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Kaprun Prozess

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Dachstein
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

mic hat geschrieben: Du übertrifft dich echt stündlich! 8O
Natürlich stellt ein Heizlüfter eine Zündquelle dar. Bekannterweise entstand der Brand ja auch schon in der Talstation. Nimm halt mal einen gelaufenen Heizlüfter schalte ihn ab und kipp mal was brennbares drüber. Dann hast Du deine Zündquelle.
Desweiteren neigen auch Heizlüfter zum verstauben und können dadurch einen Brand auslösen.
Nein, nein, und nochmals nein. Weil die Heizwendel nach bereits mehreren Sekunden soweit abgekühlt ist, dass er eben keine Zündquelle mehr darstellen kann. Der Wiederstandsdraht ist so dünn, dass das Abkühlen nachdem der Strom weg ist, maximal eine bis zwei Sekunden dauert. Merkt man ja auch daran, wenn man einen Heizlüfter von heizen auf Gebläse stellt. Da kommt dann noch die Kühlung durch den Luftzug hinzu. Aber ändern an der Tatsache, dass die Abkühlung auch ohne Ventilation schnell geht, tut das nicht. Das meinen übrigen auch Experten zu der Thematik.

Nach der Argumentation einiger User hätte der Heizlüfter bereits kurz nach dem Einbau in Flammen aufgehen müssen. Nur hat er mehrere Winter durchgehalten. Und ein im Auto eingebauter Heizlüfter ist nicht mit einem in einer SSB zu vergleichen (das Gefahrenpotential ist ein höheres). Denn in der SSB hat der Heizlüfter augenscheinlich einen sehr soliden Eindruck vermittelt, sprich war er eingebaut und somit könnte es zum Anschein gekommen sein, dass alles in bester Ordnung wäre - fataler Irrtum.
SSB: Heizlüfter solide eingebaut
Auto: irgdenwo hingestellt, passt augenscheinlich nicht zur Erscheinung des Kraftfahrzeuges.

Und wie auch richtig sagst - es reicht auch ein primitiver Schalter, um eine Zündquelle zu sein. Nur ist er eine offensichtliche? Nein. So lange der Schalter nicht bewegt wird, ist er keine. Ich brauche zum Zünden einen Funken, und den gibts ohne Strom nicht. Solange kein Strom da ist, ist keine Zündquelle da. Und genau das selbe gilt für einen Heizlüfter. Über einen kalten Heizlüfter, der nicht in Betrieb ist, kannst so viel brennbares Material drüberschütten, und trotzem geht nichts in Flammen auf.
Mit dem Hintergrundwissen, wie schnell ein Heizlüfter auskühlt, kommen eben auch Experten zum Schluss, dass er keine Zündquelle ist. Die Frage hat gelautet: kann ein ausgeschalteter Heizlüfter eine Zündquelle sein? Antwort: nein.
Zurück zu Kaprun: Im übrigen hätte auch z.B. ein heißgelaufens Lager eine offensichtliche Zündquelle für das Hydrauliköl sein können....
Es stellt sich die Frage, wie weit die Hydraulik vom heißgelaufenen Lager entfernt war. Übrigens sind Lagerschäden definitiv einfacher zu erkennen als ein falsch eingebauter Heizlüfter.
mic hat geschrieben:Natürlich stellt ein Heizlüfter eine Zündquelle dar. Bekannterweise entstand der Brand ja auch schon in der Talstation.
Wie gesagt, genau da sehe ich ein großes Problem. Der Heizlüfter hat eben nicht als Zündquelle fürs Öl gedient. Wenn er das Öl direkt entzündet hätte, wäre die Garnitur schon in der Station in Flammen aufgegangen. Ist sie aber nicht. Den Konnex zwischen den einzelnen Brandschritte hat niemand, weder Personal, Fachkräfte noch Gutachter vorher erkannt. Und es ist unmöglich, immer alles zu erkennen, besonders bei einem dermaßen komplexen System, das zum Brandausbruch geführt hat.

