jens.f hat geschrieben:
Einen unumstößlichen Beweis hierfür konnte ich aber nicht rauslesen - im gegenteil: Es stand - wenn ich mich richtig erinnere - irgendwo, das der Wagen zu sehr verbannt war, um die Brandursache genau zu analysieren.
Genau, und das sagen übrigens die Leute aus Heilbronn, wenn ich mich recht entsinne.
flo hat geschrieben:
--> SSB hat keine Fahrzeuge, sondern Fahrbetriebsmittel. Fertig.
MFG Dachstein
Schon interessant, dass mancher Hersteller dieser "Fahrbetriebsmittel" auch Fahrzeuge nennt, siehe auch hier:
Zitat:
"Standseilbahnen
Standseilbahnen sind ausgesprochen witterungsunabhängig und windstabil. Ein oder zwei Fahrzeuge laufen auf einer festen Fahrbahn (vorwiegend auf Schienen). Die Fahrzeuge werden mittels dem Zugseil meist im Pendelverkehr geführt. Während bei kurzen Wegstrecken zwei Schienenstränge nebeneinander möglich sind, wird bei längeren Anlagen eine einzige Spur mit einer in der Streckenmitte gelegenen Ausweichstelle verwendet."
Jo, das zum Thema "Fahrbetriebsmittel". Da stellt sich doch die Frage, warum ausgerechnet ein Hersteller diese "pöse" Begrifflichkeit "Fahrzeuge" verwendet. Vielleicht, weil es sich bei "Fahrbetriebsmitteln" lediglich um eine spezielle Fahrzeugkategorie handelt.....?
Zum absurden Verfahrensausgang in Ö möchte ich an dieser Stelle gar nichts weiter ausführen, das wurde schon ausreichend getan. M.M.n. ein Fehlurteil. Punkt.
Dachstein hat geschrieben:Nur ist nicht relevant was der Hersteller sagt, sondern nur was das Gesetz sagt, und das hat eindeutig Stellung bezogen.
MFG Dachstein
Der Richter hat das letztlich so ausgelegt. Im Übrigen sehr zum Erstaunen des ganz überwiegenden Teils der Prozessbeobachter, darunter nicht wenige Juristen.
Hier sollte ein genehmes Urteil gefällt werden, das ist geschehen. Passiert überall und jeden Tag. In D, in Ö und sonstwo.
Der "lokalpatriotische" Touch in manchen Beiträgen hier ist mir jedenfalls fremd. In diesem Fall hat es Ö betroffen, so what?
Flo: Hier zur Erkenntnis des Gerichts, daß tatsächlich vor dem Brand kein Hydrauliköl ausgetreten sei. Das Hydrauliköl hätte demnach nicht ursächlich zum Brand geführt. Ich denke, die Formulierungen sind eindeutig (Ich meine so eindeutig kann man es nicht wissen können):
Diese Messleitungen [...] waren für den
gegenständlichen Einbauzweck bestens geeignet und wiesen
eine extrem hohe Material- und Verarbeitungsqualität auf.
Auch die Verschraubungen entsprachen höchsten Anforderungen
für die Dichtheit und sind die verwendeten Messlei -
tungen bei den Einsatzbedingungen in Kaprun während des
Betriebes nicht geplatzt und haben auch keinen Riss erfahren,
das heißt es war das bei den Zügen verwendete Hydrauliksystem grundsätzlich dicht und ist kein Öl ausgetreten
S.163:
Es beschädigte die Flammbelastung zunächst die
innere Struktur der Meßleitungen, brannte diese durch und
kam es dazu, daß Öl aus der Leitung zuerst mit hohem
Druck in Sprühform austrat und anschließend mit fallendem
Druck. Materialfehler an den Hydraulikleitungen lagen nicht
vor.
S.192:
Wie bereits allgemein ausgeführt war Ursache der
Feuersbrunst vom 11.11.2000 auch nicht eine Undichtigkeit
an der Hydraulikanlage, es ist kein Hydrauliköl ausgetreten
und auf die heiße Glühwendel (wohl gemeint Heizwendel)
des aktivierten Heizlüfters gelangt.
