es sein, dass das Seil selbst „zurückgeflitscht“ ist und dabei die Bremse beschädigt hat?
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Mr400Liter
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Mr400Liter »

Christoph Lütz hat geschrieben: 24.05.2021 - 00:05 Könnte es nicht sein, dass das Zugseil direkt unterhalb der Bergstation gerissen ist. Die Tragseilbremse der oberen Kabine hat dann aus irgendwelchen Gründen versagt und sie ist einige 100 m zu Tal gerollt. An der Stütze 3 ist sie dann entgleist und abgestürzt. Bei der anderen Kabine hat die Tragseilbremse dagegen vielleicht ordnungsgemäß funktioniert.
So würde ich das jetzt aktuell auch sehen...
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

old17 hat geschrieben: 24.05.2021 - 09:04 Laienfrage: wenn das Zugseil nicht direkt an der Kabine gerissen ist (sondern irgendwo zwischen Kabine und Bergstation), kann es sein, dass das Seil selbst „zurückgeflitscht“ ist und dabei die Bremse beschädigt hat?
Das ist weniger das Problem. Es könnte aber sein, dass dadurch die Bremse nicht direkt ausgelöst wurde, weil das Schlaffseil nicht sofort vom Auslösemechanismus erkannt wurde.
ThomasK
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

Christoph Lütz hat geschrieben: 24.05.2021 - 00:05 Könnte es nicht sein, dass das Zugseil direkt unterhalb der Bergstation gerissen ist. Die Tragseilbremse der oberen Kabine hat dann aus irgendwelchen Gründen versagt und sie ist einige 100 m zu Tal gerollt. An der Stütze 3 ist sie dann entgleist und abgestürzt. Bei der anderen Kabine hat die Tragseilbremse dagegen vielleicht ordnungsgemäß funktioniert.

Das ist natürlich möglich, aber dann ist das nach meiner Einschätzung ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

Normalerweise wird die Tragseilbremse für den negativsten Fall ausgelegt zuzüglich Sicherheitszuschlag.

Der negativste Fall tritt dann ein, wenn das Zugseil bei der Talfahrt der vollbesetzten Kabine genau dann reist, wenn die steilste Stelle passiert wird; in diesem Fall also der Bereich der Absturzstelle.

Befindet sich aber die Kabine unmittelbar vor der Bergstation bei der Einfahrt in einem ziemlich flachen Stück, hat eine niedrige Geschwindigkeit und ist noch nicht einmal zu einem Drittel besetzt (offenbar 15 von 47 Personen), dann ist das bei weitem nicht das Worst Case Szenario.

Wenn also nach einem Zugseilriss auch noch die sicherheitstechnische Rückfallebene (Tragseilbremse) ebenfalls versagt, dann wird nach meiner Einschätzung der Betreiber der Seilbahn sich von der Staatsanwaltschaft sehr unangenehme Fragen gefallen lassen müssen.

Wie hier mehrere Fotos belegen, machte die Seilbahnanlage einen sehr heruntergekommenen Eindruck. Der Putz flog von den Wänden und man hatte den Einduck, dass offensichtlich nur das Allernötigste gemacht worden ist.

Ich war noch nie bei dieser Seilbahn, aber beim Betrachten der Bilder hat es mich durchaus gegruselt.

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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

Bei Tragseilbremsen in voller Aktion erhitzen sich die Beläge derart, daß Teile davon wegbrennen und in Flammen aufgehen (was aber einberechnet sein muß). Insbesondere die ersten Momente, bis die Bremse greift, kann sehr abrasiv sein – und dann muß der sich schon erhitzte Restbelag dann alles auffangen.

Die Fragen um die Dimensionierung der Tragseilbremse sowie, ob sie wirklich voll gegriffen hat, dürften hier sehr wesentlich sein; aber das ist nur ein Teil des Problems ...