Ich möchte nämlich eines wissen: wieviele von Euch wären (angenommen, es hätte keinen Brand gegeben) neben dem Heizlüfter gestanden und wären bei genauer Betrachtung draufgekommen, dass es sich um eine potentiell gefährliche Zeitbombe handelt? Ich hätte es, obwohl ich Rettungssanitäter bin und mich mit Gefahrenquellen halbwegs auskenne, nicht geschafft. Und zwar auch deswegen, weil man sich vor Augen halten muss, dass der Heizlüfter mehrere Jahre in dieser Form in Betrieb war. Mit dem jetzigen Wissen ist es natürlich sehr einfach, zu sagen: potentiell gefährlich. Aber genau das können wir nur darum sagen, weil Gutachter erst den Grund herausfinden mussten. Und wo ich mal einen Gutachter brauche, um herauszufinden, wie es gelaufen ist, ist gar nichts offensichtlich... Stichwort: nachher sind wir immer gescheiter.
Jens.f hat geschrieben:So, wie es es sehe, hat jeder nach besten Wissen und Gewissen gearbeitet.
Genau, aber man muss sich trotzdem imer vor Augen halten, dass selbst, wenn nach bestem Wissen und Gewissen Arbeitet, immer noch etwas schiefgehen kann, was man nicht bedacht hat. Und davor ist niemand gefeit.
Ich denke also, das es bei einer rechtzeitigen Erkennung der Situation plus einem auch in Notsituationen vernünftig bedienbaren Nottüröffnung hier eine halbwegs geordnete Evakuierung möglich gewesen wäre und es wesentlich weniger Tote gegeben hätte.
Aber hierzu fehlten eben die Grundlegen:
- Notrufsystem, mit dem die Fahrgäste das Feuer melden konnten
- Schnelleres Notöffnungssystem
- Und möglicherweise eine entsprechende Schulung der Fahrer.
Denn: In Streß-Situationen funktionieren Menschen, die entsprechend geschult worden eigentlich sehr gut - hier wird dann einfach das Programm abgespult.
Natürlich stimmt das in weiten Teilen, nur möchte ich darauf hinweisen, dass niemand das Gefahrenbild Brand im Tunnel bei dieser Bahn erkannt hat, darum war auch der Wagenführer nicht auf eine derartige Situation vorbereitet. Auch halte ich es für nicht korrekt zu sagen, dass jeder Ausgebildete in einer Stresssituation nach Programm funtioniert. Es kommt auf die Routine an, mit der man die Stresssituation bewältigen kann. Und jetzt stellt sich die Frage, wie man in diesem doch einigermaßen speziellen Fall überhaupt Routine entwickeln kann. Weil es war ja nicht der übliche 7 Uhr 45 Zwischenfall jeden Morgen, wo der Zuständige antwortet "ach das schon wieder, hamma gleich", sondern eine außergewöhnliche Ausnahmesituation...

Und es sei nochmal darauf hingewiesen, dass erst nach dem Unfall in die noch bestehenden Anlagen die oben als fehlend kritisierten Instrumente nachgerüstet hat. Es haben also nicht nur in dieser Hinsicht alle anderen Bergbahnen dieses Gefahrenpotential unterschätzt bzw. nicht erkannt. Warum hätten es also gerade die am KSH tun sollen?

MFG Dachstein

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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von mic »

Dachstein hat geschrieben:
mic hat geschrieben: Du übertrifft dich echt stündlich! 8O
Natürlich stellt ein Heizlüfter eine Zündquelle dar. Bekannterweise entstand der Brand ja auch schon in der Talstation. Nimm halt mal einen gelaufenen Heizlüfter schalte ihn ab und kipp mal was brennbares drüber. Dann hast Du deine Zündquelle.
Desweiteren neigen auch Heizlüfter zum verstauben und können dadurch einen Brand auslösen.
Nein, nein, und nochmals nein. Weil die Heizwendel nach bereits mehreren Sekunden soweit abgekühlt ist, dass er eben keine Zündquelle mehr darstellen kann. Der Wiederstandsdraht ist so dünn, dass das Abkühlen nachdem der Strom weg ist, maximal eine bis zwei Sekunden dauert. Merkt man ja auch daran, wenn man einen Heizlüfter von heizen auf Gebläse stellt. Da kommt dann noch die Kühlung durch den Luftzug hinzu. Aber ändern an der Tatsache, dass die Abkühlung auch ohne Ventilation schnell geht, tut das nicht. Das meinen übrigen auch Experten zu der Thematik.
...wie kann es dann zu dem Brand nochmal in Kaprun??
Was war den der Auslöser der Katastrophe? Habe ich da was verpaßt?

Die Erde ist eine Scheibe.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von jens.f »

baeckerbursch hat geschrieben: Derjenige der diesen Heizlüfter da eingebaut hat, hat grob fahrlässig gehandelt! Er hat in diesen Wagen eine Zündquelle eingebaut, und das hätte er wissen müssen!
Sorry, aber es gibt tausend "Zündquellen" in fast jedem Fahrzeug. Jedes Kabel, jede Schalter kann eine Zündquelle sein.
Schau Dir mal an, wieviel "Zündquellen" ein Auto hat.

Alleine das Einbau einer "Zündquellen" ist somit per se kein Problem.
Wenn natürlich beim Einbau Sicherheitsbestimmungen missachtet werden oder er die Gefahr hätte erkennen müssen, DANN wäre das grob Fahrlässig - aber:
a) Es gab keine Bestimmungen, die das Verbieten
b) Hätte der Techniker die Gefahr erkennen müssen? Darüber wage ich kein Urteil zu bilden...
Aber wie gesagt: Es handelt sich hier um ein "Fahrbetriebsmittel" ohne eigenen Antrieb und ohne Treibstoff - somit ist die Gefahr eben NICHT offensichtlich.

