Am Ende meines Studiums habe ich mir eine Woche Engadin St.Moritz 31.03.-07.04.16 und anschließend eine Woche Zermatt 07.04.-14.04.16 gegönnt und möchte euch von meinen Erfahrungen kurz berichten.
Eines gleich vorweg - ich möchte mit diesem Bericht kein "Schweiz-Bashing" betreiben, noch bin ich ein sogenannter "Fanboy".
Ich bin leidenschaftlicher Pistenskifahrer und fahre nur selten in die Schweiz, was ausschließlich am Wechselkurs liegt. Bei meinen bisherigen Aufenthalten (Arosa, Val d´Anniviers, Saas Fee im Sommer) und auch bei diesem hat es mir sehr gut gefallen. Besonders gefällt mir das Authentische - die Holzhütten sind hier noch aus Holz und nicht aus Beton.
1. Woche: Engadin St.Moritz
Anfahrt via Bodensee - Julier-Pass am 31.03.16 bei leichtem Regen. Gewohnt habe ich in einem Mittelklasse-Hotel direkt neben der Corvatschbahn. Den Skipass gab es für 35 CHF/Tag dazu.
Zum Hotel: Häufig hört man hier vom schlechten Standard der Unterkünfte in der Schweiz, dem kann ich in keinster Weise zustimmen. Der Service sowie das Essen waren erstklassig und lag deutlich über den (wenigen) von mir besuchten Hotels in Österreich und Südtirol.
Von der anscheinend geringen Schneelage war ich positiv überrascht: In welchem Skigebiet in Österreich liegt um diese Jahreszeit im Tal noch 30-40 cm Schnee? Generell war es in diese Woche jedoch zu warm. Hin und wieder hat es über Nacht bis auf 2300 m geregenet. Die Taltemperaturen lagen meist um 10-12°C.
Skigebiete
Besucht habe ich an jeweils zwei Tagen Corviglia und Corvatsch und an einem Tag Diavolezza/Lagalb. Ich halte alle Skigebiete für außergewöhnlich.
Pistenverhältnisse: Morgens hart, ab Mittag Sulz
Corviglia
Extrem abwechslungsreich und perfekt erschlossen: Alles richtige Abfahren und keine Verbindungswege, bis auf die Talabfahrt Signal.
Eingestiegen bin ich über die Signalbahn. Die Fahrt mit dem Linienbus dauert 11 min ab Corvatschbahn.
Pistenpräparierung: Erstklassig, besser als in Österreich, auf Südtirol-Niveau und das trotz der schwierigen Wetterverhältnisse
Betrieb: Ich war Freitag und Sonntag (letzter Betriebstag) dort. An beiden Tagen war einiges los! Anstehen musste man jedoch nicht.
Corvatsch
Ebenfalls sehr abwechslungsreich, insbesondere mit Furtschellas. Dieser Teil wurde jedoch ebenfalls am 3.4.16 geschlossen. Die Pistenpräparierung war auch hier sehr gut.
Nicht so gut gefallen hat mir die Verbindung der beiden Skigebietsteile. Dieses rumgeeiere mit diesen kurzen Schleppliften muss man nur einmal am Tag gemacht haben. Zudem ist die Pistenausschilderung nicht gut. Die mit Abstand beste Piste führt vom Corvatsch zum neuen Sessellift Mandra. Ich bin selten so eine perfekte Carvingpiste mit Top Panorama und Schneeverhältnissen gefahren.
Sessellift Mandra: Finde ich sehr gut gelungen. Nach der Corvatsch-Abfahrt kann man sich bequem ein paar Minuten ausruhen.
Fahrplan der Seilbahnen: Der 20-Minuten-Takt hat mich nicht gestört. Die erste Sektion fährt man eh nur zu Tagesbeginn. Die zweite Sektion legt bei Bedarf Zusatzfahrten ein. Wenn man zügig fährt sind Wiederholungsfahrten möglich, so auch an der schönen Furtschellastalabfahrt.
Hahnenseepiste: Diese war nur sehr unregelmäßig geöffnet, meist zwischen 11:00 - 15:00 Uhr, was nicht auf Sparmaßnahmen, sondern ganz eindeutig auf die Verhältnisse zurückzuführen war. Ich bin die Piste am frühen Nachmittag am Sonntag 3.4. gefahren. Eine sehr schöne, abwechslungsreiche und aussichtsreiche Piste (unbedingt an der Hahnenseehütte einkehren!). Unterhalb der Hahnenseehütte waren die Pistenverhältnisse sehr schlecht. Der Schlusshang war grasig braun und mit vielen Steinen gespickt. In Österreich wäre eine solche Piste schon früher geschlossen worden. Deshalb: Volles Verständnis für die Schließung ab 3.4.
Hahensee-Express: Sinnloses Zusatzangebot! Fahrtzeit Signal - Champfer - Corvatschbahn: 10 min. Man ist nicht wirklich schneller als mit dem Linienbus. Gut wäre, wenn der Bus am tatsächlichen Pistenende (Waldrand) halten würde.
Betrieb: Ab 3.4. leer. Habe noch nie so ein leeres Skigebiet gesehen.
Diavolezza/Lagalb
Wie bereits schon im Schneesituationstopic geschrieben war ich am 4.4.16 bei wechselhaften Verhältnissen und sehr wenig Betrieb dort. Kurzum: Diavolezza hat die Landschaft, Lagalb die Pisten. 20-Minuten-Takt an der Diavolezza nervt, da keine Wiederholungsfahrten möglich sind. Zwischenfahrten am Sessellift müssen eingelegt werden. Die Abfahrt dort ist nichts Besonderes.
