Nach dem frühen Aufstehen und einem gemütlichem Frühstück im ÖBB-Speisewagen erreichten wir Spittal. Dort ging es nach kurzer Pause weiter per Postbus nach Kolbnitz wo bereits der Wanderbus für die Fahrt zur Reisseckbahn auf uns wartete. Bus ist allerdings etwas übertrieben. Trotz auf Wunsch von Postbus Österreich getätigter Voranmeldung wartete dort ein kleiner VW Bully. Dieses Problem löste die freundliche Fahrerin dann aber unverzüglich dadurch, dass sie ganz einfach zwei Fahren durchführte

Dort bot sich uns dann dieser Anblick. Rechts ist gut der Materialwagen zu sehen mit welchem Transporte grösseren Ausmasses durchgeführt werden können. Fahrzeit dafür inklusive Umsetzen an den beiden Zwischenstationen: ca. 4 Stunden...

Kurz die reservierten Tickets besorgt, dabei die geplante Talfahrtzeit bestätigt (es werden auf Grund des meist hohen Andrangs Platzkarten ausgegeben) und nach wenigen Augenblicken traf dann der Wagen ein.
Die Wagen wurden vor ein paar Jahren neu angeschafft und haben ein Glasdach. Ungefähr 60 Personen passen insgesamt in die vier Abteile, welche in sich jeweils auf zwei Bereiche aufgeteilt sind. Beim genauen Hinschauen fällt auf, dass der Wagenkasten aus zwei einzelnen Teilen besteht, damit die starken Gefällsbrüche problemlos befahren werden können. Etwas störend sie die blau getönten Scheiben, die die Aussicht trüben und auch Fotografieren auf die Strecke kaum möglich machen. Es bleibt einem ein kleines normal transparentes Fensterchen an der Rückwand der Begleiterkabine. Daher sind meine Streckenfotos qualitätsmässig nicht unbedingt Weltklasse

Über verschiedene Gefällsbrüche geht es gemütlich mit 3,4 m/s bergwärts (technisch wären 4 m/s möglich). Während der Fahrt erhält man Informationen zur Bahn und zur Region - auch in Englisch.
Nach ungefähr 5 Minuten ist dann die erste Zwischenstation Schütter erreicht. Hier muss zum ersten Mal umgestiegen werden. Auf dem Bild sieht man die Weichenverbindung zur 2. Sektion.
Etwas oberhalb der Station liegt das Maschinenhaus. Das Seil führt, durch eine grosse Seilrolle tief gehalten, im Freien dort hinauf. Die Gleise führen noch ein paar Meter weiter da sich die Weiche für den Übergang auf die 2. Sektion im Perronbereich befindet. Um einen Wagen auf die 2. Sektion umzusetzen, muss er ein Stück weiter nach oben gezogen werden.
Weitere 5 Minuten Fahrt später erreicht man die zweite Zwischenstation Trog. Auch hier muss in einen anderen Wagen umgestiegen werden.
Auch hier gibt es eine Weichenverbindung um Wagen umsetzen zu können. Hier befindet sie sich allerdings oberhalb der Station. Rechts sieht man die Gleise der 2. Sektion, links die der 3. Sektion. Das Windenhaus der 2. Sektion befindet sich links von der Strecke. Das Seil wird in dem kleinen brauen Holzgebäude oben im Bild seitlich abgelenkt und unter der Trasse der 3. Sektion hindurch zur Winde geführt.
Nun geht es stetig weiter bergwärts.
Unerwartet ist der bis hierhin immer begleitende Wald nicht mehr da und man findet sich in einer hochalpinen Felslandschaft wieder.
Noch ein letzter steiler Anstieg (die steilste Stelle der Bahn befindet sich allerdings an anderer Stelle)...
Knapp 30 Minuten nach der Abfahrt in der Talstation ist dann die auf ca. 2200 Meter gelegene Umsteigestation Schoberboden erreicht. Im Gegensatz zu den Wagen der 1. und 2. Sektion sind diejenigen der 3. Sektion rot lackiert.
Blick auf den gesamten Stationskomplex. Das Gebäude ganz links ist die Remise der Höhenbahn. Dort drin versteckt sich auch eine zweite, blaue Fahrzeuggarnitur. Allerdings mit deutlich kleineren Abmessungen als der im Planverkehr eingesetzte rote Zug und daher wohl nur im Werksverkehr genutzt (ich habe es leider versäumt unseren Besucherführer danach zu fragen).
Normalerweise steigt man hier auf die erwähnte Höhenbahn um. Wir hingegen unterbrechen hier unsere Fahrt für einen kurzen Moment.
Auch am Schoberboden liegt das Windenhaus der Standseilbahn etwas oberhalb der Station. Dies ist unser aktuelles Ziel.
Im Gegensatz zu den beiden unteren Sektionen wird das Seil hier nicht im Freien zum Windenhaus geführt, sondern ist überdeckt. Es gibt dort drin auch eine Treppe. Wir wählen aber den landschaftlich schöneren Weg aussen rum

