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Aosta-Tal || IT || 30.8.-3.9.2005

Verfasst: 09.09.2005 - 21:59
von Emilius3557
„Die Unentschlossenen entscheiden die Wahl“ heißt es jetzt wieder häufig vor der nahenden Bundestagswahl. Beziehungsweise kurz vor der Wahlentscheidung gibt es einen entscheidenden Swing – zur einen oder zur anderen Seite. Den selben Effekt kennen wir auch aus dem Privatleben, zum Beispiel wenn es darum geht, Ziele für Skiurlaube oder Bergtouren auszuwählen. Es gibt feststehende Präferenzen, die durch nichts zu erschüttern sind, ziemlich festgefügte Wechselabsichten endlich einmal diese oder jene Destination endlich kennen zu lernen und kurz vor der Abreise wird dann doch wieder umdisponiert und ins althergebrachte Domizil gesteuert. Die dritte Möglichkeit – in der Politik zugegebenermaßen etwas unwahrscheinlich und eher auf Kirchhof-ex-machina-like auftauchende Berater-Cracks bezogen – eine völlig neue Alternative rückt ins Blickfeld, eine neue Möglichkeit, die bislang auf der Registrierplatte unser Gedankenspielereien und Planungen gar nicht aufgetaucht war und die wegen irgendwelcher für sie sprechender Argumente plötzlich immer mehr an Reiz gewinnt und in letzter Minute feste Favoriten scheinbar mühelos aus dem Weg räumt. In unserem Fall hat ein in unseren Breiten eher unbekannter Berg namens Mont Emilius das Breithorn aus dem Felde geschlagen, welches sich als bekanntermaßen leichter Viertausender in Mitten grandioser Gletscherumgebung seines Zuspruchs und seiner Attraktivität durchaus bewusst sein konnte.

Wo und wer ist also dieser Emilius? Als Ziel unserer Westalpenreise stand das Aosta-Tal fest, nachdem wir das letzte Mal in Saas-Fee gewesen waren und die Neuschneefälle der letzten Wochen die Verhältnisse auf den Felsanstiegen auf Weißmies und Lagginhorn nicht so gut erscheinen ließen. Als weiteres Plus für das Valle d´Aosta bot sich die klimatische Bevorzugung im Lee der Mont Blanc-Gruppe, der Walliser Alpen und der Vanoise im Westen an, nachdem wir in Südbayern in den letzten Wochen ja Regen wahrlich mehr als genug genossen hatten. Nur 500 mm Jahresniederschlag in Aosta, dazu lange sommerliche Schönwetterperioden, das klingt verlockend in den Augen von Bergsteigern die hoch hinauf wollen. Zudem woll-te ich endlich meine große Unkenntnis der Westalpen und besonders des italienischen Teils etwas beheben. Als großes Ziel im Aosta-Tal lockt natürlich das gewaltigste Massiv der Alpen, die Monte Rosa-Gruppe mit ihren leichten Gipfeln, hochge-legenen Hütten und zahlreichen Seilbahnen, die gehörig Schweiß ersparen. Nur mit der Seilbahn bis zum Kleinmatterhorn fahren und dann die übriggebliebenen 350 Hm aufs Breithorn in einer Riesenkolonne zu stapfen – darauf hatten wir keine Lust, ebenso wenig wie nach einer Seilbahnfahrt auf die Punta Indren und der folgenden Übernachtung auf der Gnifetti-Hütte wegen schlechter Akklimatisation höhenkrank zu werden. Folglich wollten wir vorher ein paar Akklimatisationstouren unternehmen, wozu sich der Gran Paradiso geradezu anbot: ebenfalls ein stolzer Viertausender, aber mit leichtem Normalweg und einer nicht zu hoch gelegenen Hütte. Und nun schlug die Stunde des Mont Emilius, der mir aus der Zeitschrift BERGE bzw. dem Skiatlas bekannt war, als Hausberg der Stadt Aosta, mit seinen 3559 m die nur 580 m hoch gelegene Stadt um fast exakt 3000 Hm überragend, dazu freier Blick auf die Alpenriesen Mont Blanc, Grand Combin, Matterhorn und Monte Rosa. Sogar den seltenen zu sehenden Gran Paradiso soll man von dort aus sehen können. Den letzten Ausschlag für die Emilius-Eingehtour gab die Tatsache, dass seit 1998 eine Hütte den langen Weg von Pila (1814 m), der Retortenskistation hoch über Aosta, in zwei Tage teilen hilft, mit 2500 m genau die richtige Höhe zur Akklimatisation.

