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Studie der Walliser Bergbahnen
Verfasst: 12.02.2004 - 09:00
von HPN
Weiss jemand, wo man diese kürzlich erstellte Studie bestellen kann.
Verfasst: 12.02.2004 - 12:12
von Jojo
Ich wusste gar nicht, dass es so eine Studie, die erst kürzlich erstellt wurde, gibt!
Jetzt wo ich's weiß: Wenn jemand was weiß bitte sofort hier rein schreiben! Das ist ein interessantes Thema!
Verfasst: 12.02.2004 - 12:31
von jwahl
Hier schonmal ein Interview mit dem Verfasser der Studie aus der RZ Oberwallis:
Klaus Zurschmitten, Verfasser der neusten Studie über die Bergbahnen im Wallis:
„Nur die Hälfte der Bergbahnen wird übrig bleiben“
Die Bergbahnen sind fürs Wallis eine Schlüsselbranche. Dank den Kunden der Walliser Bergbahnen fliessen pro Jahr an die zwei Milliarden Franken in die Walliser Volkswirtschaft. Allerdings: 15 der insgesamt 51 Bergbahngesellschaften erzielen im Wallis 80 Prozent des Umsatzes. Viele mittlere und vor allem Kleinstunternehmungen kämpfen heute ums wirtschaftliche Überleben. Zu diesem Schluss kommt auch die von Klaus Zurschmitten im Auftrag des Kantons erstellte Studie. Die RZ hat nachgefragt.
Von German Escher
Sie haben eine Studie über Walliser Bergbahnen verfasst. Wie geht’s der Branche?
Den grösseren Bergbahnen geht es mehrheitlich gut, den kleinen mit einigen Ausnahmen schlecht. Die Umsätze stagnieren seit zehn Jahren, während der Investitionsbedarf immer grösser wird. Die Gesamtverschuldung konnte in den letzten zehn Jahren leicht abgebaut werden, sie ist im schweizerischen Vergleich aber immer noch hoch.
Vor allem im Sommer stimmt die Wirtschaftlichkeit nicht: Werden bald einmal im Sommer viele Bahnen still stehen?
Die Bergbahnen sind hier in einer heiklen Konfliktsituation. Auf der einen Seite stehen sie unter dem Druck, die Kosten zu senken, auf der anderen Seite sollten sie dem Sommergast ein optimales Angebot anbieten. Tatsache ist, dass die Sommersaison mit wenigen Ausnahmen defizitär ist. Die Bergbahnen fordern deshalb unisono, dass sich alle Leistungsträger daran beteiligen.
Sehen sich die Bergbahnen nicht häufig als Transport- und zu wenig als Tourismusunternehmungen, die auch stärker auf Marketing und Events setzen sollten?
Das ist richtig. Bergbahnen sind keine Transport-, sondern Freizeitunternehmen. Sie „verkaufen“ ihren Kunden Sport- und Freizeitvergnügen, Erholung und das „Erlebnis Berg“. Marketing, Kommunikation, Unterhaltung, Events etc. gehören schon heute zu den Kernaufgaben der Bergbahnen.
Entscheidend bleiben die harten Faktoren wie Infrastrukturen. Wie hoch ist der Investitionsbedarf der nächsten Jahre?
Die Walliser Bergbahnen haben einen grossen Nachholbedarf bei den Investitionen. Ich schätze den Investitionsbedarf für die nächsten fünf bis zehn Jahre auf rund 130 Millonen pro Jahr. Ohne diese Investitionen kann der Rückstand zu unseren Konkurrenten im Ausland nicht genügend abgebaut werden.
Und wie soll das happige Investitionspaket finanziert werden?
In der Modellrechnung gehe ich davon aus, dass 60 Prozent aus eigenen Mitteln (Cashflow und neues Aktienkapital), 15 Prozent durch die öffentliche Hand (zinslose Darlehen) und 25 Prozent durch Bankdarlehen/Leasing finanziert werden.
Zum einen will man die Bahnen entpolitisieren. Zum andern sollen Bund und Kanton laut Studie künftig pro Jahr je zehn Millionen zinslose Darlehen in die Branche pumpen. Ist das kein Widerspruch?
Nein. Im Ausland, vor allem in Österreich und Südtirol, erhalten die Bergbahnen viel mehr Geld von der öffentlichen Hand. Kanton und Bund sollen lediglich die Restfinanzierung sicherstellen. Ohne diese könnten viele Projekte nicht realisiert werden. Darum kann man das Postulat nach „Entpolitisierung“ der Verwaltungsräte genau so gut umsetzen.