(Wobei dieser Absatz ja ungeschickter Sprachkäse ist: "Ursache war auch nicht eine Undichtigkeit an der Hydraulikanlage, [...]". Aha. Also doch undicht? *g* )
@Dachstein: Wohl sind diese vermeintlichen Erkenntnisse eben nicht beweisbar, und im Rahmen einer Urteilsbegründung in dieser Form so nicht darzustellen. Für das Salzburger Gericht war es aber wichtig dies dennoch als gesichert darzustellen(*), warum magst Dir selber überlegen.
Diese Darstellung hat letztendlich auch die Staatsanwaltschaft Heilbronn bemängelt.
(*) Was jedoch nicht ausschliesst, dass an anderer Stelle wie von Flo angemerkt, zb formuliert wird, daß vom Zustand in der Kitzsteingams nicht auf selbigen im verbrannten Gletscherdrachen geschlossen werden kann. Woher weiss man dann (s.o.) dass die Leitungen im Gletscherdrachen dicht waren?
Insgesamt ergibt dieser Mangel an innerer Schlüssigkeit in der Urteilsbegründung ein ziemliches Larifari ...
Zuletzt geändert von Kris am 12.11.2010 - 15:21, insgesamt 1-mal geändert.
Es stellt sich immer die Frage, wie weit vertraut der jeweilige Jurist mit der Materie ist. Jeder Richter muss sich vermutlich erst mal in den Gesetzestext einlesen, vor allem dann, wenn es sich um Texte handelt, die nicht alltäglich sind, wie beispielsweise das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch oder das Strafrecht. Und meines Erachtens hat er zumindest die Unterscheidung FBM - Fahrzeug richtig herausgelesen.
@ Kris: den Fakt, dass vom einen Wagen nicht auf den anderen geschlossen werden kann, sehe ich auch so. Nur eben die Gutachter nicht. Halte ich zwar für einen Fehler, aber wenn der Gutachter seine Thesen verteidigen kann und diese schlüssig sind fürs Gericht?
Wie bereits allgemein ausgeführt war Ursache der
Feuersbrunst vom 11.11.2000 auch nicht eine Undichtigkeit
an der Hydraulikanlage, es ist kein Hydrauliköl ausgetreten
und auf die heiße Glühwendel (wohl gemeint Heizwendel)
des aktivierten Heizlüfters gelangt.
(Wobei dieser Absatz ja ungeschickter Sprachkäse ist: "Ursache war auch nicht eine Undichtigkeit an der Hydraulikanlage, [...]". Aha. Also doch undicht? *g* )
Wieso soll der "Sprachkäse" (ein Wort, btw. welches weder der Duden geschweigedenn Google kennt *g* - ist aber eine nette Worrkreation) sein?
Umgeschrieben für dich: "Die Ursache war auch nicht eine Leckage an der Hydraulikanlage". Undichtigkeit kann mit Leckage übersetzt bzw substituiert werden. Sagt eindeutig aus, dass die Leitungen dicht waren.
Den ganzen Wahnsinn mit den Fahrzeug / Fahrbetriebsmittel Begriffen kann man an folendem Beispiel erklären.
Stell dir nur mal vor du bist Fakir und musst eine Anleitung schreiben.
Mir war das Wort "Fahrbetriebsmittel" bis zu meiner AF Zeit nicht bekannt. Und wer weiß wie viele spezielle Fachwörter es noch gibt das ein spezielles Fahrzeug kennzeichnet. Und dann bitte nich nur auf D, sondern in alles Europäischen Sprachen. Und wer soll die alle herausbekommen?
Es ist völlig unmöglich alle Fachbezeichungen in Anleitungen aufzuführen (schon allein von Gewerbetreibender zu Gewerbetreibender), deshalb beschränkt man sich auf Oberbegriffe (wie Kris auch schon geschrieben hat).
Und genau deshalb, weil man mit dem Begriff "Fahreug" alle Fahrzeuge meint, hat man nicht "Kraftfahrzeug", "Schienenfahrzeug", usw. aufgezählt.
Man kann aber weder in Gutachten noch Gesetzen mit Oberbegriffen arbeiten, sondern muss Sachverhalte genau mit fachspezifen Ausdrücken definieren. Und daran halten sich später die zuständigen Organe. Ich muss in meinen Berichten eben auch mit Fachvokabular arbeiten, um Sachverhalte klar und eindeutig für die Leser vom Fach darstellen zu können.
Es geht hier aber um eine Anleitung für Privathaushalte und nicht um eine Anleitung zwischen 2 Spezialfirmen einer Branche!