Zur Anfahrt hatten wir uns nicht unbedingt den schnellsten Weg ausgesucht: das komplette Inntal auf der A12 bis Landeck (der Umfahrungstunnel spart wirklich unglaublich viel Strecke und Zeit!), dann durch das teilweise zerstörte Pfunds zur Grenze und hinauf ins Unterengadin, wobei das Gefühl einen nicht verlässt sicher immer mehr dem Ende der Welt zu nähern, über eine sehr kurvige Straße, wenig touristi-sche Orte im Bündner Stil, große Wälder, Wiesen, sogar noch Ackerbau in der Höhe. Ein bisschen wie die Straße südwärts von Dar-es-Salaam ins Selous Game Reserve in Richtung Mosambique, eine ähnliche Stimmung. Das Oberengadin fand ich weniger spektakulär als allen Orten beworben, wobei die Seen natürlich schon zum Ver-weilen einladen würden. Die Kurvenorgie des Maloja-Pass hinunter ins Bergell bis Chiavenna bringt mit einem Mal die Vegetation des Alpensüdrandes, die Temperatur steigt bis auf 30°C. Entlang des Comer Sees geht’s dann endlich wieder schneller voran auf einer fast komplett in Tunnels verlaufenden Schnellstraße, die praktisch bis zum Mailänder Autobahnring führt. Von Mailand bis ins Aosta-Tal geht es dann überraschend schnell auf einer Autobahn (A4, A4/5 und A5) voll von Baustellen, neben der eine Schnellzugstrecke gebaut wird. Landschaftlich attraktiv wird die ansonsten eher langweilige Po-Ebene ab der Verzweigung A4/5 wo sich das Betonband nach Nordwesten wendet und die Bezeichnung Piemont ihren Ursprung mit einem „d“ nach dem „e“ verrät, der mit der kontinuierlich zum Gebirge ansteigenden Ebene drüben bei Biella sehr deutlich sichtbar wird. Hier eine fast parkartige Kulturlandschaft. Auch das Aosta-Tal wirkt nicht extrem hochalpin, sehr offen, recht breit, viel intensive Landwirtschaft (Weinbau), schmucke Ortschaften und die unvermeidliche Verkehrsinfrastruktur mit Autobahn, Eisenbahn und Landstraße. Zwar ragen die Berge an den Seiten hoch auf, aber in Pont-St.Martin, 345 m, kann man sich nur schwer vorstellen, dass am Ende des hier abzweigenden Val de Gressoney der Monte Rosa mit seinen 4600 m wartet. Welche Reliefenergie in diesem Winkel der Alpen wirksam wird, zeigt die Straße von Aosta hinauf nach Pila sehr deutlich, Serpentine um Serpentine geht es den Nordhang hinauf, immer wieder die 6EUB von Agudio kreuzend, welche die 35.000 Einwohner-Stadt Aosta mit ihrer Skistation direkt verbindet. Die 18 Straßenkilometer hinauf nach Pila wären wirklich eine geniale Tour de France Etap-penankunft für unsere Doping-Truppe. Während der Auffahrt nach Pila hat sich auch zum ersten Mal der Mont Blanc mit seiner blendend weißen Gipfelkuppe gezeigt, unfassbare 4800 Meter hoch, während die gewaltigen Flanken des Monarchen noch in Wolken sich verbargen, wobei so der Effekt deutlich eindrucksvoller ist.

In Pila angekommen war es leider schon nach 17 Uhr, so dass wir die 4KSB Chamo-lè in Richtung Rifugio Arbolle nicht mehr nehmen konnten. Kurz entschlossen riefen wir im Refugio an und erfuhren, dass sowohl Plätze als auch bis 21 Uhr noch ein Abendessen gäbe. Also schnell die Rucksäcke gepackt (keine Eisausrüstung, kein Pickel, kein Seil, keine Klettergurte, reine Wanderausrüstung, kein Anorak) und um 18 Uhr machten wir uns bei noch beträchtlicher Wärme auf den 2 ½ stündigen Hüttenaufstieg, zunächst durch schönen Lärchenwald, der zweimal von Pisten- und Lifttrasse unterbrochen war und zur Chamolè-Alm auf 2150 m führte, auf einer größeren Lichtung am Hang gelegen. Die Waldgrenze liegt hier bei sicherlich erst 2300 m, ein-zelne Bäume natürlich noch weit darüber bis auf 2500 m. Ein deutlicher Unterschied zu den mir hauptsächlich bekannten Ostalpen war allein schon olfaktorischer Art – dieser südliche Duft, das Schwirren unzähliger Heuschrecken und Heuhüpfer, optisch fehlt nur ein Olivenhain und Weinberge zum Mittelmeer-Feeling. Nach einer Stunde erreichen wir den Lago di Chamolè (hierher mit der 4KSB und dann 10 min zu Fuß) trotz seiner speicherteichähnlichen Form anscheinend natürlichen Ursprungs. Hier wartet ein saftiger Steilhang hinauf zum Col de Chamolè auf 2641 m, der dank der abendlichen Abkühlung und den phantastischen Impressionen des Sonnenuntergangs schon 2000 Meter hoch über dem Talboden des Aostatals aber mehr Erlebnis als Schinderei war. Oben am Joch fällt der Weg dann steil hinunter zum Talboden mit dem Refugio Arbolle, das auf 2507 m steht und das in einer guten Viertelstunde vom Joch erreichbar ist. Vom Col sahen wir auch erstmals unser Ziel, den Emilius vis-à-vis, ein gewaltiger, von Westen recht spitzer Brocken, dunkelrot vor dem kalt-blauen Abendhimmel unter rosa erleuchteten Wölkchen. Nach exakt 2 1/2 Stunden erreichten wir die private Hütte, von den Standards her wahrscheinlich mit die beste Berghütte, in der ich bisher übernachtet habe, echt spitze. Sehr geräumig, viel Luft, großzügige Maße, mit frischem Holz vertäfelte Zimmer, hotelverdächtige Waschgelegenheiten (Halbpension 37 ¤).

Verfasst: 09.09.2005 - 22:09
von gerrit
MMMhhhh.....(genüßliches Schnurren).

