Ende des neunzehnten Jahrhunderts erlebte Varese einen bemerkenswerten Aufschwung im Tourismus. Der Höhepunkt in diesen Jahren war die Eröffnung des Grand Hotel Excelsior und dem Hippodrom. Die Idee war es in jenen Jahren für eine schnelle Verbindung innerhalb der Stadt Varese zu sorgen, welche schon damals mit zwei verschiedenen Eisenbahnstrecken, einer der Nordbahn und der des Mittelmeer-Netz verbunden war. Daraus wurde im Jahr 1905 die Staatsbahnen. In diese Planungen floss auch die Projektierung einer Verbindung für den Anschluss der Stadt Varese mit der Ortschaft Sacro Monte.
Das erste Projekt sah eine Pferdetrambahn durch das Vellonetal und die Erschliessung von Sacro Monte mit einer Seilbahn. Das Projekt wurde überarbeitet und die Trambahn durch eine elektrisch angetriebene Strassenbahn erweitert. Diese sollte auf einer Länge von über 10 Kilometern durch die Vororte von Varese führen und dann bis ins Vellonetal hinein fahren wo sie an der Talstation der Standseilbahn Sacro Monte endete.
Von der Talstation aus sollten nun zwei Standseilbahnen in unterschiedliche Richtungen führten. Die erste hinauf nach Sacro Monte und die zweite nach Campo dei Fiori.
Nach Anfänglichen Querelen um die Finanzierung des Ehrgeizigen Vorhabens, wurde im März 1895, die erste Strecke von der Stadtmitte bis nach Robarello geführt. Im September des gleichen Jahres absolvierte die Bahn die Erstfahrt bis nach Prima Cappella und war sofort ein Erfolg.
In den ersten Monaten des Betriebs der Eisenbahn wurden mehr als 400.000 Menschen transportiert.
Von der Station Prima Cappella war es nun nur noch ein kurzes Stück bis zur Vorgesehenen Talstation im Vellonetal. Die Erweiterung zum Sacro Monte, wurde im August 1907 in Rom präsentiert Das Projekt, umfasste auch den Bau eines rund 100 Meter langen Tunnels durch die Hügel von Gaggio.
Ende 1907 waren alle Bewilligungen eingetroffen und es konnte mit dem Bau der Bahnlinie und der Standseilbahn begonnen werden. Aufgrund der Topografie war es notwendig die Standseilbahn über zwei Viadukte, eine mit 5 und mit 6 Bögen, zu trassieren.
Die Talstation, liegt etwa auf einer Höhe von 600 Meter, Die Bergstation 800 Meter über dem Meeresspiegel. Die Tal und Bergstationen wurden Architektonisch im Stile der Liberty welche jene Jahren kennzeichneten, erstellt.
Anfangs April 1909 war die Bahn fast fertig gestellt. Aufgrund bürokratischer Hürden, konnte sie aber erst im Herbst 1909 dem Betrieb übergeben werden.
Nach der Einweihung begann der regelmäßige Betrieb der Standseilbahn. In den ersten acht Monaten wurden fast 100.000 Passagiere befördert. In den kommenden Jahren konnte ein ansehnlicher Gewinn erwirtschaftet werden.
Die Bahn wurde von Anfang an elektrisch betrieben. Für die nötige Leistung um das 32mm sorgten zwei Drehstrom Asynchronmotoren mit einer Leistung von je 50kW. Die roten Wagen für 60 Personen fuhren mit einer Geschwindigkeit von 1,5m/s.
Ebenfalls 1909 wurde auch Campo dei Fiori, am Gegenüberliegenden Berg des Sacro Monti, das Grand Hotel eröffnet. Die mit rund 800m mehr als Doppelt so lange Standseilbahn, wurde 1911 fertig gestellt. Auch diese Gebäude wurden von Giuseppe Sommaruga im damals Typischen Liberty Stiel entworfen.
1911 folgten auch die Eröffnung der dritten kurzen Standseilbahn zum Kursaal.
