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Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

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Lagorce
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Lagorce »

Mal abwarten.

Hat jemand Video- oder Bildmaterial?

Bei z.B. 00:03.32 ist die aktuelle moderne Kabinenvorortsteuerstelle ersichtlich:
https://www.youtube.com/watch?v=j-1zB710f7c

Wie bereits erwähnt ist eine Funk-FUA installiert. Das kleine Runde Gerät bei der Einfahrt der Bergstation (siehe diverse Videos und Fotos) ist übrigens ein Ultraschall-Windmessgerät, das weitaus sinnvoller als mechanische Schalenkreuzanemometer ist. Solche solid-state Ultraschall-Anemometer messen Windgeschwindigkeit (inkl. Böen) sowie -richtung ohne bewegliche Teile auch unter extremsten Bedingungen.

Beim Betrachten von Luftaufnahmen, die alten Eckfundamente einer früheren Stütze (ca. 301 m talwärts von der Bergstation aus, auf Bahnachse) nicht mit den aktuellen Stütze verwechseln.

Edit:
Zugseilschwingungen (bereits weiter oben aufgeführtes Video):
https://www.youtube.com/watch?v=L1-uno0cOxU
Siehe insbes. z.B.: ab 00:05:33
Sowie:
Ab 00:00:51
Ab 00:03:11
Ab 00:07:33
Ab 00:12:17 (siehe Gegenspur).
(Nebenbei, off-topic: 00:12:18: Ultraschall-Anemometer links im Bild.)

Führe die Seilschwingungen nur zu Veranschaulichung auf, die effektive Unfallursache ist mir zurzeit unbekannt.

Wiesel
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Wiesel »

https://youtu.be/UC60HwJ1qt8

Hier erklärt ein Mitarbeiter noch vor 5 Monaten, wie sicher diese Bahn im Vergleich zum Monte Mottarone ist.
Wiesel
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Wiesel »

https://www.holidayinfo.cz/cs/camera/jested/3111

Und hier gibt es die Live-Webcam.
Man kann sogar vergangene Bilder anzeigen lassen (rechter Bildschirmrand, oberes Menü)
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Christoph Lütz »

Wiesel hat geschrieben: 02.11.2021 - 01:55 https://youtu.be/UC60HwJ1qt8

Hier erklärt ein Mitarbeiter noch vor 5 Monaten, wie sicher diese Bahn im Vergleich zum Monte Mottarone ist.
Der Unfallhergang und das Schadensbild deuten allerdings auf Parallelen zum Mottarone hin. In der Presse findet das Ereignis aber vergleichsweise wenig Beachtung. Ein einzelner toter Seilbahnangestellter sorgt eben nicht für Schlagzeilen, obwohl es hätte noch viel schlimmer kommen können.

Die Seilbahn ist scheinbar noch mit klassischen Zuegg-Fangbremsen ausgerüstet. Diese werden aber nach den Videoaufnahmen auf YouTube (nach Minute 6:30) hydraulisch betätigt, würde ich behaupten. Man sieht einen Zylinder über dem Gehängetrafrohr. Hier hat es offensichtlich nach 1975 einen Umbau gegeben.Wer hat diesen dann durchgeführt?
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Mr400Liter »

Täuscht es, oder sind bei der Bahn keine Schwingungsdämpfer für das Zugseil vorhanden? Zumindest ist in den Videos beidseitig vor den Vergusskegeln nichts zu erkennen...
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Mr400Liter »

Lagorce hat geschrieben: 01.11.2021 - 16:55 In der Bergstation sind Seikopfteile ausgestellt (inkl. Vergusskopf) und auch einige technische Daten sind angeschlagen, nur habe ich leider weder gute Fotos noch aufschlussreiche Videos davon gefunden, nicht einmal in der RM Reportage (!).
Bei den Google-Rezensionen findet man zumindest einen Beitrag mit Fotos von der Technik-Ausstellung. Unter anderem ist ein zerlegter Seilkopf zu sehen...

https://goo.gl/maps/WnzhZVfSQXH4BpN39
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Kris »

* Verfügt die Tragseilbremse über eine automatische Auslösung?
Ich kann im Umfeld der Seilbefestigung keine Mechanismen hierzu finden...
Nach dem Mottaronevideo verliert der manuelle rote Auslösegriff im Dach der Kabine ja schon an Glaubwürdigkeit...

* Scheint es tatsächlich so zu sein, dass beide Kabinen nahe am Kreuzungspunkt waren, als das Unglück geschah, d.h. sodann die bergwärts fahrende und mit 13 Passagieren besetzte Kabine retour zu Tal fuhr?
* Tat sie dies mit oder ohne Auslösung der Fangbremse? Was brachte die Kabine letztendlich zu Halt? Antrieb ist am Berg...

* Welches Seil hängt rechts am Masten? Zug- oder Gegenseil?