Verfasst: 09.09.2005 - 22:16
von Downhill
Das verspricht ja wieder interessant zu werden :D

Verfasst: 09.09.2005 - 23:06
von Emilius3557
Der Gipfelanstieg zum Emilius begann um 8Uhr noch im schattigen Tal. Der immer gut bezeichnete Weg/Pfad durch das westseitige Kar führt in mehreren Aufschwün-gen und nachfolgenden Flachpassagen hinauf zum Col de Trois Capucins (Drei-Kapuziner-Joch), das nach drei auffallenden Gendarmen (Felstürmen) benannt ist, die gut von weitem sichtbar sind. Blickfang in der wüsten Schütteinöde war während der ersten beiden Aufstiegsstunden (zum Joch, 3241 m, 2h 20 min) im Nordwesten der Mont Blanc, der in der klaren Morgenluft komplett zu sehen war, mit seiner berühmten Brenva-Flanke und irgendwie gewaltiger wirkt aus dieser Perspektive als direkt von Süden, von Les Arcs oder Val Thorens aus, weil er aus diesem Blickwinkel eben nicht räumlich zu sehen ist, sondern lediglich als Mauer am Horizont. Im Südwesten öffnete sich dagegen der Blick in die Gran Paradiso-Gruppe mit der 3953 m hohen Grivola, dem zweithöchsten und nicht einfachen Gipfel, von Nordosten eine schlanke Felsspitze mit großem Gletscher. Später zeigte sich auch ein seltener Gast, der Gran Paradiso höchstderselbst ist nämlich nur von wenigen Punkten aus zu sehen, ein Grund für seine verhältnismäßig später erste Besteigung. Er zeigte uns seine über den riesigen Eisbrüchen des Ghiacciaio del Tribulazione aufsteilende Ostflanke. Auf knapp 3000 m, schon dicht unter der ungegliederten Schuttflanke des Emilius dann ein weiteres Highlight, der Lago Gelato, gespeist von einem kümmerli-chen Restgletscher unter der Punta Rossa. Trotz der beachtlichen Höhe ist die Emilius-Gruppe wegen ihrer Lage in der inneralpinen Trockenzone des zentralen Aosta-Tals kaum vergletschert. Der steile Schlussanstieg zum Col de Trois Capucins ist weiterhin unschwierig und führt durch eine riesige Blocktrümmerhalde. Am Joch ist dann der weitere Anstieg auf dem Südgrat des Emilius einsehbar, aber das Joch erreichend wird der Blick doch zunächst von der sich nach Nordosten öffnenden Aussicht gebannt, denn dort steht das komplette Monte Rosa-Massiv gegenüber: vom Ghicacciaio de Valtournenche an der Testa Grigia bis zur Punta Giordani, wobei besonders markant das Breithorn und der Lyskamm herausstechen, während die bei-den höchsten, die Zumsteinspitze, 4563 m und die Signalkuppe, 4554 m, als eher unscheinbare Firnhauben in der Gipfelkrone stehen.
Leider mussten wir am Col auch bemerken, dass von Südosten (von der Po-Ebene) immer mehr Wolken zu quellen begannen und dies besonders während der nächsten Stunde taten, in der wir uns den Südgrat (größtenteils Südostflanke) des Mont Emilius hinaufarbeiteten über Wegspuren mit Markierungen oder direkt am Grat über phantastisch festen Fels, während die Flanke doch eher ein unsortierter Klamottenbruchhaufen ist. Richtig exponiert ist es nirgends, also jedem geübten Bergsteiger anzuraten. Nach 3 Stunden 40 min standen wir auf dem 3559 m hohen Mont Emilius, mussten uns leider aber vornehmlich mit den beeindruckenden Nahausblicken zufrieden geben (die 3000 Hm nach Aosta wirken irgendwie wie Google Earth), da die Wolken schneller gewesen waren als wir: kein Mont Blanc, kein Grand Combin, kein Matterhorn, kein Monte Rosa mehr, keine Grivola, vom Paradiso nur ein Fetzchen. Sehr schade. Trotzdem wohl einer der besten Aussichtsgipfel der Alpen. Abstieg zur Hütte dann in 2 ¼ Stunden, dort größere Pause und die 150 Hm Gegenanstieg zum Col, um 17 Uhr waren wir nach 9 Stunden Tour dann wieder herunten in Pila, ziemlich müde aber zufrieden.

Verfasst: 09.09.2005 - 23:26
von Emilius3557
Fortsetzung Emilius-Besteigung

Verfasst: 09.09.2005 - 23:46
von gerrit
Ein Leckerbissen!

Tolle Bilder und - wie gewohnt - absolut Bergbuch-drucktauglicher Text. :gut:

Verfasst: 11.09.2005 - 18:10
von Emilius3557
Ein paar Worte noch zu Pila:
Die Retortenstation liegt 1200 Hm über der Stadt Aosta am Nordhang mit phantasti-scher Aussicht auf Mont Blanc, Grand Combin, Matterhorn und Monte Rosa (die beiden letzteren zumindest aus dem Skigebiet sicherlich sichtbar). Die Verbindung von der Stadt Aosta wird durch die in zwei Ästen verlaufende, 18 km lange kurvenreiche Zubringerstraße gewährleistet, wer sich direkt in der Stadt aufhält, für den ist die 6EUB vielleicht interessanter (Hersteller Agudio), die in drei Sektionen nach Pila führt, das sich auf etwa 80 Hm und zwei Ortsteile erstreckt. Im unteren Ortsteil startet die wichtige 4KSB Chamolé und eine kurze 3SB und DSB, welche die Verbindung zu den im oberen Ortsteil startenden Liften, der 4KSB Leissé und der PB Grimod herstellen. Im oberen Skigebiet gibt es dann noch die 6KSB La Nouva, die 4SB Grimod, die DSB Grimondet und die beiden wichtigen 3SB Couis 2 und DSB Couis 1. Mit 2705 m ist die Bergstation Couis 1 der höchste Punkt im Skigebiet. Beschneit wird auch, einige der sichtbaren Abfahrten waren sehr schön begrünt. Neben La Thuile und Monterosa Ski sicherlich bei einem Aufenthalt im Aosta-Tal einen Besuch wert.

