Hatte sich meine Erfahrung mit Skigebieten im Wallis bisher auf Crans-Montana, die Lauchernalp und Blatten-Belap beschränkt, stand nun endlich mal das selbsternannte grösste Skigebiet der Schweiz auf der Liste ganz oben.
Der Wetterbericht sagte für Samstag schönes Wetter bei jedoch zunehmend stürmischem Föhn voraus; am Sonntag sollte es bedeckt sein und später schneien.
Also Samstag morgen früh ins Auto und so schnell wie möglich ins Zentralwallis!
Vorfreude!

Im Gegensatz zu Crans-Montana, aber wohl vergleichbar mit Champéry/Portes du Soleil, gibt es in Le Châble einen direkten Einstieg vom Talboden (800m) aus mit einer 4EUB, sogar mit Bahnanschluss.
Nur wenige Minuten Wartezeit wegen häufiger Halte an der der 4EUB in Le Châble
Die Bahn hat in Verbier praktischerweise Durchfahrbetrieb und führt in der oberen Sektion parallel mit der grösseren Bahn, die in Verbier Downtown startet, nach Les Ruinettes auf 2200m.
Nach einer Fahrt mit der interessanten Tal-Berg-Tal-Kombibahn Chaux-Express erreichten wir die (morgenliche) Sonnenseite von Verbier, mit angenehmem Anfängergelände in Fontanet.
Der Tag erwacht an der gemütlichen (andere sagen: furchtbar langsamen) 4SB La Chaux 2 von WSO
Nach einer Wiederholungsfahrt an der schönen, breiten Carvingpiste von La Chaux 2 wollte dann gleich das grosse Ziel des Tages gestürmt werden!
Das Objekt der Begierde hinten rechts knapp zu erkennen: Gipfelstation des Mont Fort!
Der Mont Fort (je nach Schild, Broschüre oder Karte mit 3100, 3200 oder auch mal 3300m angegeben) wird mittels eines faszinierenden Systems von drei grossen PB erschlossen, von denen ich leider kaum Bilder gemacht habe. Im Forum lässt sich aber bestimmt was finden

Schon oben die umwerfende Aussicht mit Matterhorn und Mont Blanc (nicht im Bild) geniessen. Die Wartezeiten an der PB Jumbo und der anschliessenden Gipfel-PB Mont Fort hielten sich trotz Traumwetters sehr in Grenzen.
Massive Gipfelstation mit langer, mühsamer Treppe am Mont Fort
Der Blick in die weiten Eiswüsten ist schon beeindruckend und der Mont Fort echt ein toller Skiberg, durchaus nicht unähnlich dem Pic Blanc in Alpe d'Huez (http://alpinforum.com/forum/viewtopic.p ... hilit=huez).
Ist halt schon ein Unterschied, ob man in besseren Voralpenhügeln wie teilweise in den Ostalpen oder auf richtigen Bergen wie hier im Wallis skifahren geht

DIe Abfahrt vom Mont Fort ist zwar schwarz markiert, unterscheidet sich aber nur wenig von gewissen Skirouten im Gebiet: grosse, aber an diesem Tag ganz gut fahrbare Buckel und im ersten Hang sehr, sehr steil, danach flach auslaufend.
Buckelhang am Mont Fort
Da der grosse Neuschnee am Donnerstag gefallen war, gefolgt von einem sonnigen Freitag, hatte ich mein Snowboard im Auto gelassen und war auf den Skiern unterwegs. Hier am Mont Fort und später angesichts netter, noch vorhandener Offpiste-Möglichkeiten, vielleicht nicht die perfekte Wahl, doch die vielen snowboardfeindlichen Ziehwege später bestätigten mich dann doch, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Insgesamt sind im Gebiet unglaublich viele Leute mit breiten Powderlatten unterwegs, in der Dichte kenne ich das sonst nur vom Titlis.
Und doch noch ein PB-Bild gefunden! Col des Gentianes mit PB Mont Fort (links) und PB Col des Gentianes (rechts). Rechts die Bergstation der "Jumbo".
Ein weiterer Blick auf den Pistenplan bestätigte das Unerhörte! Der ganze Sektor Verbier ist mit dem Rest der 4 Vallées ausschliesslich über markierte, aber nicht gewalzte Skirouten verbunden! In anderen Gebieten undenkbar, hier als besonderes Alleinstellungsmerkmal sogar offensiv beworben (im Prospekt von Televeysonnaz werden die Routen als "Free Tracks" bezeichnet ...

