Niseko, Japan, Februar 2020: Treeskiing, Powder und Piste
Zu erstmal einmal zu der Frage, was jemand bewegt, mit dem Flugzeug, um die halbe Welt zu fliegen, um dort Skifahren zu gehen. Von meiner Familie und meinem Freundeskreis habe ich lediglich Unverständnis für unser Vorhaben hervorgerufen. Die Frage habe ich mir auch gestellt: Die Suche nach etwas Neuem, das Abenteuer, Powder, eine andere, fremde Kultur,…
Die Reise hat mich und meinen Sohn nach Niseko geführt. Das Gebiet fungiert unter dem Namen „Niseko United“, da es aus vier Teilgebieten besteht, welche aber oben am Gipfel lifttechnisch verbunden sind. Ebenso gibt es auch einen Verbundpass (siehe unten).
Ich hatte hier im Forum schon einige Berichte gelesen. Da unser Fokus schon immer im Abseits fahren lag, schien uns Niseko der ideale Spot zu sein, da es hier vermeintlich bis zu 20 Meter Schnee pro Saison gibt. Nur leider nicht dieses Jahr. Laut Berichten soll es in den letzten 20 Jahren nicht so wenig Schnee gegeben haben wie heuer.
Die grundlegende Frage war am Anfang, ob wir uns einer Gruppe anschließen und das rundum sorglos Paket buchen oder alles selber organisieren. Schlussendlich haben wir uns dagegen entschieden, da wir auch etwas Abenteuer erleben wollten. So haben wir die komplette Reise selbst gebucht, inkl. japanischer SIM Karten.
Im Vorfeld hatte ich mir schon überlegt, die Reise aufgrund des Virus abzusagen. Japan war aber damals noch kein Risikogebiet. Die Vorfreude war aber einfach auch zu groß. So haben wir die Reise mit einem unguten Gefühl angetreten. Dazu später mehr.
Nach einem Tipp habe ich eine sehr einfache Unterkunft in Annupuri gebucht, einem der 4 Gebietsteile von Niseko. Der Vorteil ist, dass wir zu Fuß zur Gondel gehen können und nicht auf Mietwagen oder Bus angewiesen sind. Auf dem Rückweg konnten wir sogar über einen Parkplatz direkt zur Unterkunft abfahren. Das Hostel hat WC und Bad auf dem Gang, also eher ein bescheidener Standard, aber zu einem umschlagbar günstigen Preis.
Die Flüge haben wir bereits im September 2019 gebucht. Grob € 650,- pro Person mit LH und ANA. Der Transport der kompletten Skiausrüstung sollte umsonst sein. Wir haben dann noch überlegt, einen Mietwagen zu buchen, haben uns aber dann aus Kostengründen doch dagegen entschieden und sind mit Bus von Sapporo Flughafen direkt nach Annupuri gefahren. Im Nachhinein wäre es doch ganz gut gewesen einen Mietwagen zu haben, so hätten wir zu den benachbarten Skigebieten nach Moiwa und Rusutsu fahren können. Eine Busanbindung in diese beiden Gebiete ist nicht wirklich gut.
Am Freitag, 21.02.2020 sind wir in München gestartet. Der Check-In war in 5 Minuten getan, da ich damals noch Frequent Flyer war und am Business Schalter einchecken konnte. Dies ist fast der einzige Vorteil des Status. Meine Erleichterung war dann auch groß, nachdem die Ausrüstung wirklich umsonst war und wir auch kein Problem mit Übergepäck hatten.
^^ A 350 am Münchner Flughafen.
Beim Check-In hat man uns auch noch gesagt, dass wir das Gepäck in Tokyo selber durch den Zoll bringen müssen. Das war ein ganz schönes „Geschleppe“, da wir noch das Gepäck in den Bus zum Domestic Terminal nehmen mussten.
^^ Unser Gepäck
Wir sind dann planmäßig in Sapporo angekommen und auch pünktlich in den Bus nach Niseko eingestiegen.
^^ Die Busfahrt dauert ca. 3 Stunden für eine Strecke von gut 100km. Eine zähe Angelegenheit. Wir hatten aber unsere SIM Karten mit unbegrenztem Datenvolumen.
^^ Die Unterkunft
^^ In der Unterkunft gibt es eigene Schuhe für die Toilettenbenützung.
Nach dem Check-In in unserem Hostel, sind wir erstmal zum Abendessen und dann zeitig ins Bett. Die Herbergsmutter teilte uns dann noch mit, dass sie uns nur noch am nächsten Tag Frühstück machen kann. Warum, haben wir nie herausgefunden. Die Folgetage sind wir ohne Frühstück direkt zum Lift. Nicht optimal.