Interaktive Karte der Lifte und Pisten

http://www.pila.it/cartine.asp?l=e&id=86&s=i

Technische Daten zu den Liften

http://www.pila.it/impianti.asp?l=e&id=18&s=i

Dass ich das komplette Skigebiet dokumentiert hätte wäre stark übertrieben, aber was halt so sichtbar ist, habe ich mal abgelichtet[/b]

Verfasst: 11.09.2005 - 19:20
von Emilius3557
Dann wieder die Kurverei hinunter nach Aosta wobei einem in Zusammenschau mit den endlosen 1700 Hm Abstieg vom Emilius die 3000 Hm dann erst langsam bewusst werden, wenn man in Aosta steht, den Kopf in den Nacken legt und ganz ganz weit hinauf zu einem weltfernen Felsgipfel hoch über der Stadt hinaufschaut. Wir sind dann weiter ins Valsavrenche gefahren, dass bei Villeneuve vom Aosta-Tal nach Süden abzweigt und ebenfalls gehörig steigt. In den unteren Partien ist das Tal sehr eng eingeschnitten, von himmelhohen Bergen eingefasst, ähnelt ein wenig dem Pitztal, erst weiter oben weitet es sich ein wenig, die größten Verebnung liegen aber ganz oben, am Col de Nivolet. Die Straße führt aber nur bis Pont, 1960 m, dem nächsten Ende der Welt, dem wir auf unserer Reise begegnet sind. Hier werde ich mich verstecken, nach einem erfolgreichen Bankraub oder um einen Roman in völliger Abgeschiedenheit zu verfassen. Hier quartieren wir uns in einem netten Hotel ein (50 ¤/HP), dessen Zimmer ein wenig Retro-Style verströmen, aber mit modernisiertem Bad. Duschen, ausstrecken, Zivilkleidung, leckeres Abendessen, Rotwein, so stellen wir uns wieder her. Mittlerweile sind die Wolken so dicht geworden, dass es sogar leicht regnet. Hmm, wie war das mit inneralpiner Trockenzone? In Sölden letztes Jahr hats auch fast jeden Abend geregnet…
Der dritte Tag beginnt dann ähnlich gemütlich. Das Wetter ist wieder strahlend schön, wir reservieren telefonisch bei Monsieur Blanc auf dem Refugio Vittorio Emmanuelle II ein Zimmer. Wie gut, dass das Aosta-Tal zweisprachig ist, denn auf italienisch bekomm ich außer „Ciao“ und „Grazie“ nicht viel heraus, en francais, c´est mieux… Wir packen die Rucksäcke von Grund auf neu, diesmal muss die komplette Gletscherausrüstung allerdings mit, die Anoraks lassen wir aber angesichts der warmen Witterung im Tal und steigen ab 11 Uhr sehr gemächlich die 770 Hm zur 2732 m hoch gelegenen Halbtonnen-Hütte hinauf. In den unteren Regionen des Valsav-renche bekommt man einen guten Eindruck wie öde und leer eisfreie Alpen wären – zum Glück gibt es da noch Gipfel wie den Ciarforon, 3642 m mit seiner eisgepanzer-ten Nordwand und einer richtigen Eiskalotte als Gipfelhaube, wunderschön! Die Landschaft hat aber ihren ganz eigenen Reiz: weite alpine Matten, dazwischen große Blöcke, in tieferen Lagen Lärchenwälder, das Ganze mit der duftig-lauen Luft des Südens, das Meer riecht man jedoch noch nicht…
Ich nutze den angebrochenen Nachmittag noch zu zwei Abstechern. Der erste dient zur Routenerkundung für Morgen früh, denn im Blockgewirr direkt hinter der Hütte ist des nächtens wohl die Route weniger gut erkennbar. Eine gute ¾ Stunde steige ich ohne Gepäck (wieder tröpfelt es leicht!) bis auf 3010 m hinauf, vom Gletscher meilenweit nichts zu sehen, laut Kompass-Karte (und auch italienischer 1:25.000er) sollte hier schon Eis sein, wo ich stehe. Statt dessen ein trostloses Tal voller Gletscherschliffplatten und unten viel feinem Geröll. Andererseits plätschert über die Platten ein wunderschöner klarer Bach, weiter unten zeigt sich frisches Grün. In 100 Jahren gibt es dann eben eine Almwanderung auf den Gran Paradiso. Auch den Anstieg zum Ciarforon und zur Tresenta (3609 m), den anderen Hausbergen der Hütte sehe ich mir an und steige eine übel steile Randmoräne direkt von der Hütte aus hinauf und kann mich nur wundern. Der Ghiacciaio del Moncorvé ist bis weit hinauf aper und in miesem Zustand. Bis zum Nordwestgrat der Tresenta sind vielleicht noch 100 Meter horizontal Eis übrig – kein Vergleich zum Eismeer des Gepatschferners, der ja eigentlich niedriger liegt - , ansonsten ist das ein reiner Felsanstieg geworden. Mal eine Email an den Autor des AV-Führers von 2003 schreiben, der an sich aber die aktuellste und treffendste Beschreibung der Begebenheiten ist. Die Karten kann man gleich in die Tonne treten…
Das Abendessen (32 ¤ HP für AV-Mitglieder) auf der Hütte hat 3-Gänge ist gut und lecker. Echt sehr gut organisierte Hütten-Crew (mehrsprachig!). Denke aber, dass die Hütte nicht mehr ganz voll ist, es ist eindeutig bereits Nachsaison, wie wir unten im Hotel ja auch festgestellt haben.