* Die talseitige Kabinenfront zeigt einen markanten vertikalen Einschnitt, wohl durch Einschlag in ein Seil bedingt.
Ist dieser Einschnitt an Kabinandach und Kabinenboden etwa gleich tief wie es dem Anschein nach aussieht? Dann kann dies nicht durch Auspendeln nach einer Fangbremsauslösung in das Talseitige Seilsystem bedingt sein (vgl. Gaislachkogel Bremsversuche).

* in Bildern ist erkennbar, dass das bergseitige Zugseil in der Nähe der Seilbefestigung durchtrennt ist.
Ist das talseitige Gegenseil noch dran?
Gibt es Bilder von herumliegenden Seilen in der Nähe der Kabine?

Wahrscheinlich wurde vieles bereits in tschechischen Foren erörtert. Ich meine mich zu erinnern, es gab/gibt ein kleines tschechisches (Eisenbahn/Strassenbahn?)-Forum welches auch Bergbahnen zum Thema hat. Spreche leider kein tschechisch, kennt jemand die URL zu dem Forum?
>> Die unaufhaltsame Industrialisierung des Skiraums führt zu Banalisierung und somit zum Verlust der magischen Skisportfreude<<

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Mr400Liter
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Mr400Liter »

Kris hat geschrieben: 02.11.2021 - 08:25 * Verfügt die Tragseilbremse über eine automatische Auslösung?
Ich kann im Umfeld der Seilbefestigung keine Mechanismen hierzu finden...
Nach dem Mottaronevideo verliert der manuelle rote Auslösegriff im Dach der Kabine ja schon an Glaubwürdigkeit...
Ohne Schlaffseilauslösung wäre es durchaus plausibel, dass sich die Bahn zum Zeitpunkt des Seilrisses knapp vor der Mitte der Strecke befunden hat. Die besetzte Bergfahrt noch talseitig etwas vor der Stütze, der verunglückte Wagen unmittelbar im bergseitigen Bereich der Stütze. Dort sind erfahrungsgemäß die Zugseilschwingungen am stärksten, was theoretisch einen Seilriss im stark belasteten Bereich vor dem Kegel verursachen könnte. Wenn der unmittelbar betroffene Wagen dann so wegschnellt, wie das Mottarone-Video zeigt, ist plausibel, dass der Wagenbegleiter nicht im Stande ist, den roten Auslösegriff zu ziehen und die Gondel die Überfahrt über die Stütze nicht schafft bzw. auch durch das starke Auspendeln -zuerst nach hinten und dann nach vorne- im Bereich nach der Stütze gegen das Seil/Sattel schlägt und abstürzt. Dafür würde auch das Schadensbild sprechen: zuerst Einschlag am Tragseil nach der Stütze (Schaden vorne mittig), dann Absturz im nach vorne aufgeschaukelten Zustand, wobei die Rückseite der Gondel beim Einschlag eingedrückt wird.

Die dynamischen Kräfte aufgrund des Seilrisses dürften den anderen Wagen dann bereits schwächer treffen, wodurch es für Fahrgäste bzw. den Begleiter in diesem Wagen nach einer kurzen Zeit des Schocks/Reaktionszeit möglich sein müsste, die manuelle Auslösung der FB zu ziehen. Dies würde auch die Aussagen, wonach der eingebremste Wagen zuerst zurückgerollt ist, untermauern.

Ist hald mal eine Vermutung...
Zuletzt geändert von Mr400Liter am 02.11.2021 - 09:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von ATV »

Christoph Lütz hat geschrieben: 02.11.2021 - 06:15 Der Unfallhergang und das Schadensbild deuten allerdings auf Parallelen zum Mottarone hin. In der Presse findet das Ereignis aber vergleichsweise wenig Beachtung. Ein einzelner toter Seilbahnangestellter sorgt eben nicht für Schlagzeilen, obwohl es hätte noch viel schlimmer kommen können.

Die Seilbahn ist scheinbar noch mit klassischen Zuegg-Fangbremsen ausgerüstet. Diese werden aber nach den Videoaufnahmen auf YouTube (nach Minute 6:30) hydraulisch betätigt, würde ich behaupten. Man sieht einen Zylinder über dem Gehängetrafrohr. Hier hat es offensichtlich nach 1975 einen Umbau gegeben.Wer hat diesen dann durchgeführt?
Interessante Frage. Das Problem ist hat, am Mottarone weis man auch 6 Monate nach dem Unfall nicht, was das Problem war und dementsprechend kann es durchaus sein, dass auch bei anderen Bahnen Gefahr im Verzug ist.
Ich persönlich würde zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr in eine klassiche grossen Eintragseil Pendelbahn der Generation I (Vor 45) und II (Vor 75) einsteigen.

Der Umbau muss erst in den letzten paar Jahren gemacht worden sein. Auf dem Video von Radim ist noch die alte Steuerung drauf. Wer hat den Umbau gemacht? Was wurde bei dem Umbau gemacht?

