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Wenn sich Ski- und Snowboardfahrer zu nahe kommen

Verfasst: 30.11.2007 - 09:22
von OliK
Find ich ganz interessant:
Wenn sich Ski- und Snowboardfahrer zu nahe kommen

Kommt es zwischen einem Snowboardfahrer und Skiläufer aus ungeklärter Ursache zu einem Unfall, so ist der Haftungsanteil des „Einbrettfahrers” in der Regel höher zu bewerten als der des Skifahrers.


Das hat das Landgericht Coburg in einem pünktlich zur bevorstehenden Wintersportsaison veröffentlichten Urteil vom 22. Januar 2007 entschieden (Az.: 14 O 462/06).

Erhebliche Verletzungen
Wintersport könnte so schön sein, wären da nicht die vielen Gefahren, welche den Schneebegeisterten auf den Pisten begegnen. So auch in dem vom Coburger Landgericht entschiedenen Fall.

Auf einer Piste in den österreichischen Bergen waren sich eine Skifahrerin und der Benutzer eines Snowboards entschieden zu nahe gekommen. Bei dem Zusammenprall brach sich die Skiläuferin ein Bein, mehrere Rippen sowie ein Handgelenk.

Die Schuld an dem Unfall gab sie dem Einbrettfahrer. Denn dieser sei mit überhöhter Geschwindigkeit von hinten in sie hineingefahren. Sie verklagte den Mann beziehungsweise dessen Versicherung daher auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 Euro.

Doch mit ihrer Forderung hatte die verletzte Wintersportlerin nur zum Teil Erfolg.

Hinweis auf FIS-Regeln
Nach den Regeln des Internationalen Ski-Verbandes (FIS) müssen sich Wintersportler so verhalten, dass eine Gefährdung oder Schädigung Dritter ausgeschlossen ist. Es gilt das Gebot des kontrollierten Fahrens – so das Gericht.

Demnach muss der Sportler seine Geschwindigkeit seinem Können, der Schneebeschaffenheit sowie den Schwierigkeiten des Geländes anpassen. Er muss stets mit anderen Wintersportlern rechnen und in der Lage sein, notfalls rechtzeitig abzuschwingen und anzuhalten.

Auch nach der Vernehmung von Zeugen war es dem Gericht nicht möglich, die genaue Ursache für den folgenreichen Zusammenprall auf der Skipiste zu klären. Die Richter gelangten daher zu der Überzeugung, dass beide Beteiligten gegen die FIS-Regeln verstoßen haben.

Höhere „Betriebsgefahr”
Allerdings ist ein Snowboard deutlich schwerer zu steuern als Skier. Außerdem beschert ein Snowboard seinem Fahrer bei jedem zweiten Schwung einen toten Winkel.

Daher geht von einem Snowboard nach Überzeugung des Gerichts eine etwas höhere Gefahr aus. Ist die Ursache für einen Zusammenprall mit einem Skifahrer nicht zu klären, trifft einen Snowboardfahrer daher ein höherer Haftungsanteil. Das Gericht bewertete diesen in der zu entscheidenden Sache mit einer Quote von 60:40 zugunsten der verletzten Skifahrerin.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Quelle: Versicherungsjournal

Verfasst: 30.11.2007 - 12:43
von cm
Bin zwar Skifahrer, insofern kann mir das Urteil recht sein, ich finds aber trotzdem heavy.

Mit der gleichen Argumentation könnte man bei ungeklärten Autounfällen immer den Jüngeren verknacken, weil der unerfahrener und damit fehleranfälliger ist, oder bei Unfällen zwischen LKW und PKW immer den LKW-Fahrer, weil sein Fahrzeug unübersichtlicher ist. :?

Was bedeutet das jetzt eigentlich konkret? Muss der Snowboarder nun 60% der Streitsumme, also 6.000 € bezahlen? Oder nur den die gleichverteilte Schuld übersteigenden Anteil, also 1.000 €? Ich tendiere zur 2. Alternative, aber bei unseren Gerichten überrascht mich ja nichts mehr.

Verfasst: 30.11.2007 - 13:10
von Fab
Ich hab es so verstanden, wenn die Umstände gerichtlich nicht eindeutig geklärt werden können, die gerichtlich festgesetzte Schadenssumme 60:40 zu Lasten des Snowboardfahrers aufgeteilt werden.

Anders ausgedrückt. Der Boarder hat automatisch eine Teilschuld von 60%

Verfasst: 30.11.2007 - 14:29
von molotov
das mit dem totenwinkel kann man einerseits natürlich nicht abstreiten.
andrerseits wage ich zu bezweifeln ob das urteil vor einem anderen gericht bestand hat.

Verfasst: 30.11.2007 - 16:32
von Turm
Die Gefahr geht nicht vom Sportgerät aus, sondern vom Führer des Sportgeräts. Wer sein Sportgerät nicht beherrscht ist derjenige der eine größere Gefahr darstellt.
Aufs Auto bezogen, wo übrigens niemand das Kraftfahrzeug in die Schuld nimmt sondern immer nur den Fahrer würde das heißen, dass der Mini eine größere Gefahr ist als der Reiebus, weil er kleinere Spiegel hat.