Verfasst: 11.09.2005 - 19:28
von gerrit
Romanschreiben ist ja gut, aber vielleicht solltest mal mit den Karten für den Forums-Atlas anfangen dort oben... :wink:

Verfasst: 11.09.2005 - 20:46
von Emilius3557
Beim Wirt hatten wir uns für 4.30 Uhr zum Frühstück angemeldet, also Aufstehen um zehn nach vier, viel zu Waschen und Anzuziehen gibt’s ja nicht. Zum Frühstück schnell zwei Brote mit Honig (ansonsten sind die einfach zu trocken) und eine Menge Tee für den erhöhten Flüssigkeitsbedarf. Draußen ist es noch komplett dunkel, Sterne stehen am Himmel (es ist Neumond), aber es ist nicht zu kalt, beim Geholpere im Stirnlampenlicht durch die Blockhalde wird einem schnell warm. Schon am Ende der Blockhalde haben wir eine erste Gruppe eingeholt (sind exakt um 5.00 Uhr abmarschiert) und überholt, weil ich lieber einen eigenen Rhythmus und Route suche als anderen hinterher zu dandeln. Zudem ist der am Ende einer großen Gruppe der Gehrhythmus so ähnlich wie die Fortbewegung einer Riesenschlange, sehr unregelmäßiges Pendeln des Gehtempos, was ich gar nicht mag. Die Erkundung am Nachmittag hat wirklich etwas gebracht, trotzdem finde ich im Geröllhaufen nicht immer den besten Durchschlupf. Im Plattenbereich hilft das Auskundschaften noch mehr, so vermeiden wir es durch ein richtiges Abbiegen wie andere Gruppen mitten in einer Art Wasserfall zu stehen, der über die sowieso schon glatten Platten rinnt. Langsam wird es nun heller, trotzdem verlieren wir und ein Teil der anderen kurz unterhalb des Gletschers die Steinmännchen, schlagen uns aber weglos zu einem ersten hart gefrorenen Firnfeld durch, das sich weiter oben, wo es steiler wird als Toteisfeld entpuppt. Der Sommer 2003 muss hier am Ghiacciaio del Gran Paradiso ein übles Werk verrichtet haben. Da der Gletscher bis weit hinauf aper und spaltenfrei sein soll ziehen wir hier nur Steigeisen an und tauschen Stecken gegen den Pickel, während die anderen sich größtenteils zu Seilschaften zusammenbinden. Bis hierher sind wir etwa 1 ½ Stunden unterwegs, das Stirnlampenlicht braucht man nun nicht mehr, obwohl die Sonne noch lange nicht zu sehen sein wird, schließlich steigen wir einen Westhang empor. Der arg zurückschmelzende Gletscher lässt sich nicht direkt ersteigen, das wäre mittlere Eiskletterei. Die undeutliche Spur im Blankeis führt ganz rechts außen am Felsrand entlang, wo es immer noch steil aber gangbar ist. Prinzipiell kein Problem, wir gehen so etwas nicht zum ersten Mal, aber wer hier als Steigeisen-Novize unterwegs ist, den beneide ich nicht. Auf 3300 m wird es flacher, wir machen an einem Felsabsatz eine erste Trink- und Essenspause. Im Nordwesten steht die Mont Blanc-Gruppe in orangenem Licht, im Westen zeigt sich ein altbekanntes und lieb gewonnenes Gipfelpaar, die Grande Casse und die Grande Motte, die ja nicht weit weg drüben in der Vanoise stehen. Viele Jahre gebe ich dem Ghiacciao del Gran Paradiso vor allem deswegen nicht mehr, weil ihm bald der Massennachschub ausgehen wird, da in der Mitte ein großer Felsriegel ausgeapert ist, den wir überwinden (mehr Geröll und Blöcke als anstehendes Gestein) müssen. Danach (ab 3450 m) wieder ein zweiter Steilhang, der in steilen Serpentinen am Rand überwunden wird. Hier ist der Gletscher prinzipiell firnbedeckt bis auf vereinzelte Blankeis-passagen. Jeder geht hier seinen eigenen Rhythmus, gehe die steilen Stellen ziemlich direkt an ohne groß zu rasten, mit Schwung geht’s oft am besten. Ab 3600 m wird dann die Gipfelpartie erstmals sichtbar, der flachere, mittlerweile von vielen Felsen durchsetzte Schnee-/Eisrücken der Schiene del Asino (Eselsrücken) ist erreicht, der sich direkt bis zu den markanten Felspfeilern der Becca di Moncorvé hinzieht und damit zum Gipfelaufbau hinauf leitet. Jetzt bin ich fast sicher, dass wir den Gipfel schaffen können. Die anderen Seilschaften haben zumeist einen direkteren Durchstieg gewählt und aufgeschlossen, wir halten aber unseren Vorsprung als wir nach wie vor ohne Seil die Schiena del Asino hinaufsteigen, der Ciarforon und die Becca di Monciair, die Paradiso-Trabanten bleiben unter uns zurück (gutes Gefühl, sehen von der Hütte aus doch beide riesig hoch aus!). Paradoxerweise haben sich laut Führer auf der eigentlich sehr harmlosen Schiena in den letzten Jahren durch den Eis-rückgang einige Spalten gebildet, insgesamt vier offene sehen wir und überschreiten sie ohne Seil vorsichtig. Man sollte aber hier anmerken, dass einem das Seil in den unteren Blankeispassagen gar nichts nutzt – solange man nicht jede Seillänge ordentlich mit Eisschrauben absichert, was niemand macht.