Aber wie wird bei dieser Fangbremse ein Zugseilriss erkannt? Schlaffseilauslösung klassisch über Exzenter an der Zugseilbefestigung? Kann man nichts erkennen.
Bild
Wozu dient das Gestänge und der Hebel unterhalb des Laufwerks? Nur Pendeldämpfer?

Kabine 1 (links auf) wird vermutlich nicht so stark beschleunigt haben da das Zugseil mit Eigengewicht durch den Antrieb gebremst wurde. Reichte wohl um aufzustehen und die FB manuell abzuziehen.

User Radim hat sicher bessere Fotos davon.
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Titanium »

Es gibt zwei neue Artikel auf idnes.cz. Im ersten wird berichtet, dass ein Fahrgast diesen Sommer bereits Verschleiß an den Seilen bemerkt hat (https://www.idnes.cz/zpravy/domaci/jest ... omaci_albe). Im zweiten Artikel steht, dass die andere Kabine auch Richtung Tal gerast ist und vom Personal händisch die Notbremsung ausgelöst werden konnte (https://www.idnes.cz/liberec/zpravy/jes ... pravy_gabr). Da ich kein Tschechisch spreche, habe ich beider Artikel automatisch übersetzen lassen und hoffe, den Inhalt richtig verstanden zu haben.
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von ATV »

Titanium hat geschrieben: 02.11.2021 - 10:47 Es gibt zwei neue Artikel auf idnes.cz. Im ersten wird berichtet, dass ein Fahrgast diesen Sommer bereits Verschleiß an den Seilen bemerkt hat (https://www.idnes.cz/zpravy/domaci/jest ... omaci_albe).
MMN ist das kein defekt des Seiles sondern hartgetrocknetes Fett. Wahrscheindlich an der Stelle wo das Seil über Monate während dem Lockdown auf den Rollen auflag.
Mehrere Litzen gebrochen, dann sieht das aus wie ein Drahtkneuel.
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Wiesel »

Ich habe noch einmal nachgehakt bei dem Betriebsleiter einer anderen Tschechischen Bahn.
Der Unfall soll tatsächlich zum Zeitpunkt der Gondelbegegnungen stattgefunden haben und daraufhin habe man die andere Kabine heruntergleiten lassen, um in einen komfortableren Bereich zur Evakuierung zu gelangen.

Da frage ich mich allerdings, wie das technisch möglich ist.
Kann man die Tragseilbremse manuell "steuern", also je nach Krafteinwirkung gezielt am Seil gleiten lassen?
Oder war durch das bergseitige Zugseil noch genug Spannung vorhanden, dass die Kabine in moderater Geschwindigkeit gen Tal rollen konnte?
Und da wäre natürlich auch die Frage, warum man nicht gleich bis in die Station hineinrollt. Das Gefälle ist ausreichend vorhanden.
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Mr400Liter »

Wiesel hat geschrieben: 02.11.2021 - 11:56 Kann man die Tragseilbremse manuell "steuern", also je nach Krafteinwirkung gezielt am Seil gleiten lassen?
Dürfte eigentlich technisch nicht möglich sein...

Lagorce
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Lagorce »

Danke für die Bild Links des Seilkopfes.

ATV hat geschrieben: 02.11.2021 - 09:11Ich persönlich würde zum aktuellen Zeitpunkt nicht mehr in eine klassiche grossen Eintragseil Pendelbahn der Generation I (Vor 45) und II (Vor 75) einsteigen.
Mittlerweile hätte ich sogar Vorbehalte bei der 2. Sektion der Aiguille du Midi PB, idealer Kandidat für Zugseilriss (hohe Zugseilschwingungen, extremes Längsprofils, nur ein Tragseil (allerdings gespleisste Schlaufe), fangbremsenlos, Dauerprobleme mit dem Zugseil (musste auffallend oft ersetzt werden), exotische technische Auslegung, usw.

Der Umbau muss erst in den letzten paar Jahren gemacht worden sein. Auf dem Video von Radim ist noch die alte Steuerung drauf. Wer hat den Umbau gemacht? Was wurde bei dem Umbau gemacht?
Siehe hier (wurde weiter oben bereits erwähnt):
https://genus.cz/Liberec/lanovka-na-jes ... 451518.htm
Fotos im Anhang.

Touch in der Kabine sieht man in mehreren neueren Videos. FUA ist über Funk. Neue Videoüberwachung in den Stationen wurde ebenfalls installiert.

Elektrotechnik inkl. AC Antrieb und Steuerung entsprechen soviel ich sehen kann dem "aktuellen Stand der Technik".

Aber wie wird bei dieser Fangbremse ein Zugseilriss erkannt? Schlaffseilauslösung klassisch über Exzenter an der Zugseilbefestigung? Kann man nichts erkennen.
Habe nirgends was in Richtung Schlaffseilauslösung gesehen, was IMO ein absolut gravierender Grundkonzeptfehler ist.

Eine vollautomatische schlaffseilerkennungsbasierte Fangbremsenauslösung ist m.E. bei sämtlichen Pendelbahnfangbremsen absolut zwingend erforderlich.

