Alle Jahre wieder...
... stellt sich im Herbst die Frage: Wohin geht die Bergtour im nächsten Sommer? Mein langjähriger Freund Stefan und ich hatten uns schon auf eine Tour geeinigt und auch bereits angemeldet, als dann der Katalog der Alpinschule Oberstdorf im Briefkasten lag - und dazu der Hinweis im Anschreiben: Neue Variante der Alpenüberquerung - von Mittenwald nach Brixen - Erkundungstour mit dem Alpinschul-Chef Andreas Tauser. Genau das Richtige für uns - und sofort wurde umgebucht, da wir bei der "Erstbegehung" natürlich dabei sein wollten. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Wir haben es nicht bereut!
Ein paar technische Daten noch im Vorfeld: Nachdem es uns in den letzten beiden Jahren wettermäßig etwas gebeutelt hat, wurden wir dieses Mal endlich so belohnt, wie es sich für eine Erstbegehung gehört: Mit Kaiserwetter, welches natürlich viel zum Gelingen der Tour und dem Gesamterlebnis beigetragen hat. Wie nicht anders zu erwarten waren auch die Mitwanderer wieder gut drauf und die Truppe ein toller Haufen - Bergkameradschaft funktioniert einfach unkompliziert. Wir sind ja bekennende Freunde der organisierten und geführten Gruppentour. Und dass uns der "Chef" persönlich geführt hat, war ebenfalls sehr schön - das Bergführerlatein ist doch tatsächlich noch besser als das Jäger- und Anglerlatein

So, damit aber genug des Geschwafels und zum Wichtigen - es folgen 149 Bilder.
Tag 1: Sonntag, 17.07.2016
Treffpunkt ist um 12 Uhr am Bahnhof in Mittenwald - nachdem das für uns Oberfranken nicht ganz aus der Welt ist, reisen wir ganz entspannt mit dem Auto an, sind rechtzeitig da und können erst mal in Ruhe einen kleinen Frühschoppen einlegen, bevor es zum ersten "Hallo" geht.
Dann geht es aber los, und zwar erst mal mit einer Fahrt ins benachbarte Österreich. Kurz hinter Scharnitz biegen die beiden Taxi-Busse ins Eppzirler Tal ein und fahren uns bis zur Eppzirler Alm, wo wir dann unsere erste Etappe zum "Einlaufen" starten. Hinten links sieht man unser erstes Ziel, die Eppzirler Scharte, über die wir zum Solsteinhaus wandern wollen. Das Wetter ist noch nicht ganz perfekt, es ist recht bewölkt, und viele Gipfel verstecken sich noch hinter den Wolken. Von daher verzichte ich auf die Sonnencreme - ein dummer Fehler, wie sich später zeigen soll...
Zunächst geht es gemächlich, dann immer steiler hoch Richtung Eppzirler Scharte. Etwa 600 hm haben wir im Aufstieg zu bewältigen - das passt schön für den ersten Tag.
Das erste Ziel haben wir fast immer vor Augen, und das Wetter wird immer schöner.
Immer steiler geht es durch die Geröllfelder hoch. Der Blick geht zurück in das wunderschöne Eppzirler Tal.
Auch die Felsen kommen immer näher - optisch hat dieser Teil des Karwendels gewisse Ähnlichkeit mit den Dolomiten - wir steigen durch eine spektakuläre Szenerie auf.
Schließlich sind wir schwitzend kurz vor der Scharte - es geht doch ganz schön steil nach oben...
Nun ja, einer schwitzt irgendwie nicht - der Chef Andreas.
Schließlich erreichen wir die Eppzirler Scharte und genießen nochmals den Blick zurück in das herrliche Hochtal. Die Gipfel des Wetterstein-Gebirges verstecken sich noch in ein paar Wolken.
Auf der anderen Seite sehen wir auch schon unser erstes Tagesziel: Das Solsteinhaus, welches hoch über dem Inntal thront.
Über dem Solsteinhaus wacht der namensgebende Berg, der kleine Solstein. In den letzten Tagen war das Wetter recht durchwachsen und kalt, in den Gipfelflanken liegen noch Reste des Schneefalls.
