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Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 27.01.2013 - 21:41
von Amarra64
Das Folgende ist ein Original Artikel aus der "Sport im Winter" 1933. Der Ski-Pionier Henry Hoek hatte sich bereits zu der Zeit auf die Strümpfe gemacht und nach den Anfängen des Skilaufs geforscht, obwohl das ja "gerade eben" erst war. Der Artikel war in Fraktur gedruckt, ich hab lieber komplett abgetippt, sonst kriegt man Augenschmerzen, und das bei einem zudem langen Text.
Die uralten Bretter sind ziemlich ulkige Dinger, viel Spaß damit :wink:
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VOM ALTEN SKI

Der mitteleuropäische Skilauf ist in den letzten fünfzig Jahren geworden. Er hat sich in der Zeit der großen technischen Fortschritte der Kulturmenschheit entwickelt. Diese Entwicklung spielte sich schon ab im hellen Lichte der Lampen, sie spielte sich ab im Rampenlicht einer sensationshungrigen Presse. Kaum denkbar, das irgendeine Entwicklungsstufe nicht verzeichnet sein sollte...Es ist denn auch leicht eine Geschichte des mitteleuropäischen Skilaufs in großen Zügen zu schreiben. Verborgen geblieben ist so gut wie nichts...Man sollte glauben, es wäre so...Und doch: So leicht es ist, die Entwicklung im Großen zu verfolgen, so schwer ist es, sie im Kleinen zu erfassen.

An vielen Orten, fast zur gleichen Zeit, haben die »Pioniere« des neuen Gerätes ihre ersten Versuche unternommen. Aber fast überall hatte die Umwelt nur wenig Verständnis für dieses Beginnen. fast überall galten die ersten Skiläufer als mehr oder weniger harmlose Narren. Ihr Tun und Treiben hielt man nicht der Berichterstattung und der Überlieferung für wert. Und sie selbst gaben ihre Versuche meist sehr bald wieder auf. Es ist äußerst reizvoll, der Geschichte des Skilaufes in einem kleinen Gebiet einmal nachzugehen. Ich selbst habe dies in den letzten Jahren in Graubünden getan. Es war überraschend, was da alles zu entdecken war. Noch ist gerade noch Zeit für derartige Kleinarbeit. Wohl sind freilich fast alle, die man die »Ersten« nennen kann, schon gestorben. Auch von ihren Zeitgenossen leben nicht mehr viele. Aber immerhin kann man noch manches erfahren - das Meiste freilich aus Überlieferung zweiten Grades - von denen, die es auch schon erzählt bekommen haben. Aber jede Überlieferung wird alsbald zur Sage, zum Märchen: schwer ist es, Dichtung und Wahrheit zu scheiden.