Bin ich strikte gegen alleinige auf die Fahrgeschwindigkeit basierte Fangbremsenauslösesysteme (stets mit Fahrgeschwindigkeitserfassung am Laufwerk), da die Geschwindigkeitserfassung mit vertretbaren Mitteln nicht genügend zuverlässig ausgeführt werden kann. Z.B. können Laufwerks- oder spezifische reine Messrollen bei Vereisung versagen, auch Entgleisungen, usw. sind problematich. Zudem wird unnötige Komplexität eingeführt und der Wartungsaufwand ist ebenfalls grösser.

Unter gewissen Voraussetzungen ist eine Schlaffseilauslösung je nach Vorschriften leider nicht zwingend erforderlich, was m.E. jedoch auf einer schweren Fehlüberlegung beruht.

Die i.d.R. stets vorhandene Handauslösung ist nur in gewissen Situationen wirklich einsetzbar, bei Zugseilriss ist die Dynamik zu extrem (und der Glanzidee bei Zugseilriss auf der intakten Seite das andere Zugseil vom Laufwerk automatisch trennen (!!!) traue ich gar nicht, sowas gibt es sogar),

Meine Vermutung ist, dass die Fangbremse aufgrund der Fahrgeschwindigkeit (autark lokal am Laufwerk erfasst, nicht über FUA) hätte auslösen sollen, und dass dann irgendwas falsch lief.
Ob mechanisch, elektrisch oder hydraulisch, fahrgeschwindigkeitserfassungsbasierte Auslösung der Fangbremse ist ausführungsunabhängig komplexer, störungsanfälliger und gesamthaft weniger sicher als eine einfache klassische Schlaffseilauslösung mit ganz banaler Tellerfedernpaketvorspannung (nicht zu verwechseln mit der fragwürdigen hydraulischen Vorspannung wie in u.a. bei Mottarone und diversen weiteren Pendelbahnen).

Ob überhaupt eine automatische Auslösung der Fangbremse bei Jested vorhanden ist, weiss ich nicht. In zahlreichen Ländern war stets eine automatische Auslösung vorgeschrieben. Reine Handauslösung wäre völlig unverständlich, da eine solche eigentlich nur als zusätzliche Sicherheitsmassnahme dienen kann, da seit eh und je bekannt ist, dass bei Zugseilriss in den allermeisten Fällen eine in der betroffenen Kabine mitfahrende Person nicht mehr in der Lage ist, die Fangbremse von Hand auszulösen.
Noch idiotischer sind Auslösehebel mit mehreren Auslösestellungen, als hätte jemand im Ernstfall noch Zeit zu überlegen, ob man z.B den Hebel auf volle oder halbe Fangbremsenleistung stellt (siehe u.a. diverse Poma Pendelbahnen).

Wozu dient das Gestänge und der Hebel unterhalb des Laufwerks? Nur Pendeldämpfer?
Siehe hier: 00:06:39
https://www.youtube.com/watch?v=L1-uno0cOxU

Irgendwo ist noch ein Foto oder Video von den anderen Seite, muss ich suchen. Bin nicht sicher was es ist, muss nochmals hinschauen. Habe zwar auch zuerst an Längspendeldämpfer gedacht.

Kabine 1 (links auf) wird vermutlich nicht so stark beschleunigt haben da das Zugseil mit Eigengewicht durch den Antrieb gebremst wurde. Reichte wohl um aufzustehen und die FB manuell abzuziehen.

User Radim hat sicher bessere Fotos davon.
Wäre interessant sowas nachzurechnen oder ggf. gibt es CCTV Aufzeichnungen.

Jedenfalls ähnlich wie bei Mottarone riss ein oberes Zugseil und eine Fangbremse versagte während die andere schlimmeres verhinderte,

Fazit wäre eigentlich, dass endlos gespleisste Zugseilschlaufen zusammen mit fangbremsenbehafteten Laufwerken die sicherste Kombination darstellen sofern korrekt ausgeführt (die Nachteile der Fangbremsen kenn ich wohl, darüber diskutiere ich seit ca. 2007 in Alpinforum), also insbes. ohne überflüssige Komplexität.

Dass ein Seil jedoch katastrophal versagt, ohne dass man genügend frühzeitig Probleme erkennt scheint mir nach wie vor Rätselhaft. Ausser bei besonderen Einwirkungen wie Brand, Sabotage, usw. wird ein Seil allermeist mehr oder weniger progressive beschädigt, so dass in den allermeisten Fällen Probleme früh genug erkannt werden damit kein unzulässiges Risiko entsteht.

Ob stets fachgerecht vorgegangen wurde spielt da eine entscheidende Rolle, sowas wird auch entsprechend Untersucht da der Betreiber die Auflagen des Herstellers und die der Behörden befolgen muss.