^^ Erstes und einziges Frühstück im Hostel.
Der erste Skitag ist dann gleich aufgrund von starkem Schneefall und Wind ins Wasser gefallen. Alle Lifte, bis auf einen Mini-Lift im Tal geschlossen. Wir haben dann eine 4 Stunde Karte genommen und sind ein paar Mal gefahren.
^^ Vorher sind wir sind dann noch den ersten Hang aufgestiegen. Tourenski wären da hilfreich gewesen.
^^ Blick aus dem Fenster der Herberge in Richtung Skigebiet am nächsten Morgen: Ein Traum in Weiss.
Der nächste Tag sollte endlich der erste Tag mit Japow sein. Wir waren um 08:00 an der Kasse. Es bildete sich schon eine lange Schlange. Nach einer halben Stunde (!) hatte ich dann die Tickets.
^^ Der Preis für die Tageskarte von € 65,- ist schon bemerkenswert, wenn man den Preis in Relation mit der Anzahl und dem Alter der Lifte setzt.
^^ Warteschlange an der Annupuri Gondola.
^^ Von Annupuri geht auch ein 4er Sessel nach oben.
^^ Von dort kann man noch 2 weitere Sessel nehmen, um dann auch schlussendlich auf Höhe der Gondelbergstation rauszukommen. Lohnt sich nicht wirklich.
Es ging dann gleich ins Gelände. Pistenfahren geht zwar auch, ist aber aufgrund der Höhendifferenz und flachen Pisten eher überschaubar. Aber auch dazu später mehr.
^^ Typisches Gelände mit Birken und Bambus.
^^ Slalom zwischen den Bäumen.
^^ Tree Skiing ist ja bei uns im Prinzip verboten.
^^ Im Hintergrund sieht man das Skigebiet Moiwa mit 3 Liften. Leider gilt die Karte dort nicht.
^^ Offpiste ist nur über die Gates erreichbar. Lt. Internet wird bei Nichtbeachtung der Regeln schnell der Liftpass eingezogen.
^^ Immer wieder ein fantastischer Ausblick: Mt. Yotei. Wir hatten ursprünglich geplant den Gipfel zu besteigen, haben das aber dann mangels Ausrüstung und Kondition dann doch sein gelassen.
^^Am Abend gings zum koreanischen BBQ, doch nicht die Original Version aus Südkorea, aber trotzdem sehr lecker. Es gibt auch die All you can eat and all you can drink Variante für insgesamt ca. € 40. Dies ist dann fast ein Schnäppchen.
^^ Noch sehr leer an der Gondel. Mangels Frühstück waren wir schon sehr früh da.
Am nächsten Tag haben dann auch die oberen Gates aufgemacht. Wir sind mit der zweiten Gondel nach oben und waren die ersten am Gate. Man kann von dort in einen sehr langen Hang queren und kommt unten wieder an der Gondel raus. Ich war ob dem Andrang schon sehr überrascht. Innerhalb weniger Minuten war der obere Hang komplett ausgefahren. Insbesondere sind viele Boarder unterwegs. Skifahren kann im Prinzip kaum jemand.
^^ Junior im Tiefschnee.
^^ Schaut schon gut aus.
^^ Das Wetter war eigentlich ganz brauchbar.
Ein weiteres Highlight war am Tag 2 der Aufstieg zum Annupuri Peak. Der Fußmarsch dauert ca. 15 Minuten. Von dort oben hat man eine großartige Aussicht. Leider auch hier schon alles ausgefahren.
^^ Aufstieg zum Gipfel. Man sieht sehr gut, dass es keine freien Lines mehr gibt.
^^ Standard Bild Mt. Annupuri.
^^ Blick Richtung dem aufgelassen Skigebiet Weis. Aktuell gibt es dort nur „Pistenraupen“ Skiing für richtig viel Kohle pro Tag.
Es ist für die nächsten Jahre geplant, dieses Gebiet mit Hanazono/Niseko zu verbinden. Im ersten Bauabschnitt soll eine Gondel bis Dezember 2020 gebaut werden. Dadurch wird das Skigebiet noch deutlich größer.
^^ Der berühmte „Pizza Box“ Lift.
^^ Blick aus der Gondel Richtung Peak.
^^ Auch hier ein Uralt 1er Sessel in doppelter Ausführung. Also Krakenlift für Arme.
^^ Die Verbindung wieder zurück in den Annupuri Gebietsteil.
Die restlichen 3 Tage war super Wetter, aber leider kein neuer Schneefall. Dies führte dazu, dass das Gelände eigentlich nicht mehr zu gebrauchen war. Wir sind dann immer zwischen Gelände und Piste gewechselt.