Gruß, Jens
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

mic hat geschrieben:wie kann es dann zu dem Brand nochmal in Kaprun??
Was war den der Auslöser der Katastrophe? Habe ich da was verpaßt?
Durch eine Verkettung unglücklichster Umstände. Das, was ich oben geschrieben habe, ist die Theorie, dass sich die Praxis leider nicht immer daran hält, ist leider hinlänglich bekannt. Und es wird auch heute noch davon ausgegangen, dass auch heute ein Heizlüfter im ausgeschalteten Zustand keine Zündquelle darstellen kann. Und man dachte, dass der Heizlüfter im ausgeschalteten Zustand - im Tunnel ist er das ja - keine Zündquelle sein kann. In der Station wäre ein Brand ja aufgefallen. Auf einen Mittelweg, sprich zuerst kleiner Brand in der Station beginnend und dann im Tunnel verherend ist keiner draufgekommen. Und das war das Verhängniss an einer im Grunde korrekten Annahme.

@ Jens.f: 100% Zustimmung. Nur werden wir jetzt dann zur Definition von offensichtlich kommen, womit die Chance besteht, die 100 Seiten Grenze zu sprengen. ;)

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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von mic »

Achso verstehe! Brandursache: Verkettung. Ein Heizlüfter war also nicht beteiligt.
Entschuldige, das hatte ich falsch verstanden. Ich dachte immer Brandursache wäre ein Heizlüfter gewesen. Aber wenn der nicht als Zündquelle taugt kann er es ja auch nicht gewesen sein.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von baeckerbursch »

Wenn natürlich beim Einbau Sicherheitsbestimmungen missachtet werden oder er die Gefahr hätte erkennen müssen, DANN wäre das grob Fahrlässig - aber:
a) Es gab keine Bestimmungen, die das Verbieten
b) Hätte der Techniker die Gefahr erkennen müssen? Darüber wage ich kein Urteil zu bilden...

Ich schreibe hierzu nichts mehr. Die Antworten stehen schon 100-fach in diesem Thread.

Lebt weiter in euer Welt und seid froh daß sich 99% aller Ingenieure, 99% aller Elektriker, 99% aller Betriebsleiter und 100% aller mit Brandschutz beschäftigten sich mehr Gedanken um die Sicherheit machen als Ihr in eurem Laienwissen nachvollziehen könnt. Das garantiert euch und euren Familien mehr Sicherheit als es damals in Kaprun der Fall war.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

Moment: ich sage nicht, dass der Heizlüfter nicht die Ursache war, ich verwehre mich nur der Tatsache, dass alle immer sagen, dass man das kommen hätte sehen müssen. Denn Fakt ist:

- Experten bescheinigen einem ausgeschalteten Heizlüfter kein Gefahrenpotential
- Andere Bergbahnen haben die Gefahrenquelle Tunnelbrand ebenso unterschätzt
- Experten im Verkehrsministerium unterschätzen das Gefahrenpotential Tunnelbrand ebenso
- Verkehrsministerium nimmt die Anlage ab und gibt sie zum Betrieb frei
- TÜV bescheinigt der Anlage die Betriebssicherheit, erkennt das Gefahrenpotential nicht
- Einene Betriebsleitung erkennt die Gefahrenlage Tunnelbrand nicht
- Bahnpersonal erkennt die Gefahrenlage nicht

Fakt ist aber auch dass es passiert ist.

Aber auf was lassen mich diese Fakten schließen? Es gab mehere Möglichkeiten die Sache im Vorhinein zu erkennen, aber es hat niemand geschafft. Der Unglücksfall Brand im Tunnel kam niemanden in den Sinn, weil nach der Argumentation der Experten es zu keinem Brand hätte können kommen, weil der Heizlüfter im Tunnel ja aus war und daher die Zündquelle nicht vorhanden war. Dass ein Ausbruch des Brandes in der Talstation möglich sein könnte, und dieser sich durch Verkettung unglücklicher Umstände erst im Tunnel richtig zum Ausbruch kommt - daran hat kein Experte, kein Bahnmitarbeiter, kein TÜF und kein anderes Bergbahnunternehmen gedacht.

Und nochmal klar ausgedrückt: es gibt keine 100% Sicherheit, selbst wenn Brandschutztechniker mir dies vorgaukeln wollen. Da können sich noch so viele Experten damit auseinandersetzen. Denn die Experten sind nur so gut wie iht Wissenstand ist, und von einem Tunbelbrand in dieser Konstellation haben wir alle vor dem 11.11.2000 nichts geahnt.
Die Antworten stehen schon 100-fach in diesem Thread.


Das bezweifel ich schwer, und ich hoffe, dass du nie in einer solchen Lage sein wirst, später eingestehen zu müssen, an etwas beteiligt zu sein, obwohl du alles nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hast. Die Chancen dazu stehen nämnlich für niemanden so schlecht, wie er glaubt - Stichwort Autofahren. Und ich wette, du hättest vor diesem Heizlüfter stehen können, ohne dass dir irgendetwas aufgefallen wäre. Ich übrigens auch.