Und so schaut dann der im Windenhaus betriebliche Antrieb aus. Angeblich sind alle drei Antriebe technisch identisch.
Die Bremsanlage.
Wer genau zählt, der entdeckt insgesamt vier Bremsen.
Und hier die Lösung dazu. Die Winde wird von zwei Motoren angetrieben. Beide verfügen über je eine Sicherheits- und Betriebsbremse.
Kraftübertragung auf die Winde.
Alles vollmechanisch hier

Das Kommandopult ist in das Windenhaus integriert. Es gibt aber auch externe Bedienpanels an den Stationen.
Die Positionsanzeige umfasst alle vier Anlagen, auch die Höhenbahn. Letztere hat im Gegensatz zu den Standseilbahnsektionen eine grüne statt eine rote Markierung und befindet sich demnach zum Aufnahmezeitpunkt gerade auf der Freistrecke zwischen Bergstation Reisseck und dem Tunnelportal. Die jeweilige Fahrtrichtung wird mit dem Pfeil oberhalb des betreffenden Abschnitts angezeigt.
Unser Endziel für heute ist noch nicht erreicht. Deshalb begeben auch wir uns nun wieder zur Station um mit der Höhenbahn Richtung Reisseck weiterzufahren.
Dieses Gerät stellt die Wintersicherheit sicher. Rechts daneben erkennt man die alten, offenen Wagen. Diese werden aktuell nicht eingesetzt. Es ist aber geplant sie aufzuarbeiten um den Fahrgästen wieder das Freilufterlebnis bieten zu können.
Führerstand der Höhenbahn. Gefahren wird per Dieseltraktion. Die Reisenden finden in zwei Steuerwagen (hauptsächlich stehend) Platz.
Wir wählen den hinteren Wagen und geniessen die freie Sicht auf die Strecke durch das Führerstandsfenster. Die Bahn führt erst in exponierter Lage dem Fels entlang um später in einer Galerie zu verschwinden...
...welche ihrerseits direkt in den Reissecktunnel mündet. Dieser ist über 2 Kilometer lang. Ungefähr auf halber Strecke gibt es eine Ausweichstelle (wer auf Youtube sucht, wird dort ein Video der kompletten Fahrt finden - ist nicht von mir und auch nicht von unserer Reise

Nach passieren des Tunnels findet man sich in einem Hochtal wieder. Noch ein paar Meter, dann ist die Endstation erreicht.
Im Erdgeschoss des Reisseck-Hotels endet die Bahn dann.
Hier ist definitiv Ende.
Oft herrscht hier oben starker Wind. Doch auch dafür ist man passend ausgerüstet. Links vom Zug ist eine Metallführung zu erkennen welche auf den im Freien verlaufenden Abschnitten bergseitig neben den Gleisen angebracht ist.
Und das ist das Gegenstück dazu. Bei Bedarf kann diese Rolle, welche sich unten rechts am Zug befindet, ausgefahren werden und liegt dann direkt unter der seitlichen Führung und sichert den Zug gegen ein unerwünschtes Kippen in Richtung Tal

Etwas oberhalb des Bahnhofs befindet sich die Staumauer des Grossen Mühldorfer Sees. Wagt man die kurze Wanderung - unterwegs gibts übrigens einen Fotopoint, welcher auf Knopfdruck Fotos erstellt und ins Internet stellt - so geniesst man tolle Ausblicke auf den Bergstationskomplex. Das Häuschen ganz rechts war früher mal eine Skilifttalstation. Heute steht es einfach noch so dort rum. Skilifte - deren zwei waren es - sind nicht mehr vorhanden.
Und irgendwann hatten wir dann diesen Anblick.
Ok, zugegeben, bevor ich mich um 180 Grad gedreht hatte, sah es so aus. Das wäre dramaturgisch jetzt aber nicht passend gewesen

