cupra300 hat geschrieben: 29.05.2021 - 18:51
Hallo zusammen,
ich verfolge nun dieses Forum schon seit längerem und beobachte seit der Tragödie im speziellen diese Diskussion.
Für einen Laien wie mich ist es sehr beeindruckend, was hier erarbeitet wird.
Ich habe eine kurze Frage an euch. Sind diese Geräusche der Bahn (müsste sogar die Gondel 3 sein) für euch normal? Im Speziellen meine ich die Geräusche ab ca. 8:55 im YouTube Video, welches letztes Jahr hochgeladen wurde.
Für mich als Außenstehender klingen diese alles andere als normal.
Bei 8:55 konnte ich nichts außergewöhnliches feststellen, sehr wohl aber bei 9:05 - 9:17 insbesondere die Spitze bei 9:10 - 9:12.
Ich habe das Video an dieser Stelle fünfmal durchlaufen lassen.
Ja, ich gebe dir recht, dass das Verhalten NICHT normal ist. Ich bin schon mit verdammt vielen Pendelbahnen gefahren, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.
Es kann sein, dass irgendeine Stelle im Zugseil an einem Querschnitt eine sehr hohe Zahl an inneren Drahtbrüchen aufweist und das Zugseil mit dieser schadhaften Stelle einen kritischen Punkt überquert hat.
Da die meisten Youtuber ihre Filme ein paar Tage oder spätestens nach einem Monat nach der Aufnahme hochladen, ist es plausibel anzunehmen, dass zum Zeitpunkt der Videoaufnahme das Zugseil bereits 22 Jahre alt war. Mit Hilfe des Datenschreibers kann man feststellen, wie viele Biegewechsel das Zugseil zu dem Zeitpunkt bereits hatte.
Vielen Dank für den Hinweis. Dieses Video kannte ich noch nicht.
Vielen Dank für deine Antwort.
GENAU diese stelle hab ich gemeint, sorry vielmals für die Verwirrung.
Super, das wäre ja dann eventuell ein Kleiner Hinweis in der ganzen Sache, da es noch nicht lange her und es dieselbe Gondel ist.
(Musste Antwort nochmals schreiben da browser abstürzte. Jetzt poste ich und korrigier nachträglich. Draft habe ich mal verloren. Liebe mehrere Edits als nochmals Schreiben.)
Habe mir das Video mit der vollständigen Fahrt nochmals angeHÖRT.
Das Rattern, das man gelegenlich hört und dann sehr distinktiv ab ca. 00:08:43, hört sich für mich an wie ein Polycarbonatfenster (organisches Glas, umgangssprachlich oft Plexiglas (PMMA) genannt obwohl hier eher PC (Polycarbont) als PMMA) bei dem das Montageprofil zuviel Spiel aufweist. Dieses vibriert aufgrund der Vibrationen der Kabine, die wiederum auf die Laufwerksollen die auf dem Tragseile fahren, Zugseile, usw., zurückzuführen ist. Dass man es dann an dieser Stelle des Videos so laut hört führe ich tendenziell auf Resonanzeffekte.
Da relativ stark meinte ich, dass man die Vibrationen in der Kabine dabei ebenfalls gut spürte, das Klappern hört sich dennoch für mich so an wie die Plasztikscheibe die mit was zuviel Speil befestigt sind. Ist jedoch auch hier eine reine Vermutung. Vorort kan man sowas viel besser abschätzen.
Sobald die Kabine bei der Stationseinfahrt Führungsteile berührt wird, die Vibration genügend gedämpft.
Gemäss Medien hat der bergseitige Vergusskopf versagt, dies scheint nun bestätigt. Hatten Spezialisten auch nicht anders erwartet, dass bis zum vollständigen Seilversagen Beschädigungen ausserhalb des Befestigungsbereichs unentdeckt fortschreiten ist nahezu unmöglich. Möglich sind jedoch plötzliche oder zeitlich sehr beschränkte äussere Gewalteinwirkungen (Flugzeugkollision, Brand, Fehlhandlung nach Zugseilüberschlag,...). Zudem werden bei sachgerechter Überwachung die allermeisten Schäden früh genug enteckt.
Da der Antrieb in der Talstation untergebracht ist (Mittelstation Alpino) wird das untere Fahrzeug eingezogen. D.h. die Kabine in der Bergstation erreicht als erste ihre Endlage (Kabinenboden und Perronboden auf gleicher Höhe), dessen Laufwerk wird wom Puffer von der Weiterfahrt behindert. Während dem Einziehen wird die untere Kabine bis zu ihrer Endlage eingezogen (fährt einfach langsam weiter währen die andere Kabine bereits angekommen ist). Dabei erhöht sich der Seilzug was zu einer Reduzierung der Durchänge der Seilfeldern führt und das Spanngewicht für das obere Zugseil das sich in der Bergsation Monte Mottarone befindet bewegt sich etwas nach oben (ggf. ist ein Dämpfungssystem vorhanden, dass die Bewegung des Spanngewichts dämpft).
Die Einziehdistanz ist für jede Bahn anders und variiert etwas mit den Lastbedingungen, Temperatur, usw.
Da die Kabinentüren erst nach Freischalten des Hauptantriebs und schliessen der mechanischen Bremsen im Maschinenraum durch die Steuerung freigegeben werden, müssen die Fahrgäste in der zuerst angekommenen bereits stehenden Kabine warten bis die Kabine in der anderen Station ebenfalls ihre Endlage erreicht hat. Entgegen einer verbreiteten Meinung erreichen die Fahrzeuge eine Pendelbahn nicht gleichzeitig ihre Endlage. Sehr oft bemerkt man das Einziehen gar nicht.
Übrigens gibt es Bahnen, bei denen bei Bildung von schwerem Eisbehang über Nacht das Fahrbetriebsmittel aus der Gegenstation (d.h. Station ohne Antrieb) gezogen wird und dann irgendwo in der Nähe vor dem Stationsgebäude steht.