Und selbstverständlich muss in einer Anleitung mit Oberbegriffen gearbeitet werden, du könntest sonst nie alle Spezialfälle abdecken.
Stell dir nur mal vor jetzt bau jemand einen 10 Jahre alten Heizlüfter in ein Hybridfahrzeug ein, das Ding fackelt ab, und er sagt in der Anleitung stand nur Fahrzeug und nicht Hybridfahrzeug, also eine Fahrzeuggattung die es vor 10 Jahren noch gar nicht gab.
So, wie es sehe, gibt es ja grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
a) Der Heizlüfter war defekt, überhitzte und hat die Hydraulik-Leitungen zum schmelzen gebracht
b) Die Hydraulik-Leitungen waren undicht, das Öl tropfte in den Heizlüfter und hat den Heizlüfter beschädigt.
In beiden Fällen hat der Heizlüfterhersteller keine Schuld.
Bei B ist es ja klar, aber bei a:
1, der Heizlüfter war für so etwas gar nicht geeigent und hätte in ein Fahrzeug nie eingebaut werden dürfen. Weder das Gehäuse zerlegt, noch die Schalter modifiziert und den Luftstrom durch das Gerät so verändert.
Ich denke das selbst bei einem Produktionsfehler der Hersteller da nicht haftbar ist. Und war genau deshalb, weil er ja den Betrieb in solchen Fahrzeugen untersagt hat. Er hat bei der Entwicklung auf solche Schadensbilder und Einsatzmöglichkeiten ja gar keine Rücksicht genommen (deshalb hat er es ja auch verboten). Man könnte auch überspitzt sagen er baut die Geräte mit geringerer Sorgfalt, da er solche Folgen aus Gerätedefekten in der Entwicklung gar nicht beachten muss.
Viele Hersteller von Geräten lehnen ja auch die Garantie bei gewerblicher Benutzung ab. Viele Geräte aus dem Privathaushalt dürfen ja Gewerblich gar nicht genutzt werden (ich kenne das z.B. von Brotschneidemaschinen her. Haushaltsmodell in "Gut" 150,-; ich darf aber nur das Profimodell verwenden 700,-)
Hybridfahrzeug = Kraftfahrzeug, fährt mit eigenem Antrieb auf dem Boden, lässt sich lenken. Luftfahrzeug ist imo. kein Fahrzeug im eigentlichen Sinne, weil das Teil im Gegensatz zum Fahrzeug fliegen kann. Daher hat sich auch der Begriff Flugzeug eingebürgert, um eine Abgrenzung zu ermöglichen. Das Problem, was sich hier stellt ist das, dass man versuchen muss, eine möglichst große Breite an Kausalitäten abzudenken. Und das Fahrbetriebsmittel ist eben blöderweise nicht druntergefallen.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass der Hersteller des Schienenfahrzeugs dem Kunden (GBK) ein fahrlässig gefährliches Produkt verkauft hat. Der primäre Grund für die Katastrophe liegt in der Art, wie der Hersteller das Fahrzeug gebaut hat.
Setzt man den Verstand eines ausgebildeten Fachmanns (Elektriker, Ingenieur...) voraus, so stellt ein (noch dazu nicht zugelassener) Haushaltslüfter in 0...3 cm zu (leicht brennbaren) Öl-Hochdruckleitungen aus Kunststoff montiert eine fahrlässige, und damit eine Fehlkonstruktion dar.
Für diese haftet zunächst der Hersteller da seine Fachkräfte die Komponenten projektiert bzw. zusammengestellt haben.
Schulderleichternd für den Herstellers ist jedoch die mangelnde allgemeine Brandschutzphilosophie, für die Kontrollbehörden und Gesetzgeber verantwortlich sind. Dies entbindet den Hersteller jedoch nicht davon, sein Fahrzeug nach allen Regeln der Technik herzustellen. Dafür lässt der ja Fachleute und keine billigen Hilfsarbeiter an die verantwortungsvollen Tätigkeiten heran.
Das wäre m.E. die wesentliche Stossrichtung im Zuge der Urteils. bzw. Wahrheitsfindung im Rahmen eines ordentlichen Verfahrens gewesen. Wie die Verantwortlichkeiten innerhalb der Firma des Herstellers zu bewerten sind, ist dann bereits weniger evident.