Bilder im Anhang können ggf. von den Copyrigthinttegristen gelöscht werden, jedoch Texte bitte belassen.
Dateianhänge
Quelle:<br />https://genus.cz/Liberec/lanovka-na-jested-ma-vymeneny-pohon-rozjede-se-za-pet-tydnu-n451518.htm
Quelle:
https://genus.cz/Liberec/lanovka-na-jested-ma-vymeneny-pohon-rozjede-se-za-pet-tydnu-n451518.htm
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Quelle:<br />https://genus.cz/Liberec/lanovka-na-jested-ma-vymeneny-pohon-rozjede-se-za-pet-tydnu-n451518.htm
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https://genus.cz/Liberec/lanovka-na-jested-ma-vymeneny-pohon-rozjede-se-za-pet-tydnu-n451518.htm
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von MarcB96 »

ATV hat geschrieben: 02.11.2021 - 10:57
Titanium hat geschrieben: 02.11.2021 - 10:47 Es gibt zwei neue Artikel auf idnes.cz. Im ersten wird berichtet, dass ein Fahrgast diesen Sommer bereits Verschleiß an den Seilen bemerkt hat (https://www.idnes.cz/zpravy/domaci/jest ... omaci_albe).
MMN ist das kein defekt des Seiles sondern hartgetrocknetes Fett. Wahrscheindlich an der Stelle wo das Seil über Monate während dem Lockdown auf den Rollen auflag.
Mehrere Litzen gebrochen, dann sieht das aus wie ein Drahtkneuel.
So etwas ähnliches ist mir (nur weniger deutlich ausgeprägt) vor Jahren schon einmal an der Predigtstuhlbahn aufgefallen.

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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Lagorce »

ATV hat geschrieben: 02.11.2021 - 09:11Wozu dient das Gestänge und der Hebel unterhalb des Laufwerks? Nur Pendeldämpfer?
Den Fotos nach meinte ich, es wäre ein Längspendeldämpfer, was anderes kann ich mir momentan nicht vorstellen.
Aufgrund der Verhältnisse der Hebellängen sowie der Grösse des Dämpfers (erinnert mich an einen Türschliesser...) zweifle ich jedoch am erreichbaren Bremsdrehmoment (auf die Gehängetragachse bezogen).

Siehe Fotos.

Extern vom Seilkopf angebrachte Zugseilschwingungsdämpfer sind soviel man sehen kann keine vorhanden.

Kann nicht klar den genauen Aufbau der Seiköpfe erkennen (siehe Fotos der ausgestellten Teile). Irgendein im Seilkopf integriertes Schlaffseilvorspannsystem kann ich visuell nicht erkennen.
Kann mich jedoch selbstverständlich irren.

Im Anhang noch ein Frame aus einem bereits aufgeführtem Video. Ob Kameras den Zwischenfall auswertbar aufzeichneten weiss ich nicht, hängt von der Ausrichtung ab und dazu spielen Bildwinkel und Auflösung eine Rolle. Gewisse Stationsbereiche werden per CCTV überwacht, ist mittlerweile bei nahezu allen neuen oder sanierten Seilbahnanlagen der Fall.

Vermute, dass Smartphone Videos von Fahrgästen in Kabine 1 auftauchen werden.
Dateianhänge
Youtube Video Frame.
Youtube Video Frame.
Jested_Gehaenge_001.jpg (389.04 KiB) 888 mal betrachtet
Youtube Video Frame.
Youtube Video Frame.
Foto vor Sanierung.
Foto vor Sanierung.
Kommandoraum, aktuelle Steuerung: Display Steuerung sowie Display CCTV.
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Lagorce »

Pád Lanovky na Ještědu: 2.11.2021 byla kabina převezena do depa SŽ HZS Liberec a přeložena na vagón

Google Übersetzung:
The fall of the cable car on Ještěd: November 2, 2021, the cabin was transported to the depot of SŽ HZS Liberec and transferred to a wagon

Direktlink
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Wiesel »

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So wie es der Betreiber CESKY DRAHY verlauten lässt, soll die Bahn wieder in Betrieb genommen werden.
Das wäre vielleicht die Gelegenheit, die erste Kabinen-Generation noch einmal zu benutzen… 8O 8O 8O
Zwei sind zumindest noch vorhanden, eine von der Wiesner-Bahn in Janske Lazne und eine aus Tatranska Lomnica.
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Lagorce »

Fahrzeug 1 wurde in die Talstation zurückgeführt, das abgestürtzte Fahrzeug 2 wurde abtransportiert (siehe Video oben).

Vrak lanovky odtažen (2021-11-02)

Google translate: Cable car wreck towed away
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Gehe davon aus, dass das Ganze für die Untersuchungsexperten vorort bereits ziemlich klar ist.

Wäre es interessant zu wissen, weshalb die Fangbremse versagte.

Falls das Zugseilversagen im Zusammenhang mit der Vergusskopftechnik steht, sollte man sich ggf. überlegen ob man für Zugseile nicht generell sinnollerweise Klemmköpfe einsetzen sollte (bei nicht gespleissten Zugseilen). Klemmköpfe wie in der Schweiz üblich kann man jederzeit zerlegen, das Seil vollständig kontrollieren und danach wieder Zusammenbauen.