Früher wollte ich mal eine grosse moderne CH Pendelbahn bis ins Detail in einer Reportage präsentieren, ist jedoch sehr zeitaufwendig da es in PDF Form sicher etwa 30 - 40 Seiten entspricht. Zahlreiche Einzelheiten sind recht wenig bekannt (z.B. Querpendeldämpfung oder dass das Laufwerk leicht kurvengängig ist).
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Na, ThomasK, lange Nacht gewesen? Wo ist denn jetzt eigentlich die Verbindung zwischen der TGV-Rekordfahrt, dem Transrapid und dem Seilbahnunglück ausser das die untere Sektion über eine Eisenbahntunnel der FS führt. Das erschließt sich mir nicht so ganz.
Zu dem Video. Die Handycamera wird so schlecht geführt, das kann man vergessen was da gezeigt wird. Und bei der Tonspur kann ich keine Abweichungen zu vergleichbaren Bahnen feststellen. (Wenn man mich persönlich fragt ist dies eines von den Videos die die Welt nicht braucht, da sind alle Aufnahmen vom Ungeheuer im Loch Ness besser.) Was soll man da jetzt heraus hören oder sehen? Es ist eine Bahn, bei der die Kabine eine Chassis aus Stahl mit aufgenieteten Aluminium Bleche hat Plexiglas als Fensterscheiben eingebaut wurden, evt. noch Holzplatten auf dem Dach hatte. Also dem Stand der Technik um 1970 entsprach. All diese Komponenten erzeugen diese Geräuschkulisse wie wir sie hören. Weiteres klackern können Schuhe mit harten Absätzen, Rucksäcke und so weiter erzeugen. Blendet das bitte mal alles aus und dann bleiben eigentlich nur normale Fahrgeräusche übrig.
Kakadu hat geschrieben: 30.05.2021 - 00:03
Aktuelle Info beii RAI: Tadini bleibt im Hausarrest, die anderen beiden werden mangels klaren Schuldbeweisen freigelassen ...
Gibt es da vielleicht eine Quelle dazu? Wenn dem so ist wäre das nicht gut.
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Über diesen Bericht wurde im Forum ausführlich diskutiert.
Meine Meinung zum Bericht bleibt unverändert: mit der Schlussfolgerung, pro Fangbremse bin ich völlig einverstanden.
Von den quantitativen probabilistischen Auswertungen halte ich hingegen nicht viel, da die einzelnen Seilbahnen bei denen sich Zwischenfälle ereigneten viel zu unterschiedlich sind und Unfälle auch viel zu selten um statistisch in solchen Einzelheiten eine gültige Interpretation zu erlauben. Eine alte Bahn aus den 60er kann man nicht mit der hochgezüchtetten aktuellen Technik vergleichen wobei ich weniger für zu komplexe Technik bin wie sie in den letzten Jahren aufkam (z.B: bayerische Zugspize).
Unfälle sind so selten, dass kaum vergleiche möglich sind. Konzentrieren sollte man sich auf moderne grosse Pendelbahnen, die alten wird man ja nicht abändern und zwischen eine alten Bahn aus den 60ern mit einem Tragseil und einer aktuellen 125-er liegen wie erwähnt Welten.
Nebst der Diskussion über die Fangbremse sollte man sich ebenfalls überlegen, ob unnötig komplexe Bahnen sich wirklich lohnen da sehr oft technisch aussergewöhliche Pendelbahnen mit Abstand mehr Störungen aufweisen als klassisch ausgeführte Bahnen. Weitere Begründund für die Häufung der Probleme in den letzten 10 - 15 Jahren bei sämtlichen Seilbahntypen liegt m.E. ebenfalls beim Personal. Wird immer schwieriger gutes Personal zu finden. Das gibt es welten Unterschiede, z.B. zwischen einer urbanen Standseilbahn und eines Skigebiet-Bergbahnbetriebs auf höchstem Level.
Weiteres Thema wäre die integrierte Bergung, eine Bezeichnung, die ich sehr irreführend finde. Dies ist ein Konzept der Normokraten, die es erlaubt Seilbahnen zu bauen bei denen man aus bereits aus Kapazitätsgründen die maximale Bergedauer nicht mehr einhalten könnte (in der Praxis ist deren Einhaltung je nach Bedingungen onehin bei den meisten Seilbahnen nicht realistisch). M.E. wäre est weitaus sinnvoller gewesen, dass man grössere Bergedauern zulässt und dafür ein Evakuierunskonzept weiterhin vorlegt. Zu behaupten, dass dank sog. intergrierter Bergung die Wahrscheinlichkeit einer Bergung der auf der Strecke blockierten Fahbetriebsmitteln derart unwahrscheinlich ist, dass man die nicht einmal berücksichtigt, betrachte ich als vollkommen blödsinnig.
Besorgniserregend ist allerdings dann eher die Tatsache, dass man ungenügend für eine Bergung auf der Strecke vorbereitet ist weil man sie einfach aus dem Konzept ausgeschlossen hat.
In der Praxis müssen doch gelegentlich Bahnen evakuiert werden, für die dies auch eine integrierte Bergung nicht verhindern hätte können.
Beim Thema Seikopf muss is passen, da ich für Zugseile näher nur den Klemmkopf mit Konus und Aludrahtwicklungen kenne. Poller wird man glaub kaum mehr bei grossen Pendelbahnen vorsehen.
Betrifft allerdings hier Tragseile, die werden meist an Pollern oder mittels Vergusskopf verankert. Reine Klemmplattenverankerung wie z.B. beim Vanoise Express in Frankreich kenne ich keine in der Schweiz, meine grosse Pendelbahnen (genauer: Zweiseil-Pendelbahnen, hier bezieht sich das "zwei" auf die Seilgundfunktionen das Zweiseil-Pendelbahnen mit Doppeltragseil 3 Seile pro Fahrspur aufweisen, 3S Seilbanen weisen jedoch auch nicht 3 Seilfunktionan auf...).