Wenn sich dies nicht mehr eruieren lässt weil vergessen oder erfolgreich vertuscht bzw. unzureichend nachgeforscht wurde (mein Eindruck), so werden die entsprechenden Angeklagten wohl freigesprochen...oder man forscht entsprechend sorgfältig nach.
Zivilrechtlich wäre somit die damalige Swoboda zu belangen. Und nicht der Hersteller eines Billighaushaltsgeräts.
Das ganze ist jetzt sowieso verjährt (10 Jahre), selbst die Kapruner können sich jetzt bei der Gedenkveranstaltung für ihre Schuld entschuldigen...das taten sie jetzt tatsächlich....davor aber wohl nie...während nebenan 2 parallele Bergbahnen mit gut befüllten Betriebsmitteln ununterbrochen laufen und signalisieren, worum es letztendlich geht...
Kris hat geschrieben:Zusammenfassend kann man feststellen, dass der Hersteller des Schienenfahrzeugs dem Kunden (GBK) ein fahrlässig gefährliches Produkt verkauft hat. Der primäre Grund für die Katastrophe liegt in der Art, wie der Hersteller das Fahrzeug gebaut hat.
Nein, nein und nochmals nein! Der Brandausbruch und das Unglücksgeschehen ist nicht zu 100% geklärt (siehe Urteil in Heilbronn). Daher ist diese Feststellung unzulässig.
während nebenan 2 parallele Bergbahnen mit gut befüllten Betriebsmitteln ununterbrochen laufen und signalisieren, worum es letztendlich geht...
Dir ist hoffentlich bekannt, dass man nicht so einfach eine Seilbahn abstellen kann? Imo. besteht eine Betriebspflicht.
@BB: Das Gericht sagt nicht dass ein Fahrzeug kein SSB-Wagen sein kann. Das wäre nicht möglich, da der Begriff Fahrzeug ja ein Oberbegriff ist, der SSB - Wagen einschließt.
Das Gericht musste- und das ist ja das unverschämte - erst umdefinieren, und aus dem allgemeinen Oberbegriff "Fahrzeug" ein "Kraftfahrzeug" machen. So wurde das konstruiert auf den 270 Seiten, nicht anders.
Aber auch hier: Selbst wenn man sich rausreden möchte, dass der Lüfter nur wegen dem entzündbaren Kraftstoff nicht in ein Kfz eingebaut werden dürfe, so hätte das Ding erst recht nicht neben dem hochbrennbaren Ölleitungen erlaubt sein dürfen... Hat ja die gleiche Brennenergie und Entzündbarkeit (fast) wie Kraftstoff...
Kris hat geschrieben:Zusammenfassend kann man feststellen, dass der Hersteller des Schienenfahrzeugs dem Kunden (GBK) ein fahrlässig gefährliches Produkt verkauft hat. Der primäre Grund für die Katastrophe liegt in der Art, wie der Hersteller das Fahrzeug gebaut hat.
So kann man JETZT argumentieren.
Zu dem Zeitpunkt, als die Bahn gebaut wurde, hat wie gesagt NIEMAND - auch kein Experte - damit Gerechnet, das ein Brandfall in einer Standseilbahn eintreten könnte.
Daher gab es ja auch keine Brandschutz-Bestimmungen für Standseilbahnen, keine Nothämmer, keine entsprechenden Fluchtwege etc.
Im Nachhinein ist das natürlich völlig logisch.
Aber: So eine Seilbahn muss ja - gerade wenn es wie im Fall von Karprun eine Einzelkonstruktion ist - ausführlich abgenommen werden.
Und auch bei der Abnahme - und auch bei den behördlichen Inspektionen - hat niemand dies Bemerkt.
Hätte jemand die Gefahr bemerkt, hätte man das sicher anders gebaut.
Wie gesagt: Aus heutiger Sicht sieht alles anders aus - aber kann Fahrlässigkeit nunmal nur nach dem DAMALIGEN Stand der Technik und des Wissen beurteilen.
Das ist ähnlich wie mit dem Röntgen-Strahlen:
Früher wurden ja Patienten teilweise beim Röntgen unter "dauer-Beschuss" gesetzt und "live" am Röntgen-Schirm die Lunge begutachtet - aus heutiger Sicht ist das auch "grob fahrlässig" - aber man wußte es damals auch nicht besser.