Eines aber trügt nicht: das Gerät! Und darum bin ich dem Gerät nachgegangen; den alten und ältesten Ski, die vergessen in verstaubten Speichern schliefen. Und es war überraschend, was da noch zu finden war! Aus der Fülle der Formen will ich einige besonders seltsame und bemerkenswerte herausgreifen und in Wort und Bild hier schildern. In Davos fanden sich noch die allerersten Ski, die wohl je sich in diesen Ort verirrten: Lappenski, die ein Patient dem Doktor Alexander Spengeler, dem eigentlichen Gründer von davos, geschenkt hatte, und mit denen des Doktors Sohn im Jahre 1873 die ersten, bald wieder aufgegebenen Versuche unternahm.
Lappenski
Lappenski
Es sind Flachlandski von ganz typischem Bau. das Material ist Föhrenholz, heute noch schmiegsam und harzreich! Die beiden Ski sind von ungleicher Länge. Der eine (ob der rechte oder linke, ist nicht festzustellen) ist 285 Zentimeter lang und wiegt 2500 Gramm, der andere ist 258 Zentimeter lang und wiegt genau so viel - aber nur, weil seine Spitze mit schwerem Kupferblech beschlagen ist; nieten dienen zur Befestigung und nicht Nägel. Wozu dieser Beschlag as kann ich nicht sagen, denn die Spitze ist durchaus heil und gesund, weist nicht den kleinsten Riß auf. Die Bindung besteht ausschließlich aus einem breiten Lederriemen. Dieser »Bügel« liegt bei dem einen Ski 12 Zentimeter hinter der Mitte (Gesamtlänge gerechnet), bei dem anderen fast in der Mitte des Ski. Er geht durch ein Stemmloch, das aber nur das konvexe Oberprofil durchbohrt. Als »Fußplatte« ist Renntierhaut aufgenagelt. Die Ski sind vorne und hinten aufgebogen (hinten etwas weniger); sie haben keine Spanne, im Gegenteil: sie wölben sich unter dem Fuß, wo sie auch am breitesten sind. Die vordere Spitze ist lanzettförmig, die hintere spitzeiförmig. Die größte Breite des längeren beträgt 10 Zentimeter, die des kürzeren 9,5 Zentimeter. Sehr sonderbar ist das Qerprofil, das eine ganz breite, flche Rinnenhöhlung zeigt. Dementsprechend ist jeder Ski fast der ganzen Länge nach gewölbt. Ob der eine (der kürzere) als »Abstoß-Ski« ursprünglich mit Fell bekleidet war, das läßt sich nicht mehr sehen. Dr.Spengler glaubt, daß dies der Fall gewesen. Beide Hölzer sind in ganz flacher Schnitzerei (eigentlich sind sie nur geritzt) sehr reich verziert. Abgesehen von Linienverzierungen, sind die einzelnen rechteckigen Schmuckfelder mit bildlichen Darstellungen versehen: eine Lappenhütte, ein Haus, ein Tannenbaum, ein Renntiergeweih, ein Zweikampf, ein Schlitten mit vorgespanntem Renntier.

Etwas ganz Merkwürdiges gelang es in Sils-Maria zu finden!
Ski Sils-Maria 1866
Ski Sils-Maria 1866

Dort hat sich, zunächst ohne jegliche Beeinflussung von außen her, der Ski aus der denkbar möglichen Urform zu einem ganz brauchbaren Gerät entwickelt. Es ist zu berichten: Ende der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wanderte ein Schreiner nach Sils ein. Er führte den ungewöhnlichen Namen Samuel Hnateck und kam - aus Berlin. Er war ein sehr guter und geschickter Arbeiter. Ihm kam der Gedanke, man müsse mit einem Brett über den Schnee gleiten können. Tatsächlich hat er 1860 die allerersten »Ski« - wohl die ersten in der Schweiz überhaupt - hergestellt. Sie sind einfach genug: ein 3 Zentimeter dickes, von vorn bis hinten 14 zentimeter breites und 170 Zentimeter langes Tannenbrett, ohne Spitze, ohne Aufbiegung, nur vorne und hinten abgeschrägt. genau in der Mitte ist ein Lederbügel aufgenagelt...Viel einfacher ist es nicht möglich, und es herrscht kein Zweifel, das dieser Berliner Schreiner nie in seinem Leben einen Ski gesehen hatte. das Laufen mit diesen Dingern kann kein Spaß gewesen sein. Sein Nachbar Johann Eggenberger d.Ü. (gestorben 1875) kam dann auf die Idee, diesen Brettern vorne in ganzer Breite die Hälfte einer hölzernen Tortenschachtel aufzusetzen. Da das auch nicht ging - denn der Vorsatz brach immer wieder - so versuchte er es mit Blech, zuerst in ganzer Breite, dann als richtige Spitze, aber das Blech verbog sich...Die Ski wurden aus Arven- oder Lärchenholz gefertigt und hatten bereits eine Art Absatzkappe aus Blech oder aus Holz. Solche Ski sind tatsächlich benützt worden.