Beim Abstieg aus der Scharte schweift der Blick über das Inntal hinweg zu den Kalkkögeln. Wir können bereits unser erstes Tagesziel für morgen sehen: Das "Halsl" oberhalb der Axamer Lizum. Von dort aus werden wir ins Stubaital wechseln.
Durch eine beeindruckende Felskulisse geht es über Schuttfelder abwärts - auch hier kommt wieder etwas "Dolomiten-Feeling" auf. Vor allem die zahlreichen Felsnadeln sehen super aus.
Kurz vor dem Tagesziel der Blick zurück in die Eppzirler Scharte...
...und schließlich erreichen wir das Solsteinhaus und genießen unseren ersten Hüttenabend. Kennenlernen und Namen merken sind angesagt, und natürlich werden auch die Schnarchgewohnheiten im Vorfeld ausführlich besprochen

Tag 2: Montag, 18.07.2016
Der morgendliche Blick von der Hüttenterrasse: Herrliches Bergwetter. Heute steht eine ziemlich lange Etappe an - eigentlich sogar schon die "Königsetappe": Wir steigen zunächst ab Richtung Inntal, dann bringt uns ein Taxi in die Axamer Lizum, von dort wandern wir nach Fulpmes im Stubaital. Ein weiterer Transfer bringt uns zur Gletscherbahn im Talschluss, welche wir für den "Aufstieg" nutzen, um unser Tagesziel, die Hildesheimer Hütte, zu erreichen. Na dann mal los...
Der Abstieg ist recht nett, es geht meist gemächlich durch Latschen und Wald nach unten. Die Querung dieses Bachbettes nach ein paar Regentagen will ich mir allerdings nicht wirklich vorstellen.
Wir steigen ab bis zur Talstation der Solsteinhaus-MSB, wo uns die VW-Busse abholen sollen.
Ein letzter Blick zurück zum Solsteinhaus, dann geht es nach unten ins Inntal und auf der anderen Seite wieder hoch zur Axamer Lizum. Tja, was soll ich sagen... Unsere beiden Taxifahrer haben wohl versucht, eine neue Rekordzeit für den Transfer von A nach B aufzustellen. Sollten sie geschafft haben

Nach kurzer Zeit kommen wir in der Axamer Lizum an und können die ehemals olympischen Sportstätten im Sommerschlaf genießen. Irgendwie scheint hier oben die Zeit stehen geblieben zu sein... Der morbide 60er-Jahre-Charme hat was. Trotzdem, das Bild vom "Hotel Olympia" lasse ich lieber weg.
Der Birgitzköpfl-Sessellift nimmt uns einige Höhenmeter des Aufstieges ab.
Während der Auffahrt bietet sich ein wunderschöner Blick über das Inntal. Hinten das Wetterstein-Massiv, rechts der Bildmitte ist der Ort Zirl zu sehen.
Auch der Hauptteil des Skigebietes Axamer Lizum ist zu überblicken. Ich war hier noch nicht im Winter - aber für einen oder zwei Tage könnte ich mir einen Besuch schon vorstellen. Die Pisten sehen teilweise ganz nett aus.
Ein Zoom zurück auf unseren gestrigen Übergang: Links der Bildmitte ist die Eppzirler Scharte.
Vom Birgitzköpfl aus blicken wir nach Innsbruck mit dem Flughafen. Bevor es weitergeht, können wir Andreas zu einer kurzen Pause überreden und bei einem isotonischen Getränk das Panorama über das Skigebiet und die Kalkkögel genießen.
Dann geht es weiter auf dem Höhenweg zum Halsl. Der Blick schweift zurück über das Birgitzköpfl-Haus ins Inntal.
Die Kalkkögel bieten ein sehr ansehnliches Bergpanorama.
Nach kurzer Zeit erreichen wir das Halsl auf knapp 2000 m, wo wir den Übergang / Abstieg ins Stubaital starten.
Ein Blick zurück nach oben, dann geht es meist durch den Wald hinunter nach Fulpmes.