Das Gericht musste- und das ist ja das unverschämte - erst umdefinieren, und aus dem allgemeinen Oberbegriff "Fahrzeug" ein "Kraftfahrzeug" machen. So wurde das konstruiert auf den 270 Seiten, nicht anders
Die ganze Irrwitzigkeit zeigt sich auch bei der "Umkehrprobe".
In welches Kraftfahrzeug sollte man denn einen Heizlüfter nicht einbauen dürfen? (So wie das Gericht das Verbot deutet?)
Mir fällt auf Anhieb nur eine Art "Kraftfahrzeug" ein (nie vergessen: das Gerät braucht 230V und 2000 Watt). Wer errät es?
Kris hat geschrieben:Zusammenfassend kann man feststellen, dass der Hersteller des Schienenfahrzeugs dem Kunden (GBK) ein fahrlässig gefährliches Produkt verkauft hat. Der primäre Grund für die Katastrophe liegt in der Art, wie der Hersteller das Fahrzeug gebaut hat.
So kann man JETZT argumentieren.
Zu dem Zeitpunkt, als die Bahn gebaut wurde, hat wie gesagt NIEMAND - auch kein Experte - damit Gerechnet, das ein Brandfall in einer Standseilbahn eintreten könnte.
[...]
Hätte jemand die Gefahr bemerkt, hätte man das sicher anders gebaut.
[...]
Naja, wenn man es gewusst hätte, wäre das Vergehen vorsätzlich begangen worden. Wie es gelaufen ist, war es fahrlässig. Auch hier gibt es noch eine Verstärkung zu "grob" fahrlässig. Die Unterschiede wird wohl ein Jurist kennen.
Die Tatsache, dass man nach allgemeinen Regeln der Technik in einem Schienenfahrzeug für einen 2000 Watt Leistung umsetzenden Apparat kein billiges graziles Haushaltsgerät einsetzt, ist ziemlich unabhängig von der Zeit.
Die Tatsache, daß nahezu an der Rückseite des Heizgeräts drei Stränge an Hydraulikölleitungen vorbeiführten, macht die Sache nur noch evidenter.
Um die möglichen Risiken zu erkennen bedarf es weder Normen noch besonderer wissenschaftlichen oder technologischen Quantensprünge, sondern einer normalen fundierten technischen Ausbildung.
Das Auseinander- und wieder Zusammenbauen des Geräts ist m.E. weniger dramatisch als es dargestellt wird (es sei denn es ist von oben Öl reingetropft).
Der Bedienungsanleitung wird wohl im Moment des Einbaus wenig Bedeutung beigemessen worden sein, denn ein solcher Haushaltslüfter wird von einem Fachmann mit Sicherheit als trivial angesehen. Ich hätte die Anleitung wohl auch nicht angesehen, wenn ich schon so naiv gewesen wäre ein deratiges Haushaltsgerät zu bestellen. Was soll da schon drinnen stehen nützliches für den Auseinander- und Zusammenbau? Aber gut, hier weiss man ja nicht was wirklich war.
NB: Vom Hersteller der Bahn wurden auch 4 Thermoschalter für den Heizlüfter nachbestellt. Was mit diesen geschehen ist, weiss man auch nicht... Wenn ich es richtig verstehe, sind dies jene Schalter die bei Überhitzung der Heizwendel abschalten (und wieder ein wenn der Netzstecker aus-und wieder eingesteckt wirf (d.h. die Bahn in die Station einfährt...(!) ).
Kris hat geschrieben:
Naja, wenn man es gewusst hätte, wäre das Vergehen vorsätzlich begangen worden. Wie es gelaufen ist, war es fahrlässig. Auch hier gibt es noch eine Verstärkung zu "grob" fahrlässig. Die Unterschiede wird wohl ein Jurist kennen.
Damit Fahrlässigkeit überhaupt vorliegen kann, bedarf es der Vermeidbarkeit, der Voraussehbarkeit des rechts- beziehungsweise pflichtwidrigen Handelns und der sich daraus ergebenden Folge
und:
Das deutsche Strafrecht übernimmt die Einteilung und Definition der unbewussten und bewussten Fahrlässigkeit nicht ausdrücklich vom Zivilrecht; die herrschende Meinung und vor allem die Rechtsprechung lehnen sich aber an den § 276 BGB Abs. 2 an, der die Fahrlässigkeit als Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt definiert: Essentielle Bestandteile der Fahrlässigkeitsprüfung sind daher die Verletzung einer objektiven Sorgfaltspflicht und deren Erkennbarkeit
Da - wie gesagt - der allgemeine Wissenstand zu dem Zeitpunkt war, dass in einer Standseilbahn keine Brandgefahr besteht, ist es sehr fraglich, hier eine Fahrlässigkeit zu unterstellen.