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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von ATV »

Lagorce hat geschrieben: 02.11.2021 - 23:58 Wäre es interessant zu wissen, weshalb die Fangbremse versagte.
Für mich nicht ganz unerheblich, wie wurde die Fangbremse betätigt? Wenn sie effektiv nur von Hand ausgelöst würde, währe die Antwort schon klar.
Leider habe ich nicht rausfinden können, wie sie betätigt wird.
Was man aber sehen kann, auf dem Bild von der Zugseilbefestigung im Schaukasten an der Bergstation, das da Fellerfederpakete drin sind.
Bild

Ich habe ein paar Fotos von einem ähnlichen Laufwerk mal zusammengestellt. Dort befindet sich die Auslösung mechanisch direkt in der Zugseilbefestigung. Über ein vorgespanntes Tellefederpaket vor dem Verguss wird dieses bei Schlaffseil entlastet und stösst einen Bolzen zurück, welcher Seitlich einen Abzug betätigt, welcher über ein Gestänge die Fangbremse auslöst.

Bild

Bild

Bild

Eventuell eine elektrische Auslösung wie bei modernen Bahnen?
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Christoph Lütz »

@ATV: Danke für die Detailfotos und Informationen dazu.

Es ist schon irgendwie unheimlich, dass nach einem monatelangen Lockdown an zwei konzeptionell baugleichen Pendelbahnen der Bauart Zuegg sehr ähnliche Unfallereignisse aufgetreten sind. Diese Bauart wurde von Luis Zuegg aus Lana bei Meran 1923 entwickelt und war in Europa mit Ausnahme der Schweiz (und vielleicht Frankreich) sehr stark verbreitet. Charakteristisch für diese relativ einfache Konstruktion ist ein Tragseil je Fahrbahn und eine Zugseilschleife, die unterhalb des Tragseils geführt wird. Nachteilig ist die Zugseilablage und das stark eingeschränkte Lichtraumprofil im Bereich der Rollbatterien auf den Stützen. Dies führt zwangsläufig zu einer sehr kompakten Zugseilbefestigung der beiden Zugseile an den Laufwerken mit integrierter Schlaffseilauslösung. Das Versagen der Zugseilschleife war aber in Jahrzehnten des Betriebes dieser Bahnen sehr selten bis gar nicht aufgetreten.

Am Mottarone und in Liberec hat es offensichtlich ein Versagen einer bergseitigen Zugseilbefestigung gegeben. Jeweils eine der Kabinen ist nach Versagen der Tragseilbremse bei Stützenüberfahrt mit überhöhter Geschwindigkeit abgestürzt. Die Gegenkabine konnte jeweils mit der Tragseilbremse gestoppt werden. Am Mottarone war die Tragseilbremse nach heutigen Kenntnissen absichtlich mit Gabeln mechanisch blockiert. In Liberec wissen wir bisher noch nicht, warum die Bremse versagte. Wir wissen aber auch nicht, ob die Tragseilbremsen der Gegenkabinen bei den beiden Ereignissen durch das Schlaffseil automatisch ausgelöst wurden, oder ob der Kabinenbegleiter aufgrund der verzögerten Beschleunigung der Kabine jeweils noch in der Lage war, den Notbremsgriff zu betätigen.

Am Mottarone wurden die alten Laufwerke von 1971 durch Neukonstruktionen ersetzt. Die Bahn in Liberec verfügt dagegen noch über die alten Laufwerke der Bauart Zuegg von 1975, deren Technik aus Italien übernommen wurde. Diese Tragseilbremse ist mittig im Laufwerk im Bereich des Gehängetragrohrs installiert und verfügt nur über eine bewegliche Bremsbacke, die in ihrer ursprünglichen Konstruktion über eine Spindel gespannt und mit einem Klinkenverschluss mechanisch verriegelt wird. Auf Videomaterial kann man aber erkennen, dass auf der Außenseite des Laufwerks offensichtlich ein Hydrauliksystem zum Öffnen und Betätigen der Bremsbacke nachgerüstet wurde. Die Schlaffseilauslösung (ich gehe davon aus, dass es eine gibt) kann man nicht erkennen und nachvollziehen.

Die konzeptionellen Fehler der noch heute überwiegend eingesetzten Tragseilbremsen sind seit den 1970er-Jahren bekannt. Bei beiden aktuellen Unfallereignissen waren die Kabinen aber nicht voll besetzt bzw. leer. Am Mottarone ist das Zugseil zudem nur bei Schrittgeschwindigkeit abgerissen. Mit diesen Rahmenbedingungen hätten die Tragseilbremsen eigentlich funktionieren müssen. Hydrauliksystem machen die Konstruktion aber oft kompliziert in Wartung und Bedienung. Bereits ein nicht zurückgelegter Kugelhahn nach dem Öffnen der Bremse kann zu deren Versagen führen, wenn dieser nicht elektrisch überwacht wird.

