Fenster: Es regnet und sieht verdammt ungemuetlich aus. Die Schneefallgrenze liegt
geschaetzte 500 Meter hoeher, allerdings befinde ich mich auch nur auf 900 Metern und will
noch ueber den Passo Giau mit gut 2236 Metern …
Fuer das Fruehstueck lasse ich mir verstaendlicherweise Zeit. Immerhin wird aus dem
Dauerregen mit der Zeit Niesel, der sogar ab und an aufhoert. Mit gemischten Gefuehlen
setze ich gegen zehn Uhr meine Reise fort. Ich folge dem Tal in Richtung Norden. Bei
Cencenighe gabelt sich die Strasse; ich fahre weiter in Richtung Arabba.
Mit jedem Meter, den ich fahre, komme ich der Schneefallgrenze naeher. Die Schneepfluege
der Strassenmeisterei Veneto Strade stehen auch schon bereit …
Von Colle Santa Lucia bietet sich dieser schoene, aber kuehle Blick auf die Ortschaft Laste
auf der westlichen Talseite.
Dann endlich der Beginn der Auffahrt zum Passo Giau (2236m). Trotz gruenem „aperto“ Schild
bleibt die bange Frage nach dem Fahrbahnzustand. Wie allseits bekannt, vertragen sich
Motorrad mit Eis & Schnee noch schlechter als die sonst ueblichen mehrspurigen
Kraftfahrzeuge …
Langsam wird es um mich herum weiss. Es ist arschkalt, aber die Strasse ist zum Glueck nur
nass. Ich naehere mich der alten Leitner Doppelsesselbahn „Fedare“. Schoen, dass es diese
Anlage noch gibt. Zwischen den Wolken erkenne ich eben oestlich der Bergstation einen
Baukran am Rifugio. Offensichtlich wird das Schutzhaus umgebaut.
Die hier noch leicht eingezuckerte Landschaft hat auch ihren Reiz.
Ein kerniges Erinnerungsfoto auf der Passhoehe muss natuerlich sein. Den im Juni von Wolf in
den Teer eingekratzen „Fussrasten-Gruss“ kann ich bei diesem Wetter nicht so recht
gegenzeichen, da die Strasse inzwischen unangenehm schmierig geworden ist …
Die Abfahrt in Richtung Pocol bei Cortina d’Ampezzo erinnert mich sehr an diverse Skiurlaube
in dieser Gegend.
Weiter geht es in Richtung Passo Falzarego (2105m). Erhaben steht der Monte Lagazuoi
ueber den Dingen.
Trotz des aeusserst besch… Wetters und Nebensaison scheint die Seilbahn in Betrieb zu sein.
Noch einen kurzen Blick in die kleine, weltberuehmte Kapelle. Im Winter ist diese meistens
richtig zugeschneit.
Mir ist kalt, eine schnelle Aufwaerm-Zigarette hilft auch nicht so richtig weiter. Ich ueberlege
eine kurze Kaffeepause einzulegen, da kommen fuenf (!) Reisebusse mit deutschen Rentnern
auf den Parkplatz gefahren. Nichts gegen deutsche Rentner, mit etwas Glueck werde ich
auch einmal einer, aber das ist des Guten zu viel. Weiter geht es in Richtung Alta Badia
(Gadertal).
Auf dem Passo Valparola (2192m) tendiert die Sicht gegen Null.
Ueberall auf den Tannenwipfeln sah ich goldene Lichtlein blitzen …
Auf der Abfahrt nach Armentarola reisst es auf einmal auf und ich habe diesen schoenen
Ausblick auf St. Cassiano (St. Kassian) mit der Puezgruppe im Ruecken.
Bei La Villa (Stern) beginnt es gluecklicherweise trocken zu werden.
Keine zwanzig Minuten spaeter gauckelt mir dieser Blumengarten bei St. Martino in Badia (St.
Martin in Thurn) einen sonnigen Spaetsommertag vor.
Zuegig erreiche ich das Pustertal und fahre westwaerts. Bei Franzensfeste biege ich in
Richtung Brenner rechts ab. Nach wie vor sehr interessant sind die Festungsbauwerke aus
den vergangenen Jahrhunderten. Bis zum EU-Beitritt Oesterreichs wartete hier das
italienische Militaer, bis an die Zaehne bewaffnet, auf den Feind aus dem Nachbarland!
Ueber Sterzing und Gossensass naehere ich mich dem Brenner. Es wird wieder kaelter. In
Brennerbad werfe ich den Anker und kehre im Gasthof Obergasser ein. Das Haus ist durchaus
zu empfehlen …
Wie ueblich praesentiert sich der Brenner Pass (1374m) grau, kalt und ungemuetlich.
Auch in Oesterreich bleibe ich auf der Landstrasse. Die im November 1963 eroeffnete 820
Meter lange und 190 Meter hohe Europabruecke der Brennerautobahn ist nach wie vor ein
aeusserst beeindruckendes Bauwerk.
So praesentiert sich der Ausblick vom Brenner kommend ueber die „Ferrariwiese“ auf
Innsbruck.
Mein Weg fuehrt mich ueber den Zirlerberg und Seefeld in Richtung Mittenwald. Kurz vor der
Grenze tanke ich in Scharnitz noch einmal voll.
Zurueck in Deutschland fahre ich noch bis zum Walchensee. Fuer heute reicht es; mir ist kalt,
ich bin hungrig und muede …
Fortsetzung folgt …
Viele Gruesse von der Kueste, Peter