Es kann uns nicht wundern, daß dieses Skilaufen bald wieder einschlief. 1892 sah dann Chr.Zuan in deutschen Zeitungen Bilder vom Skilaufen in Norwegen. Er suchte die alten Ski (von Eggenberger d.Ä. gearbeitet) seines Vaters Paul wieder hervor, erkannte, daß der schwächste Punkt die Spitze war und ließ von seinem Freund, dem Schreiner und Bergführer Johann Eggenberger d.J., massive, nicht gleichmäßig gebogene, sondern gewinkelte Spitzen aufschrauben. Ein solches Paar Ski ist noch erhalten. Länge: 169 zentimeter, größte Breite an der aufgewinkelten und aufgeschraubten Spitze 9 Zentimeter, unter dem Fuß 8 Zentimeter und hinten 7 Zentimeter. Alle Linien verlaufen gerade, ganz ohne jede Schweifung. Ganz selbstverständlich und gradlinig geht die Entwicklung von diesem Modell zum Ski, der keine aufgeschraubte Spitze hat, sondern der im eigenen Holz aufgewinkelt ist. Ein solcher Ski aus dem Jahre 1895 hat folgende Maße: Länge 212 Zentimeter, größte Breite (19 Zentimeter hinter der Spitze) 9,5 Zentimeter, unter dem Fuß 8,5 Zentimeter, hinten 6,5 zentimeter. Die Form bleibt genau dieselbe: ganz gerade Linien. A.Robbi in Sils ließ dann Ende der neunziger Jahre ein Paar Ski von Jakober (Glarus) kommen und nun hatte Eggenberger ein brauchbares Vorbild. »Die Sache breitete sich immer mehr aus. Wir wurden allerdings ausgelacht und bespöttelt, und wenn wir uns den Hals gebrochen hätten, so wären wir kaum beklagt worden.« So steht es zu lesen in der Familienchronik des heute 75jährigen Bergführers Zuan, dem ich viel Nachrichten aus jener sagenhaften Zeit verdanke. Jakober in Glarus hatte von Norwegen nicht nur die Telemarkform der Hölzer, sondern auch die Rohrbügelbindung übernommen. Sie kann leicht von jedem Sattler gemacht werden; es ist also nicht verwunderlich, daß auch Eggenberger alsbald seine Machwerke mit dieser »Bindung« ausstattete.
Ski Eggenberger Sils-Maria 1892
Ski Eggenberger Sils-Maria 1892
Rohrbügelbindung des Ski Eggenbergers 1898
Rohrbügelbindung des Ski Eggenbergers 1898
Bald fand man freilich, daß sie für alpines Gelände nicht genug Führung gibt. Und bei Jakober in Glarus enstand die »Kappenbindung«.
Bindung Schreinermeister Fopp, Pontresina 1900
Bindung Schreinermeister Fopp, Pontresina 1900

Im Schwarzwald wie im Engadin wurde sie schnell nachgemacht. Die Bindung, die ich hier im Bilde zeige, stammt aus dem Jahr 1900 (oder 1901?) und wurde auf ein Paar Ski montiert, das Peter Fopp, Schreinermeister in Pontresina, aus Eschenholz nach einem Wiener Modell von Thonet hergestellt hatte. Sie besteht aus seitwärts beweglich aufgeschraubten Eisenringen. Durch diese gehen doppelt genommene, sehr breite und kräftige, verstellbare Riemen, die über den Vorfuß laufen und die eine ganz gute Einwirkung auf die Hölzer ermöglichen. Dies um so mehr, als sie unterstützt werden durch eune ungemein kräftige Fersenkappe. Diese besteht aus schwerstem Leder mit einem Ristriemen und ist noch verstärkt durch einen Eisenbügel. Die Kappe ist aufgenietet auf eine dreifache Sohle (doppelter Balata-Riemen und Leder!). Diese Sohle ist ihrerseits mit einer Eisenplatte 5 Zentimeter vor dem Fuß aufgeschraubt. Zwischen Balata und Leder liegt unter dem Absatz des Fußes noch ein flacher Holzkeil. Dieser zwingt den Fuß in eine leicht gehobene Stellung. Das erscheint uns heute natürlich als Fehler - weil unser Skifahren zum großen Teil aus Schwingen besteht. Andererseits ist diese Fußstellung für das Bergaufgehen ganz angenehm. Und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum dieser auffallende Keil eingeschoben ist. Mit dieser Bindung sind wir bei den Modellen aus Pontresina angelangt. Hier hat sich schon im Jahre 1895 der bekannte Führer Schocher (Martin) als Ski-Schreiner versucht. Sein Vorbild waren wohl gleichzeitig die Ski, die sein Mitbürger Fopp aus Wien hatte kommen lassen und die bei der Jugend gebräuchlichen »Faßdauben«. Jedenfalls sind die Ski, die er machte, eine seltsame Mischung aus ganz hübscher Formgebung des Holzes (abgerundete Spitze, die gleichmäßig aufgebogen ist, geschweifte Linien und Spanne!) mit einer sehr einfachen Bindung, die aus einem alten Bergschuh besteht.
Ski Sils-Maria 1866
Ski Sils-Maria 1866
Ski Schocher Pontresina 1895
Ski Schocher Pontresina 1895
Der Schuh ist aufgeschnitten, mit der Sohle aufgeschraubt und hat noch einen Ristriemen bekommen. In diesen offenen Schuh tritt man mit dem eigenen Skischuh und schnallt ihn sich fest. Das gibt gar keine schlechte Führung, aber nur eine sehr beschränkte Möglichkeit der Fußbiegung nach vorne - und ist natürlich bei größeren Geschwindigkeiten nicht ganz ungefährlich. Ein Paar solcher Ski (für einen Knaben gemacht und entsprechend kurz) sind noch im Besitz des Führers Julius Rähmi in Pontresina. Er sagte mir, daß er sie ganz tüchtig benutzt hat - bis er 1902 ein Paar »echte« bekam, die er auf der ersten Fahrt schon zerbrach. O Schmerz laß nach...