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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Kris »

Die 372 Seiten starke Urteilsverkündung bzw. Urteilsbegründung vom Landesgericht Salzburg (37 Hv 60/02d) kann man ja herunterladen (http://www.kaprun-tunnelkatastrophe.at/img/Urteil.pdf). Habe das Werk studiert. wobei zunächst eine geradezu widerliche allgemeine Schleimigkeit auffällt, die sich durch tw. sinnfreie Satzformulierungen manifestiert. In einer Urteilsbegründung erwarte ich mir präzise, vollständige eindeutige Formulierungen, kein Caffehaus Larifari. Es wird einem eher schwindelig als dass man die Dinge klarer sieht. Derartiges macht mich natürlich erst recht aufmerksam.

So pickte ich mir den Teil "Heizlüfter" heraus. Zunächst interessierten mich Verantwortlichkeiten und Prozesse wie das Ding seinen Weg in den Zug fand. Viele gedehnte Sätze, ich muss mir das nochmal vornehmen. Aber über einen großartigen Winkelzug bin ich gestolpert, der hier auch schon angeschnitten wurde. Da das lange Larifari nicht zitierfähig ist, hier die Kurzfassung, Schritt für Schritt über viele Seiten verteilt wird zur Verdrehung hingearbeitet:

1.) Zunächst vorgesehenes Lüftermodell Domo wurde bereits bei anderen Bahnen eingesetzt, in dessen Anleitung war der Einbau in Fahrzeugen nicht explizit verboten. Damit kann an es auch in die Planung für die Kaprun Bahn aufnehmen.

2.) Das Lüftermodell Domo war beim Elektrohandel jedoch nicht lieferbar. Man fragt nach einem gleichwertigen, und bekommt ein Modell Fakir Hobby(!!!) TLB geliefert. Zum Haushaltsgerät befindet die Urteilsbegründung im sinnfreien aber nicht intentionslosen Satz:
Der Heizlüfter war preislich und technisch eher im oberen Bereich anzusiedeln
Was bedeutet hier "im oberen Bereich"? Wird hier gemessen an einem Hausfrauenbudget (4 Lüfter wurden damals für 49€ das Stück inkl. MwSt. gekauft. Als Industriegerät ist das Müll)? Oder gemessen an einer Industriequalität? Und was bedeutet bitteschön denn "technisch im oberen Bereich"? Verdammt, das ist doch völlig Sinnfrei. Richtig wäre gewesen, zu hinterfragen ob das Gerät adäquat für einen Einsatz in einen Schienenverkehrsmittel mit hohem Tunnelanteil ist.
An keiner Stelle hat das Gericht nachgefragt, ob statt dem Haushaltsgerät nicht doch ein Industriegerät angebrachter gewesen wäre (Jedenfalls konnte ich keinen Passus in der Urteilsbegründung hierzu finden.). Heizlüfter gibt es sehr wohl auch in (teurerer) Industriequalität für den professionellen Einsatz in Werkstätten, Schiffsbau, Landwirtschaft, Baugewerbe und dem gesamten Servicesektor.
Wie zB. hier:
http://handwerksausruester.prag.webspac ... b2a27d.php

Aber nein, der Haushaltslüfter sei mit den Prüfzeichen (GS,VDE...) ausgestattet und erfüllt somit alle Anforderungen .... Fragt das Gericht nach dem Einschalten der Gehirnfunktion? Fehlanzeige...

3.) Freude, das bisheriges Gerät Domo war lt. Anleitung nicht explizit für Fahrzeugeinbau verboten:
[...] nach der Bedienungsanleitung des Heizlüfters Domo keine Einwände gegen den Einbau in Fahrzeuge bestanden, das heißt dieser Zusatz beim Heizlüfter Domo nicht vorhanden war.
4.) Aber ohjeh, so ein Pech aber auch: Beim neuen Fakir Hobby ist leider tatsächlich in der Anleitung explizit vermerkt, dass man das Teil nicht in einem Fahrzeug einbauen darf:
In der Gebrauchsanweisung betreffend den eingebauten
Heizlüfter, welche auch für die Geräte der Firma Fakir Hobby TE, Hobby TLB und Hobby TUB gilt, findet sich unter “wichtige Hinweise” u.a. folgende Passage:
“Gerät darf nicht in Fahrzeuge eingebaut und dort betrieben werden. "
Verflixt. "Fahrzeug" steht da. Das kann vieles sein, auch ein Wagenarnitur einer Standseilbahn.


Wikipedia meint in all seiner nichtwissenschaftlichen Relevanz zum Begriff "Fahrzeug":
[...]Fahrzeuge sind nicht notwendigerweise motorisiert. Unter anderem werden Pferde bei Landfahrzeugen wie Pferdebahnen oder Kutschen als Zugtiere eingesetzt. Außerdem gibt es von außen auf das Fahrzeug einwirkende Antriebsquellen wie Wind (z. B. bei einem Segelschiff) oder die Schwerkraft (z. B. bei Rodelschlitten). Sie haben oft verschiedene Verwendungszwecke und sind vielgestaltig konstruiert, alleine bei Landfahrzeugen gibt es tausende Bauarten und Verwendungen.