Die Bahn nach Sacro Monte lieferte Ceretti & Tanfani, Die beiden anderen Bahnen wurde die Mechanik durch die Firma Von Roll Bern geliefert.
Im ersten Weltkrieg brachen die Besucherzahlen drastisch ein.
Im zweiten Weltkrieg erlebte die Seilbahn zuerst eine Blütezeit. Sie wird nun sinnvoll für den Transport von Patienten Genutzt.
Der Krieg ging aber nicht spurlos an den Standseilbahnen in Varese Vorbei. Am 30 April 1944 wurde das Hotel Kursaal und dessen Standseilbahn bei der Bombardierung der angrenzenden Flugzeugfabrik von Aermacchi getroffen und brannte ab. Die Anlage zum Kursaal wurde nicht wieder aufgebaut.
Ein ähnliches Schicksal sollte auch die anderen beiden Standseilbahnen ereilen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte Varese Modernisert werden und der private Autoverkehr gefördert werden. Leider fühlte man zu dieser Zeit das starke Bedürfnis nach Veränderung und Erneuerung, diese Mentalität sollte den Standseilbahnen und dem Tram, welche nach dem Krieg mit sinkenden Fahrgast-zahlen zu kämpfen hatten, den Todenstoss versetzen,
1952 lief der Vertrag mit der Betriebsgesellschaft SVIT aus. Die von Rom verlangten Renovationen wurden nicht mehr ausgeführt. Am 1. September 1953 fuhr die Bahn zum letzten mal. Gleichzeitig wurde auch die Standseilbahn Camp dei Fiori und die Strassenbahn eingestellt.
Der damals prognostizierte Fortschritt mit dem Bau einer Strasse nach Sacro Monte würde sich Jahre später bitter Rächen.
Die Fahrzeuge wurden entfernt, ebenso wie die Schienen, Gebäude und Trasse wurden sich selbst überlassen. Auch das Fünbögige Viadukt über die Fahrstrasse wurde zum glück stehen gelassen. Danach fiel die natürliche Vegetation über alles her und verwandelte die Bahnen in ein Dornröschenschloss.
Für den öffentlichen Verkehr wurden Busverbindungen eingerichtet. Der Boom von Privatautos liess die Anfängliche Euphorie über die Strassenerschliessung sehr schnell der Ernüchterung weichen. Das Bergdorf Sacro Monte war dem Ansturm an Fahrzeugen nicht gewachsen. Die engen Strassen und die wenigen Parkpläte waren regelmässig überfüllt. Das Verkehrschaos riesig. Verstärkt wurde das Chaso durch die immer grösser werdenen Autos.
Die Idee einer Wiedereröffnung der Seilbahn entstand im Jahr 1980
Anfänglich war es ein Projekt der Ferrovie Nord Milano, die den Bau einer Verbindung zwischen der Prima Capella und dem Bahnhof im Vellonetal mit einem Monorail vorsah. Dieses Projekt wurde jedoch aufgegeben, weil es zu teuer war.
In den 90er Jahren war das Verkehrsproblem so gross, dass die Gemeinden von Varese beschlossen, den Privatverkehr für die Strasse zum Sacro Monte und Campo de 'Fiori zu unterbinden und die Strassen zu sperren.
Das Projekt einer Reaktivierung der Standseilbahn wurde 1994 aufgegleist Und Im Jahr 1998 wurden die Arbeiten begonnen. Der Neubau wurde durch die Firma Poma Italia, ehemals Agudio, durchgeführt die Anlage war im Jahr 1999 bereit für die Eröffnung. Es wurde aber beschlossen, die Betriebsaufnahme zu verschieben, um den Bau des Tunnels Gaggio abzuschließen.
bürokratische Probleme zwischen der Gemeinde Varese und den Firmen welche für die Renovierungen des Tunnels verantwortlich war, führten dazu, dass die Standseilbahn ohne Abschluss der Arbeiten Eröffnet wurde.
