Erbitterter Machtkampf um die Zugspitzbahn
Verfasst: 22.04.2006 - 11:51
Der Münchner Merkur berichtet:
Erbitterter Machtkampf um die Zugspitzbahn
Polit-Fürsten wollen Vorstand trotz erfolgreicher Sanierung stürzen
Garmisch-Partenkirchen - Im Morgengrauen setzte sich die marode Hausbergbahn noch einmal in Bewegung - zu ihrer letzten Fahrt. Ein paar Minuten später montierten Spezialisten die erste der beiden Großkabinen vom Tragseil. So wurde am vergangenen Freitag kurz und schmerzlos eine Institution ausrangiert, die Hunderttausende von Wintersportlern ins Garmisch-Partenkirchner Skigebiet befördert hatte.
Während des Sommers will die Bayerische Zugspitzbahn AG (BZB) eine moderne Umlaufgondel errichten - als leistungsstarken Ersatz. Doch bei dem weltberühmten weiß-blauen Bergbahnunternehmen sollen nicht nur Maschinen ausgetauscht werden, sondern auch Manager - geht es nach dem Willen einiger lokaler Politfürsten.
Auf deren Abschussliste steht Finanz-Vorstand Rolf Vonau ganz oben. Er ist eine der Reizfiguren in einem erbitterten Machtkampf um die Führung der Aktiengesellschaft, die sich zu fast 100 Prozent im Besitz der Marktgemeinde befindet.
Vonau will eine Entscheidung bis Dienstag
Bis Dienstag soll sich entscheiden, ob der 55-Jährige weiter gemeinsam mit Technik-Vorstand Peter Huber (51) die Geschicke der Bergbahnen lenkt. Die Frist hat Vonau dem Aufsichtsrat gesetzt. Dem Kontrollgremium läuft nun die Zeit davon. Denn bislang haben sich die Mitglieder offenbar nicht zu einer Entscheidung durchgerungen.
Auf eine rein betriebswirtschaftliche Diskussion dürften sich Vonaus Widersacher kaum einlassen. In den vergangenen fünf Jahren hat der scharfsinnige Rechner und Analytiker die stark angeschlagene BZB (23 Millionen Euro Jahresumsatz) knallhart saniert. Die Verluste sanken von vier Millionen jährlich kontinuierlich - 2005 schlugen angeblich nur noch 300 000 Euro Miese zu Buche; die offiziellen Zahlen werden erst am Freitag präsentiert.
Doch die erfolgreiche Entwicklung der Bilanzen hatte ihren Preis: Mitarbeiter-Entlassungen in größerem Stil, Bergbahn- und Liftstilllegungen (Hausberg im Sommer, Wank im Winter), Verkauf der Eckbauerbahn - solche unpopulären Sparmaßnahmen kosteten den Vorstand im Olympia-Ort von 1936 viele Sympathien; vor allem an den Stammtischen der Einheimischen. Dort wird Vonaus nüchternes, distanziertes Auftreten häufig als "Arroganz" interpretiert.
Auch beim autoritär regierenden Bürgermeister von Garmisch-Partenkirchen, Thomas Schmid (CSU), ist der BZB-Vorstand in Ungnade gefallen. Letzter Auslöser: Vonau hatte die geplante Finanzierung der neuen, millionenteuren Hausbergbahn - die BZB pachtet die Anlage von den Gemeindewerken - abgelehnt und als eine Gefahr für das Unternehmen bezeichnet. Solche Querschüsse kann Schmid, Rathauschef und Aufsichtsratsvorsitzender in Personalunion, nicht gebrauchen.
Der frühere Karriere-Diplomat des Auswärtigen Amts braucht sichtbare Erfolge, um seine Macht über 2008 hinaus zu sichern. Dann stehen Bürgermeister-Direktwahlen an - und vor allem in der erfolgsverwöhnten CSU wächst die Ungeduld darüber, dass sich die von Hoffnungsträger Schmid versprochenen Segnungen für den Tourismus-Standort bislang nur schemenhaft herauskristallisieren.
In seinem politischen Überlebenskampf versuche Schmid verzweifelt, immer mehr Kompetenzen an sich zu reißen, ereifert sich die Opposition gebetsmühlenartig. Nun läuft Vonaus Vertrag zum 31. Dezember aus, im Jahr darauf der Kontrakt des anderen Vorstands Huber - beide gelten als eingeschworenes Tandem. Eine gute Gelegenheit also für den Rathauschef, die personellen Weichen bei der Zugspitzbahn neu zu stellen.
Dagegen fragen sich die politischen Sympathisanten der BZB-Führung, was der Ort mit dieser Entmachtung gewinnen würde. "Noch mehr Mitarbeiter können sie sowieso nicht mehr rausschmeißen", sagt ein einflussreicher Kommunalpolitiker. Derzeit stehen nurmehr rund 270 Beschäftigte in Lohn und Brot. Es sei besser, auf Kontinuität zu setzen und Vonaus Forderung nach einem neuen Fünf-Jahres-Engagement zu erfüllen - dieser Zeitraum ist die maximale erlaubte Vertragsdauer in einer Aktiengesellschaft.
Zumal sich Garmisch-Partenkirchen um die Ausrichtung der alpinen Ski-WM 2011 bemüht. Bis dahin soll das Skigebiet weiter modernisiert werden - auch mit teuren Beschneiungsanlagen.
Skigebiet soll weiter modernisiert werden
"Bei so vielen Baustellen können wir uns kein Chaos in der Unternehmensführung leisten", warnt ein Rathaus-Insider. Aufsichtsratschef Schmid lehnte am Freitag "jeden Kommentar zu Personalangelegenheiten ab". Er wehre sich auch dagegen, dass durch Spekulationen "Druck auf einzelne Aufsichtsräte" ausgeübt werde. Vonau beantwortete die Anfrage unserer Zeitung knapp: Er habe den Bürgermeister bereits vor drei Wochen über seinen Standpunkt informiert. "Für mich steht fest: Wenn ich bis Dienstag kein Signal über eine weitere Zusammenarbeit erhalte, werden sich unsere Wege leider trennen." Ganz kurz und schmerzlos?
VON ANDREAS BEEZ