Nach rund dreistündigem Abstieg erreichen wir die Talstation der Schlick-EUB. Von hier aus fahren wir mit dem Linienbus bis ans Ende des Stubaitales, denn wir wollen ja noch weiter bis zur Hildesheimer Hütte.
Tja, normalerweise wäre die Auffahrt zum Eisgrat und weiter mit der Schaufeljochbahn bis "ganz nach oben" geplant gewesen... Aber bekanntlich wird die EUB zum Eisgrat ja derzeit durch eine 3S ersetzt und die Sommergäste müssen die EUB zum Gamsgarten benutzen. Gegen kurz nach drei machen wir uns also auf den Weg nach oben.
Vom Gamsgarten aus geht es weiter mit der Rotadlbahn, die für den Sommerbetrieb umgestellt wurde - auf den Achtersesseln werden bis zu 4 Fußgänger auf den mittleren Sitzplätzen transportiert. So schweben wir gemächlich nach oben auf knapp über 3.000 Meter und "genießen" die Sommerstimmung in einem stark erschlossenen, aber derzeit in der Sommerpause befindlichen Gletscherskigebiet...
Oben angekommen, habe ich noch gut Lachen. Noch.
Denn jetzt kommt's. Zunächst geht es ein Stück auf der "Piste" nach unten. Normalerweise ist dieser Weg für die Wanderer, die tagsüber zur Jochdohle hochlaufen, präpariert. Als wir oben sind, ist es aber schon kurz vor vier, und die Pistenraupe bringt einige Arbeiter von der Eisgrat-Bergstation zur Rotadlbahn, damit diese ins Tal fahren können. Fräse/Finisher sind natürlich hochgeklappt, so dürfen wir durch den aufgewühlten Schnee in den Raupenspuren nach unten stapfen.
Und dann stehen wir vor dem Anstieg zum Eisjoch. Es sind nur 200 hm. Runterwärts wäre es eine leichte blaue Piste. Aber der bisherige Tag - wir haben schon rund 1500 hm Abstieg in den Beinen - und das schnelle Hochschießen auf 3000 Meter fordern ihren Tribut. Es geht immer langsamer und der eigentlich flache Aufstieg wird immer steiler und zu einer echten Qual. Mir fehlt der Atem, die Kraft lässt nach und ich fühle mich wie kurz vorm kollabieren. Aber da bin ich nicht der einzige... Es sind wirklich harte 200 hm, und das ständige Ausrutschen im weichen Schnee macht es nicht einfacher. Aber andererseits ist es von der Stimmung her kaum zu beschreiben, am späten Nachmittag hier hochzusteigen. Außer uns ist niemand mehr da, das hat schon was. Und schließlich kommen wir auch alle oben an, manche schneller, manche (so auch ich) langsamer - obwohl es letztlich dennoch nur eine dreiviertel Stunde war.
Oben angekommen dann der erste Blick Richtung Ötztal.
Wir sehen den Gaislachkogel, die Gletscherstraße, den Tiefenbachferner, hinten das Pitztaler Gletscher-Skigebiet...
...die Wildspitze grüßt herüber...
...an der längst geschlossenen Jochdohle angekommen kommt das Zuckerhütl ins Bild...
... und daneben/dahinter zeigen sich die Dolomiten: links die Sellagruppe, mitte hinten die Marmolada, direkt davor Lang- und Plattkofel und ganz rechts Teile des Rosengartens. Wir sind ganz allein hier oben und genießen die faszinierende Stimmung und die gewaltige Bergkulisse.
Über den Gaisskarferner steigen wir ein Stück ab, bevor es wieder in die Felsen und das letzte Wegstück zu unserem Tagesziel geht.
Und schon kurz darauf sehen wir die Hildesheimer Hütte auf dem Felsen thronen.
Dahinter schweift der Blick über die Ötztaler Alpen und die Texelgruppe.
Und nach einem langen, anstrengenden, aber vor allem sehr beeindruckenden Tag erreichen wir die trutzige, aber urgemütliche Hildesheimer Hütte auf fast 2.900 Metern. Wir schlafen im 3. Stock, dürften die 2.900 damit also überschritten haben