Wie bereits gesagt: Auch keiner der Behördlichen Prüfer hat die Gefahr erkannt.
Die Frage ist also:
Hätte der Techniker ahnen können oder müssen, das der Heizlüfter eine Gefahr darstellt?
Nur, wenn man dies bejahen kann, wäre eine Fahrlässigkeit gegeben - zumindest nach Deutschem Recht, ich gehe aber davon aus, dass das in Österreich nicht viel anders sein wird.
@Dachstein: Ich würde Kris nicht so ohne Weiteres in die "Nicht-Wissenschaftler"-Schublade abschieben... dies nur nebenbei bemerkt.
@all: Vielleicht teilt er nur nicht die aus meiner subjektiven Warte ziemlich betriebsblind-kritiklose Haltung mancher Foristen, die einfach in keiner Weise irgendetwas auf ihre innig geliebten Bergbahnen kommen lassen wollen und die zu jedem Gegenargument und berechtigten Einwand von Außen immer noch eine Spitzfindigkeit heranziehen, damit die weiße Weste fleckenlos bleibt und das Konstrukt einer heilen Tourismus- und Seilbahnwelt intakt. Die verheerende Außenwirkung, die der ganze Prozess und seine Abwicklung haben, scheint einigen dann auch nicht so ganz bewusst zu werden. Das zeigt sich auch, dass mit formalrechtlichen Details und Spezialwissen gewuchert wird, wenn jemand sich wünscht, das aus Sensibilitätsgründen während der Gedenkfeier der Seilbahnbetrieb für einige Gedenkminuten ruht - ansonsten bleibt schlichtweg der von Kris zu Recht bemängelte "the show must go on"-Charakter. Und bitte kommt jetzt nicht mit pseudo-regionalökonomischen Tiraden à la "die arme GBK hat durch das vom Himmel herab gekommene Unglück so viel Umsatz und Imageschaden erlitten und ist doch so wichtig wie für die Region".
Wer hat egtl die 3SAT-Reportage am Mittwochabend gesehen? Ich leider nur die zweite Hälfte. Euer Eindruck?
Ich denke, dass für die Angehörigen der Opfer und die Überlebenden die Aufarbeitung und das Weiterleben leichter gewesen wäre, wenn eben der Prozess nicht diesen "Persilschein"-Charakter gehabt hätte, mit den schönen Anekdoten wie hinterher triumphierenden GBK-Pressesprechern, Richtern, die mit Angeklagten auf den Freispruch anstoßen (wenn es denn stimmt), etc. Auch das in den Interviews der damaligen Verantwortlichen heute, 10 Jahre später, zum Ausdruck kommende Bedauern und die persönliche Betroffenheit, die ich zweifellos für authentisch halte, denn hier tragen Menschen persönlich für den Rest ihres Lebens, an den Dingen, die in ihrer Verantwortung geschehen sind, hätten damals auch die Wogen glätten können und ein insgesamt besseres Bild abgegeben.
jens.f hat geschrieben:
Die Frage ist also:
Hätte der Techniker ahnen können oder müssen, das der Heizlüfter eine Gefahr darstellt?
Ich sage mal "ja", dafür wird der ausgebildet und bezahlt. Handeln nach Norm alleine ist nicht ausreichend. Das Gesetz kennt daher sehr wohl das Handeln "nach den Regeln der Technik". Das Primat "Handeln nach den Regeln der Technik" ist daher vielfach im Arbeitsvertrag con Fachkräften explizit festgehalten. Handeln nach den Regeln der Technik schliesst das Einhalten von Normen ein, und -das ist das wesentliche- geht auch darüber hinaus. D.h. man muß Regeln ableiten können, auch wenn es (noch) keine explizite Normen dazu gibt. Alles andere ist Trial and Error.
Ist ja wohl logisch oder?