Sie plädieren für Fusionen: Werden die Grossen immer grösser und die Kleinen immer ärmer?
Dies trifft in den meisten Fällen zu. Die „Kleinen“ können in der Regel mit ihren bescheidenen Umsätzen die steigenden Betriebs- und Unterhaltskosten nicht decken. Darum stehen auch keine Mittel für dringend notwendige Investitionen (z.B. Beschneiung) zur Verfügung. 80 Prozent der Bergbahnen im Wallis mit weniger als 1 Mio. Umsatz haben eine ungenügende Wirtschaftlichkeit.
Kleine Bahnen wie der Hungerberg können ohne jährliche Unterstützungsgelder nicht überleben. Ist eine solche Strukturerhaltung sinnvoll?
Viele Gemeinden können sich die jährlichen Defizitbeiträge nicht mehr leisten. Bund und Kanton werden in Zukunft nur Unternehmen unterstützen, die langfristig eine echte Überlebenschance haben. Neben einer genügenden Wirtschaftlichkeit gehören dazu auch gute Standortvoraussetzungen betreffend Schneesicherheit, Skigebiet, touristische Infrastruktur u.a.
Wie sieht die Walliser Bergbahnlandschaft in zehn Jahren aus?
Ich gehe davon aus, dass langfristig von den 51 Bergbahnen im Wallis nur noch knapp die Hälfte übrig bleiben wird. Der Abbau erfolgt sowohl durch Fusionen wie auch durch Betriebsschliessungen. Zu den grossen „Vier“ Zermatt, Saas-Fee, Verbier und Crans-Montana werden noch zwei bis drei weitere Grossunternehmen dazu kommen, die durch Fusionen entstehen werden. Viele kleine und mittelgrosse Bergbahnen werden ebenfalls gezwungen sein, sich zu grösseren und leistungsfähigeren Unternehmen zusammen zu schliessen.
Verfasst: 12.02.2004 - 14:12
von Migi
An der Rieder-, Bettmer- und Fiescheralp erachte ich eine Fusion sowieso schon mal angebracht.
Sonst wirds wohl kaum mehr irgendwo mehr ne grössere Fusion geben. Die Bahnen von Raron nach Unterbäch bzw. Eischoll und auch die dortigen Skianlagen werden wohl dann auch irgendwann fusionieren.
Bahnen wie Jeizinen, Iserables, Oberems und Bellwald wirds wohl auch weiter geben. Erstens erschliessen sie in Dorf und oft auch noch eine Ferienregion.
Eine der ersten Bahnen die wohl sterben wird ist die Bahn von Kalpetran nach Embd, dort gibts ne Strasse nach Stalden runter. Allerdings betrachte ich die kleinen "Älplerbahnen" net als gefährdet. Die wirds weiterhin benötigen und diese sind meines wissens auch jetzt schon teilweise von Seilbahngenossenschaften getragen.
Ich denke nicht, dass sich die Zahl halbieren wird. Weil bei diesen 51 Bahnen werden die kleinen Skiliften wohl kaum mitgezählt sein, und diese sehe ich vorwiegend gefährdet.
Verfasst: 12.02.2004 - 14:23
von Jojo
An der Rieder-, Bettmer- und Fiescheralp erachte ich eine Fusion sowieso schon mal angebracht.
Sonst wirds wohl kaum mehr irgendwo mehr ne grössere Fusion geben.
Vielleicht fusionieren ja irgendwann auch mal Grimentz und Zinal!
Wenn wirklich eine Verbindungsgondel von Grimentz nach Zinal (Corne de Sorebois) gebaut werden sollte (siehe unter News in den Skigebieten) denke ich, wäre solch eine Fusion sehr vorteilhaft!
Verfasst: 12.02.2004 - 14:28
von Migi
Nur müssen die die Bahn da erst bauen, und das ist auch net gerade kostenlos...
Verfasst: 12.02.2004 - 14:30
von Jojo
Ja das stimmt, wobei ich ein größeres Problem bei der Genehemigung dieser Bahn sehe!
Verfasst: 21.04.2004 - 21:12
von Jojo
Und hier der Link zur Studie:
http://www.radiorottu.ch/rro2002/aktuel ... ericht.pdf
Bin gerade fleißig am lesen!
Verfasst: 21.04.2004 - 23:36
von Hägar
@hpn
Auf Seilbahn.net unter http://www.seilbahn.net/thema/inhalt.htm ist das ganze noch mit ausführlicher.