Sehr zu empfehlen ist das SB-Restaurant im Berghaus Diavolezza. Sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, unbedingt den Hamburger probieren!
Allgemeines Fazit
Sehr schön und gerne wieder! Hier machen ganz "normale" Leute Urlaub, alles sehr ruhig und gelassen. Das Preisniveau auf den Hütten entspricht dem Schweizer Durchschnitt würde ich sagen. Für mittelgroßes Essen mit großem Getränk habe ich in der Regel 25 CHF bezahlt. St.Moritz selbst ist jedoch der hässlichste Skiort den ich kenne. Alle umliegenden Dörfer sind wesentlich schöner und authentischer. Die Kritik an den Bergbahnen hier im Forum halte ich teilweise für überzogen. Ich hatte nirgends den Eindruck, dass die Bergbahnen keinen Bock haben, viele Tatsachen, insbesondere was Pistenöffnungen angeht, werden hier häufig falsch dargestellt.
2. Woche: Zermatt
Wechsel über Malojapass - Locarno - Simplon am 07.04.16. Sehr spannende Fahrt!
Ankunft in Zermatt um 18:30 Uhr. Kulturschock! Hier geht die Post ab!
Gewohnt habe ich ebenfalls in einem Mittelklassehotel am Riedweg. Den Sunnegga-Aufzug hat man in 5min Fußweg erreicht. Dort bin ich auch jeden Tag eingestiegen.
Zum Hotel: TipTop. Hochwertige Ausstattung, erstklassiger Service, das beste Frühstück, das ich je gegessen habe.
Skigebiet
Einmalige Landschaft, der Blick auf das Matterhorn ist jeden Tag ein Erlebnis. Nimmt man jedoch die Matterhorn-Brille ab, sind zwei deutliche Kritikpunkte zu nennen:
1. Viele Zieh- und Verbindungswege
Da hat mir die italienische Seite pistentechnisch wesentlich besser gefallen! In Zermatt ist es häufig eher ein dahingleiten als richtiges Skifahren. Zwar kann das auch schön sein, weil man sich dann die Umgebung in Ruhe anschauen kann, wer zum Pistenskifahren hier ist, wird jedoch nicht so ganz auf seine Kosten kommen. Es gibt schöne Ecken (Patrullarve, Gifthittli, Hirli, White Hare) keine Frage, auch die Abfahrt vom Gornergrat nach Eja ist sehr abwechslungsreich und die Pistenlängen sind außergewöhnlich, jedoch war ich nicht vollständig überzeugt.
Hohtälli - Gifthittli: Ziehweg
Stafelalp - Furi - Zermatt: Ziehweg
Rothorn-Blauherd: Zur Hälfte Ziehweg
Die Rote am Patrullarve: Über weite Strecken Ziehweg (zwischendurch jedoch schöner Carvinghang)
Talabfahrt Sunnegga: Ziehweg (Stört aber nicht so sehr)
Schusspiste: Schieberei
Die wirklich guten Pisten sind eigentlich alle in Italien.
2. Pistenpräparierung
Ich habe noch nie so eine schlechte Pistenpräparierung wie am Rothorn in Zermatt erlebt


Kommen wir wieder zu den schöneren Dingen:
Gastronomie am Berg
Diese ist in der Tat außergewöhnlich und sucht in den Alpen ihreslgeichen. Vielen Dank an Fab für die vielen Tipps.
Besucht habe ich: Stafelalp, Restaurant Furri, Adler Hitta, Fluhalp, Foyer des Guides, Chalet Etoile
Über all extrem leckeres Essen. Die Pasta in Italien war überragend.
Gastronomie im Tal
Ebenfalls gut. Überragender Service. Gegessen habe ich im Stockhorn, in der Walliser Kanne und im Continental. An einem Tag gab es Käse Fondue aus der Horu Käserei im Hotel. Walliser Kanne ist jedoch nicht zu empfehlen. Klassischer Touristenschuppen.
Allgemeines Fazit
Von Zermatt war ich sehr beeindruckt. Das Publikum ist außergewöhnlich, ebenso der Apres Ski. Kein Helene Fischer Gedudel und Bommerlundergezwitschere! Wein und Champagner fließen in strömen zu feinen DJ Sounds. Ebenso beeindruckend sind auch die Preise. Mittagessen auf der Hütte im Vergleich zum Engadin: + 5-7 CHF. Abends bin ich nie unter 50 CHF rausgegangen. Zermatt fällt für mich in die Kategorie "Muss man mal gesehen haben". Wenn ich wieder komme, würde ich wahrscheinlich in Valtournenche wohnen. Nicht nur wegen des Preises, auch wegen der Pisten.
Vergleich von St.Moritz und Zermatt
Kann man eigentlich nicht wirklich vergleichen. Komplett anderes Publikum. Zermatt: Jung, hip, trendig, St.Moritz: Gediegen, ruhig. Vom Skifahrerischen bietet das Gesamtpaket Engadin aus meiner Sicht mehr. Auch ist hier das Preis-Leistungsverhältnis besser. Dank der Skipassaktion ist dieser nur halb so teuer wie in Zermatt. Zudem fallen hier Zusatzkosten wie Parkhaus + Shuttlezug (136 CHF pro Woche) weg.
Ich hoffe, dass der Kurzbericht gefällt