Habe das einige Seiten vorher bereits dargestellt: Die Frage ist auch, ob die Betriebskultur ein Nachdenken und Hinterfragen überhaupt zulässt. Das ist im österreichischen "Wir-Sind-Uns-Alle-Lieb" Betriebsdogma alles andere als gegeben.
Ich befand mich als junger Ing. in genau dieser Situation vor jetzt etwa 15 Jahren, dass ich Schwierigkeiten bekommen habe, eben weil ich nachgedacht habe. Weil ich den Dingen auf den Grund ging, nächtens Schaltpläne studiert habe die keiner mehr ansah weil man das einfach so verwendete obwohl die intrinsisch unsicher waren. Beispielsweise Analogreglerkarten (gabs damals tatsächlich noch...) zur Antriebsansteuerung für Pendelbahnen (u.a.): Klebte da ein Printrelais im falschen Moment fest, würde nach einem Nulldurchgang statt einem "Rückwäts" ein "Vorwärts" der folgenden Leistungselektronik vorgesetzt (wenn ich mich recht erinnere). Oder das Einstellen der Länge der Blockabschnitte (Weglänge) zur Sicherung gegen Zusammenprallende KSB Sessel im Stationsumlauf: Man sendete Einstelldaten vom PC an eine SPS ohne zu prüfen ob die Daten tatsächlich in der SPS ankamen. Abgelesen wurde auch nur am PC.... Oder die Bemessung der Leitungsquerschnitte für die Nachtbeleuchtung einer Sesselbahn: Es ergab sich ein derart großer erforderlicher Leitungsquerschnitt (230V, ein Dutzend Masten über 1...2km Länge, einige 100W pro Masten waren vorgegeben), dass man einfach ein dünnes genommen hat und die Masten aufgrund des Spannungsabfalls allenfalls wie Weihnachtsbäume vor sich her geglimmt hätten....ich erinnere mich noch zu gut an die Gespräche ....(Dem Gesetz wurde offensichtlich mit der nominalen Wattzahl der Lampen genüge getan). Es gab SPS Programmschnippsel, bei denen keiner mehr die Zusammenhänge und Wirkweisen (Personalfluktuation) Sattelfest beherrschte geschweige denn dokumentieren konnte, Programmteile die aber sets per per copy & paste weiter verwendet wurden, in Trial and Error Verfahren.
Und und und....
Kurz: Ich nervte, so wie hier auch im Forum.
Das erste was ich Jahre später tat, als ich von dem Unglück in Kaprun erfuhr, ist nachzusehen welche Firma das Ding elektrisch ausgerüstet hat...war zum Glück eine andere...
Nene, Nachdenken ist oft verdammt gefährlich.... Dumm sein erleichtert paradoxerweise das eine oder andere. Ich bin froh, nicht mehr in dem Laden zu sein. Passt aber letztendlich gut zu dem Vorgehen der Gerichte offensichtlich, die arbeiten ähnlich opportun. Wieder was neues gelernt diese Tage.
Ich habe mir damals Ordner angelegt, in denen ich sämtliche mangelhaft oder vollständig undokumentierten Pläne/Listings mit denen ich zu tun hatte, kopierte, ablegte, und akribisch genau Dokumentierte. Wenn es sein musste jeden Programmzeile, jeden Pin. Gab es keine Textuelle Doku zu den Innereien eines Subsystems, habe ich dieses analysiert, bis auf Transistorebene runter. Ditto für Software. Das tat damals keiner, es konnte wohl auch keiner mehr, alleine aus Zeitmangel.
Man wusste ja "dreh am Anfang den Regler auf Position 8, den anderen dann auf 2 usw...". Mir hat das halt nicht gereicht, ich hatte da Schiss die Dinge einfach so ohne Wissen zu übernehmen. Immerhin hangen da schon mal 100 oder 200kW Antriebsleitung dran. Zumal- und das war das erschreckende- es die anderen auch nicht im Detail wussten.
Die hatten viel Erfahrung wie sich die Systeme außen verhalten, aber nicht unbedingt sicheres Wissen über das Zustandekommen des beobachteten Verhaltens. Vielleicht reichte es ja für sie aus, für mich nicht. Wenn man Systeme zusammenstellt, so meine ich, muss man sehr wohl auch das Gesamtsystem verstehen, um zB. Grenzverhalten antizipieren können.