Auto Snowboard

Verfasst: 01.12.2007 - 07:17
von schifreak
Also entweder ich bin noch net ganz wach, oder ich hab da was überlesen, wenn einer von hinten in einen vorderen reinfährt, dann iss doch eindeutig wer schuld iss. Zumndestens im Strassenverkerhr-- da hat der vordere Bremslichter, falls er plötzlich anhält.Und wenn er die Spur wechselt, dafür gibts Blinker. Das fehlt den Schi und Snowboardfahrern. Der hintere hat so zu fahren, daß er jederzeit abbremsen kann.
Im Strassenverkehr kann ma davon ausgehn, daß jeder ne Ausbildung bzw. ne Fahrprüfung gemacht hat. Bei den Wintersportlern iss das aber nicht immer der Fall.Da darf jeder fahrn, egal ob er 10 Skikurse gmacht hat, oder ob er grad s erste Mal auf Brettl steht, und sich gleich nen steilen Hang zumutet...da fehlts halt oft an Vernunft, aber ich muß sagen, bis auf einen Unfall iss mir noch nix passiert. Da iss der Snowboarder gestürzt, aber vorher hat er mich überholt. Also kann ma net sagen, daß ich keinen Abstand gehalten hab. Iss genauso, wenn ich allein auf der Strassn bin, und einer überholt mich, setzt sich knapp vor mich, und muß dann ganz aprupt abbremsen. Da kann der hintere gar nix machen, nur schaun daß er auch bremst... sonst knallt `s. Und das Problem iss halt, der Richter muß entscheiden, über Sachen, wo er überhaupt net dabei war. Und wie s wirklich war, wissen die Leut oft selber nimmer... jeder schaut doch, daß er am Besten wegkommt, wenn sein muß auch mit Lügen. Es iss doch so, man kann da nur hoffen, daß die Leut ehrlich sind, und ihre Fehler zugeben, oder daß n Zeuge dabei war, der s genau beobachtet hat.

Verfasst: 01.12.2007 - 22:30
von Olli
cm hat geschrieben: Was bedeutet das jetzt eigentlich konkret? Muss der Snowboarder nun 60% der Streitsumme, also 6.000 € bezahlen? Oder nur den die gleichverteilte Schuld übersteigenden Anteil, also 1.000 €? Ich tendiere zur 2. Alternative, aber bei unseren Gerichten überrascht mich ja nichts mehr.

Offensichtlich Variante 1.


Bei der Variante 2 komme ich nicht mit, wie du sie herleitest.

Verfasst: 02.12.2007 - 02:31
von cm
Der Gedankengang war, dass man bei einem Schuldverhältnis von 50:50 sagen könnte, dass keiner für die Schäden des anderen aufkommen muß. Daraus habe ich dann abgeleitet, dass mit jedem Prozentpunkt mehr an Schuldanteil ein entsprechender Anteil des Streitwertes übernommen werden muß. Bei genauerem Überlegen halte ich meine Überlegung aber weder juristisch noch mathematisch für sonderlich sinnvoll.

Verfasst: 03.12.2007 - 12:34
von Af
Als erstes würde ich den Richter mal fragen, ob der Snowboarder ein Freestyler, oder ein Race-Fahrer war. Da Racefahrer wesentlich steiler am Board stehen, haben die kaum noch einen toten Winkel.

Und gegen diese pauschale 10% mehr Schuld als Boarder würd ich Einspruch einlegen. Aber egal.

Gut finde ich, dass sich der Richter an den FIS-Regeln orientiert hat.

Verfasst: 12.12.2007 - 13:21
von snowflat
Verhalten auf der Piste darf niemand gefährden

Wer als Ski- oder Snowboard-Fahrer über die Pisten prescht, muss die Regeln des Internationalen Skiverbandes (FIS-Regeln) beachten. Sonst trägt er bei Zusammenstößen zumindest eine Mitschuld. In einem Fall waren eine Skifahrerin und ein Snowboarder zusammengeprallt. Die Skifahrerin brach sich dabei ein Bein, mehrere Rippen und das Handgelenk. Dafür wollte sie vom Snowboarder 10 000 Euro Schmerzensgeld. Der beschuldigte Snowboarder wies jede Verantwortung von sich. Nach der Anhörung von Zeugen kamen die Richter zu dem Schluss, dass auch die Skifahrerin besser hätte aufpassen müssen. Unter Berufung auf die FIS-Regeln fordern die Juristen: Jeder muss sich auf der Piste so verhalten, dass er niemand anders gefährdet. Geschwindigkeit und Können sind den Verhältnissen anzupassen. Jeder muss jederzeit in der Lage sein, bei Bedarf noch rechtzeitig zu stoppen oder die Fahrtrichtung zu ändern. Weil Snowboards schwerer zu steuern seien und Snowboarder bei jedem zweiten Schwung mit einem "toten Winkel" konfrontiert würden, gehe von ihnen eine etwas höhere Gefahr aus. Im verhandelten Fall musste der Snowboarder wegen des Mitverschuldens der Skifahrerin nur 4800 statt der ganzen 10 000 Euro zahlen (LG Coburg, Az.: 14 O 462/06).
Quelle: Hamburger Abendblatt