Et voila... Ein unscheinbares Häuschen.
Gleise dort rauf gibts auch. An der Talstation sind diese über eine Weiche mit der Höhenbahn verbunden. Aha, dann muss dieses Gebäude wohl einfach den Antrieb für diese Windenbahn beinhalten. Hat man bestimmt für den Staumauerbau gebraucht. Sieht ja auch schon arg verrostet aus das Ganze...
Dort unten hats auch einen mit Schrott beladenen Wagen. Der kann aber unmöglich schon so lange dort stehen. Dann schauen wir uns dieses ominöse Gebäude halt doch mal etwas genauer an.
Drinnen findet man das hier. Den Antrieb der gesehen Windenbahn. Das kann aber nicht alles sein. Und vorallem liegt da so ein Fahrtenbericht mit dem Titel "Draisine" rum. Da muss doch noch etwas sein... Machen wir doch einfach noch eine unscheinbare Tür mehr auf.
Hinter dieser weiteren Tür erwartete uns dann dieser Anblick. Zwei Draisinen für je 5 Personen.
Jetzt wäre der Moment nochmal die Aussenansicht des Gebäudes anzuschauen. Dort erkennt man ein Tor durch welches Schienen ins Innere führen. Dieser Anblick bietet sich direkt hinter dem Tor...
Und das ist dann die Lösung für die ganze Sache: Durch diesen Tunnel gehts nochmal ein paar Kilometer weiter zu zwei Stauseen, dem Hochalm- und dem Radlsee.
Damit steuert man die gelbe Draisine. Die Gelbe fährt maximal 7 km/h und dient vorwiegend dem Transport von Lasten. Eine entsprechene Lore hängt auch an unserem Zug. Die rote Draisine hingegen könnte mit schnellen 20 km/h verkehren (jedoch nur in Alleinfahrt).
Wir nehmen Platz auf den urig anmutenden Vehikeln aus Selbstbau-Produktion.
Abenteuerliche Fahrt durchs Dunkel der österreichischen Bergwelt...
Wie schon gesagt, diese weiterführende Stollenbahn erschliesst zwei Seen. Daher findet sich unterwegs eine Abzweigung. Hier würde es ungefähr noch einen Kilometer weitergehen bis zum Radlsee (der von der dortigen Station aus angeblich mit einer weiteren Seilbahn zu erreichen ist da oberhalb des Streckenniveaus gelegen).
Wir fahren aber weiter auf dem Stammgleis und haben dann plötzlich diesen Anblick. Ein Tor versperrt den Weg. Aber man kann es glücklicherweise auch öffnen

Tageslicht!
Und so schaut das dann von aussen aus.
Vor allem findet man hier oben aber unberührte Landschaft.
Immer schön dem Hang entlag geht es gemächlich weiter.
Hauptbahnhof Hochalmsee

Wir sind allerdings Bahnfans und fahren bis ans äusserste Streckenende.
Blick zurück. Zu sehen ist beim genauen Hinschauen fast der komplette oberirdische Abschnitt der nicht öffentlichen Stollenbahn. Wers genau wissen will schaut auf Google Maps. Dort ist der Streckenverlauf gut zu erkennen.
Unser Zug am Streckende. Neben etwas Infrastruktur in Form zweier einfacher Hütten befindet sich hier lediglich eine Trafostation.
Antriebstechnik der roten Draisine.
Hinter dem Prellbock geht es noch ein paar Meter zu Fuss weiter. Einmal um die Kurve rum und man hat diesen Anblick. Zwar heisst die Station hier Hochalmsee. Wie man aber gut feststellen kann, ist weit und breit kein See zu finden. Er hat sich ja auch gut versteckt

Für uns ist es nun aber wieder Zeit aufzubrechen. Wir machen uns mit unserem Zug wieder gemütlich auf den Weg und erreichen bald schon wieder das Stollenportal. Ein letzter Blick noch in die Freiheit...
Es geht zurück durch den dunklen Stollen. Und nach ungefähr einer halben Stunde Fahrzeit ist wieder der Ausgangspunkt erreicht. Es ist Mittagszeit. Wir begeben uns in die örtlichen Bergrestaurants und warten dort gemütlich und gut versorgt auf die reservierte Talfahrtszeit.
Lautsprecherdurchsagen im Restaurant künden alsbald unsere Abfahrtszeit an. Wir begeben uns daher auf den Bahnsteig. Kurz das Ticket in den Leser gesteckt, sich drüber gewundert das es drin bleibt (aha, daher die Gebrauchsspuren am Papier - man betreibt hier sinnvolle Wiederverwertung und nutzt die Tickets scheinbar mehrmals

Inzwischen setzt Regen ein, der auch die nächsten Tage anhalten sollte. Wir konnten den gesamten Tag am Berg glücklicherweise bei trockenem Wetter und mehrheitlich bei Sonnenschein geniessen obwohl die Wetterprognose die Tage zuvor nichts Gutes erwarten lies.
Ein kurzer Fussmarsch noch, dann erreichen wir den Bahnhof Kolbnitz, an welchem pro Tag und Richtung grade mal drei Züge halten. Wahrscheinlich haben wir die Jahresfrequenz mit unserer Gruppe dort ins Unermessliche gesteigert


An dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen Dank an alle Beteiligten der Reisseckbahn, welche uns diesen besonderen Tag mit vielen exklusiven Einblicken hinter die Kulissen ermöglicht und alle unsere Fragen gerne beantwortet haben!
Und an alle die bis hier durchgelesen haben: Ein Besuch am Reisseck lohnt sich in jedem Fall - auch ohne Fahrt auf der nicht öffentlichen Stollenbahn. Die Landschaft dort oben ist grossartig, die Verpflegung im Restaurant günstig und gut. Und die Bahn mit der interessanten Technik tut selbstverständlich ihren Teil dazu.