Alois Karl Zuech (ab 1904 Luis Zuegg) wurde am 26.4.1876 am Steinbogen-Hof in Mitterlana geboren. Zuegg wuchs mit weiteren zehn Geschwistern auf, drei weitere Geschwister starben bereits als Kleinkinder. Bereits in der Volksschule wies Zuegg gute Leistungen auf, so dass er von 1890 – 1898 das Benediktinergymnasium Der Patres von Marienberg in Meran besuchen durfte. Dort bestand er die Matura mit Auszeichnung. Folgerichtig durfte er die Technische Hochschule in Graz besuchen, wo er schließlich Elektrotechnik studierte. Prägend waren in dieser Zeit die Vorlesungen des Univ. Prof. Dr. von Ettinghausen, bei dem Zuegg drei Jahre als wiss. Assistent an der Lehrkanzel tätig war. Mit Erlaubnis des Prof. schrieb er dessen sämtliche Vorlesungen mit, vervielfältigte und verkaufte sie. Mit diesen Schriften – 3 Bände mit zusammen 720 Seiten – finanzierte er sich sein gesamtes Studium. 1900 gab Zuegg noch vor Ablegung der ersten Staaatsprüfung sein erstes Lehrbuch heraus.
Im Alter von 27 Jahren kehrte Zuegg 1903 wieder nach Lana zurück. Dort errichtete er 1903 und 1912 die Unter- und Oberstufe des Elektrizitätswerkes in der Gaul in Oberlana. Im Jahr 1907 wurde unter seiner Leitung die Braunpappenfabrik fertig gestellt. Für den Transport des notwendigen Hoözes errichtete Zuegg eine Materialseilbahn von Sinich nach Hafling. Den notwendigen Strom lieferte die oben beschriebene Elektrizitätsfabrik. Die Pappenfabrik blieb übrigens bis zu seinem Tode in Zueggs Besitz. In diese Zeit fiel auch die Errichtung der elektrischen Straßenbahn Lana – Meran, welche am 11.8.1906 eröffnet wurde..
Eine neue Idee begeisterte Zuegg: die Errichtung einer Personenseilbahn von Lana auf dessen Hausberg, das Vigiljoch. Im August 1909 waren die Vorarbeiten beendet und Zuegg bewarb sich um den Auftrag, wurde jedoch zunächst übergangen – der Bahningenieur Emil Strub bekam den Auftrag. Die Tal-, Mittel- und die Bergstation wurden rasch errichtet und die 39 Eisentragepfeiler wurden errichtet. Die Tragseile wurden gespannt. Trotz des plötzlichen Todes von Strub baute die beauftragte Mailänder Firma Ceretti & Tanfani weiter. Doch als nach der Fertigstellung die amtliche Prüfung und die behördliche Abnahme stattfinden sollte wurden eine Reihe schwerwiegender Sicherheitsfehler festgestellt. Man erinnerte sich des einheimischen Luis Zuegg, der dir Fehler beseitigte und die Inbetriebnahme am 31.8.1912 ermöglichte. Ein Jahr später wurde die Trambahn Oberlana – Burgstall, an der Zuegg ebenfalls federführend mitwirkte, der Öffentlichkeit übergeben. Im Juli 1914 begann der erste Weltkrieg und Zuegg wurde bereits im Winter 1914 Als Landsturmingenieur eingezogen und im Seilbahnwesen des Heeres eingesetzt. Zunächst baute er 1915 eine Seilbahn von Sexten auf den Helm. Seine erste reine Kriegsseilbahn führte im Herbst 1915 auf das Stilfser Joch, wobei er die Strecke Franzenshöhe – Ferdinandshöhe mit der damals beachtlichen Spannweite von 2300 m ausführte. Es folgten die Seilbahnen Trafoi - Franzenshöhe und Franzenshöhe – Monte Livrio. Nach seiner Versetzung in das Trentiner Gebiet erhielt er den Auftrag zum Bau einer Materialseilbahn Lavrone – Monte Rovere. Das benötigte Material wurde geliefert, jedoch war das Tragseil 200n m zu kurz. Da das Projekt jedoch schnellstmöglich realisiert werde musste, machte Zuegg den Vorschlag, die gestzlichen Besimmungen über Seilspannungen unbeachtet zu lassen, also das Seil nicht extrem durchhängen zu lassen. Der zuständige Brigadegeneral Elison Freiherr von Nidlhof gab Zuegg die Erkaubnis – und die volle Verantwortung. Die Bahn wurde gebaut und funktionierte hervorragend. Nachträglich stellte Zuegg Berechnungen und Messungen an, die erste große Erfindung Zueggs auf dem Gebiet des Seilbahnwesens war geboren: der Vorteil einer strafferen Tragseilspannung. Durch die straffere Spannung der Tragseile, etwa ein Drittel der Zugbruchlast, wurden die Seile bei der Stützenüberfahrt wesentlich weniger beansprucht. So erhöhte sich die Sicherheit, die teuren Tragseile hielten länger, die Stützenweite konnte vergrößert und die zulässige Fahrgeschwindigkeit erhöht werden.