Trotz Pistenski blieb also keine Wahl (denn die PB nach unten nehmen war natürlich keine Option

Typischer Kessel auf der Route. Nach Neuschnee und mit dem Snowboard natürlich genial! Mit den Pistenski wars anstrengend, aber wenigstens kriegt man warm!
Rückblick Richtung Col des Gentianes. Der unterste, flache Teil ist netterweise wieder gewalzt.
Nach kurzer Fahrt über die Ebene (den See?) mit der 4KSB Tortin und anschliessender Entspannungspiste bot sich dieses Bild:
Appartements im netten 60er-Jahre-Stil in Siviez. Hässlich, aber tolle Lage direkt im wohl wichtigsten Drehkreuz der vier Täler! Hinten zu erkennen 4KSB Tortin, lange, interessante Bahn mit einer Umlenkstation, einer Zwischenstation und beidseitiger Nutzung im obersten Abschnitt. Links 4KSB Combatseline.
Vor der Mittagspause fuhren wir noch die tolle rote Abfahrt an der 4KSB Combatseline (bereits Teil des Sektors Veysonnaz/Nendaz), bevor mich dann, trotz gutem Essen, fast der Schlag traf:
CHF 1.50 für eine Packung Ketschup oder Mayo! Really??
Frisch gestärkt machten wir uns auf, den schönen Sektor Greppon Blanc zu erkunden. Dieser weist schöne schwarze und rote Pisten auf und wird von einem Liftkuriosum sondergleichen erschlossen.
Doppel-Tellerlift Greppon Blanc. Zu sehen ist die komplett unabhängig trassierte Rückführung der Gehänge, wobei das talwärtsführende Seil des linken Liftes den Einsteigebereich des rechten überquert.

Der Lift läuft übrigens enorm schnell, ist gar nicht so einfach, einzusteigen. Zudem verfügt er als Krönung der Absonderlichkeiten in der Mitte beim rechten Lift auch noch über einen offiziellen Zwischenausstieg

Rückführungsstudie.
Strecke des Doppelliftes Greppon Blanc mit schwarzer (eher dunkelroter?) Piste. Der Schnee hier oben war übrigens, wie tendenziell überall höher als ca. 1800-2000m, ausgezeichnet und pulvrig.
Nostalgisches Fundstück am Greppon Blanc.
Danach wechselten wir, vorbei am 2SL Tsa und einem langen, langen, langen Ziehweg in den Kernsektor von Veysonnaz.
Wegscheide mit braunem Tiefblick.
Die Talabfahrt runter nach Veysonnaz, die sich an den Ziehweg anschloss, ist lang, abwechslungsreich und landschaftlich interessant. Die Abfahrt führt an kleinen Hütten vorbei, an Laubbäumen und dem einen oder anderen Restaurant

Bereits kurz vor der Talstation. Immer wieder beeindruckend im Bereich Veysonnaz/Thyon: das tolle Panorama mit dem Tiefblick ins Rhonetal, auf das man teilweise richtiggehend zuzuschiessen scheint. Rechts im Bild die 8EUB Veysonnaz.
Nach zwei Fahrten mit dem Kurzbügler (!) Cheminée und dessen schöner schwarzen Piste ging es über einen langen Ziehweg (wieder!), den Schlepplift Tsa und den kuriosen, extrem unbequemen Kurzgehänge-mehrere Kurven-unabhängige-Rückführung-Tellerlift (oder wie nennt man sowas?) Meina wieder nach Siviez. Dort lockte der lange, wunderbar geneigte und abwechslungsreiche Hang der 8EUB Siviez.
Für Veysonnaz/Nendaz typischer Kurventellerlift, hier Plan-du-Fou am gleichnamigen Gipfel.
Nun war der Zeiger auf der Uhr schon weit fortgeschritten und die einzige längere Wartezeit (10 Minuten) des Tages an der spektakulär trassierten 8EUB Chassoure führte zu einer weiteren Verzögerung. Daher war nun bereits die Zeit der schönen Abendstimmungsbilder gekommen.
Bergstationsbereich der 3SB Lac des Vaux.
Die lange Talabfahrt nach Verbier bot noch einmal viel Vergnügen, allerdings waren hier nun auch die ganzen Leute wieder anzutreffen, die sich offenbar tagsüber stehts hier oder sonst gerade dort, wo wir nicht waren, aufgehalten hatten

Immerhin liessen sich auch hier noch einmal schön Höhenmeter machen, sind doch immerhin 1200 solcher zu vernichten vom Attelas bis nach Downtown.
"Grossstadt" Verbier im Abendlicht.
Nach einem bescheuerten Umweg über Treppen, Rampen und einem Lift vom Pistenende in Verbier bis zum Einstiegsbereich der 4EUB Le Châble konnten wir dann ermattet, aber glücklich, die Rückreise in nämlichen Ort antreten.
Nach einer Übernachtung in Martigny, die bewies, das Hotelübernachtungen in der Schweiz weder teuer, noch schlecht sein müssen, war der Sonntagmorgen angebrochen. Die Prognose hatte ja Sturm verheissen, zumindest aber Niederschlag und schlechte Sicht. In Tat und Wahrheit war es stark bewölkt, aber die Sonne drückte immer wieder durch und der Wind hielt sich stark in Grenzen. Wohl einmal mehr der spezielle inneralpine Effekt des Wallis, der den Vormarsch der Front deutlich verzögerte.
Nach kurzer Beratung war klar: Der Sektor Veysonnaz/Thyon hatte uns gut gefallen und es gab da noch einiges zu erkunden. Also direkt mit dem Auto nach Veysonnaz und dort freudig überrascht, dass eine Halbtageskarte (bis 13 Uhr, obwohl in allen Preislisten 12:30 steht) für den (grossen, bis Nendaz und Tortin reichenden) Sektor "Printse" für schlappe CHF50 zu haben war!
Das erste Ziel des Tages war sonnenklar: Die am Vortag ausgelassene Bärenpiste mit der ehrwürdigen, diesen Sommer ersetzt werdenden 4EUB Piste de l'Ours.
Habbegger (?) 4EUB Piste de l'Ours mit Rhonetal
Die Bärenpiste ist echt ne Wucht! Lang, teilweise steil, und sehr flott zu fahren. Der Schnee war gerade im unteren Bereich schon etwas härter bzw. Kunstschneelastiger, dennoch wiederholten wir die angeblich damals illegal angelegte/ausgeholzte Piste gleich 2x.
Piste de l'Ours
4EUB-Impressionen. Das schüttelt, das rumpelt, Gondeln stossen in der Station zusammen... Herrlich