Es muß eine Ursache dafür geben, daß ein Zustand erreicht wird, in dem die Tragseilbremse überhaupt zum Einsatz kommt. Hierzu nicht ganz uninteressant ist die Einfahrt in die Bergstation (siehe Video) Da sieht es aus, als ob sich die Kabine wieder leicht talwärts bewegt – was zum einen nur ein Schwanken der Kabine um die Aufhängeachse sein kann. Sollte jedoch Zugseil und Laufwerk diese Bewegung auch mitmachen – die durch relativ große Seilbewegungen in den großen Durchhängen verursacht sein könnte (sofern das der Fall wäre) – wäre nicht auszuschließen, daß vor dem Stationseinfahrt ein "Wiederanfahren" nach leichter Abwärtsbewegung zu große Kräfte auf das Zugseil gewirkt haben könnten. Sowas darf natürlich nicht passieren, wenn das Zugseil korrekt dimensioniert und gewartet wurde.

hier bei ca. 8:20 min.: https://www.youtube.com/watch?v=cclmDHWff4Q&t=148s

Inzwischen baut man ja mit wesentlich größeren Seilspannungen – mit mehreren Effekten: a) kleinerer Durchhang – weniger fluktuierendes Seil; b) weniger "Steilstellen" vor den Stützen, aber v.a. c) mit höherer Vorspannung wirken zwar größere Kräfte auf das Seil – aber der dynamische Anteil kann so verkleinert werden, was besser berechen- und beherrschbar ist. Mit nur einem Tragseil wird zudem das Zugseil nicht mit Seilreitern "auf kurzer Strecke" gehalten, sondern kann stark durchängen.
:argue: . . . . . . . . . :nixweiss: . . . . . . . . . :gruebel: . . . . . . . . . :verweis:

... es kann sein, dass ich nicht alle eMail-Benachrichtigungen erhalte, die bei abonnierten Threads oder PN-Eingängen ausgelöst werden sollten; direkt an mich adressierte eMails müßten aber ankommen ...
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

Der Antrieb der Bahn befindet sich in der Mittelstation. Das Zugseilspanngewicht am Berg? Dann wäre der Ablauf folgendermaßen:
Wenn die Bahn vor der Einfahrt der Kabinen in die Stationen abbremst, bewirkt der Seildurchhang in dem großen Seilfeld scheinbar, dass die Kabine am Berg etwas zurück rollt. Anschließend müsste die Kabine am Berg an den Puffer fahren, während die Kabine in der Mittelstation vom Antrieb in die Station eingezogen wird. Dabei wird das Zugseilspanngewicht angehoben. Vielleicht ist bei diesem Vorgang das Zugseil in der Umlenkung der Bergstation gerissen.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von NeusserGletscher »

In wie weit spielen Standschäden bei Seilbahnen eine Rolle? Müssen die Bahnen regelmässig bewegt werden oder spielt es keine Rolle, wenn Lager und Seile über Monate an den selben Stellen belastet werden?
Was Du selber richtig machst können andere nicht falsch machen
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

ThomasK hat geschrieben: 24.05.2021 - 09:37
Normalerweise wird die Tragseilbremse für den negativsten Fall ausgelegt zuzüglich Sicherheitszuschlag.

Der negativste Fall tritt dann ein, wenn das Zugseil bei der Talfahrt der vollbesetzten Kabine genau dann reist, wenn die steilste Stelle passiert wird; in diesem Fall also der Bereich der Absturzstelle.

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Wenn also nach einem Zugseilriss auch noch die sicherheitstechnische Rückfallebene (Tragseilbremse) ebenfalls versagt, dann wird nach meiner Einschätzung der Betreiber der Seilbahn sich von der Staatsanwaltschaft sehr unangenehme Fragen gefallen lassen müssen.
Die Staatsanwaltschaft interessiert erstmal, ob gegen geltende Gesetze verstoßen wurde. Wie ich bereits weiter oben geschrieben habe, hat der TÜV in Deutschland bereits 1975 festgestellt, dass zahlreiche Pendelbahnen nicht den Anforderungen gemäß Wettstein-Theorien entsprechen und deren Tragseilbremsen im Katastrophenfall versagen können. Im europäischen Regelwerk, das auch in der Schweiz zur Anwendung kommt, werden diese nach meinem Eindruck ebenfalls zu wenig berücksichtigt.
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

NeusserGletscher hat geschrieben: 24.05.2021 - 10:04 In wie weit spielen Standschäden bei Seilbahnen eine Rolle? Müssen die Bahnen regelmässig bewegt werden oder spielt es keine Rolle, wenn Lager und Seile über Monate an den selben Stellen belastet werden?
Das könnte tatsächlich eine Rolle gespielt haben. Vielleicht ist es durch die lange Betriebspause in der Umlenkung der Bergstation zu Korrosion des Zugseils gekommen.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von gerrit »

Geht eigentlich aus einer der diversen Pressemeldungen hervor, ob in der zweiten Kabine Passagiere waren und wie sie ggf. geborgen wurden?
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