5.) Die Standseilbahngarnitur ist ein Fahrzeug. Mist. Was also tun? Dachstein fragen?
Die Lösung: Man manipuliert einfach ein bisschen:
Das Gericht stellt an geeigneter Stelle erst einmal süffisant fest, dass ein Fahrzeug selbstverständlich ein Kraftfahrzeug ist.
In der Bedienungsanleitung zum verwendeten Heizlüfter
war angeführt, dass dieses Gerät zum Einbau in
Fahrzeuge (gemeint Kraftfahrzeuge) nicht geeignet ist [...]
6.) Na Locker, da wird man sich doch etwas drechseln können, überlegt sich das Gericht in Form von Richter Manfred Seiss. Bingo. Richter Manfred Seiss weiss, dass ein Kraftfahrzeug ja logischerweise Kraftstoff mitführen müsse:
Wesentliches Merkmal eines Kraftfahrzeuges ist der von diesem mitgeführte Treibstoff und eine entsprechende Antriebseinheit, was jedoch bei den Wagengarnituren der GBK II nicht zutrifft.

7. ) Das bisher Konstruierte als Zusammenfassung: Heizgerät besitzt VDE Prüfzeichen--> konnte lt. Gericht als "sicher" für den Einsatzzweck angenommen werden-->dem Einbau im Führerstand der Standseilbahngarnbitur stand somit nichts entgegen, da letztere kein Fahrzeug ist, weil Fahrzeuge ja Kraftfahrzeuge sind und die Standseilbahngarnitur keinen Antriebsmotor besitzt. Gericht behauptet, dass der Lüfter den Brand ausgelöst hat, und kann somit die Angeklagten ihrer Verantwortung entbinden und freisprechen.
Aufgabe erfolgreich erledigt.

Deratiges wurde im Zuge der Urteilsfindung im Namen der Republik konstruiert, das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen.

Nachdem die GBK jedoch die Firma Fakir als Hersteller angeklagt hat, erhob die Staatsanwaltschaft Heilbronn folgendes, in Zusammenhang mit obigen Gedrechsel interessantes "Detail" bezüglich VDE Prüfzeichen, Gültigkeit von ebendiesem bei Einbau in der Standseilbahn und Modifikation des Gerätes:

Angabe vom VDE: „[...] Das Gerät wurde konstruktiv verändert, somit erlischt die Zeichengenehmigung. Weiterhin ist im Anwendungsbereich von DIN VDE 0700 der Hinweis: Für Geräte, die zur Verwendung in Fahrzeugen bestimmt sind, können zusätzliche Anforderungen notwendig werden. Wie eingangs erwähnt, werden vom VDE grundsätzlich für Geräte, die zur
Verwendung in Fahrzeugen bestimmt sind, keine Prüfungen vorgenommen
. Insofern
kann von unserer Seite keine Aussage dazu getroffen werden, wonach diese hätten
überprüft werden müssen.
Bemerkungen VDE am Anfang des Antwortschreibens: „...[...] möchten wir vorab erwähnen, dass
in unserem Hause der Heizlü fter der Modellreihe Hobby TLB der Firma Fakir
entsprechend deren Auftrag auf der Grundlage von Normen gepr ü ft wurden, die fü r
Haushaltsgeräte einschlägig sind
. Die bei den Prüfungen des VDE zugrunde gelegten
Normen gelten grundsätzlich nicht für Geräte, die in Fahrzeugen eingebaut werden.
Darüber hinaus gelten unsere Zeichengenehmigungen nur für Geräte in der Form, wie sie zur Prüfung vorgelegen haben. Offensichtlich sind an dem ursprünglich uns zur Prüfung vorgelegten Gerät Veränderungen vorgenommen worden, eine Zeichengenehmigung hierfür wurde nicht erteilt.




Erst die unzweifelhafte Feststellung des Salzburger Gerichts, daß die Brandursache der vermeintlich zugelassene Heizlüfter war, erlaubte es das Verfahren zu beenden und die Angeklagten freizusprechen. Im anderen Fall hätte das Gericht diese Urteilsbegründung so nicht bringen können, es hätte somit die Untersuchungen nicht einstellen dürfen....

Hätte es hingegen festgestellt, dass tatsächlich bei der Planung des Wagens ein Fehler unterlaufen ist, wäre sehr viel anders verlaufen...... vielleicht sollte das vermieden werden?
Auch das hat die Staatsanwaltschaft Heilbronn in ihrem Bericht vermerkt...



Angesichts dieser Vorgehensweisen kann ich den Unmut der Angehörigen der Verstorbenen gut nachvollziehen.

Und, da bin mir nach der Lektüre von Ausschnitten der Urteilsbegründung ziemlich sicher: Vor einem US Gericht hat derartiges Larifari keinen Bestand. Die sind Knallhart. So sehr ich tw. übertriebene Forderungen durch "Opferanwälte" oft verabscheue: Hier wären die mal mehr als angebracht.