Luis Zuegg wurde zum Heeressachverständigen für das Seilbahnwesen an der Südfront ernannt, beim Bau der Seilbahn Larice – Pordule erreichte er ein Spannfeld von 2600 m, später sogar 3000 m. In diese Zeit fiel auch die zweite große Erfindung, die Telefonie zwischen den Stationen und den Kabinen mittels Schwachstromspannungen. Diese Erfindung rettete im ersten Weltkrieg auch Menschenleben, als eine von einer Lawine verschüttete Gruppe Gebirgssoldaten mittels des Seiltelefons Hilfe anfordern konnte. Der Kommandant der Gruppe meldete den Vorfall dem Armee-Oberkommando und Zuegg erhielt am 5.6.1916 das „Goldene Vedienstkreuz mit Krone“ im Auftrag des Kaisers Franz Joseph verliehen. Bis 1917 errichtete Zuegg über 20 Seilbahnen, danach war kein Material mehr für derartige Anlagen vorhanden.
Nach dem Krieg gründete Luis Zuegg in Meran ein Konstruktionsbüro für Bergschwebebahnen, in welchem wesentliche Grundlagen für den Bau von Seilschwebebahnen geschaffen wurden. Seine im Krieg gemachten Erfindungen lies sich Zuegg in Wien patentieren. 1920 begann der Bau einer Musterseilbahn von Meran nach Hafling. Diese Bahn errichtete Zuegg ohne Beachtung der gesetzlichen Vorschriften und auf eigene Kosten. Die Bahnführte von Obermais mit njur drei Stützen und einer größten Spannweite von 1700 m nach St. Kathrein in der Scharte. Zuvor bewies er nochmals experimentell den Vorteil einer stärkeren Seilstraffung. Nachdem die italienische Aufsichtsbehörde die Oberaufsicht übernahm wurde die Anlage als unzulässig eingestuft und 1924 eingestellt. Zuegg überzeugte jedoch die eigens aus Rom angereiste Delegation und, nach einigen kleinen Änderungen konnte die Bahn ihren Betrieb wieder aufnehmen. Die Leipziger Firma Bleichert, damals die bedeutendste Seilbahn-Baufirma der Welt, wurde auf Zuegg aufmerksam. Nach Besichtigung der Haflinger Bahn durch drei Generaldirektoren der Firma bot man Zuegg einen Lizenzvertrag an, den er auch unterschrieb. In der Folge entstanden eine große Zahl von Seilschwebebahnen nach dem System „Bleichert – Zuegg, eine der ersten war die 1926 eröffnete österreichische Zugspitzbahn. An weiteren bedeutenden Anlagen sind zu nennen die 1937 erbaute Galzigbahn, die Stubnerkogelbahn und die zweite Sektion der Galzigbahn auf das Mathunjoch. Die dritte große Erfindung Zueggs waren die Fangbremsen. Dadurch konnten die Bremsseile eingespart und die Laufwerke wesentlich einfacher gestaltet werden. Neben diesen drei „Schlüsselerfindungen“ besaß Zuegg noch auf die Streckenanzeiger, das Hilfsseil, den Entgleisungsschutz und die Dämpfungsstrebe.