Alle die weiter oben beschriebenen Ski sind ja an und für sich merkwürdig genug. Aber sie alle werden in den Schatten gestellt durch ein Paar aus Campfèr. Dieses Paar ist nicht nur beachtenswert, es ist - wie soll ich sagen? - »rührend«. In diesem damals sehr weltabgelegenen Dörfchen hatten die Knaben in der Schule (in der die romanischen buben Deutsch studieren mußten!) ein Heldengedicht auswendig lernen müssen. das war im Jahre 1893, und das bekannte Gedicht schildert, wie ein Norweger, der gezwungen wird, seines Landes schwedische Feinde zu führen, sie alle und sich selbst auf rasender Skifahrt über eine Felsstufe in den Tod stürzt. Aus dieser Ballade schöpften die Jungen den Gedanken, sich auch Ski zu machen. Ihre Namen sind: Gian Signorell, Christoffel Signorell, Christian Müller und Gian Müller. Gebogen wurden die Hölzer mit dem heißen Wasser der Mutter in der Waschküche des Hauses Signorell. Diese musealen Ski sind heute noch in Campfèr zu sehen. Sie stammen aus dem Jahre 1892 oder 1893, und man muß sagen, der Ski selbst ist gar nicht schlecht geraten. Die Hölzer (Lärchenholz) sind 159 Zentimeter lang, sind unterhalb der geradlinigen und aufgewinkelten Spitze 7 Zentimeter breit; unter dem Fuß sind sie am breitesten ( Zentimeter) und am Ende messen sie 7,5 Zentimeter. Alle Linien verlaufen gerade, ungeschweift. die Bindung freilich ist ein merkwürdiges Kunstwerk aus allerlei riemenzeug, und als Fußplatte diente ein altes Stück Teppich. Die Buben sind aber damit gelaufen - wie lange, weiß ich nicht. ich könnte noch von manch anderem Ski aus dem Engadin erzählen; hier wurde nur eine kleine Auslese des Bemerkenswertesten zusammengestellt. es ist wohl kein Zweifel, daß ich noch lange nicht alles »erfaßt« habe. Wie manches alte »Brett« mag in Kellern und auf Speichern vermodern und verstauben - und es wäre wert, daß es einen Platz bekäme in dem schönen Engadiner Museum, daß heimatliebende Männer in St.Moritz errichtet haben.