Anhang: Bilder zum Ventilator und dessen Einbau:
-----------------------------------------------------------

Modell Fakir Hobby "für Bad/WC" (DiePresse):
Bild

Einbauort des Lüfters Fakir Hobby. Die angesaugte Luft muss durch die nicht besonders weiten Ritze unterhalb des Einbauortes strömen. (http://www.8ung.at/arthur-warias)
Bild

Seitenansicht: In wenigen Zentimetern Abstand zueinander Heizlüfter und Hydraulikschläuche, letztere aus Kunststoff. Absperrventile mit Pressfittings für Kunststoffschläuche auf Höhe des Ventilators. Diese Art von Muffen werden in den Schlauch gedrückt, und konisch gepresst durch die umgreifende Verschraubung. Der linke der drei Schläuche liegt hier (schwer erkennbar) nahezu direkt an der Rückwand des Heizlüfters an.
(http://www.8ung.at/arthur-warias)
Bild
Zuletzt geändert von Kris am 11.11.2010 - 13:20, insgesamt 31-mal geändert.
>> Die unaufhaltsame Industrialisierung des Skiraums führt zu Banalisierung und somit zum Verlust der magischen Skisportfreude<<
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

Heizlüftzer gibt es sehr wohl auch als (teurere) robuste Geräte...
Stellt sich wieder die Frage, ob von der Größe her das Heitzgerät auch in den schmalen Füherstand hineingepasst hätte. Wer mal in so einem Führerstand drinnen war, weis wie eng es da zugeht. Ich denke, man hat sich den Platz angeschaut und hat gesagt, wir brauchen was, was da reinpasst und geeignet ist. Dann sind sie (wer auch immer) mit der Forderung zum Händler gegangen, der hat ein Gerät angeboten, was nicht lieferbar war, dann ist man auf der Suche über das schließlich eingebaute Gerät gestolpert. Man hat fälschlicherweise angenommen, dass ein ähnlicher Preis auch ein ähnliches Leistungsspektrum beinhaltet. Und das war ein Irrtum. Andererseits sehe ich kein Verschulden beim Händler, weil der ja nicht nbedingt wissen muss, für was der Heizlüfter gebraucht wird. Hätten ja auch dazu sein können, um 4 Stationsgebäude bei einem Schlepper zu beheizen...

Und das Gedrehe, ich nenne es mal Winkeladvokatismus, ist in jedem juristischen Verfahren (leider) vorhanden und übrigens auch in den USA üblich...

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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Kris »

Dachstein hat geschrieben:
Heizlüftzer gibt es sehr wohl auch als (teurere) robuste Geräte...
Stellt sich wieder die Frage, ob von der Größe her das Heitzgerät auch in den schmalen Füherstand hineingepasst hätte.
Diese Fragestellung ist irrelevant.
Wer mal in so einem Führerstand drinnen war, weis wie eng es da zugeht. Ich denke, man hat sich den Platz angeschaut und hat gesagt, wir brauchen was, was da reinpasst und geeignet ist.
Das ist vielleicht Deine Erklärung weshalb da ein graziles Haushaltsgerät eingebaut wurde, aber noch keine Legitimierung dies tatsächlich machen zu dürfen.


Wobei ich denke, daß zB. dieses Gerät Platz gefunden hätte, 26cm tief:
http://www.veab.com/rubberdoc/broschyr/ROB_GB.pdf
^^^Nach 3 Minuten Googeln gefunden, ich habe von der Heizlüftermaterie keine Ahnung.
Aber dass das Gericht diese Frage nicht einmal erwähnt? ....hmmmmmmmmmmmm...

Industrielüfter werden in allen Größen gefertigt, von Miniklein mit 150 ... 400W für den Rackeinbau in (offenen) Schaltschränken (Heizen gegen Kondenswasserverhinderung) bis beliebig gross...

Und das Gedrehe, ich nenne es mal Winkeladvokatismus, ist in jedem juristischen Verfahren (leider) vorhanden und übrigens auch in den USA üblich...

Das unendlich lange zähe Gefasel der Urteilsbegründung lässt sich einfachst umwerfen, dessen bin ich mir sicher. Eine derartige Bauernschlauheit wäre kaum Resultat eines US Gerichts gewesen.
Alleine die Unverschämtheit des Gerichts aus einem allgemeinen "Fahrzeug" ein "Kraftfahrzeug" zu konstruieren, wird denen in den USA in Nullkomma nichts das Gebäude zum Einsturz bringen.
In USA ist vieles Banal, Stupide und Langweilig (nur meine Meinung), aber Rechtssprechung und politisches System sind im Vergleich zu manchem was wir hier haben vielfach Vorbild.
>> Die unaufhaltsame Industrialisierung des Skiraums führt zu Banalisierung und somit zum Verlust der magischen Skisportfreude<<
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

Kris hat geschrieben: Das ist vielleicht Deine Erklärung weshalb da ein graziles Haushaltsgerät eingebaut wurde, aber noch keine Legitimierung dies tatsächlich machen zu dürfen.
Legitimationen laufen übers Gesetz - und ich kenne für den Zeitpunkt keinen Gesetzespassus, der den Einbau eines Haushaltsheizlüfters verboten hätte. Es stehen, darauf möchte ich hinweisen, in diversen Seilbahnstationen sicher noch genug Haushaltsheizlüfter herum. Und dabei handelt es sich auch um keinen Haushalt. Selbst in Büros sind mir schon Haushaltsheizlüfter untergekommen, obwohl ein Büro kein Haushalt ist.
Alleine aufgrund des Begriffes Haushaltsgerät darf man sich imo. nicht verlassen. Die Spezifikationen müssen erfüllt werden. Augenscheinlich war das beim Heizlüfter von Kaprun der Fall, offensichtlich aber nicht, weil es zur Katastrophe kam.