Ich hoffe, dass es bald Informationen zum Unfallhergang gibt, weil es dieser Seilbahntyp noch weit verbreitet ist. Auch in Deutschland fallen mir sofort einige Anlagen mit baugleichen Laufwerken ein.
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Lagorce »

@ATV sowie @Christoph Lütz: Danke für die diese Infos.

Die Tellerfedern sind mir auch aufgefallen, nur habe ich nirgends was gesehen, das auf das Vorhandensein einer Vorrichtung zur Schlaffseilauslösung deutet. Auf der Vorderseite sieht man ausser die elektrischen einadrigen Leitern nichts (vormals für FUA da mittlerweile FUA über Funk, vermute, dass das Zugseil wie üblich kapazitiv überwacht wird, ist jedoch nur eine Vermutung).

Auf den Fotos der abgestürtzen Kabine sieht man auf der Rückseite der Seilkopfs auch nichts besonderes.
Für eine Schlaffseilauslösung müsste entweder ein Auslösesystem im Kopf integriert sein (oder an dessen Aussenseite angeflanscht wie das Hydraulikventil bei Mottarone, oder ggf. Endschalter für elektrisch vorgesteuerte Auslösung der Fangbremse), oder eine externe mechanische Ankoppelung (wie beim ogigen Beispiel von ATV).
Jenseits vom Seilkopf angebrachte Klemme mit Auslösehebel zur Überwachung einer Längsbewegung des jeweiligen Zugseils ist nicht vorhanden.

Da ich keine Schlaffseilauslösunvorrtichtung erkenen kann, bin ich nicht sicher, ob eien solche vorhanden ist oder nicht.
Bei fehlender Schlaffseilauslöung gehe ich davon aus, dass bei Übergeschwindigkeit automatisch die Fangbremse automatisch ausgelöst wird, wobei auch dies mangels für mich klar erkennbare Einzelheiten ebenfalls eine Vermutung ist (siehe oben, solche Auslösysteme sind m.E. unzureichend zuverlässig um auf eine (ggf. zusätzliche) Schlaffseilauslösung zu verzichten).
Wie bereits erwähnt ist in zahlreichen Ländern eine vollautomatische Auslösung der Fangbremse vorgeschrieben. Ausschliesslich eine Handauslösung vorzusehen wäre onehin völligst absurd (siehe Aufführungen weiter oben).
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von ATV »

Was ich mch noch frage,

Frage 1: Was ist das für ein Bauteil zwischen Verguss und Tellefederpaket. Sieht irgendwie aus wie ein Schieber für irgend eine Hydraulik? Mottarone hatte doch auch sowas ähnliches.
Bild

Frage 2: Es ist aussen an der Zugseilbefestigung ein Bolzen zu sehen an welchen ein Kabel mit einem Kabelschuh angeschlossen ist. Das Kabel ist gelb. Das vond er FUA ist schwarz (Kann auch einfach nur schmutzig sein)
Entweder ist das Kabel der FUA welches direkt am Seil befestigt ist hier einfach abgeschlauft (Zugseilbefestigung ist MMN isoliert montiert)
Bild
Oder es hat effektiv mit einer eventuell vorhandenen elektischen Auslösung der Fangbremse zu tun?
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Kris »

Das schaut in der Tat nach einem hydraulischen Sicherheitskreis aus, wohl ausgelösbar an unterschiedlichen Stellen, einer davon am oben gezeigten zylindrischen Schieber der Seilbefestigung?

Während am Mottarone das Zug/Gegenseil hydraulisch gegen einen im Normalzustand geschlossenen(?) Schieber gedrückt wird, wird diese Druckkraft als Gegenkraft zum zum minimalen/maximalen Seilzug hier durch ein einfaches Paket an Tellerfedern erzeugt.

Der zylindrische Schieber, sollte es tatsächlich einer sein, zeigt zwei Kreisrunde Kanäle, die bei zu niedriger und bei zu hoher Zugseillast auf Durchgang öffnen? Normalstellung wäre dann mittig, ohne Durchfluss. Anschluss Hydraulik Aussen durch die oben gezeigten Schraubkopähnlichem Gebilde?

Wenn das so ähnlich stimmen sollte: Sehr gut erkannt MM, akribisch genaues fachmännisches Auge und Geist wie gewohnt.
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Re: Seilbahnunglück in Liberec (CZE) - ein Toter

Beitrag von Lagorce »

Die Anordnung und Grösse der Ringnuten erscheint etwas merkwürdig für einen hydraulischen Schaltkolben, da würde ich eher sowas wie 3 Dichtungen sowie dazwischenliegende ringförmige Freiräume erwarten (Siehe als Vergleich die Hydrocombo Zeichnung im Mottarone Unfall Topic).
Zudem ist die Geometrie der Ringnuten recht grosszügig für eine Kolbenabdichtung (inkl. ggf. Stützring). Gehe dabei davon aus, dass logischerweise der Vergusskegel nicht im Druckölbereich lagert.