Dass ein Zugseilkopf egal welcher Bauart versagt ist bei einer korrekt gewarteten Bahn doch sehr sehr (sehr) unwahrscheinlich. Dass dann zusätzlich die Fangbremse aus welchem Grunde auch immer einen Unfall nicht verhindern kann, betrachtet man von der Risikoanalyse her betrachtet als nahezu unmöglich.
Dass eine korrekt arbeitende Fangbremse einen schweren Unfall nicht verhindern kann, ist unter gewissen extrem ungünstigen Kombinationen von Parametern zwar theoretisch möglich, die Wahrscheinlichkeit dass diese jedoch genau dann ausgerechnet gleichzeitig zusammentreffen ist jedoch extrem gering.
Das Argument der Fehlauslösung könnte man bei zukünftigen Bahnen steuerungstechnisch weitgehendst widerlegen. Z.B bei Bergfahrt und oberem Zugseilversagen könnte man die Fangbremse erst beim Stillstand oder Quasi stillstand einfallen lassen. Wichtig ist dabei zuverlässige redundante diversitäre Sensorik und die redundante Auswertung deren Signale (z.B. Beschleunigungsmesser, evtl. Luftdruck,...) da fahrzeugbezogen autark angesteuert werden muss, d.h. ohne Bezug auf Daten die von der Haupsteuerung stammen.
Trockene Seilköpfe (hier Klemmköpfe mit Konus und Aludrahtwicklungen gemeint) kann man gut kontrollieren und sind extrem zuverlässig. Zugseilkürzungen sind dabei auch viel einfacher als neu Spleissen. Im Extremfall kann man sogar über Nacht ohne Betriebsbeeinträchtigung bei einer sehr grossen Pendelbahn, ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich i.d.R. dauert es doch länger auch wenn immer noch kürzer als endlos Schlaufe Spleissen (inkl. Montage/Demontage des hängenden Podests).
Vergussköpfe für Zugseile kenn ich nicht direkt, die grossen Pendelbahnen ohne durchlaufendes Zugseil die ich direkt kenne sind bis auf Poller alle mit Klemmkopf ausgestattet.
Bei Tragseilen bevorziehe letzendlich ebenfalls Poller obwohl Vergussköpfe bei weitem ausreichend sicher sind. Bei Pollern und Klemmplatten kann man notfalls alles Kontrollieren während Vergussköpfe wie eine Art Blackbox sind.
Edit: Vollständig editiert.
Zuletzt geändert von Lagorce am 30.05.2021 - 09:59, insgesamt 1-mal geändert.
Lagorce hat geschrieben: 30.05.2021 - 08:03
Da der Antrieb in der Talstation untergebracht ist (Mittelstation Alpino) wird das untere Fahrzeug eingezogen. D.h. die Kabine in der Bergstation erreicht als erste ihre Endlage (Kabinenboden und Perronboden auf gleicher Höhe), dessen Laufwerk wird wom Puffer von der Weiterfahrt behindert. Während dem Einziehen wird die untere Kabine bis zu ihrer Endlage eingezogen (fährt einfach langsam weiter währen die andere Kabine bereits angekommen ist). Dabei erhöht sich der Seilzug was zu einer Reduzierung der Durchänge der Seilfeldern führt und das Spanngewicht für das obere Zugseil das sich in der Bergsation Monte Mottarone befindet bewegt sich etwas nach oben (ggf. ist ein Dämpfungssystem vorhanden, dass die Bewegung des Spanngewichts dämpft).
Die Einziehdistanz ist für jede Bahn anders und variiert etwas mit den Lastbedingungen, Temperatur, usw.
Da die Kabinentüren erst nach Freischalten des Hauptantriebs und schliessen der mechanischen Bremsen im Maschinenraum durch die Steuerung freigegeben werden, müssen die Fahrgäste in der zuerst angekommenen bereits stehenden Kabine warten bis die Kabine in der anderen Station ebenfalls ihre Endlage erreicht hat. Entgegen einer verbreiteten Meinung erreichen die Fahrzeuge eine Pendelbahn nicht gleichzeitig ihre Endlage. Sehr oft bemerkt man das Einziehen gar nicht.
Auf das mögliche Einziehen der Kabine in der Gegenstation habe ich bereits vor ein paar Tagen hingewiesen. Der Einziehweg beträgt gewöhnlich ca. 2 bis 3 Meter. Voraussetzung dafür ist, dass sich dort das Zugseilspanngewicht befindet. Haben wir dazu am Mottarone gesicherte Erkenntnisse? Zumindest die Tragseilspanngewichte sollten sich aber laut einem Bericht am Berg befinden.
Es gibt aber auch Pendelbahnen mit kombinierter Antriebs- und Spannstation, wie wir sie von anderen Seilbahnsystemen kennen. Vorteil ist der geringere Schlupf auf der dann meist einteiligen Antriebsscheibe. In diesem Fall ist das Einziehen der Kabine in der Gegenstation nur bedingt möglich. Im Regelfall gibt es dann am Berg eine Einstelleinrichtung für die obere Zugseilschleife.
In der Schweiz gibt es dieses System nur vereinzelt (alte Jakobshornbahn bis 1983, Klein Matterhorn, Corvatsch Sektion 2). In anderen Ländern ist es stärker verbreitet, weil doppelrillige Antriebsscheiben wie in der Schweiz üblich, vermieden werden.
Klassische Pendelbahnen hatten oft zumindest in einer der Stationen Treppenbahnsteige. Um das bei der alten Eibseeseilbahn trotz gespanntem Antrieb im Tal zu vermeiden, hatte diese Bahn gespleisste Zugseile und eine Klemmenbefestigung der Kabinen, so dass diese bei Längenänderungen der Zugseile versetzt werden konnten. In der flachen Antriebsstation gab es mehrere Endschalter. Trotzdem hatte diese Bahn Tragseilbremsen. Diese Konstellation ist mir sonst nur vom Pic du Midi bekannt.