Und ich muss dich enttäuschen: die Rechtssprechung in den USA ist eine Katastrophe. Schließlich müssen dort wegen diversen Fällen darauf hingewiesen werden, dass frischer Kaffee heiß sein kann, oder dass es nicht klug ist, sein bestes Teil in den Staubsauger einzuführen - Stichwort Morbus Kobold, oder dass feuchter Boden rutschig sein kann, oder dass es unklug ist, seine Haustiere zwecke Trocknen nach dem Waschen in die Mikrowelle zu stopfen.

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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von darkstar »

jens.f hat geschrieben:Bis zu der Stelle braucht der Zug meiner Meinung nach nichtmal eine Minute.
Es hat also ca. 6 Minuten (!) gedauert, bis der Zugführer überhaupt realisiert hat, dass es Brennt - und mit den öffnen den Türen begonnen hat.
Nein, die Fahrt über das Viadukt zum Einfahrtsportal des Gaissteintunnels dauert, je nach Vorwahl der Fahrgeschwindigkeit im Automatikbetrieb eineinhalb bis 2 Minuten. Die Strecke im Tunnel bis zum Halt ist sogar noch etwas länger.
mic hat geschrieben: ...wie kann es dann zu dem Brand nochmal in Kaprun??
Was war den der Auslöser der Katastrophe? Habe ich da was verpaßt?
Das weiß keiner genau! Die Palette reicht von rauchenden Zugbegleitern über Feuerwerkskörper im Fahrbetriebsmittel bis hin zu Brandstiftung. Neuerdings sind nun auch Cellulose und Magnesium dabei.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von ATV »

Was mich vor allem interessiert, man hat es oben vielleichts schon bemerkt, sind die technischen Aspekte. Vor allem die Lehren die man daraus zieht. Kann man für andere Bahnen sicher lehren. Leider sind die technischen Beschreibungen der ganzen Bahn sehr waage. Auch die Beschreibung im Urteil ist wie Kris schon angesprochen hat nicht wirklich aussagekräftig. Allerdings hat sich seit dem Vorfall bei vielen Bahnen einiges getan. Vor allem Brandschutzonzepte sind jetzt bei Verlängerungen von Betriebsbewilligungen sehr wichtig geworden. Teilweise gab es da schon Missstände. Zum Beispiel Sprengstoff für Lawinensprengung zusammen mit Holzstangen für Pistenmarkierungen und Dieseltank zusammen mit Antriebsmaschine usw.

Was für mich persönlich eigendlich das schwierigste an der Sache ist, dass hier eigendlich alles was versagen konnte Versagt hat auf der ganzen Linie, Vom Branschutz über Elektrotechnische Vorschriften über die Kontrollen bis zur Schulung usw. Komplett versagt bis zur Urteilsverkündung zieht sich das durch die ganze Katastrophe. Eigendlich haben an diesem Desaster alle Beteiligten eine Mitschuld, Opfer ausgenommen.
Ich schliesse mich Starli an: Boykott dem neuen, unübersichtlichen Alpinforum-Design.

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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von TPD »

Eigendlich haben an diesem Desaster alle Beteiligten eine Mitschuld, Opfer ausgenommen.
Unbestritten.
Und darum wird man auch nicht so einfach einen Schuldigen finden. Oder sonst wäre er dann einfach das Bauernopfer, was auch nicht wirklich der Sinn der Sache ist.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von schafi »

Dachstein hat geschrieben:Stichwort Verbandsverantwortlichkeitsgesetz... Das gabs damals noch nicht und ist eine direkte Folge aus dem Kaprundesaster.
Eine Verantwortlichkeit der Gletscherbahnen Kaprun AG nach dem VbVG wäre aber ohnehin nicht gegeben gewesen, weil kein rechtswidriges Verhalten festgestellt wurde.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Klosterwappen »

@ USA:
Man vergewärtige sich die Deals, die in den VSA die Staatsanwälte mit den Anwälten der Beschuldigten abschließen.
Und halte dann die Behauptung aufrecht, dass es in den USA keine Mauschelei vor Gericht gibt.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Werna76 »

Um die Komplexität der Firmengruppe und die Verflechtungen zu verdeutlichen:
Ich hoff man kanns halbwegs lesen, links unten die Gletscherbahnen Kaprun AG
Rechts außen noch zu a bissl mehr als 6 % beteiligt an der Kapruner Promotion Lifte GmbH das Bankhaus Carl&Spängler &Co, das hat nicht mehr ganz aufs Bild gepasst.