Mittlerweile ist die Sonne hinter den Gipfelzacken des Paradiso hinauf gezogen und spielt schöne Licht-Schatten-Spiele mit dem überhängenden Zacken der Becca di Moncorvé unter der wir, ca. 3850 m nochmals rasten, Energienachschub reinschieben, Trinken und uns nun doch anseilen, vor allem für die Randkluft und die Gipfelfelsen. Dummerweise büßen wir während dessen den kompletten Vorsprung auf die anderen Seilschaften ein, die uns nach einander fast alle überholen und wir nun den Schlussanstieg in Mitten einer großen Karawane angehen. Schon interessant, dass fast alle Truppen fast gleichzeitig am Gipfel sein werden, normalerweise würde man eine größere Streuung erwarten. Von unserem Rastplatz gibt es eine dritte und letzte Steilpassage, in der sich die dünne Höhenluft nun doch bemerkbar macht. Danach geht es flacher aber ganz schön lang schräg ansteigend hinauf zur Randkluft (harmlos) und zu einem Schneeabsatz im felsigen Gipfelaufbau. Die Dimensionen hier oben unterschätzt man im Blick von unten massiv, alles ist größer und weiter als es aussieht. Die Gipfelfelsen sind prinzipiell einfach, nur stehen jetzt alle anderen Seilschaften vor uns drin, es kommt zum berüchtigten Seilsalat und diversen Überhol- oder Begegnungsmanövern, wie ich sie so liebe. Aber alles läuft kontrolliert ab, keine Hektik, es ist ja viel mehr Platz als am Großglockner, zudem ist es nicht so exponiert (naja, nach Osten schon, da geht es 400 Hm senkrecht hinunter zum Ghiacciaio del Tribulazione). Die Plattform unter der Gipfelmadonna auf 4050 m erreichen wir alle mal schenken uns aber den letzten Gipfelturm, was viele machen. Es ist einfach zu viel los. Der eigentliche Hauptgipfel liegt sogar noch einen Felsturm weiter – diesen geht man aber am besten gleich völlig anders an, quert von der Randkluft nach links unter der Madonna vorbei in eine Scharte und dann hinauf. Gebraucht haben wir nun doch 5 h 30 min, was sich im Rahmen hält (auf der Hütte gestern haben wir eine deutsche Partie gesprochen, die 8 Stunden gebraucht haben, da waren wir doch deutlich besser), an meine Tempogrenzen bin ich sicher nicht gegangen. Ein weiterer Grund für die Auslassung des höchsten Punktes ist die leider begrenzte Aussicht, wieder sind in der letzten Aufstiegsstunde massiv Wolken gequellt: wieder kein Mont Blanc, kein Matterhorn, kein Mont Viso. Nur der Monte Rosa ist ganz ganz schemenhaft im Dunst in seiner bloßen Existenz zu erahnen.
Nach einer Stunde am Gipfel steigen wir ab – immer wieder erstaunlich wie schnell man hinunter kommt, wo man bergauf so geschneckt ist. Bis zur Hütte dauerts aber gute 2 ½ Stunden, vor allem im heiklen Blankeissteilhang am Gletscherende muss man massiv aufpassen, da eine Menge „Rollsplit“ auf dem Eis liegt, echt ätzend. In 5-10 Jahren wird man den Gran Paradiso bis zur Schiena del Asino eisfrei gehen, meine These. Man müsste nur die Blockhaufen des Westgrats etwas ordnen und markieren, dann spart man sich den ganzen Mist mit diesen Blankeissteilhängen. Im Früh-jahr, per Ski oder vor allem früher war das sicher piepeinfach, aber bei September-Bedingungen stimmt das Bild vom Gran Paradiso als leichtem 4000er nur bedingt, sicher auf Steigeisen sollte man echt sein, zudem für die Fitness für 2100 Hm bergauf und bergab verfügen, also etwa das Sechsfache von dem, was am Breithorn gefordert ist und das vierfache vom Allalinhorn.
Auf der Hütte gab es dann eine gute Minestrone-Suppe und der mühevolle Abstieg begann, der nochmals 2 Stunden dauerte, da unsere Füße nach 5000 Hm in sechs Tagen doch ziemlich lädiert waren (am So waren wir ja auf der Ellmauer Halt im Wilden Kaiser, 1260 Hm) und jeder Schritt weh tat. Nach 12 Stunden auf den Beinen er-reichten wir ziemlich zerschlagen das Auto und fuhren hinunter nach Degioz, den Hauptort des Valsavrenche und quartierten uns im ebenfalls ziemlichen leeren Hotel Parco Nazionale ein. Den Monte Rosa hatten wir an diesem Abend gestrichen, denn mit diesen Füßen waren die 2800 Hm zwischen Gressoney und der Zumsteinspitze nicht zu begehen, obwohl Kondition und Akklimatisation wohl ausgereicht hätten. Schade, nächstes Jahr vielleicht!