Henry Hoek

Artikel aus »SPORT IM WINTER« Anfang April 1933

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 02.02.2013 - 16:16
von starli
Interessant.. und irgendwie witzig, wie man anno 1933 bereits auf mehrere Jahrzehnte Skibau zurückblicken kann und feststellen muss, wie sich der Skibau verbessert hat. Vom heutigen Standpunkt aus scheinen Skimodelle aus 1870 oder 1930 ziemlich gleich und primitiv aus...

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 02.02.2013 - 19:27
von Dieseltom
....aber wirklich nicht.Damals mußte man WIRKLICH KÖNNEN aufweisen. Nicht das, was sich heute , behelmt und vermummt mit vmax 30 , groß sprechend, die Pisten runterquält...... :D :D :D :D :D

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 03.02.2013 - 23:54
von Dachstein
Dieseltom hat geschrieben:....aber wirklich nicht.Damals mußte man WIRKLICH KÖNNEN aufweisen. Nicht das, was sich heute , behelmt und vermummt mit vmax 30 , groß sprechend, die Pisten runterquält...... :D :D :D :D :D
Auch heute muss man schifahren können. Sonst hat man auch mit den heutigen Schi keinen wirklichen Spaß. Zumindest behaupte ich das mal von den Leuten, die irgendwie den Berg herunterkommen und dabei dermaßen gequält aussehen, dass man das Gefühl hat, dass sie vor Anstrengung gleich in Ohnmacht fallen. Und was mit Helm und Gesichtsmaske mit Fahrkönnen zu tun haben, mögest du mir auch erklären. Ich schätze diesen Kommentar daher eher als flapsig ein, da weder du noch ich mit solchen Schi fahren könnten, während ein damaliger Schifahrer mit heutigem Material kaum umgehen könnte. Die Techniken sind einfach zu verschieden.

Warum konnten damals so viele Leute augenscheinlich so gut Schifahren? Weil es damals kein Breitensport war. Die die es betrieben haben, lebten hauptsächlich im Gebirge. Städter hingegen sind damals kaum noch zum Schifahren gegangen, erst zaghaft hat der Wintertourismus eingesetzt und die Gäste standen auf Schi...

Und ja, nach heutigem Gesichtspunkt waren die damaligen Schi deutlich primitiver gebaut als das, was wir heute haben. Moderne Werkstoffe und Maschinen machen es möglich. Früher war dafür viel Handarbeit mit dabei.

MFG Dachstein

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 04.02.2013 - 09:00
von 3303
starli hat geschrieben:.... Vom heutigen Standpunkt aus scheinen Skimodelle aus 1870 oder 1930 ziemlich gleich und primitiv aus...
Amarra64 hat geschrieben:...Bild
Finde ich nur teilweise. Dieses Modell hat auch moderne Elemente. Eine Rockerschaufel. Die wussten damals scheinbar genau, was bei den Verhältnissen Sinn machte.

btw. Ich habe ein Buch von Hoek, in dem die Entwicklung des Skisportes aus damaliger Sicht beschrieben wird. Es war der Beginn der Ära, in dem man Schwung auf Schwung fuhr und zum Bremsen langsam auf die Stöcke verzichtete. Man begann Bergbahn zu fahren und den Sport als Abfahrtssport zu verstehen. Sehr interessant das alles.

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 04.02.2013 - 14:17
von Dachstein
3303 hat geschrieben:btw. Ich habe ein Buch von Hoek, in dem die Entwicklung des Skisportes aus damaliger Sicht beschrieben wird.
Kannst du mir bitte zu diesem Buch mehr Infos geben? Ich sammle ja selber alte Schi, bin bis jetzt aber nicht über die 1970er Jahre hinausgekommen (Fischer C4 und Co.), die Epochen davor halten für mich noch sehr viel interessantes bereit. Wenn es gut geht, bekomme ich jetzt dann noch 2 Paar aus den 1960er Jahren. :)