Habe mir dieses Video
https://www.youtube.com/watch?v=L1-uno0cOxU
ab ca. 00:06:25 Frame by Frame angeschaut und auch einzelne Frames als Bild exportiert. Zu beachten ist jedoch, das die Aufnahmen von 2017 stammen, also vor der Rehab der Elektrotechnik (AFAIK 2019).

Im Zusammenhang mit dem Bildmaterial nach dem Absturz ist mir weiterhin unklar, ob eine Schlaffseilauslösung vorhanden ist.
Ebenfalls unklar ist mir die Funktion des Bauteils, das aussensenseitig am Laufwerkchassis angeflanscht ist wo in der Mitte sowas wie ein Druckknopf aussieht. Könnte ein Tachogenerator sein, nur wäre der Einbauort merkwürdig (Verbindung zu einer Laufwerkrolle?). Kann auch was völlig anderes sein, jedenfalls sieht es alt aus.

Edit:
Ist vermutlich ein banaler Drucktaster in Aufbaugeäusem, ältere Bauart; in der Talstation sieht man ein ähnliches
Drucktastergehäuse für den Nothalt (Frontfarbe gelb).
(End Edit.)

Hier noch zweit Frames, die den Handabzug der Fangbremse darstellen. Das erste Frame (Kabine 1) wurde nach Mottarone jedoch vor dem Unfall aufgenommen, das zweite ist von Kabine 2 während den Bergungsarbeiten nach dem Absturz.
Klare Schlussfolgerungen sind unmöglich, da man nicht beurteilen kann, ob der Griff nach dem Seilriss vom Angestellten betätigt wurde (aufgrund der vermuteten Dynamik eher unwahrscheinlich) oder ob der Griff aus anderen Gründen so grob um die 40 mm in Betätigungsrichtung verschoben wurde (Aufprall, Bergungsarbeiten, usw.).

Wie die Übetragung erfolgt sieht man nicht genau, tippe hier auf Bowdenzug (siehe Fotos vom entsprechenden Dachbereich), das ein Hydraulikventil betätigt, kann jedoch auch anders sein.


Edit:
Am Seilkopfkörper sind verschiedene axial angeordnete Schrauben erkennbar, mindestens sind Schmieröffnungen bzw. Schmiernippel vorhanden und zudem gehe ich davon aus, dass bei dieser Ausführung ein tragendes Gewinde vorhanden ist, und somit muss dieses auch entsprechend gesichert sein.

Falls eine Schlaffseilauslösung vorhanden ist, gehe ich davon aus, dass die Auslöservorrichtung im Seilkopf integriert ist, da ich von aussen nichts klar erkennen kann. Aber wie gesagt, lediglich als educated Guess meinerseits... ATV kennt sich da weitaus besser aus!

Edit:
Kollisionsschäden an den Enden des Lauwerks sind keine ersichtlich, zumindest nichts, das auf eine Kollision der Laufwerksrollen oder Wippenteile der vordersten oder hintersten Wippe mit einem Teil der Stütze deutet. Aufgrund der vermutlich bereits ziemlich hohen Geschwindigkeit wären bei einer solchen Kollision massive Schäden am talseitigen Ende des Laufwerks entstande.
Gehe eher davon aus, dass das Laufwerk aus welchem Grunde auch immer bereits oberhalb der Stütze vollständig entgleiste. Offensichtliche Kollisionsschäden der Stütze unterhalb des Stützenkopfes sind auch keine zu erkennen.

Dass Fahrzeug 2 zwischen den Stützenbeinen durchschlitterte ohne die zu berühren ist zwar möglich, statistich jedoch nicht sehr wahrscheinlich. Dazu müsste man die Spuren ab Boden auswerten können. Das lose Ende des gerissenen oberen Zugseils von Fahrzeug 2 hätte ggf. durch dynamische Effekte zwischen die Stützenbeine geschleudert werden können. Was genau passierte weiss ich jedoch nicht.

Interessant ist die massive Beschädigung am Gehänge und insbes. dass diese bergseitig ist. Talseitig weist die Kabinenfront einen klassischen Schaden der u.a. von einer oder mehreren Kollisionen mit dem Tragseil. Bergseite sieht aus wie nach einer Frontalkollision (Aufprall am Boden). Gehänge sieht zwar so aus als eine kollision bergseitig stattfand, was jedoch unmöglich scheint, demnach sollte der Schaden vom Aufprall am Boden stammen.
Dateianhänge
Handgriff zur Auslösung der Fangbremse nach Unfall, plombiert in Ruhestellung.
Handgriff zur Auslösung der Fangbremse nach Unfall, plombiert in Ruhestellung.
Handgriff zur Auslösung der Fangbremse nach Unfall (siehe Text).
Handgriff zur Auslösung der Fangbremse nach Unfall (siehe Text).
Zuletzt geändert von Lagorce am 04.11.2021 - 02:31, insgesamt 1-mal geändert.

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