Luis Zuegg erhielt eine Vielzahl von Ehrungen, unter denen die Verleihung der Ehrendoktorwürde eines Dr .h.c .techn. durch die Technische Hochschule Graz im Jahr 1948 herausragte.
Luis Zuegg verstarb am 14.1.1955 in Bordighera an den Folgen einer Gehirnthrombose. Zuegg war unverheiratet und kinderlos.
Etwas im Schatten seines berühmten Bruders stand Josef Johann Zuech (ab 1904 ebenfalls Zuegg), welcher am 7.2.1879 ebenfalls am Steinbogen Hof in Lana geboren wurde. Er besuchte nach der Pflichtschule die Landwirtschaftsschule in San Michele und war danach als Verwalter eines Gutes tätig. In dieser Zeit bagann auch er, sich mit Seilbahnen zu beschäftigen. Am Bau der Elektrizitätswerkes in der Gaulschlucht war Zuegg maßgeblich beteiligt, speziell am Bau der Oberstufe. Diese war unbedingte Voraussetzung für den Bau der Vigiljochbahn, lieferte es doch die erforderliche Energie. Für den Bau der Oberstufe errichtete Josef Zuegg zwei Materialseilbahnen: Unterfennberg – Magreid und Ultnerstraße – Gaulschlucht. Auch an den anderen industriellen Unternehmungen von Luis Zuegg war Josef maßgeblich beteiligt. Die Zeit des ersten Weltkrieges verbrachte Zuegg bei den Kaiserjägern als dienstführender Oberjäger für Seilbahnbauten. Allein 1915 – 1916 errichtete er 3 doppelspurige Zubringerbahnen und 11 einspurige Versorgungsbahnen. Bemerkenswert war, dass Josef Zuegg keinerlei technische Schulen besucht hatten und trotzdem derartige Anlagen erichtete. 1916 übernahm Zuegg die Betriebsleitung aller Kriegsseilbahnen, danach wechselte er in das Seilbahnreferat nach Trient und danach in die 6. Infanterie Division. Dort errichtete r mehrere schwere doppelspurige Bahnen, teils in mehreren Sektionen. Josef Zuegg erhielt ebenfalls das „Goldene Verdienstkreuz mit Krone“ verliehen.
Nach dem Krieg zurückgekehrt nach Lana führte er das Büro für Seilbahnen am Lechnerhof. Er war Geschäftsleiter der Pappenfabrik; aus seiner Ehe mit Käthe Schroll gingen zwei Töchter hervor. Josef Zuegg war über Jahrzehnte Präsident der Vereinigung italienischer Pappenfabrikanten. Sein letztes und wohl auch bedeutendstes Seilbahnwerk war die Projektierung des 1953 erfolgten Neubaus der Vigiljochbahn. Die Mittelstation wurde aufgelassen, statt 39 Eisenpfeilern trugen jetzt 4 Stahlbetonstützen die Bahn.
Josef Zuegg war ein begnadeter Praktiker, der die genialen Ideen seines Bruders Luis in die Praxis umsetzte. Insgesamt war er am Bau von 57 Bahnen beteiligt, unter anderen am Bau der Personen-Seilbahn Hafling – Meran, der Kreuzeckbahn, Oropabahn bei Biella, Predigtstuhlbahn sowie der Seiseralmbahn in Gröden. Josef Zuegg verstarb am 18.3.1963 in Lana.
Textgrundlage:
Innerhofer, Albert: Stählerne Stege - Der Seilbahnpionier Luis Zuegg. Edition Raetia Bozen 1996
Verwendung des Textes nur mit Einverständnis des Autors © E. Schurr / Dresden
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