Meistens geht das Trial and Error ja gut, weil irgendwo noch irgendeine weitere Schaltlogik einschreitet, die dann den Fehler erkennt und das System in einen sicheren Zustand versetzt....aber falls das mal nicht so ist... gute Nacht.
Wie dem auch sei, als ich mein Büro räumte, nahm ich den wichtigsten Ordner mit all den erstellten Dokumentationen mit, viele Diagramme und klitzekleine Kommentare, und versank den Inhalt süffisant in einem Papierkorb in der Mitte eines großen Parkplatzes eines EKZ...ha! Habe ich gejubelt!
Zurück zur Frage, ob die Konstrukteure des SSB Fahrzeugs das Risiko hätten erkennen müssen:
Wenn man dem österreichischen Rechtsverständnis nach von einem Ing. bzw. ausgebildeten Elektriker nicht zu erwarten braucht, dass dieser weise genug ist um keinen grazilen Haushaltslüfter (welcher 2kW an Leistung umsetzt) in einen SSB-Wagen einzubauen, noch dazu in unmittelbaren Kontakt zu drei Strängen an Kunststoffleitungen in denen sich unter hohem Druck leicht entzündbares Öl befindet..... ja dann weiss ich auch nicht mehr weiter...
Nehmts eure Fahrbetriebsmittel doch mit ins Bett (sorry ...).
Wäre dem tatsächlich so, könnte man weder Flugzeug noch Auto beruhigt besteigen. Zum Glück kann man das aber
So, und nun weiss der geneigte Leser vielleicht etwas über mein Verhältnis zum Thema...das ich jetzt wieder schnell vergesse...
@Dachstein: Wunder Dich mal nicht...ich habe seit einigen Jahren mit W. genügend zu tun, um das Wesen von selbiger hinreichend zu verstehen....das tut aber hier nichts zur Sache.
Wäre dem tatsächlich so, könnte man weder Flugzeug noch Auto beruhigt besteigen. Zum Glück kann man das aber
Wirklich
Denke die vielen Rückrufaktionen in der Automobilbranche und die Probleme beim A380 hinterlassen da einen ganz anderen Eindruck.
Da treten doch häufig auch Mängel auf, die es theoretisch gar nicht geben dürfte...
jens.f hat geschrieben:
Die Frage ist also:
Hätte der Techniker ahnen können oder müssen, das der Heizlüfter eine Gefahr darstellt?
Ich sage mal "ja", dafür wird der ausgebildet und bezahlt. Handeln nach Norm alleine ist nicht ausreichend. Das Gesetz kennt daher sehr wohl das Handeln "nach den Regeln der Technik".
Er hat aber nach den damaligen Stand der Technik gehandelt..
Wie gesagt: Nach damaligen Stand GAB es keine Brandgefahr bei einer Standseilbahn. Niemand - auch nicht der TÜV, die Kontrolleure etc. - haben einer Standseilbahn eine Brandgefahr gesehen.
Man kann von einem Techniker nicht erwarten, dass er hellsehen kann.
Wenn alle sagen: "Es gibt keine Brandgefahr in einer Standseilbahn", Einbau eines Heizlüfters erstmal kein Problem...
Emilius3557 hat geschrieben: Vielleicht teilt er nur nicht die aus meiner subjektiven Warte ziemlich betriebsblind-kritiklose Haltung mancher Foristen, die einfach in keiner Weise irgendetwas auf ihre innig geliebten Bergbahnen kommen lassen wollen und die zu jedem Gegenargument und berechtigten Einwand von Außen immer noch eine Spitzfindigkeit heranziehen, damit die weiße Weste fleckenlos bleibt und das Konstrukt einer heilen Tourismus- und Seilbahnwelt intakt. Die verheerende Außenwirkung, die der ganze Prozess und seine Abwicklung haben, scheint einigen dann auch nicht so ganz bewusst zu werden.
Sehr gut formuliert. Der Eindruck drängt sich mir hier auch auf.
Am Rande noch eine kleine Spitzfindigkeit zu den sog. Fachbegriffen. Ratet mal, wie im Bayerischen Eisenbahn- und Seilbahngesetz die FBM einer Standseilbahn heißen:
Bei diesen Anlagen handelt es sich um [...] Standseilbahnen und andere Anlagen, deren Fahrzeuge von Rädern oder anderen Einrichtungen getragen und durch ein oder mehrere Seile bewegt werden.