Die vorübergehend Verhafteten wurden aus der Untersuchungshaft entlassen, da der Richter keine Flucht- und Verdunkelungsgefahr erkannte. Das ist völlig normal und kein Freispruch. Es erfolgt die Untersuchung, dann die Anklage, dann die Gerichtsverhandlung(en), bei Weiterzug vor verschiedenen Instanzen. Erst wenn ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, wird es vollzogen und Verurteilte müssen ggf. ihre Haftstrafe absitzen.
Lagorce hat geschrieben: 30.05.2021 - 10:04
Sieht man in den Videos in der Bergsation Monte Mottarone nicht sowas wie Anzeigen der Spanngewichtspositionen (senkrecht an der Wand angebracht)?
Aber es ist noch nicht geklärt, ob diese für das Zugseilspanngewicht sind, oder? Wie gesagt, irgendwo habe ich gelesen, die Tragseilspanngewichte wären am Berg.
Kakadu hat geschrieben: 30.05.2021 - 00:03
Aktuelle Info bei RAI: Tadini bleibt im Hausarrest, die anderen beiden werden mangels klaren Schuldbeweisen freigelassen ...
Gibt es da vielleicht eine Quelle dazu? Wenn dem so ist wäre das nicht gut.
... es kann sein, dass ich nicht alle eMail-Benachrichtigungen erhalte, die bei abonnierten Threads oder PN-Eingängen ausgelöst werden sollten; direkt an mich adressierte eMails müßten aber ankommen ...
Nach den veröffentlichten 3D-Zeichnungen handelt es sich bei den Tragseilbremsen um eine Bauart, die prinzipiell auch in der Schweiz ab 1974 von Habegger und später auch von Von Roll gebaut wurde. Die Kombination aus quer zur Bahnachse angeordnetem Federpaket mit Öffnungszylinder erscheint aber viel kleiner, als die vergleichbaren Schweizer Konstruktionen. Die Bremszangen werden scheinbar nicht mechanisch verriegelt, sondern stehen ständig unter der Druck der Öffnungshydraulik. So steuert auch Garaventa seine moderne Tragseilbremse, die 1987 beim Jumbo in Verbier erstmals eingesetzt wurde, und inzwischen Stand der Technik ist. Bei Druckverlust wird üblicherweise durch eine Motorpumpe der erforderliche Öffnungsdruck automatisch wieder hergestellt. Offensichtlich war das Hydrauliksystem hier aber sehr störanfällig.
Wenn die Gabel zum Festsetzen der Bremszangen nur bei Wartungsarbeiten ( z. B. Auswechseln der Bremsbeläge) gedacht ist, wieso gab es dann offensichtlich eine Vollausstattung für alle vier Kabinen beider Sektionen, die auch auf den Kabinen mitgeführt wird. Wollte man damit die Bahn bei defektem Hydrauliksystem (z. B. nach Bruch einer Leitung) wieder leer fahren? Interessant wäre diesbezüglich mal die Betriebsanleitung des Herstellers.
Noch zum Klemmkopf:
Dieser wurde 1975 in der Schweiz und 1976 in Deutschland patentiert. Angemeldet wurde das Patent durch die Gesellschaft zur Förderung der Forschung an der ETH Zürich. Erfinder war Gabor Oplatka, der spätere Leiter des Instituts für Fördertechnik. Das Patent dürfte Mitte der 1990er-Jahre nach 20 Jahren ausgelaufen sein.
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Christoph Lütz für den Beitrag:
Patentlink im Fangbremsentopic funktioniert noch. Klemmkopf mit Konus und Aluwicklungen ist detailiert im entsprechenden Topic dokumentiert (zwei verschiedene grosse moderne klassische CH Pendelbahnen).
Die Tellerfedernpakete (Tellerfedernsäule) sind bei Mottarone vertikal angeordnet, die Ringkolbenhydraulikzylinder sind allerdings horizontal angeordnet. Öffnungsdruck liegt bei ca. 180 - 190 bar gem. Anzeige am Touch Panel (siehe YouTube Videos). Die Auslegung der Fangbremsenkraft erfolgt quasi ohne Reserve damit im Anforderungsfall die Anlagenkomponenten nicht unnötig schwer beansprucht werden. Massgebend ist der höchste Seilzug (worst-case Parameterkombination). In der allermeisten Fällen ist die volle Bremskraft gar nicht erforderlich.
Wie irgendwo oben bereits aufgeführt wurde, Notöffnungswerkzeug zum direkten mechanischen (auch bei hydraulisch gelüfteten Tragseilbremsen) Lüften (=Öffnen) sämtlicher Bremszangen müssen eigentlich im Fahrzeug mitgeführt werden. Damit muss man die Fangbremse öffnen und in Offentstellung halten können, damit nach Fehlaulösung das Fahrzeug in die Station zurückfahren kann auch wenn die normale Öffnung (z.B. bordbatteriegespiesene Elektropumpe) nicht funktioniert. In letzter Instamz wird rein mechanisch geöffnet, vorher versucht man es zuerst mit der Handpumpe zentral und dann ggf. mit direktem Anschluss z.B. beim Hydraulikblock der entsprechenden Zange (dort ist ggf auch das Schnellschluss-Kurschlussventil, das die beiden Zylinderkammern verbindet eingebaut).
Nur führt man die entsprechenden Hilfmittenl nicht auf dem Podest des Gehänges mit sondern irgendwo sauber verstaut (Bodenkasten, Koffer am Gehänge oder Koffer auf dem Dach, usw.).
Lagorce hat geschrieben: 30.05.2021 - 13:58
Die Tellerfedernpakete (Tellerfedernsäule) sind bei Mottarone vertikal angeordnet, die Ringkolbenhydraulikzylinder sind allerdings horizontal angeordnet.
