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15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 15.03.2020 - 18:56
von Kris
Im Frühjahr gehen Sonne und Schnee einen immer lockenden Pakt ein. So telefonierten sich C.,K. und R. gestern Abend zusammen: Etwas südseitiges sei heute angesagt. Ahja, ohne Lifte.
Die Wahl fiel auf die Karlesspitze im Kühtai, eine Minirunde in Wonne. Um 7 die Nachrichten im DerStandard.at gecheckt- neue Notgesetze würden im Laufe des Tages verkündet, nachdem jene vom Freitag noch Taufrisch waren.
Treffpunkt um 7:30 in Axams, in der Inntalfurche. Üblicherweise fahren wir mit einem Auto weiter. Diesmal nicht. Mit grinsen, jeder weiss- jeder fährt eigens rauf in den 2020m hohen Ort, über den Pass und dann wieder etwas hinab zum Stausee. Los geht es zunächst über die Staumauer. Der See ist entleert.
Durch weite Lärchen und Zirbenwälder geht es ins Tal "eini". Die Sonne erreicht die Talsohle. -8 Grad zeigte das Autothermometer zuvor an. In der Nacht schneite es einige Zentimeter Minipulver, welche in der Morgensonne glitzern. Frische.

Dann rechts steiler bergauf.

Am Gipfel ist man gleich oben. Im Flow der kongenialen Gegebenheiten. Kein Mensch am Gipfel. Das übliche "Bergheil" diesmal Coronacompatibel mit Skischuhen. Lachen doch. Dennoch die Frage, ob dies heuer die letzte Skitour gewesen sein mag? Unbegreifbar, doch das könnte sein.
Blauester Himmel wie ihn nicht mal Google Photos schafft. Gesprächsthema freilich Corona. Die Intuition ahnt: Da kommt etwas großes auf uns zu. Tirol hat >200 Erkrankte, überschlagsmäßig schnell hochgerechnet auf Italien wären dies etwa 20.000. Italien hat jetzt 20.600. Somit wird es in Tirol bald wie in Italien zugehen, oder schlimmer. Denn die 200 kamen wie aus dem nichts. Und die meisten erkrankten Gäste sind hier nicht dabei, die sind schon weg!
Eine bedrückende Stimmung, irgendwie unfassbar trotz Gipfelhoch, Sonne und Frühjahresschnee. "Fahren wir mal ab so langsam?". Irgendwann geht es dann doch hinab, ein Zeitgefühl haben wir nicht. Wie lange waren wir da oben in der brennenden Sonne?

C. arbeitet als Arzt im Krankenhaus in Zams, R. ist ebensolcher in eigener Praxis.

Hinab geht es wunderbar. Bisschen Bruch und Batz, das ist alles mit Freude kindseinfach. Immer wieder lange Pausen, Blicke in die gewaltige Landschaft. Und das Glück, dass man das alles wie Mühelos machen kann, dass das alles so nah ist, dass der Tag sich stets in bester Stimmung ausbreitet. Und dennoch, etwas stimmt nicht.

Unsere Abfahrt dauert gefühlt ewig. Was ja schön ist. Keine wusste anfangs, wie viele Höhenmeter der Aufstieg hatte. 800? Es waren nur 675m.
Mittags sind wir bei den Autos. Ein Herr vermeldet, es sei jetzt alles zu und schluss, und untermalt dies mit Handgesten.

R. muß zur Family zurück, C. und K. erfasst der Hunger. Irgendwas wird ja noch offen haben, es herrscht ja normaler Skibetrieb. So fahren wir hinauf in die Hotelagglomeration. Sonderbare Farben und Styroporfassaden. Kühe in Symbolen und Plastiken. Es findet sich gleich ein Restaurant. Eine offene Terrasse muss es sein.

Der Blick ins Skigebiet. An der Talstation der Bahnen kleine Schlangen. Weil Gondeln offenbar nur mit 2 Personen besetzt werden. Und die KSB gar nur mit einer Person pro Sessel. Hätten Sie nur den alten ESL stehen gelassen, das hätte gut genügt und ich wäre öfters dort.
Wenig betrieb für einen perfekten Sonntag. Viel jedoch bezogen auf den Kontext.