^^ Die Pisten sind immer sehr leer, ebenso mussten wir an den Liften nie großartig anstehen.
^^ Für mich als der ausschließlich nur am Wochenende oder in Ferien unterwegs ist, eine gänzlich neue Erfahrung.
^^ In der Mittagspause dann kulinarische Highlights in Form von original japanischer Suppe.
^^ Während es bei mir zum Mittagessen eine lecker Rice Bowl gab…
^^ … haben sich Australier an dieser Bier Säule gütlich getan.
^^ Bergstation der Annupuri Gondel liegt auf 971m, die Talstation auf ca. 350m. Also keine langen Abfahrten.
^^ Nachtskilauf gibt es jeden Tag an den unteren Liften. Die Lifte laufen durchgängig bis 20:30 Uhr ohne Aufpreis. Bei zweistelligen Minusgraden haben wir nur einige Abfahrten gemacht.
^^ Außer uns waren noch ca. 10 Leute unterwegs.
^^ Im Anschluss ging es im nahegelegenen Hotel zum Dinner. All-you can eat. Wer kennt noch die Fernsehwerbung aus den 70igern „Oh ein echtes japanische Lokal, zieht eure Schuhe aus….
^^ Sehr gutes Buffet mit allerlei japanischen Spezialitäten.
^^ Am nächsten Tag: Blick auf Niseko Village. Im Hintergrund wieder Mt. Yotei.
^^ Sehr hässlich: Hotel Hilton in Niseko Village.
^^ Für Japan typisch: im ganzen Gebiet gibt es jede Menge Liftleichen.
^^ Noch eine weitere verrostete Anlage.
^^ Zum Schluss noch ein kleines Schmankerl. Der Mitarbeiter des Monats.
^^ Ein letzter Blick auf den Mt. Yotei, bevor wir die letzte Talabfahrt antreten und…
^^ …ich dann die Tickets zurückgebe.
Am Samstag sind wir mit dem Bus wieder nach Sapporo gefahren und haben dort in der Nähe des Flughafens noch eine Nacht verbracht, bevor es dann am Sonntag in der Früh wieder zurück nach München ging.
Am Sonntag kam kurzzeitig nochmal Panik bei der Reiseleitung auf. Es hatte über Nacht nochmal gut geschneit. Hoffentlich ist der Flieger pünktlich. Die Umsteigezeit in Tokyo war sehr knapp bemessen.
^^ Mit einer Boing 777 (!) ging es dann zum Glück pünktlich nach Tokyo und von dort dann schließlich nach München.
Die Meldungen rund um das Corona Virus haben uns doch die ganze Reise über begleitet und die Stimmung etwas eingetrübt. Ich war auf jeden Fall froh, dass wir wieder gesund nach Hause gekommen sind.
Fazit:
Ich bin mir immer noch klar, wie mein Fazit denn aussieht.
Der Weg ist auf jeden Fall das Ziel. Es hat sehr viel Spass gemacht, schon Monate vorher die Reise zu organisieren, das ganze Equipment zu besorgen, Reiseberichte u.a von australischen Webseiten zu lesen, Youtube Videos zu schauen. Das ist irgendwie auch Teil der Reise.
Die Reise war schon etwas abenteuerlich. Ein neues Land kennenzulernen ist immer sehr interessant. Egal wo man ist, sind die Japaner sehr freundliche und zuvorkommende Menschen. Da kann sich der Münchner einige Scheiben von abschneiden.
Im Prinzip lohnt sich der immense finanzielle und zeitliche Aufwand nur dann, wenn es jeden Tag Minium einen halben Meter Neuschnee gibt und man dann ins Gelände gehen kann. Nichtsdestotrotz hat das Treeskiing und Geländefahren schon sehr viel Spaß gemacht. Bei mehr Schneefall hätte es auch anders ausgesehen.
Überrascht war ich von der Vielzahl an Freeridern. Ich hatte nicht mit so vielen Leuten abseits gerechnet. In der Kombination mit wenig Schnee schon sehr nervig.
Es gibt auch kaum Fahrer mit Lawinenausrüstung, In den Alpen sind mehrheitlich die Experten im Gelände, hier fährt jeder durch die Gates und schaut, dass er irgendwie runterkommt. Ich habe noch nie so viele schlechte Wintersportler abseits der Pisten gesehen. Gut, auf der Piste ist es auch nicht besser.
Im Nachhinein wäre es sinnvoll gewesen, zumindest für einen Tag einen Guide zu buchen. So denke ich, dass wir dann noch unverspurtes Gelände gefunden hätten. Bei den Gesamtkosten ist dann auch schon egal.
Allein schon, dass ich die Reise mit meinem Sohn gemeinsam geplant und dann auch gemacht habe, war das Highlight.