Nach der Visualisierung aus dem Corriere della Sera vom Freitag können die Federpakete für die Schließkraft nicht vertikal angeordnet sein. Das würde keinen Sinn machen.
Das Rattern mit der Plastikscheibe haben andere vor mir aufgeführt (interessant wie man unabhängig voneinander auf die gleichen Gedanken kommt). Habe es jedoch erst jetzt zufällig gelesen. Gewisses Forum-Hintergrundrauschen ist mir hier etwas zu viel so dass ich nicht alle Beiträge genau durchgelesen habe.
Wie bereits erwähnt, würde es mich sehr interessieren wie die Vorspannung der Schlaffseilauslösung im vorderen Teil der Zugseilbefestigungsvorrichtung genau ausgeführt ist. Dass hinten der Vergusskopf versagte ist mitterweile klar.
Üblich sind passive Federkaftvorspannungen mittels Tellerfedernpakete. Kann jedoch nicht klar sehen wie man da einstellt, ob man was zerlegen muss um einzustellen.
Befürchte eigentlich eher eine aktive hydraulische Vorspannung (das Mysterium der 3. Hydraulikleitung, kann ja keine Leckölleitung sein und Zentralschmierleitungen sehen i.d.R. was anders aus), sowas vollkommen blödsinniges könnte jedoch niemand mit vernünftigem Seilbahnverstand entwickeln. Gibt genau eine Person der ich sowas unnötig kompliziertes zutrauen würde.
Lagorce hat geschrieben: 30.05.2021 - 13:58Die Tellerfedernpakete (Tellerfedernsäule) sind bei Mottarone vertikal angeordnet, die Ringkolbenhydraulikzylinder sind allerdings horizontal angeordnet.
Nach der Visualisierung aus dem Corriere della Sera vom Freitag können die Federpakete für die Schließkraft nicht vertikal angeordnet sein. Das würde keinen Sinn machen.
Betrachtet man die erforderliche Kraft ist es technisch onehin unmöglich im Gehäuse des Öffnungs-Hydraulikzylinders noch Tellerfedern einzubauen.
Bei einer grossen PB sind IIRC ca. 80 kg Tellerfedern vorhanden, weiss nicht mehr auswendig ob pro Zange oder insgesamt. Ist allerdings bauartabhängig das das Übersetzungsverhältnis Federkraftvorspannung/Zangenanpresskraft je nach Mechanik unterschiedlich ist (Geometrie + Reibung). So ca. 200 mm Tellerfedern fallen schnell mal ins Gewicht.
Lagorce hat geschrieben: 29.05.2021 - 18:22
Auf einer solchen Irrfahrt ist dynamisch sehr viel möglich. Für die ersten paar hundert Millisekunden kann man vielleicht noch recht realistisch mit dem Computer simulieren, danach wirken soviele zufallsbedingte Parameter ein, dass es in der Praxis unmöglich wird, dies sinnvoll rechnerisch zu modelisieren.
Ja, da gehe ich d´accord. Es gilt ja die Chaostheorie und kleinste Einflüsse schaukeln sich peu a peu exponentiell immer weiter hoch, sodass ein chaotisches System entsteht. Beim Wetter kann man auch nur die ersten paar Tage vorausberechnen. Ebenso sind beim Billard auch nur die ersten Stöße der Kugel einigermaßen berechenbar.
Aber in der ex-Post-Analyse kann man dann den Seilbahnunfall relativ gut nachvollziehen.
Lagorce hat geschrieben: 29.05.2021 - 18:22
Die Fangbremse wird IIRC aufgrund des höchsten Seilzugs ausgelegt.
Bei den Bremsen wird aufgrund der min. und max. Verzögerung in den jeweiligen worst-case Situationen ausgelegt und dann geht die Spielerei los mit der Anpassung der Trägheit (weshalb Direct Drives bei Pendelbahnen heikel sind da zuwenig Trägheit vorhanden ist). Ein relativ kleines Schwungrad auf der Motorwelle entspricht sehr grossen bewegten Massen, wurde irgendwo besprochen.
IMO wäre es für grosse Bahnen jeglicher Art sinnvoller und viel sicherer ein von den CEN abweichendes Bremssystem einzusetzen, das auf mehrfachige Redundanzen basiert jedoch nicht mehr strikte zwischen der Betriebsbremse und der Sicherheitsbremse unterschieden wird. Kann hier nicht näher darauf eintreten, ist jedoch fundiert bzgl. Sicherheits-Levels, nicht irgendwie eine Spinneridee à la Creissels.
Ich bin auch ein Anhänger von Redundanzen, d.h. voll funktionsfähigen Rückfallebenen.
Leider läuft der Zeitgeist anders. Ich sehe das auch bei der Eisenbahn. Man meint alles mit ETCS alleine schaffen zu können und glaubt dann bei NBS ohne LZB und PZB auskommen zu können. Nur: Fällt ETCS aus und man hat keine PZB, dann heißt es Fahren auf Sicht mit Vmax = 40 km/h.
Würde man nur etwa 1 % mehr investieren, dann würde die Zuverlässigkeit um bei weitem mehr als 1 % steigen. Aber mach das mal unfähigen Politikern klar.
Lagorce hat geschrieben: 29.05.2021 - 18:22
Irgendwie habe ich das schlechte Gefühl, dass allmählich immer mehr Unregelmässigkeiten Punkto Wartung und Bedienung entdeckt werden. Nur ist zum Glück sowas absolut NICHT repräsentativ.
Wären die allermeisten Betreiber in West Europa nicht sehr seriös, gäbe es viel mehr schwere Unfälle.
Die grösste zukünftige Sicherheitsherausforderung, ist, aus meiner Sicht, weiterhin sehr gutes Personal zu finden. Was die Technik anbelangt, habe ich keine Sorgen, der entscheidende Faktor wird jedoch immer der Mensch bleiben.