Verfasst: 22.04.2004 - 00:20
von trincerone
Unabhängig von wirtschaftlichen Erwägungen sind Fusionen nach meiner Beobachtung auch nicht selten mit Verschlechterungen einhergegangen, weil eben ein fragiles Gleichgewicht zwischen Können und Wollen umgestoßen wurde.
Faktisch haben in meinen Augen kleine Betriebe vor allem ein Marketingproblem. Man schaue sich mal im Verhältnis La Grave an: 3 Lifte (neuerdings ein vierter Parallellift), alles uralte Anlagen und keine einzige Pisten. Trotzdem können die sich vor Besuchern (und Kohle) kaum retten. Und warum? Die haben es halt mir entsprechdem Marketing geschafft, genau den Publikumskreis in ihr Gebiet zu bekommen, der auch auf sowas steht! Wenn man als Liftbetreiber natürlich einfach nur so vor sich hin dümpelt und hofft, dass auch heuer noch genug Familien aus Tradition herkommen, dann solls wohl über die Jahre schlechter werden.....
Verfasst: 22.04.2004 - 22:39
von Chasseral
Studien zeigen, dass nur 15% der Fusionen später die anfänglichen Erwartungen erfüllt haben.
Verfasst: 22.04.2004 - 22:47
von Hägar
Oliver Frank hat geschrieben:Studien zeigen, dass nur 15% der Fusionen später die anfänglichen Erwartungen erfüllt haben.
Her mit der Studie. Die 15 % kann ich fast nicht glauben. Kommt natürlich auch draufan, was für Erwartungen vorhanden sind oder waren.
Wenn sich 2 angeschlagen Gesellschaften zusammentun, hat das noch selten was gesundes gegeben. In der Schweiz gibt es momentan viele Fusionen, wo 2 oder mehrer gesunde Gesellschaften zusammengeschlossen werden. Neustes Beispiel ist Grindelwald First.
Verfasst: 22.04.2004 - 22:52
von Emilius3557
Zumindest mit der Klimaerwärmung sollten die Walliser Bergbahnen nicht das Riesen-Problem haben, Höhen über 1800 m. sollten auch bei den erwarteten Erwärmungen schneesicher bleiben und hier geht es ja bekanntlich oft weit hinauf. Das schreiben zumindest die Schweizer Geographen Abegg/Elsasser/Bürki & Co in sehr ernstzunehmenden Studien.
Verfasst: 23.04.2004 - 02:13
von trincerone
Also, das ist jetzt mal eine sehr gewagte These und auch völlig unfundiert, aber ich hab ja schwer den Eindruck, dass ein den letzten 15 Jahren die Anzahl an Wirtschaftsfachleuten, die mit Neu-deutschen Vokabeln und viel theoretischem Gerede um sich schmeißen, amerikanische Modelle auf europäische Märkte ummünzen und glauben, für alles eine Patentlösung zu haben, stark zugenommen und entsprechend viele spektakuläre Pleiten und Fehlinvestitionen hervorgebracht hat - egal auf welchem Sektor. Es ist ein rein subjektives Gefühl für das ich keinen Beweise hab - dennoch: in den Betrieben, wo ich ein bisschen Einblick hab, scheint mir mehr und mehr der Stempel auf dem DiplomZeugnis der Privat Uni mehr und mehr wertvoller zu sein, als eine gesunde jahrelange Berufserfahrung und Praxis im eigenen Unternehmen. Da werden dann Leute von außen rangeholt, die mit völlig neuartigen, unschlagbaren Herangehensweisen Probleme lösen sollen, ohne mit dem Betrieb wirklich vertraut zu sein und ohne die nötige praktische Erfahrung. Und nicht selten geht das dann zumindest teilweise in die Hose und die Leute verschwinden wieder von der Bildfläche, aber der Nachschub ist ja schier unerschöpflich.
Das soll nicht heißen, dass es nicht auch jedemenge sehr fähige Wirtschaftsfachleute gibt und das eine guter Abschluss nicht auch gute Kenntnisse zur Grundlage hat - aber am Ende brauchts halt doch auch ein bisschen Erfahrung in der Praxis, um gute Entscheidungen zu treffen.
Verfasst: 23.04.2004 - 20:29
von starli
Also ohne Fusion gibts sicher
a) weniger Investitions(Risiko!)kapital für neue Lifte
b) aber auch mehr Konkurrenz.
Siehe Serfaus-Fiss, siehe Kronplatz -- wenn da keine Konkurrenz unter den Ortschaften wär, wären die Skigebiete 100%ig noch nicht so gut ausgebaut...