Zum trinken bestelle ich nichts, vielmehr hole ich mein kleines Flacon mit Brennspiritus zur Handdesinfektion. Ist das Paranoia?
Wie dem auch sei, die Kellner wirken gestresst, die Terasse ist gut gefüllt. Gestresst nicht wegen der Gäste. Die Stimmung ist vorgegeben.
Ich bestelle ein Teller Hirtenmakkaroni für 15 Euronen. Der Hunger will das. Mit Pasta hat das wenig zu tun, aber da ich es der Gaumen irgendwie anders einordnet, schmeckt es dann doch.
Die unausweichliche Tiroler Sonnenterassen-musik. Immerhin wirkt die wohl auch gründlich Desinfizierend stelle ich mir vor.
C. kann seine Familie seit letzter Woche nicht mehr sehen, denn die wohnt in Bruneck. Keine Chance über den Brenner zu kommen, was er auch nicht dürfte wg. seiner Position und anderen Beschränkungen.
C. ahnt was ihm die kommenden Wochen blüht.
Unsere beiden Handies melden Edge, "Seite kann nicht geöffnet werden". Wir wollen es eh nicht lesen - wir ahnen es. Es steht in der Luft geschrieben.

Genug Sonne, genug gegessen, genug. Es geht Heimwärts. Wozu ich ein Stück Brennerautobahn benötige. Es ist leer wie wohl zu den Fahrverboten während der Erdölkrise 1973.
Zuhause lese ich die News.

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Schon oben. Zeitgerechter Gipfelgruss
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Blick ins Skigebiet
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Locker flockige Abfahrt unter einer gleißenden Sonne. Standurlaub.
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Hier bestelle ich den Telle "Hirtenmakkaroni". Mit Pasta hat das wenig zu tun, aber da es der Gaumen irgendwie anders einordnet, schmeckt es dann doch. A good day.
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Getränk nehme ich keines.
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Brennerautobahn Richtung Italien kurz nach Innsbruck Süd
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... und im Rückspiegel.
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Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 15.03.2020 - 19:07
von Skitobi
Danke für diesen außergewöhnlichen Bericht und das Einfangen der Stimmung!

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 15.03.2020 - 19:21
von MichiMedi
Vielen Dank für den Bericht vom letzten Tag und Respekt dafür, dass du dich nicht hast einschüchtern lassen und diesen letzten Tag noch genießen konntest!

Ursprungsbeitrag wiederhergestellt.
Das nachträgliche inhaltliche verändern von Beiträgen ist verboten! Siehe Punkt 3.3 der Medienregeln. /Mod. David93

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 15.03.2020 - 20:18
von Kris
MichiMedi hat geschrieben: 15.03.2020 - 19:21 Vielen Dank für den Bericht vom letzten Tag und Respekt dafür, dass du dich nicht hast einschüchtern lassen und diesen letzten Tag noch genießen konntest!
Nonsense.

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 15.03.2020 - 20:22
von snowflat
MichiMedi hat geschrieben: 15.03.2020 - 19:21 Vielen Dank für den Bericht vom letzten Tag und Respekt dafür, dass du dich nicht hast einschüchtern lassen und diesen letzten Tag noch genießen konntest!
Lese den Beitrag doch erstmal durch und poste dann. Oder hast Du gelesen und nicht verstanden? Letzteres spräche für Deinen Intellekt.

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 15.03.2020 - 20:28
von PtoGo
MichiMedi hat geschrieben: 15.03.2020 - 19:21 Schöne Bilder vom Kühtai!
Hey MichiMedi.

Hast eigentlich beruflich mit Medizin zu tun?

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 15.03.2020 - 20:55
von starli
Seit Tagen jammert Kris im Corona-Topic, warum nicht schon längst alle Skigebiete zu sind und dann fährt er in ein noch geöffnetes? Ich hoffe doch schwer, dass auch du dann heuer nicht mehr zum Skitourengehen darfst und dich an das, was du die ganze Zeit von anderen verlangt hast, einhalten musst.

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 15.03.2020 - 21:13
von wetterstein
Kris hat geschrieben: 15.03.2020 - 18:56 Mit grinsen, jeder weiss- jeder fährt eigens rauf in den 2020m hohen Ort, über den Pass und dann wieder etwas hinab zum Stausee.
...
Hier bestelle ich den Telle "Hirtenmakkaroni". Mit Pasta hat das wenig zu tun, aber da es der Gaumen irgendwie anders einordnet, schmeckt
Hoffentlich seid ihr nicht gemeinsam an einem Tisch gesessen. Dann wäre ja die getrennte Anfahrt glatt umsonst gewesen...
:wink:

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 15.03.2020 - 21:28
von Pancho
Eine lange Anfahrt in dem kleinen Volumen eines geschlossenen PkW vs. Essen auf einer Außenterasse mit genügend Abstand?

Da würde ich als Laie gegen angeblichen Dr. wetterstein schon in der nicht erfolgten gemeinsamen Anfahrt eine deutliche Risikominimierung sehen. Außerdem waren ja Fachleute dabei, deine Sorge ist unberechtigt, denke ich.

Risiken addieren sich, so gesehen ist rein mathematisch schon das weglassen eines immer ein Vorteil. Kann nicht folgen...