Das sehe ich auch so.
Allerdings sollte man die Seilbahnmitarbeiter dann auch ordentlich bezahlen. Ein Betriebsleiter ist eben keine 0/8/15-Aushilfskraft.
Und da die Seilbahn Stresa - Mottarone im Öffentlichen Eigentum steht, sind wir schon wieder in der Politik.
Den Fahrpreis kann man ruhig von 20 € auf 30 € erhöhen, setzt dann eine vernünftige Neuanlage hin und bezahlt die Mitarbeiter ordentlich, denn dann bekommt man auch gutes Personal. Und damit sich die Pendelbahn auch rechnet, sperrt man die Straße auf den Mottarone.
Nur: Wenn man dafür keine politische Mehrheiten bekommt, dann kann man eben nichts machen.
MarcB96 hat geschrieben: 30.05.2021 - 01:32
Das starke Rütteln ist in der Tat ungewöhnlich (wobei zb. die Predigtstuhlbahn kurz vor den Stützen auch relativ starke Rüttelbewegungen macht (mutmaßlich, weil das Zugseil weniger Raum zum schwingen hat und deshalb stärker schwingt)).
Zwar bei weitem nicht so stark wie in dem anderen Video, aber gefühlt deutlich mehr als bei modernen Bahnen.
Ich habe mal mit einem Seilbahner gesprochen, der bei einem Seilbahnhersteller arbeitet.
Intern wurde entschieden, den Auftrag zur Renovierung der Predigtstuhlbahn abzulehnen.
Zitat: "Da ist nichts von uns. Da kann man bei solchen Bahnen, wo die Denkmalschützer einem ständig in Seilbahnbelange reinreden, nur verlieren."
MarcB96 hat geschrieben: 30.05.2021 - 01:32
Der Seilbruch war doch am Laufwerk. Rein theoretisch kann diese Stelle (weil das Rütteln im Video einige Meter vor der Station auftritt) das Rütteln nicht verursacht haben oder? Weil der Teil, der die Umlenkung durchquert (ich vermute, dass damit kritischer Bereich gemeint ist) ja eigentlich nicht der Teil war, der schadhaft war.
Wenn ich mir die Videos so angucke, dann war die Anlage in so einem schlechten Zustand, dass es an etlichen Stellen haperte. Der Seilbruch am Laufwerk steht nicht im Widerspruch dazu, dass auch das Zugseil an etlichen Stellen völlig ausgeleiert gewesen sein könnte.
Mal blieb die Bahn auf freier Strecke stehen, mal waren die Deaktivierungskrallen bei Personenfahrten im Einsatz, mal wurden Werkzeuge offen auf dem Kabinendach transportiert, anstatt sie in einer Kiste, die bei einer ordentlichen Betriebsführung üblicherweise unter dem Sitz des Kabinenbegleiters abgeschlossen steht, zu transportieren.
Hier sieht man die Kiste bei der Seilbahn Zugspitze unter dem Podest des Kabinenbegleiters:
Das starke Rütteln ist in der Tat ungewöhnlich (wobei zb. die Predigtstuhlbahn kurz vor den Stützen auch relativ starke Rüttelbewegungen macht (mutmaßlich, weil das Zugseil weniger Raum zum schwingen hat und deshalb stärker schwingt)).
Zwar bei weitem nicht so stark wie in dem anderen Video, aber gefühlt deutlich mehr als bei modernen Bahnen.
Das hat mich nicht in Ruhe gelassen und ich habe mir mal andere Videos angeschaut weil ich es nicht so extrem in Erinnerung habe. Und mir kommt es so vor als wäre seit 2018 das "Problem" nicht mehr so stark oder an diesem Tag ging der Wind einfach etwas stärker. Oder die Predigtstuhlbahn hatte 2015 die gleichen Probleme
Es kann natürlich viel am Video liegen.
Zum Verglich: https://www.youtube.com/watch?v=0dTDH4vRGYY&t
Das starke Rütteln ist in der Tat ungewöhnlich (wobei zb. die Predigtstuhlbahn kurz vor den Stützen auch relativ starke Rüttelbewegungen macht (mutmaßlich, weil das Zugseil weniger Raum zum schwingen hat und deshalb stärker schwingt)).
Zwar bei weitem nicht so stark wie in dem anderen Video, aber gefühlt deutlich mehr als bei modernen Bahnen.
Das hat mich nicht in Ruhe gelassen und ich habe mir mal andere Videos angeschaut weil ich es nicht so extrem in Erinnerung habe. Und mir kommt es so vor als wäre seit 2018 das "Problem" nicht mehr so stark oder an diesem Tag ging der Wind einfach etwas stärker. Oder die Predigtstuhlbahn hatte 2015 die gleichen Probleme
Es kann natürlich viel am Video liegen.
Zum Verglich: https://www.youtube.com/watch?v=0dTDH4vRGYY&t
Mir ist aufgefallen, dass das scheinbar nur so stark bei der Bergfahrt auftritt (bei Videos von der Talfahrt hört man dagegen fast gar nichts). Soweit ich mal gelesen habe, wurden die Zugseile der Predigtstuhlbahn 2012 ausgetauscht (die laut http://www.seilbahn-nostalgie.ch/predigtstuhl.html wohl 2012 schon deutlich älter waren als die in Stresa).
Ich könnte mir vorstellen, dass das damit zusammenhängt, dass die Kabine bei der Bergfahrt (evtl noch voll besetzt und bei Wind) in einen bestimmten Resonanzbereich kommt, was dann das starke Rütteln verursacht.
Allgemein würde ich die Predigtstuhlbahn aber als eine der besten (also am angenehmsten zum Mitfahren) Pendelbahnen überhaupt sehen (abgesehen davon wenn man bei Sturm mit der fast leeren Bahn fährt, dann kommen die Stützen (besonders die 2. Stütze) der Kabine schon sehr nah)....allein die Konstruktion der Anlage mit der Anordnung der Stützen, dass die Bahn ohne starke Änderung des Neigungswinkels an den Stützen auskommt.