MFG Dachstein

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 06.02.2013 - 08:41
von Dieseltom
Fischer C4 waren 1970 eigentlich Topmodern. Ich hab 1966 mit 2 1/2 Jahren in Wagrain skifahren gelernt. Rote Holzbrettln, mit Blechfixateur und Lederriemen. Haben eher wie Fassdauben ausgesehen. Dazu Dachstein Lederskischuhe mit roten Schnürsenkeln. Ich bin 1969-74 noch Kneissl Holzski mit grünem Belag und Strammerbindungen gefahren.Die Kanten waren geschraubt. Sind immer wieder Schrauben herausgefallen. Die Strammer hatten einen gerippten grünen Überzug , wo sie im Fersenbereich an den Skischuhen angelegt waren. Das Teil vorne war schon von GEZE. Das nächste Kneisslmodell hatte ich dann schon mit GEZE Sicherheitsbindung und Fangriemen. Dann bin ich Blizzard Firebird umgestiegen und fuhr diese Marke in allen Varianten bis 1986 . Die GEZE Bindung hatte ich am Schluss durch Marker ersetzt.Die Fangriemen ab 1975 durch Skistopper. Greeets Tom :D

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 06.02.2013 - 18:29
von Amarra64
starli hat geschrieben:Interessant.. und irgendwie witzig, wie man anno 1933 bereits auf mehrere Jahrzehnte Skibau zurückblicken kann und feststellen muss, wie sich der Skibau verbessert hat. Vom heutigen Standpunkt aus scheinen Skimodelle aus 1870 oder 1930 ziemlich gleich und primitiv aus...
Ööööhm...*Kopfkratz*...oberflächlich betrachtet scheinen Holzski von 1870 oder 1930 vielleicht ähnlich primitiv. Aber das ist ganz und gar nicht so.
Leider habe ich es noch nicht geschafft, alle meine Skier zu fotografieren, aber seit einiger Zeit bereits gibt es einen Text mit Bildern über Skiherstellung von 1932 auf meiner HP.
Da werden die einzelnen Arbeitsschritte genau beschrieben, und das sind bereits wohlerprobte und durchdachte Ski, ein Riesenunterschied zu den noch recht roh wirkenden Einzelstücken, die einsame Streiter sich, wie im Artikel von Hoek beschrieben, selbst bauten.
http://www.retro-moden.de/index.php?id=skiherstellung »Vom Baum zum Ski«. In der Menüleiste daneben findest Du 3 weitere Ski, zu zweien habe ich kleine Geschichten schreiben können. Wo noch keine Marke, da keine Geschichte :wink: Unbeschriftetes Holz erzählt halt nicht so viel wie ein Markenski. ;D
Die Datierung von Ski fällt mir schwer, da ich hier ein einsamer Vogel in Sachen Skigeschichte bin und erst jetzt langsam Leute weit weg von hier via Internet finde, die mir helfen können. Es kann also sein, daß mein brauner Holzski, dessen Alter ich auf ca. 1930er geschätzt habe, jünger ist. Da er keine Stahlkanten und auch sonst keine Finessen oder Lackierungen aufweist, habe ich den so eingeschätzt.
Alles was ich bisher über das Thema gelernt habe, stammt aus alten und neuen Büchern und stundenlangem Fotogegucke und Vergleichen.
Meine anderen Ski werde ich noch einstellen. Es sind ganz interessante Sachen dabei :P

Übrigens gibt es seit Wochenende einen kompletten Skikleidungs und Ausrüstungskatalog auf meiner Seite. Er ist von Lodenfrey München ca Anfang der 1930er Jahre. Da ist jedes Detail sehr gut erkennbar: Bindungstechnik, Zelte, Rucksäcke, Stiefel, Ski und Stöcke, Orientierungshilfen, Ersatzteile und so weiter. Und Klamotten natürlich. Das PDF ist im Text eingebunden.
Bitte scrollen zu »Paris...Wien...München...Lodenfrey!« http://www.retro-moden.de/index.php?id= ... 30er_jahre

Viel Spaß, Grüße von Amarra

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 07.02.2013 - 19:35
von 3303
Dachstein hat geschrieben: Kannst du mir bitte zu diesem Buch mehr Infos geben?
MFG Dachstein
Klar - wenn auch leider etwas spät:
Das Buch heißt "Schussfahrt und Schwung" und ist von 1930/31 aus dem gebrüder Enoch Verlag in Hamburg.
In einer längeren Einleitung beschreibt Hoek seine Sicht des Skisportes und auch die Entwicklung hin zur Schwung und Sprungtechnik. Auch kommt der Beginn der Bahnerschließung zur Sprache.
Insgesamt werden sehr viele klassiche Abfahrten beschrieben. In herrlich leidenschaftlichem Schreibstil übrigens. Es geht immer um das unvergessliche Erlebnis. Im Vergleich dazu erscheint die heutige Skikultur wie Pragmatismus in Reinform.