Bild
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Werna76 »

Und hier noch der Link zur ATV-Reportage gestern:
http://atv.at/contentset/97299-atv-dokument/1305645/0/1 (Edit: das ist der Link zur Diskussion danach, rechts anklicken für die Reportage)

Ab 04:20 wirds interessant, da wird beschrieben wie der Brand ausgelöst wurde. Dabei ist übrigens von 16 Litern Hydrauliköl die Rede und nicht von 160 Litern wie hier im Forum angeführt.
Zuletzt geändert von Werna76 am 09.11.2010 - 20:55, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Klosterwappen »

Kris hat geschrieben:Die Urteilsverkündung bzw. Urteilsbegründung vom Landgericht Salzburg kann man ja herunterladen
Ein Landgericht Salzburg gibt es seit 1945 nicht mehr!
Kris hat geschrieben:6.) Verflixt, da muss man sich doch etwas drechseln können, überlegt sich das Gericht in Form von Frau Richterin. Bingo. Frau Richterin weiss,
Frau Richterin Manfred Seiss

Auf den Rest des Postings einzugehen, erspare ich uns allen.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von darkstar »

Was ist denn das schon wieder für eine tolle Dokumentation? Ach den Heizlüfter konnte man weder ein noch ausschalten? Und 16 Literli Öl reichen für eine ganze Garnitur, die aus zwei Wägen besteht?
Hier wird ja nur in die eine Richtung gearbeitet....sieht man ja auch gut an den zwei feinen Herren. Der arme ex Justizminister...
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Powderjunky »

Frontal 21 bringt gleich was.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von citta dei sassi »

Jetzt in ZDF aspekte, wird so in 10 Minuten kommen.
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Dachstein »

Naja, gestern im ATV wars schon teilweise sehr komisch, insesonders, was der Opferanwalt zum Brandausbruch gesagt hat.

ich habe es versucht, halbwegs zu zitieren.

Anwalt:
Es wäre aktiv gepfuscht worden, denn der Heizlüfter habe eine Nut - Feder Funktion, deren Lappen überlappen etwa 1,5 cm. Schiebe man dazwischen eine Platte so würde sich das Innere des Heizlüfters verändern und zwar um 1,5 cm. Es gibt zwei Noppen die beim Heizlüfter hinausschaun, wo die Ein- und Ausschaltknöpfe drauf sind. Diese Ein- und Ausschaltknöpfe fallen hinunter, wenn der Heizlüfter um 1,5 cm innen verändern. Es ist daher unumgänglich, alle elektrische Einheiten zu hinterlegen, um die Noppen wieder nach vorne kommen, um die Thermostatknöpfe wieder darauf befestigen zu können. Das sind technisch konstruktive Veränderungen, die man nicht vornehmen dürfe.
Rückfrage seitens der Talkmasterin:
Wozu hat das geführt?
(und jetzt kommt der absolute Hammer!)

Anwalt:
Das hat dazu geführt, dass der Heizlüfter in der veränderten Position niemals bedienbar gewesen wäre. Die Ursache des Brandes war damit das Hinterlegen und Hinausschieben der Knöpfe, sodass man sie ein- und auschalten kann; der Heizlüfter hätte niemals funktioniert, er wäre niemals Brandursache gewesen ohne die Veränderungen.
Und jetzt kann sich jeder ein Bild davon machen, was hier gesagt wurde: das Hinterlegen der Bedienelemente hätte den Brand verursacht? Aja. Alles klar.... und ein großes Autsch meinerseits.

MFG Dachstein
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Re: Kaprun Prozess

Beitrag von Kris »

Klosterwappen hat geschrieben:
Kris hat geschrieben:Die Urteilsverkündung bzw. Urteilsbegründung vom Landesgericht Salzburg kann man ja herunterladen
Ein Landgericht Salzburg gibt es seit 1945 nicht mehr!
Ich reiche gerne die zwei Buchstaben "es" nach, mit der Bitte um Einfügung.
Klosterwappen hat geschrieben:
Kris hat geschrieben:6.) Verflixt, da muss man sich doch etwas drechseln können, überlegt sich das Gericht in Form von Frau Richterin. Bingo. Frau Richterin weiss,
Frau Richterin Manfred Seiss
Danke für den Hinweis, "Richter Manfred Seiss" muss es heißen. Ich habe den Text entsprechend korrigiert.
(Frau Mag. Charlotte Rohan-Achammer war in dem Fall die Untersuchungsrichterin).
Klosterwappen hat geschrieben: Auf den Rest des Postings einzugehen, erspare ich uns allen.
Warum denn das? Obige Verfehlungen wären ja im Vergleich Kleinkram wenn ich den Satz hier so lese... Also ich bitte darum, auf den Sachverhalt im Text einzugehen. Ich wäre Dankbar, die Darstellungen dort wo in der Sache falsch richtigzustellen zu können!
Zuletzt geändert von Kris am 10.11.2010 - 00:21, insgesamt 10-mal geändert.
>> Die unaufhaltsame Industrialisierung des Skiraums führt zu Banalisierung und somit zum Verlust der magischen Skisportfreude<<

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