Wie funktioniert eigentlich die Zugseilbefestigung bei den zahlreichen fangbremsenlosen Kleinpendelbahnen die es in der Schweiz gibt? Gibt es da die gleichen Sicherheitsmassnahmen wie bei den grossen modernen fangbremsenlosen Bahnen (wahrscheinlich nicht...) oder begnügt man sich da mit der Tatsache, dass im unwahrscheinlichen Fall eines Seilrisses maximal 16 Passagiere betroffen sind? (Ältere fangbremsenlose Bahnen, die unter kantonaler Konzession entstanden sind, haben ja maximal 8er-Kabinen)
Formal kann ich nicht bestätigen, dass die Zugseilabspannung der 2. Sektion in der Bergstation Monte Mottarone untergebracht ist, nur wäre was anderes unerwartet und kompliziert, inbes. da die Gebäude auf dem Plateau sehr gut per Strasse erschlossen sind und auch sonst das Gelände unproblematisch ist.
Was mich erstaunt ist, dass trotz grossem allgemeinen Interesse in ganz Italien innerhalb mittlerweile einer Woche immer noch keine ausführliche technische Infos veröffentlicht wurden. Da müssen doch mindestens einige Archiv-Dokumente öffentlich zugänglich sein. Längsprofil, Seildaten, Fotos vom Antrieb, usw.
Wichtig ist IMO klar zu informieren, was die Italiener m.E. eigentlich vorbildlich machen. Die italienischen Medien berichten wirklich umfangreich über den Vorfall, in der Schweiz hat SRF 1 ziemlich sachlich berichtet. Vergleichweise wäre man z.B. in Frankreich sehr schnell an die Tagesordnung übergangen, ggf. unter Regierungsdruck. Dort bestimmt die Politik über welche Themen wie berichtet wird, nur hat man sich dort einfach daran gewöhnt. Mottarone wurde nur dort sehr nebenbei erwähnt und dann kaum noch 2 Tage danach.
Das breite Publikum ist leider stark durch die Medien beeinflussbar, sieht man auch an gewissem Bildmaterial in anderen Bereichen, das bewusst zu Meinungsbildungspropaganda eingesetzt wurde. Deshalb ist es für die Seilbahnbranche umsowichtiger, dass kein Eindruck von Fahrlässigkeit zurückbleit.
Ich selbst würde ohne geringste Bedenken mit einer Seilbahn in AT, CH, DE, FR, IT, usw. fahren, inklusive ältere oder gar etwas heruntergekommene Anlagene. Das Sicherheitsniveau in solchen seilbahnerfahrenen Ländern ist sehr hoch und was hier geschah war doch ein tragischer Unfall der auf absolut abnormale Gegebenheiten zurückzuführen ist.
Auch bei relativ mittelmässigen Organisationen, wie ich sie eher bei gewissen ÖV oder ÖV-nahen Betreibern kenne, ist dier Sicherheit immer noch weit ausreichend auch wenn vielleicht nicht auf so hohem Niveau wie bei guten alpinen Betreibern. (Problem im urbanen Bereich ist u.a. die massive Überbürokratisierung der Betriebsführung sowie politische Einflüsse, zudem ist oft die Sicherheitskultur katastrophal, sonst würde man z.B. kaum Busfahrern im Linienbetrieb erlauben, während der Fahrt Earphones zu tragen um Musik zu hören.)
Sich alleinig auf die Seilbahn-Aufsichtsbehörden sowie allerlei Vorschriften und Normen zu verlassen, ist nicht zielführend.
Sicherheit ist eine Frage des Bewusstseins aller Beteiligten.
Sicherheitsprobleme stammen in erster Linie von schlechtem Management, mal vereinfacht ausgedrückt. Fühlen sich die Mitarbeiter nicht wohl in der Firma springen die besten irgendwann ab, nicht nur im Seilbahnbereich.
Wichtig ist, dass Zeitdruck oder finanzielle Rendite nicht zum Gefahrenfaktor wird. Benötigt eine unerwartet komplizierte Reparatur einen Tag länger, dann lieber abwarten als ein ein unnötiges Risiko eingehen. In den meisten Fällen würde zwar dennoch nichts passieren, nur wenn dann doch ein Unfall passiert...
Sehr wichtig ist ebenfalls das Vermeiden von gefährlichen Routinenhandlungen bei wiederkehrenden identischen Anlagefehlfunktionen. Tritt ein gleicher Fehler regelmässig auf, wird in der Praxis bei schlechter Sicherheitskutltur sehr oft die vorgeschriebene Kontrollpflicht dann allmählich weniger eingehalten und in gewissen Fällen wird man sogar u.U. wieder anfahren ohne, oder zu oberflächlich, zu kontrollieren, oder gar überbrücken. Auch hier passiert in den allermeisten Fällen nichts... Aber eben, nur in den "allermeisten" Fällen.
Bei Seilbahnbern mit hochkarätigen Teams sind die Mitarbeiter nicht nur technisch auf sehr hohem Niveau, sondern auch das (Zwischen)menschliche stimmt es, gutes Arbeitsklima, intelligentes praxisnahe Management, usw. Sowas baut man auf, kann man nicht mit Schnellbleich-Kursen und Zertifizierungen erreichen. Eigentlich allgemein bekannt, nur weshalb werden immer mehr blödsinnige Kurse vorgeschrieben. Team Building Sandkastenspiele für EUR 1000 pro Mitarbeiter? Na ja...
Wollte dies nur hinzufügen um nochmals erinnern, dass die beste Technik nur so sicher ist wie es das Betriebs- und Wartungspersonal erlaubt.
