Also von vorne: Schon seit ungefähr 10 Jahren geistert in meinem Kopf die Idee, mal für einen Tag ins Sauerland zu fahren. Aber bisher hat mich die Anfahrt abgehalten - in den 4 Stunden, die ich für die knapp 400 km dorthin brauche, bin ich in Garmisch, in Lenggries, im Inntal, im Zillertal usw.. Warum also ins nordwestliche Mittelgebirge schweifen, wenn die Alpen sind so nah? Und genau das hat mich die ganzen Jahre dann auch davon abgehalten. Aber dann kommt manches anders als man denkt, und die Not, der Teufel und die Fliegen und so...

Unter 2-minütigem Verstoß gegen die Bayerischen Ausgangsbeschränkungen verlasse ich also um 04.58 Uhr die heimische Garage und mache mich auf den Weg (aber ich muss ja auch noch das Navi starten und ein Stück Privatweg bis zur nächsten öffentlichen Straße zurücklegen). Für Montag früh ist die Anfahrt recht entspannt und so komme ich entspannt und flott über die A9, A70, A7 und A5 an die Ausfahrt Alsfeld. Hmmm... noch gut 90 km Landstraße bis Winterberg. Und das soll noch über 1,5 Stunden dauern? Dauert es. Es zieht sich, unzählige Ortsdurchfahrten, viele LKW und fast keine Überholmöglichkeiten. Aber dennoch, pünktlich um 9 Uhr lade ich auf dem Parkplatz 4 direkt neben der Piste die Ski aus dem Auto.
Das Wetter spielt leider nicht so toll mit, es schneit leicht (mal mehr, mal weniger, geht im Tagesverlauf je nach Höhenlage hin und wieder in Nieselregen über) und die Wolken hängen auch ziemlich tief. Ab und zu gibt es auch kurze Wolkenlücken und sogar die Sonne spitzt kurz mal durch. Die Verbindung Maske - Bartträger - Brillenträger - Skibrille führt dazu, dass ich einige Zeit brauche, das richtige Setting zu finden und die ersten Abfahrten mehr oder weniger blind nach Gefühl fahren muss. Aber nach etwas rumprobieren geht es: Brille säubern und trocknen, Maske auf der Nase lassen und dann die Skibrille drüber und nicht mehr abnehmen, und schon läuft nix mehr an. Dafür ist die Maske dann irgendwann ordentlich durchgesabbert...
Natürlich habe ich mir das Skigebiet und die Berichte im Vorfeld kurz angeschaut, daher starte ich über Brembergkopf I, Abfahrt Schneewittchen und die Panoramabahn in Richtung Kappe, wo es ja morgens am besten sein soll.
Der erste Eindruck am Morgen: Blick zur Talstation Brembergkopf I.
Und nach oben Richtung Brembergkopf, mit 810 m der höchste Punkt des Skigebietes.
Dann mache ich erstmal etliche Fahrten an der Kappe. Die Abfahrten hier machen Spaß, die schwarze und die rote haben ein schönes Gefälle und sind sehr gut zu fahren. Nur die blaue "Waldschneise" ist etwas flach.
Der Geheimtipp "morgens an der Kappe" ist leider nicht mehr so ganz geheim, es bilden sich bereits kleine Warteschlangen. Das bleibt auch den ganzen Tag so, sieht aber schlimmer aus als es ist. Wenn überhaupt, warte ich vielleicht mal 2 oder 3 Minuten und mit dem Anstellen und dem Abstand klappt es auch überall prima.
Der Slalomhang macht jedenfalls schon mal Laune.
Nachdem der Betrieb langsam zunimmt, mache ich mich daran, den Rest des Gebietes zu erkunden. Hier der Blick von der Kappe Richtung Schneewittchen.
Zunächst mache ich einen Abstecher zum Brembergkopf II. Die Abfahrt dahin ist aber so flach, dass ich Anschieben muss. Da gibt es heute keine Zweitfahrt und es geht hinunter zum Büre Bremberg X-Press.
Nach der Bergfahrt nehme ich dann die blaue Abfahrt entlang des (geschlossenen) Brembergschleppliftes, die richtig Spaß macht.
Weiter geht es über die Kleine Büre zum Poppenberg (auch hier mit Wiederholungsfahrten).
Ich nehme erst mal die Sürenberg 8-KSB. Um Himmels Willen, wofür in aller Welt braucht gerade dieser popelige Hang mit seinen gerade mal gut 90 Höhenmetern einen Achtermeier??? Die Piste ist für eine Wiederholungsfahrt viel zu kurz und zu unattraktiv! Natürlich ist das gesamte Skigebiet mit Kapazitätsmonstern erschlossen, aber genau an dieser Stelle halte ich das für überflüssig wie einen Kropf. Ist auch der einzige Lift, den ich im Lauf des Tages fast immer leer fahren sehe...