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 15.03.2020 - 23:33
von Highlander
starli hat geschrieben: 15.03.2020 - 20:55 Seit Tagen jammert Kris im Corona-Topic, warum nicht schon längst alle Skigebiete zu sind und dann fährt er in ein noch geöffnetes? Ich hoffe doch schwer, dass auch du dann heuer nicht mehr zum Skitourengehen darfst und dich an das, was du die ganze Zeit von anderen verlangt hast, einhalten musst.
Nach den Kommentaren von Kris die letzten Tage im Corona Virus Topic , fällt mir dazu auch nur eines ein...
inkonsequenter geht es fast nicht mehr....

nach seinen Ausführungen dort, hätte ich mir diesen Bericht hier zumindest nicht mehr einzustellen getraut....

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 16.03.2020 - 00:14
von extremecarver
Andere Leute wollen gar nicht mehr raus - bzw wurde in Gruppe rausgehen ja verboten - halt ab Morgen. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit extrem gering war - die Regierung versucht derzeit einen Kurs eben auch diese geringste Wahrscheinlichkeit einzuschränken (was nicht klappen wird IMHO da zu viele Leute noch zur Arbeit gehen dürfen, und wir kein Tracking haben wo jeder hingeht - bzw es könnte ausreichen den Peak zu verschieben - nur dann haben wir monatelang Chaos statt 4 Wochen nur etwas größere Einschränkung also jetzt sowieso).
Ich verstehe also dass es als inkonsequent gesehen wird.

Ich hab gerade die Diskussion in der Familie - dass ich wenn ich in einem anderen Haus wohne - aber alleine - dann nicht mehr zur Familie soll - da ja getrennter Haushalt - und geplant wird schon einer geht für alle Einkaufen - mit Maske, Skibrille und Handschuhen.
Bzw hat mich die Familie vor die Entscheidung gestellt - entweder mit Freund zusammen mtbiken - oder mit ihnen zusammen treffen/essen - aber nicht beides.
Aber ich bin sicher - viele werden sich nicht einschränken lassen - solange man noch ohne Passierschein und Registration der Wege rausdarf. Ist utopisch zu glauben der "Österreicher" oder "Deutsche" macht nicht was er kann, und nur was er darf - vor allem wenn es eh schon viel weniger ist als noch vor 1-2 Tagen.

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 17.03.2020 - 09:57
von xxxforce
extremecarver hat geschrieben: 16.03.2020 - 00:14 .....Ich verstehe also dass es als inkonsequent gesehen wird.....

Ich hab gerade die Diskussion in der Familie - dass ich wenn ich in einem anderen Haus wohne - aber alleine - dann nicht mehr zur Familie soll - da ja getrennter Haushalt - und geplant wird schon einer geht für alle Einkaufen - mit Maske, Skibrille und Handschuhen.
Bzw hat mich die Familie vor die Entscheidung gestellt - entweder mit Freund zusammen mtbiken - oder mit ihnen zusammen treffen/essen - aber nicht beides.
Aber ich bin sicher - viele werden sich nicht einschränken lassen - solange man noch ohne Passierschein und Registration der Wege rausdarf. Ist utopisch zu glauben der "Österreicher" oder "Deutsche" macht nicht was er kann, und nur was er darf - vor allem wenn es eh schon viel weniger ist als noch vor 1-2 Tagen.
:wall: :wall: :wall: du hast echt nix kapiert..

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 17.03.2020 - 11:37
von Malli
Kris hat geschrieben: 15.03.2020 - 18:56 Bild
Seid ihr in der Aufstiegsspur abgefahren oder vorne Richtung Schafzoll?

Re: 15.3.2020: Ein sonderbarer Tag im Kühtai

Verfasst: 17.03.2020 - 11:54
von extremecarver
xxxforce hat geschrieben: 17.03.2020 - 09:57 :wall: :wall: :wall: du hast echt nix kapiert..
O.T.
Eher du nicht - wobei ich nicht dazugeschrieben habe - dass ich in meinem Haushalt derzeit alleine lebe. Es geht offiziell drum die Anzahl der Sozialkontakte deutlich einzuschränken (je nach Aussagen der Politiker um 25-50%) - ich habe diese derzeit also auf 3 beschränkt - die dazu noch seit Tagen dieselben sind. Dazu bin ich beim einkaufen dank Maske, Handschuhe, Skibrille viel sicherer unterwegs als der Großteil. Arbeiten tu ich eh von zu Hause. Würden sich alle so einschränken wäre es in 3-4 Wochen vorbei. Auch in de Familie bzw mit Freund beim mountainbiken haben wir auf engen Kontakt verzichtet. Nichts kapiert hast also eher du...