Verfasst: 11.09.2005 - 21:15
von Emilius3557
Fortsetzung Gran Paradiso

Verfasst: 11.09.2005 - 21:20
von Emilius3557
Am Samstag fuhren wir dann auf einer noch interessanteren Route nach Hause, nicht ohne in Les Combes noch die Sommerresidenz des Papstes gesucht und gefunden zu haben. Von Mailand auf der Autobahn bis Como, dann das Westufer des Comer Sees (traumhafte Riviera!), das Veltlin bis Tirano (furchtbar! Ein Gewerbegebiet nach dem anderen, nur 50 Fahren, nur Schleichfreds unterwegs), Berninapass, Fuorcla de Livigno, tanken in Livigno (86 Cent, riesiger Auflauf wegen Mountainbike-Event aber wunderschönes Hochtal), Munt-da-la-Schera-Tunnel (10 Euro für eine einspurige Röhre mit Blockabfertigung, so eine Abzocke), Ofenpass (oben genialer Blick zum Ortler mit seinem Gipfelplatt), Val Müstair (herrlich, selten so schönes Tal und Dörfer gesehen), Glurns, Reschenpass (Südrampe sehr schnell fahrbar), ins Oberinntal hinunter wieder viele langsame Fahrer, dann flott bis zum Landecker Tunnel und auf bekannten Wegen nach Hause (insgesamt zwei Mal Schweiz und drei Mal Italien an diesem Tag).
Wir sind auf jeden Fall sehr zufrieden mit unserer Westalpentour, haben zwei wunderschöne Gipfel bestiegen, leider mit durch Wolken beeinträchtigter Aussicht. Das frühere Heimfahren erwies sich als Glücksgriff, denn schon am Samstag Abend spürte ich ein verhasstes Kratzen im Hals und ab Sonntag war ich richtig erkältet mit Schnupfen etc. Das wäre auf 3500 m am Monte Rosa ein Spaß geworden. Vielleicht klappts ja nächstes Jahr auch mit einer größeren Seilschaft, am Gran Paradiso kann man zu Zweit wirklich bedenkenlos gehen.

Verfasst: 11.09.2005 - 23:12
von gerrit
:gut: :dankeschoen:

Verfasst: 11.09.2005 - 23:38
von Emilius3557
@gerrit: danke für die positiven Rückmeldungen! Auch schon Viertausender-Luft geschnuppert?

Verfasst: 11.09.2005 - 23:42
von tmueller
echt tolle Bilder 8O

Verfasst: 12.09.2005 - 00:42
von trincerone
In jedem Fall ein bemerkenswerter Bericht, wobei deine Ansicht bezüglich der "schön" begrünten Pisten nicht teilen kann. Also diese Salzseeflachen Golfrasenmäßig begrünten Pisten finde ich genauso unpassend wie die wild gebaggerten Schotterpisten. Die Hänge, die man im Sommer nicht von ihrer Umgebung unterscheiden kann, die gefallen mir am besten.

Verfasst: 12.09.2005 - 01:11
von Gletscherfloh
@Marius. Toller Bericht und ebensolche Bilder, wie immer bei Dir. Der Blick vom Emilius runter nach Aosta hat was, erinnert mich an den Blick von der Rocciamelone auf Susa runter (sind auch ca. 3000 Hm, aber Susa ist doch deutlich kleiner und hat auch nicht so ein tolles Stahlwerk wie Aosta).

Gratulation zum Gran Paradiso! Sehr beeindruckend! Angesichts der Trümmer- und Schuttfelder stell ich mir die Besteigung im Frühjahr als Skitour fast angenehmer vor (also zumindest das Runterkommen). Das Rifugio Vittorio Emanuelle soll allerdings im Frühjahr extrem voll sein ...

Apropos Inneralpine Trockenzone: Ich komme grad von einem verregneten Wochenende am Taschachhaus, das ja auch nicht gerade in einer niederschlagsreichen Region liegt (mit der "Trockenheit" in den Ötztaler Alpen hab ich so meine zwiespältigen Erfahrungen, ich hatte mal vier oder fünf Regen/Schneetage in Vent ... Ende Mai/Anfang Juni, und im Winter dafür mal kaum Schnee).

Verfasst: 12.09.2005 - 08:01
von mic
...mal wieder ein Hammerbericht! Danke!

Verfasst: 12.09.2005 - 11:17
von Gletscherfloh
@Marius. Nachdem du mehrmals die fehlende Fernsicht in Richtung Monte Viso bemängelt hast hier eine kleine Abhilfe. Die Fotos sind sogar ungefähr zur gleichen Jahreszeit entstanden (Ende August).

Verfasst: 12.09.2005 - 11:32
von Emilius3557
Ein paar Schmankerln gibts noch

Verfasst: 12.09.2005 - 11:37
von Emilius3557
der "schön" begrünten Pisten
Also ich habe "schön" nich im ästhethischen Sinn verstanden, weil das in diesem Fall dann doch sehr diskutabel wäre. Für mich waren die meisten Abfahrten in Pila insofern "schön begrünt", als dass sie es überhaupt waren und wenig nackter Schutt oder Erdreich bloß lag. Man liest ja häufig, dass es in den Westalpen damit nicht so genau genommen wird, der Eindruck vor Ort widerlegt diese These zumindest für Pila.
Der Blick vom Emilius runter nach Aosta hat was, erinnert mich an den Blick von der Rocciamelone auf Susa runter (sind auch ca. 3000 Hm, aber Susa ist doch deutlich kleiner und hat auch nicht so ein tolles Stahlwerk wie Aosta).
Daran habe ich tatsächlich gedacht, als der Emilius ins Blickfeld des Interesses gerückt ist. Ist das auch eine 2-Tages-Tour? Ist das mit der Quellbewölkung ähnlich kritisch? Von der Schwierigkeit her dürfte es sogar leichter sein, oder?
mit der "Trockenheit" in den Ötztaler Alpen hab ich so meine zwiespältigen Erfahrungen,
Ich auch! Also im Verhältnis zur Niederschlagssumme übers Jahr hatte im Ötztal bisher eine Menge Schlechtwettertage, z.B. diesen August der erste Tag im Kaunertal. In Landeck scheint die Sonne, oben am Gletscher schneit es...

