Ein Artikel aus der Süddeutschen zeitung...
Die Seilbahn-Perspektive
Studie zum Wintertourismus entpuppt sich als Lobby-Arbeit
Die Watschn für den bayerischen Wintertourismus kam aus Österreich. Der Skiverbund Amadé im Salzburger Land warb zuletzt mit dem frechen Slogan „Dort, wo Bayern Ski fährt“ für seine eigenen Pisten. Und so erwartete man von den Ergebnissen der „Grundlagenstudie Wintertourismus in Bayern“, die Wirtschafts-Staatssekretär Hans Spitzner gestern vorstellte, Visionen, wie dem Wintertourismus in Bayern mehr Schwung verpasst werden könnte.
Heraus kam jedoch in erster Linie eine Lobby-Arbeit für die bayerischen Bergbahnen und die Bemühungen um Schneesicherheit – laut Studie zwei dominante Kriterien bei der Entscheidung für oder gegen eine bestimme Ferienregion. Wie Wolfgang Bosch, der Vorstandschef des Verbandes Deutscher Seilbahnen (VDS) bemängelte, würden immer mehr Wintersportler wegen der garantierten Schneesicherheit nach Österreich oder in die Schweiz ausweichen. Dort werden Bergbahnen zum Teil direkt vom Land oder von Gemeinden subventioniert. Im Alpen-Tourismus habe ein Verdrängungswettbewerb stattgefunden, auf den der Freistaat schlecht vorbereitet gewesen sei. In Deutschland seien die Auflagen für Beschneiungsanlagen hoch, die Regelungsdichte für Lifte und Seilbahnen gewaltig, „aber wir werden darauf drängen, dass die Umsetzung bis zu den Landratsämtern dringt“, sagte der VDS- Vorstand. Bergbahnen seien heute Event-Anbieter. Schweben alleine genüge nicht mehr, meinte Bosch, „wir vermarkten den ganzen Berg“.
Der CSU-Politiker Spitzner betonte, man müsse sich gegen überzogene Forderungen des Naturschutzes wenden, „sonst sind unsere bayerischen Anbieter nicht konkurrenzfähig gegenüber dem Ausland“. Zumal die Wertschöpfung der Bergbahnen laut der Studie des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr der Uni München enorme Wirkung auf die jeweiligen Regionen habe.
So stehen in den untersuchten Wintersportzentren Berchtesgaden, Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen und Bayerisch-Eisenstein zwischen 40 und 52 Prozent aller Einkommen der Tourismusbranche mit der Bergbahn in Verbindung. Es entstünden Verknüpfungen, die von der Bahn über den Einzelhandel bis zur Disko, zum Taxi- oder Skibus-Unternehmer reichten. Ein Arbeitsplatz bei der Arber-Bergbahn schaffe beispielsweise 6,8weitere Stellen. 1000 Euro Löhne und Gehälter, die bei den Bergbahnen der Arberregion gezahlt werden, führten insgesamt zu Einkommen in Höhe von 7800 Euro.
39 Prozent aller Übernachtungen in Bayern entfallen auf die Wintersaison. Durch zusätzliche Ausgaben von Tagesausflüglern sind die Umsätze im Wintertourismus höher als im Sommer. Als Belastung empfinden die Ferienregionen in den bayerischen Bergen auch den Mehrwertsteuersatz. Der liegt in Deutschland bei 16 Prozent, in Österreich bei zehn, und in der Schweiz nur bei drei Prozent. „Eine Herabsetzung sollte unser Ziel sein“, sagte Spitzner. Genauso wie eine Kooperation der örtlichen Leistungsträger und Landratsämter – damit die sieben Millionen Skifahrer, die Snowboarder und Schneegenießer im Winter nicht nach Österreich flüchten müssten. Karin Bühler