Dann geht es nach gegenüber zu den Schanzen. Kurze, aber nette Abfahrten mit Blick zum Landal-Ferienpark.
Die Talabfahrt Rauher Busch nehme ich auch mit, ist mir aber auch viel zu flach. Aber immerhin beschließe ich, hier unten später Mittag zu machen, da mir am Poppenberg beim Möppi zu viel Betrieb ist. Vorher geht es aber nochmal hoch zum Poppenberg zu den Abfahrten am Quick Jet. Die rote "Diretissima" gefällt mir sehr sehr gut - wenn sie doch nur etwas länger wäre...
Die Abfahrt von unten - hier kann man es richtig schön laufen lassen.
Weiter geht es neben den Förderbändern (nicht gefahren) nochmal zum Brembergkopf I.
Und von dort aus nochmal über die schöne blaue Abfahrt und die Kleine Büre zurück zum Poppenberg. Wie gesagt, auch die Sonne kommt sogar mal kurz raus.
Dann aber erst mal eine kleine Mittagspause. Leider gibt es kein Bier. Aber gut, dann halt mal wieder die Nummer mit der Not, dem Teufel und den Fliegen...
Wieder der Blick Richtung Sürenberg. Am frühen Nachmittag weichen die Pisten merklich auf, es bilden sich teilweise Haufen und der Schnee wird langsam zu Eisbröckchen.
Über die Schneewittchen-Abfahrt mache ich mich nochmal auf den Weg zur Kappe.
Das ist aber nicht mehr so der Brüller... an der Schneewittchen-Straßenbrücke gibt es schon einen kleinen Tragödienhang und die steileren Kappe-Abfahrten sind nun auch schon recht zerfahren und für viele der anwesenden Gäste nicht mehr so recht geeignet. Für mich geht es deshalb wieder zurück, da die schöne Blaue am Bremberglift immer noch super ist. Gegen 14.30 Uhr denke ich dann aber auch die vierstündige Heimfahrt und trete die letzte flache Abfahrt vom Bremberg an, in deren Hälfte mein Auto steht. Und 4 Stunden später bin ich dann bei fast noch Tageslicht auch wieder dahaam.
Mein Fazit als Erstbesucher
Was soll ich sagen... 4.399 Höhenmeter, 24 Pistenkilometer, 40 Liftfahrten. So weit die nackten Zahlen. Da hatte ich in den Alpen bei Schlechtwetter schon Tage mit weniger (Höhenmetern - die Zahl der Liftfahrten dürfte kaum zu toppen sein

Ich bin ziemlich vorurteilsfrei nach Winterberg gefahren. Ich hatte einen tollen Skitag. Das Skigebiet lässt sich durch wiederholtes Hin- und Herschaukeln (oder eher "-karusselln") recht abwechslungsreich befahren. Die modernen, gewaltigen Lifte und die Dichte der Beschneiungsanlagen sind der Wahnsinn. Die Abfahrten an der Kappe sind toll und haben eine ordentliche Länge und Höhendifferenz. Ein Highlight auch die Pisten am Bremberglift und Quick Jet.
Und jetzt das Aber... Ein Teil der Pisten ist mir erheblich zu flach, und vielen es fehlt ganz deutlich an Länge und Höhenunterschied.
Trotzdem habe ich es nicht im Geringsten bereut, die lange Anfahrt auf mich genommen zu haben. Ich hatte wirklich schon schlechtere Skitage. Wie gesagt, ich hatte großen Spaß und für ein Mittelgebirgsskigebiet ist Winterberg definitiv sehr bemerkenswert. Und: Wenn ich bei uns im Fichtelgebirge 10 x den immer gleichen Klausenhang (oder Ochsenkopf oder Hempelsberg oder oder oder) runtergefahren bin, wird mir langweilig. Da ist die Möglichkeit der Abwechslung in Winterberg ein enormer Pluspunkt. Was ich allerdings hier niemals erleben möchte: Vollbetrieb.
Dennoch: Einen Zweitbesuch in Winterberg wird es unter normalen Umständen wohl nicht so schnell geben. Aber gar nicht weit entfernt soll es ja ein hessisches Gebiet geben, das mit etwas mehr Höhenunterschied und längeren Abfahrten aufwarten soll. Auch das reizt mich. Klappt bestimmt irgendwann auch mal