Weitaus die allermeisten Seilbahnbetreiber sind sehr zuverlässig und insofern ist nochmals zu betonen, dass das Verhalten des Betreibers der verunfallten Bahn für die Branche absolut nicht repräsentativ ist. Ansonsten wären in Anbetracht der Anzahl Anlagen schwere Unfälle an der Tagesordnung.
Die genauen Umständen die zum Versagen des Vergusskopfes des oberen Zugseils des Laufwerks der linken Spur führte, sind zurzeit noch unbekannt. Etabliert ist, dass beide Fangbremsenbremszangen der Fangbremse des Laufwerks des verunfallten Fahrbetriebsmittels in Offenhaltestellung willentlich vom Betreiberpersonal blockiert wurden (Unterstellung der Tragseilbremse, auch Tragseilbremse genannt), so dass nach Versagen der Anbindung des oberen Zugseils (Vergusskopf) das Fahrzeug nicht auslegungsgemäss durch die Fangbremse angehalten werden konnte und danach entlief bevor diese dann nach Stütze Nr. 3 abstürzte.
Das Fahrbetriebsmittel der anderen Spur (Nr. 4) wurde auslegungsgemäss durch seine Fangbremse abgebremst und einige Meter vor dem Gebäude der talseitigen Antriebsation (Mittelstation Alpino) angehalten und danach auf dem Tragseil festgehalten. Verletzt wurde dabei niemand da die Fangbremse erwartungsgemäss funktionierte.
Sektion 1 (Talstation Stresa - Mittelstation Alpino) war nicht direkt vom Unfall bei Sektion 2 (Mittelstation Alpino - Bergstation Monte Motterone) betroffen. Ob und in welchem Zusammenhang Sektion 1 zum Stillstand kam als der Unfall bei Sektion sich ereignete ist unklar.
Lagorce hat geschrieben: 30.05.2021 - 13:58Die Tellerfedernpakete (Tellerfedernsäule) sind bei Mottarone vertikal angeordnet, die Ringkolbenhydraulikzylinder sind allerdings horizontal angeordnet.
Nach der Visualisierung aus dem Corriere della Sera vom Freitag können die Federpakete für die Schließkraft nicht vertikal angeordnet sein. Das würde keinen Sinn machen.
Betrachtet man die erforderliche Kraft ist es technisch onehin unmöglich im Gehäuse des Öffnungs-Hydraulikzylinders noch Tellerfedern einzubauen.
Bei einer grossen PB sind IIRC ca. 80 kg Tellerfedern vorhanden, weiss nicht mehr auswendig ob pro Zange oder insgesamt. Ist allerdings bauartabhängig das das Übersetzungsverhältnis Federkraftvorspannung/Zangenanpresskraft je nach Mechanik unterschiedlich ist (Geometrie + Reibung). So ca. 200 mm Tellerfedern fallen schnell mal ins Gewicht.
Mir ist schon auch klar, dass das erforderliche Tellerfederpaket deutlich größer sein muss, als dass es in das winzige Gehäuse passt. Die Großmutter der Tragseilbremse am Mottarone dürfte diese hier sein:
Garaventa hat daraus 1969 diesen Typ mit hydraulischem Öffnungszylinder entwickelt:
Allerdings war diese Tragseilbremse noch mechanisch verriegelt und der Öffnungszylinder befand sich bei Garaventa immer im Innern des Bremsgehäuses.
In dem von dir verlinkten Video kann man tatsächlich in der Mitte der Bremszangen das Tellerfederpaket für die Bremskraft erkennen. Dann kann die Bremskraft eigentlich nur über einen Kniehebel übertragen werden, wie beim Garaventa-Typ Jumbo von 1987, der heute noch gebaut wird:
Der Öffnungszylinder befindet sich aber bei Garaventa wieder im Inneren des Bremsgehäuses.
Vermutlich handelt es sich am Mottarone also geometrisch um eine Mischung aus den beiden Garaventa-Typen:
- Vertikale Bremskraftübertragung über Kniehebel, wie bei Garaventa (Typ Jumbo 1987)
- Öffnungsdruck durch horizontalen Öffnungszylinder, wie bei Garaventa (Typ 1969)
Da keine mechanische Verriegelung vorhanden ist, steht der Öffnungszylinder am Mottarone wie beim Garaventa-Typ von 1987 unter Dauerdruck. Eigentlich keine schlechte Konstruktion.
Christoph Lütz hat geschrieben: 30.05.2021 - 13:00
Noch zum Klemmkopf:
Dieser wurde 1975 in der Schweiz und 1976 in Deutschland patentiert. Angemeldet wurde das Patent durch die Gesellschaft zur Förderung der Forschung an der ETH Zürich. Erfinder war Gabor Oplatka, der spätere Leiter des Instituts für Fördertechnik. Das Patent dürfte Mitte der 1990er-Jahre nach 20 Jahren ausgelaufen sein.
Danke für die Erklärung. Jetzt habe ich auch das Dokument wieder gefunden, in dem beschrieben wird, dass die Entwicklung des neuen Seilkopfes an der ETH auf das Unglück in Betten zurück geht.
Christoph Lütz hat geschrieben: 30.05.2021 - 19:30
... Garaventa-Typ Jumbo von 1987 ... (mit Bild)
Bei der Mottarone-Bahn kann die Fangbremse ja mit den roten "Klammern" deaktiviert werden – letztere verhindern, daß sich die vertikalen Elemente spreizen können. Sprich: das muß eine Bauform sein, die war ähnlich wie die abgebildete Skizze ist, aber die beiden vertikalen Knebel bis nach oben gehen und mittig gelagert sind. Das Prinzip dürfte schon ähnlich Garaventa Jumbo 1987 sein.
... es kann sein, dass ich nicht alle eMail-Benachrichtigungen erhalte, die bei abonnierten Threads oder PN-Eingängen ausgelöst werden sollten; direkt an mich adressierte eMails müßten aber ankommen ...