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 12.02.2013 - 08:46
von DerWegistdasZiel
Ich freue mich sehr, dass in diesem Forum ein Aufsatz von meinem Urgrossvater, dem bekannten Skipionier, Bergbuchautor und Philosophen Henry Hoek diskutiert wird. Fall es von Interesse sein sollte kann ich euch gerne eine von mir erstellte Excelliste zur Verfügung stellen, dort habe ich alle seine bislang bekannten Monographien, Aufsätze etc. aufgelistet. Zudem kann man sich bei Wikepedia (Henry Hoek) informieren. An dieser Stelle möchte ich nur erwähnen das der berühmte Ausspuch "Der Weg ist das Ziel" oder "Mein Weg ist mein Ziel" von ihm stammt. Er hat es in dieser Form in seinem Buch Wege und Weggenossen (1920) erstmals so veröffentlicht. Er wollte damit aufzeigen, dass man beim Wandern und Bergsteigen nicht nur das Gipfelerlebnis (Ziel der Tour) sondern auch den Weg dorthin als Hochgefühl anstreben soll. Der Ausspruch wird gerne auch den beiden chinesische Philosophen Lao-Tse und Konfuzius im 6./5. Jh.vChr zugesprochen. Die entsprechenden (möglichen) Übersetzungen gehen aber in eine andere Richtung: etwa: "Ich habe meinen Willen auf den Weg gelegt" bzw. "Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg".

Beste Grüsse aus Basel/Schweiz

Florian Hoek

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 14.02.2013 - 00:29
von Amarra64
DerWegistdasZiel hat geschrieben:Ich freue mich sehr, dass in diesem Forum ein Aufsatz von meinem Urgrossvater, dem bekannten Skipionier, Bergbuchautor und Philosophen Henry Hoek diskutiert wird.
Das ist ja eine großartige Überraschung! Es lebe das Internet! :ja:
DerWegistdasZiel hat geschrieben:Fall es von Interesse sein sollte kann ich euch gerne eine von mir erstellte Excelliste zur Verfügung stellen, dort habe ich alle seine bislang bekannten Monographien, Aufsätze etc. aufgelistet.
Ich habe vier Bücher Deines Urgroßvaters *stolz guck* »Wege und Weggenossen« kürzlich erst erhalten, noch nicht ganz gelesen, »Skiheil Kamerad - Skikurs für eine Freundin«, »Wie lerne ich skilaufen« - dazu weiter unten noch ein Hinweis - und das hier angesprochene »Schussfahrt und Schwung«.
Auf meiner HP ist ein kleiner Aufsatz zu finden, in dem Dein Urgroßvater die Skikleidung der Pionierjahre beschreibt. Der Text ist nicht 1 zu 1 wiedergegeben, sondern umformuliert, mit einem echten Zitat am Schluß. (Da habe ich übrigens auch auf den Wikipedia-Artikel zu Henry Hoek verlinkt.) Die letzten drei Bilder in der vorangestellten Bildergalerie sind sehr nah an den Kleidungsbeschreibungen von Hoek. http://www.retro-moden.de/index.php?id=skimode1890-1920 Die Kleidungsbeschreibungen habe ich übrigens nicht aus einem Hoek-Original, sondern ich fand sie im Buch »Faszination Ski« von Heinz Maegerlein, der als Quelle einen Hoek-Text aus »Meister des Schneeschuhs« oder »Wunder des Schneeschuhs« angibt.
Genau das Thema Kleidung ist für mich von speziellem Interesse. Die von Dir genannte Excelliste macht mich neugierig, ist vielleicht in einem der Aufsätze Deines Urgroßvaters weiteres über Kleidung enthalten?
DerWegistdasZiel hat geschrieben: Zudem kann man sich bei Wikipedia (Henry Hoek) informieren. An dieser Stelle möchte ich nur erwähnen das der berühmte Ausspuch "Der Weg ist das Ziel" oder "Mein Weg ist mein Ziel" von ihm stammt. Er hat es in dieser Form in seinem Buch Wege und Weggenossen (1920) erstmals so veröffentlicht. Er wollte damit aufzeigen, dass man beim Wandern und Bergsteigen nicht nur das Gipfelerlebnis (Ziel der Tour) sondern auch den Weg dorthin als Hochgefühl anstreben soll. Der Ausspruch wird gerne auch den beiden chinesische Philosophen Lao-Tse und Konfuzius im 6./5. Jh.vChr zugesprochen. Die entsprechenden (möglichen) Übersetzungen gehen aber in eine andere Richtung: etwa: "Ich habe meinen Willen auf den Weg gelegt" bzw. "Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg".
Mir gefällt die Formulierung Deines Urgroßvaters besser. Wer ein Ziel hat und ziel-strebig darauf zugeht, hat oft nur eben DAS im Blick. Dabei ist der Weg selbst und die Menschen und die Dinge, die rechts und links davon zu finden sind, häufig viel interessanter als der eigentliche und ja sehr eingegrenzte Zielpunkt.
Allerdings, würde man nicht ein Ziel ins Auge fassen, so würde man sich ja auch gar nicht erst auf den Weg machen und somit auch die Begegnungen an den Seiten des Weges nicht erleben. Das Ziel und den Weg dahin kann man also auch als eine Einheit betrachten.

