Wiedermal Antwort vom Sender Jerewan: klar ist das im Prinzip unbefriedigend - aber die Frage muss auch gestellt werden: inwieweit übersteigt der vorliegende Fall die vorbereiteten Standardszenarien resp. führt das zu einem "ernsthaften Problem"? Und ein "ernsthaftes Problem" war hier ja nicht wirklich gegeben.GMD hat geschrieben:Es hat sich gezeigt, dass ein einzelner Gleitschirm das Rettungskonzept so durcheinanderwirbeln kann, dass nur noch eine Evakuierung per Hubschrauber möglich ist. Aus wettertechnischen Gründen eine Situation die nicht befriedigen kann.
Machen wir doch mal das Planspielchen, wie das hier auch noch hätte ausgehen können - dass also z.B. die nächsten drei Tage zwar nicht Wind, ab Nebel aufgekommen wäre; d.h.: Evakuation aus der Luft nicht möglich, und warten, bis diese wieder möglich würde, läge auch nicht drin. D.h. also: evakuation muss am Seil erfolgen. Wie hätte das in diesem konkreten Fall aussehen können: die Passagiere hätten genauso die erste Nacht in der Kabine verbringen müssen - eine Nacht ist an sich ja noch kein Problem. Am nächsten Morgen wären dann aber keine Hubschrauber angeflogen gekommen, sondern als erstes hätte man wohl abgeklärt, ob im Verlauf des Morgens der Schirm rausgeschnipselt werden kann - und dass ohne Flugwetter man dann je nach Bahn oder Lage nur zu Fuss zur Bergstation gelangen kann, ist u.U. halt einfach so - damit muss man leben und sich darauf einrichten. Da man ja schon am Vortag wusste, dass das sowieso ansteht, hatte man sich ja auch daruf vorbereitet. Zudem reicht die Zeit ja auch, dass auch der Hersteller beigezogen werden kann. Ist der Schirm weg, so muss noch überprüft werden, ob zumindest in Langsamfahrt die Kabinen bis in die Station kommen. Ist das der Fall, ist das Problem eigentlich gelöst. Wäre das nicht der Fall (wenn z.B. eine Tragseilstelle nicht befahren werden könnte oder eine Zugseilstelle nicht über die Maste dürfte o.ä.), müsste abgeklärt werden, ob die Kabinen zumindest bis dorthin gefahren werden könnten, wo man abseilen kann. Aber erst, wenn gar keine Kabinenbewegung möglich wäre, würde es etwas ungemütlicher. D.h. auch dieser Fall hätte noch um einiges eskalieren müssen, bis man dann auf "ernsthafte Probleme" gestossen wäre. Klar ist eine Kabinenübernachtung nichts, was eingeplant werden sollte - es ist aber immernoch wesentlich harmloser, als deswegen irgendwelche unnötigen Risiken einzugehen. Gewisse Abläufe (Beizug des Herstellers etc.) brauchen einfach ihre Zeit; aber solange niemand in einem Gefahrenbereich ist, hat man diese auch.
Richtig. Es ist immer ein abwägen, wieviel "Risiko" (wobei mir das Wort hier nicht wirklich gefällt) eingegangen werden soll. Es ist auch immer die Frage, wie "bergbewandert" die Passagiere sind. Wäre zufälligerweise die Kabine ausschliesslich mit Kletterseilschaften besetzt gewesen, die erst noch umfangreich Klettermaterial für Nachtklettereien dabeigehabt hätten, so wäre u.U. sogar direkt in die Wand abgeseilt worden. Das wäre aber auch erst dann in Betracht gezogen worden, wenn sich andere Massnahmen als wesentlich ungünstiger gezeigt hätten. Man muss immer auf die Situation eingehen und abklären, inwieweit sie mit Standardprozeduren abgearbeitet werden kann - und was das naheliegendste und problemloseste ist. Und da ist eben "reine Warterei" ziemlich problemlos, wenn nicht noch sonstige widrige Umstände dagegensprechen - schon gar, wenn man weiss, dass solche grundlegend ohnehin nicht im Anzug sind (Wetterwechsel o.ä.).Dachstein hat geschrieben:Manchmal ist Abwarten einfach die sicherste Alternative, auch wenn es nicht gerne gesehen wird. Denn es geht in meinen Augen in erster Linie um die absolute Sicherheit der Rettungskräfte sowie der Personen, die festsitzen.
U.a. auch deshalb, weil eben immer Unwägbarkeiten zu noch längeren Zeiten führen können. Wenn man einen "Standardfall" innert vorgeplanter Zeit durchschleusen kann, dann kann man einen widrigen Fall auch innert nützlicher Frist durchschleusen - und wenn das dann etwas länger geht, sollte der Schaden zumindest nicht überborden oder andere in Gefahr bringen. Hätte man aber den Standardfall nicht innert nützlicher Frist im Griff, könnte ein ausserordentlicher Fall zu ernsthaften Problemen und grösseren Schäden führen.Seilbahnjunkie hat geschrieben:Wozu gibt es denn dann die maximal Zeiten für Evakuierungen? Oder sind die nur von irgendwelchen Schreibtischhengsten gemacht worden die eh keine Ahnung haben?
Klar werden aus diesem Vorfall Konsequenzen gezogen. Aber sie werden nach aussen hin äusserst unscheinbar bleiben.Seilbahnjunkie hat geschrieben:Ich verstehe einfach nicht wieso ihr euch so dagegen wehrt Konsequenzen aus einem solchen Vorfall zu ziehen. Ich hoffe mal die Verantwortlichen denken da anderst drüber.
Ohne belehrend sein zu wollen - aber melde Dich doch mal selber für Rettungseinsätze; Du wirst spätestens dann erkennnen, dass dabei auch nur mit Wasser gekocht wird und vieles zwar vorbereitet wird, aber dennoch nicht anders als handgestrickt ablaufen kann - und erst noch ziemlich unspäktakulär sein wird; denn jeder Einsatz ist anders.Seilbahnjunkie hat geschrieben:Ich sag's euch ganz ehrlich, ihr zeichnet für den Laien ein trauriges Bild vom Rettungswesen.