Anschliessend wollte der Sektor Thyon, für den am Vortag ebenfalls zuwenig Zeit war, erkundet werden.
Spannende Architektur: Appartementsiedlung Thyon 2000, direkt an der Piste.
Der Sektor Thyon besteht zum einen aus einem breiten, recht flachen Hang mit sage und schreibe 7 praktisch parallel verlaufenden Anlagen, wobei fast schon etwas Idalpe-Feeling (nur mit viel weniger Leuten) aufkommt, bzw. sich Anklänge zu französischen Stationen wie Avoriaz zeigen.
Zum anderen wird mit einer langen, relativ neuen 4KSB der 2450m hohe Ethérolla mit einer langen schwarzen Abfahrt erschlossen.
4KSB Ethérolla. Im Hintergrund das Val d'Hérémence, wo die berühmten Ehringerkühe herkommen.
Steilstück der schwarzen Abfahrt vom "Gipfel von Thyon". Hier verschlug es mir fast die Sprache und ich dachte an einen Fasnacht-Scherz, als ich einen blinden Skifahrer mit Begleitung mit wunderbarer Technik die schwarze Abfahrt herunterwedeln sah. Wenn ich es nicht mit meinen eigenen Augen gesehen hätte...

Nach einem Abstecher ganz runter nach "Thyon 1600" (erst sulziger Schnee und enge Piste, dann eisig-hartknollig-sulziger Schnee mit noch engerer Piste) wechselten wir über den laaaangen Ziehweg und den unvermeidlichen SL Tsa in den Greppon Blanc Kessel und fuhren noch mehrmals die tolle, wenn auch etwas kurze schwarze Piste an der alten DSB Greppon Blanc 3. Insgesamt sind die Anlagen im Bereich Veysonnaz/Nendaz schon sehr veraltet, gerade im Vergleich zum Teil Verbier. Andererseits machen diese kuriosen Relikte ja gerade auch ein bisschen den Charme dieses Teils der 4 Vallées aus.
DSB Greppon Blanc 3 (Bild vom Vortag). Rechts endet der "Eiermassage"-Kurzgehänge-Tellerlift Meina, von links kommt der "normale" Langbügellift Les Chottes.
DSB Greppon Blanc 3 versus Rhonetal. Der Föhn nun kurz vor dem Zusammenbruch.
Kurz vor dem Ablaufen der Vormittagskarte fuhren wir noch einmal die schöne Piste am Cheminée.
Kurzbügler Cheminée. Man muss schon aufpassen, dass man das Gehänge beim Einstieg nicht um den Kopf geschlagen bekommt!
Nach einem kurzen Blick ins grosse Restaurant an der Bergstation der 8EUB Veysonnaz (Menschenmassen! Schlangen! Lärm!) fuhren wir dann lieber die schöne Talabfahrt nach Veysonnaz, wobei wir auf halbem Weg plötzlich ein kleines, sympatisches Restaurant mit bester Aussicht entdeckten. Ein Tisch wurde auch gerade frei und so genoss ich dort eine ganz ausgezeichnete Käserösti mit Spiegelei

Standesgemässer Abschluss eines tollen Wallis-Ausfluges
Fazit:
+ Sehr weitläufiges, extrem abwechslungsreiches Gebiet
+ Skiberg Mont Fort
+ Viele Routen
+ Spannender Anlagenmix
+ Wenig Leute (Schweizbonus

+ Grosse Höhendifferenzen
+ Aussicht!
+ Faire Preispolitik
+ Talzubringer Le Châble
- Sektor Thyon/Veysonnaz nur über lange (aber gut fahrbare) Ziehwege an das restliche Gebiet angebunden
- Einige Anlagen könnten schon mal ersetzt werden
- Nur lange EUB ohne Zwischenstation in Veysonnaz, Beschäftigungsanlagen auf der Talabfahrtspiste nicht mehr in Betrieb
Ich werde sicher einmal wiederkommen und dann auch versuchen, dieses mal verschmähte Sektoren wie Nendaz oder den Skiroutenberg Mont Gelé zu erleben.