Vielen Dank für die Monviso-Aufnahmen. Den hätte ich sicherlich erkannt - wenn ich ihn denn gesehen hätte, wirklich markantes Ding...

Verfasst: 12.09.2005 - 13:21
von Gletscherfloh
Marius hat geschrieben:Daran habe ich tatsächlich gedacht, als der Emilius ins Blickfeld des Interesses gerückt ist. Ist das auch eine 2-Tages-Tour? Ist das mit der Quellbewölkung ähnlich kritisch? Von der Schwierigkeit her dürfte es sogar leichter sein, oder?
Die Rocciamelone ist als 2-Tagestour zu empfehlen (Nächtigung im Rifugio Ca D'Asti auf etwas über 2800m, meist überfüllt).

Im Prinzip wärs allerdings auch möglich in einem Tag von Susa aus:

Auffahrt mit Auto auf recht guter Schotterstrasse bis zu einem Almgelände ca. 2200m. Allerdings ist der Aufstieg südseitig, dh wenn es heiss und sonnig ist sicher eine Qual. Wir sind damals vom südlichsten Lanzo-Tal (Stura di Vio) über eine Scharte auf die Susaseite und die Südflanke in langer Querung dann zum Rifugio Ca D'Asti. Nächsten morgen dann um ca. 6h00 los. Der Gipfel ist sicher leichter als der Emilius zu erreichen. Es ist praktisch bis zum Gipfel ein (hochalpiner) Wanderweg, tw. Seilsicherung (oder Ketten, daran kann ich mich nicht mehr richtig erinnern). Er führt - tw. aus dem Fels gehauen - durch die steile oberste Südflanke des Gipfels. Oben hats dann (neben dem tollen Fernblick) auf der Nordseite einen - gar nicht mal so kleinen - Gletscher. Da hab ich noch paar Fotos, werd ich später dann bei Interesse einscannen.

Quellbewölkung hatten wir meistens. Aber an der Rocciamelone war es besonders arg, wahrscheinlich besonders begünstigt, durch das tiefe Susa-Tal (Susa ist nur 500 m hoch) und die dadurch extreme Aufheizung und Thermik. War aber sehr eindrucksvoll (morgens wars wolkenlos, traumhafter Sonnenaufgang und so). Am Nachmittag unserer Ankunft an der Ca D'Asti hatten wir sogar das Erlebnis eines ausgeprägten "Brockengespenstes". Hatte ich vorher und auch nachher noch nie/bzw. nie wieder in natura gesehen.

Zum Abstieg: Wir sind dann Richtung Susa runter und haben bei dem erwähnten Almgelände einfach bei den dort rotwein trinkenden italienischen Familien erfolgreich eine Mitfahrgelegenheit nach Susa gesucht (die Fahrt runter mit dem Auto war dann ein bisschen durch Angst geprägt :wink:).

Der Monte Viso wär zum Raufgehen auch ein toller Berg. Wir wollten dann am Ende unserer Cottischen Alpen-Tour auch dort rauf. Haben aber am Normalanstieg in der Südflanke umgedreht (Steinschlag, Wassermangel und wahrscheinlich zu recht doch grossen Respekt vor der Route).

Verfasst: 12.09.2005 - 13:48
von Emilius3557
Danke für die detaillierten Infos. Bei solchen Bergen lohnt sich das frühe Aufstehen oder das nächtliche Losgehen sicherlich. Wenn man bis 2200 m hinauffahren kann, könnte man ja dort im Zelt pennen, um 3.00 Uhr losgehen und die 1300 Hm angehen. Nur den Weg sollte man halt vorher inspizieren.
Immerhin habe ich es ja schon bis zum Aosta-Tal geschafft, möchte mich aber in den kommenden Jahren immer weiter durchackern. Monviso ist da sicher ein Ziel, zumal ich auf diesen großen Bergen einmal gewesen sein möchte.
Den Gran Paradiso würde ich das nächste Mal sehr gerne als Skitour angehen, sehe da keine größeren Schwierigkeiten. Und zum Runterkommen ist es auch angenehmer und schneller.

Verfasst: 12.09.2005 - 18:40
von Gletscherfloh
Auf folgender Website (generell sehr interessante site eines amerik. Bergführerehepaares) gibts eine Kurzübersicht zur NW-Wand des Gran Paradiso.

http://www.cosleyhouston.com/gran-paradiso-nface.htm

Verfasst: 16.09.2005 - 19:11
von starli
Sind das die Häuser, die Starli nicht gefallen?
z.B. - aber es gibt noch wesentlich "schlimmere" :-)

Danke für die Beschriftung, damit konnte ich jetzt mein Tignes-Zoom nochmal verifizieren :)

Klein Matterhorn und Breithorn sieht man demnach knapp (nicht auf den Zoom, aber von Tignes aus), aber vom Sommerskigebiet in Zermatt dürfte nicht viel zu sehen sein. Müssen also wohl doch die Lifte in Alagna gewesen sein, die ich gesehen haben will.. oder vielleicht sogar die Bauseilbahn? Egal ;)