Nach 40 Jahren Stillstand wurde die renovierte Standseilbahn am 29. Juli, 2000, in Anwesenheit der lokalen Behörden eröffnet.
Die ersten 6 Monate des Jahres wurden 100000 Passagiere befördert. Es wurde beschlossen, die Anlage täglich von 7,00 bis 20,00 zu betreiben.
Die Kunden beklagten aber die mühsame Anreise zur Bahn. Diese konnte nur zu Fuss durch den ehemaligen Bahntunnel und das ehemalige Bahntrasse erreicht werden.
Im Jahr 2003 wurde beschlossen die Linie C der Verkehrsbetriebe Varese bis Vellone zu verlängert und den Bus über die ehemalige Bahntrasse zu führen. Aufrund bürokratischer Hindernisse zog sich der Bau über 2 Jahre. In dieser zweit stand die Stanseilbahn ein weiteres mal still.
Nach etwa zwei Jahren Arbeit, konnte die Bahn nun ein drittes mal 2005 eröffnet werden. Die Zufahrt durch den Eisenbahntunnel und die Bahntrasse ist sehr schmal. In der Streckenmitte wurde eine Kreuzungsstelle erstellt. Die Durchfahrt wird durch Ampeln und zwei Blockstrecken im Einspurbetrieb geregelt. Wer mit seinem PW anreisen will, muss das Auto vor dem Tunnel parkieren.
Die immernoch sehr mühsame und vor allem sehr schlecht beschriebene Anreise, das Verkehrschaos in der Stadt Varese, die fehlenden Parkplätze und die schlechte Informationspolitik sowie das wiedereröffnen der Bergstrasse liessen die Fahrgastzahlen weit hinter den Erwartungen bleiben.
Aber anstatt diese Missstände zu beheben entschloss man sich die gleichen Fehler von 1953 zu wiederholen.
Es wurde beschlossen, die Anlage nur noch an Samstagen und Feiertagen zu betreiben.
Im Jahr 2006, wurden die Zeiten der Standseilbahn weiter eingeschränkt
Heute fährt die Bahn noch wie folgt: In der Zeit von November bis März an Feiertagen von 10.00 bis 18.00; in der Zeit von April bis Juli, am Samstag 14,00-19,30 und am Sonntag von 10,00 bis 19,30; im August die ist die Standseilbahn an jedem Tag in Betrieb und während den Monat September und Oktober wiederum nur am Samstag 14,00-18,00, an Sonn-und Feiertagen von 10.00 bis 18.00.
Die Bahn fährt alle 15 Minuten. Zu Spitzenzeiten alle 10 Minuten. Die Fahrt kostet einen Euro. Das Drehkreuz wird durch den Einwurf einer Eineuromünze geöffnet. Die Wagen fahren Führerlos.
Für diejenigen, die mit dem Auto anreisen, gibt es Parkplätze in Piazzale Montanari und den angrenzenden Straßen, aber in begrenzter anzahl, Der Bus führt von der Stadtmitte direkt zur Bahn.
Was in Zukunft geht ist noch offen.
Allerdings herrscht an schönen Wochenenden in den Bergen ob Varese auch mit der Standseilbahn noch immer ein Verkehrschaos.
Die Standseilbahn Campo dei Fiori liegt auch heute noch im Dornröschenschlaf. Das Projekt zur Reaktivierung wurde aufgrund bürokratische Hürden auf den Stankt Nimmerleinstag verschoben. Dass obwohl die Finanzierung gesichert war. Das Geld wurde mittlerweile in anderen Projekten verbraucht. Das Grand Hotel wurde im Jahr 1968 geschlossen.
Ende der 70er Jahre kaufte ein Industrieller das geplünderte Gebäude, allerdings wurde das Hotel nicht wiedereröffnet sondern zum Radiosender umgebaut und das Dach mit Antenne verstellt. Die Stationen und das Restaurant verfallen langsam.
Wie es weiter geht, wir werden sehen.
Auch in 4k Auflösung verfügbar