Dein Urgroßvater hat sehr liebevoll und genau geschrieben- beschrieben. Voll Hingabe. Und genau so muss er auch als Skiläufer gewesen sein. Es fällt einem nur schwer die passende Formulierung ein. Wie er über Berge und Schnee und Skilauf schreibt, liest sich wie eine Liebeserklärung.
DerWegistdasZiel hat geschrieben:Beste Grüsse aus Basel/Schweiz

Florian Hoek
Beste und sehr erfreute Grüße aus Hamburg
Andrea

Hier ist die erste Seite des oben erwähnten Buches. Es war besonders interessant wegen der eingeklebten Kostenaufstellung für Anzeigen (halbe Seite 30 M, ganze Seite 60 M ) sowie Papier, Druck etc. :wink:
Wie_lerne_ich_skilaufen_Henry_Hoek_S1 (640x464).jpg
Aus diesem Buch hatte ich schon in einem anderen Strang Bilder eingesetzt.
http://www.alpinforum.com/forum/viewtop ... r#p4858580

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 14.02.2013 - 13:38
von DerWegistdasZiel
Beiliegend überlasse ich allen interessierten die Liste. Sie ist aber sicher nicht vollständig. Insbesondere bei den Aufsätzen in entlegenen oder heute unbekannten Zeitschriften gibt es noch viel zu entdecken. Wann immer ich Zeit finde gehe in die Basler Unibbliothek und schaue die Bestände der in Frage kommenden Zeitschriften durch. Von den in der Liste zitierten Arbeiten habe ich entweder ein Exemplar oder Kopien. Falls jemand zudem Interesse hat, könnte ich zudem das Buch seiner Grossmutter hochladen. Dort wird die wechselvolle, spannende aber auch traurige Kindheit HH's beschrieben. Falls jemand holländisch kann, möchte ich auf die website www.bulkleyblog.com verweisen und dort Stichwort: Kidnapping . Seine Mutter war eine geborene Bulkley

Beste Wintergrüsse

Florian

Re: Henry Hoek: Vom alten Ski - Schweiz

Verfasst: 15.03.2013 - 23:54
von Dieseltom
Sehr netter AF Besuch durch Amarra dieses Wochenende und Treffen mit der Traisner-Lilienfelder Nostalgieskitruppe .....