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Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

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ThomasK
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

schneesucher hat geschrieben: 25.05.2021 - 00:05 Auch wenn mich hier einige Experten steinigen werden. Für mich ist das Unglück wahrscheinlich ein Fall italienischtypischer Schlamperei, wie auch der Einsturz der Morandi Brücke. Leserstimmen bei 20 Minuten sprechen jedenfalls wie auch das Unglück selbst eher dafür. https://www.20min.ch/story/eine-unverge ... 8536711396

Die Leserberichte in dem von dir verlinkten Artikel sind ja schauderhaft.

Wenn aber regelmäßig die Kabinen bei voller Geschwindigkeit und Wind an die Stützen schlagen, dann ist es aber mit Kratzspuren an den Kabinen nicht getan; dann sollten durchaus kleine Beulen an den Kabinen festzustellen sein.

Wenn die Kabinen die Einfahrholme in der Bergstation und Talstation berühren, dann entstehen deshalb keine Beulen, da die Einfahrtsgeschwindigkeit mit ca. 0,5 m/s sehr gering ist. Bei ca. 7 m/s und Wind an die Stütze zu donnern, ist eine ganz andere Baustelle.

Wenn laut Leserberichte das Personal das Anschlagen der Kabinen an die Stützen als normal ansieht, dann macht das auf die gesamte Seilbahnanlage einen verdammt schlechten Eindruck.

Ich selbst war noch nie bei dieser Anlage, aber wie ich schon schrieb, machten die Bilder auf mich einen gruseligen Eindruck.

Allerdings darf man keineswegs alle italienischen Seilbahnanlagen über einen Kamm scheren. Es gibt sehr viele Anlagen in Italien, die Top in Schuss sind. Aber ein paar schwarze Schafe gibt es leider auch.

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Drahtseil
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Drahtseil »

Dieseltom hat geschrieben: 25.05.2021 - 01:01 Quacksprech von Touristen die keinerlei Ahnung haben. Gebäudezustände haben nichts mit dem Zustand der Seilbahntechnik zu tun.

ABER ----- was wenn es ein gezielter Anschlag auf die Israelis ( deren Bedeutung sich noch weisen wird) in Wagen 3 war??? Observation und Planung und dann Schuss mit Spezialmunition auf das Zugseil und zugleich war die TSB manipuliert sodass sie wirkungslos geblieben ist ???? Für eine Terrorbrigade mit ausgebildeten Agenten ist das ein Klacks. Nur so eine Überlegung als ich hörte das sich fast nur Israelis im wagen befunden haben.......und nachdem die wieder einmal mit der Hamas im Clinch sind.....
Du meinst das aber nicht wirklich ernst, oder?
ThomasK hat geschrieben: 25.05.2021 - 01:04 Die Leserberichte in dem von dir verlinkten Artikel sind ja schauderhaft.
Das nach solchen Unglücken die Menschen reihenweise aus ihren Löchern gekrochen kommen und berichten, wie dramatisch das damals war und wie gefährlich sie damals schon eingeschätzt hätten sollte ja mittlerweile bekannt sein.
Trotz viel Wind fuhr die Bahn in vollem Tempo auf die Masten zu und rammte mehr als einmal in die Schutzstangen
Rammen ist halt auch stark subjektiv. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Kabine mit voller Geschwindigkeit in die Leitbügel reinkachelt, da wäre es wir ThomasK schrieb nicht mit ein paar Schrammen getan.
Diese fuhr im Schritttempo. Alle paar Meter stoppte sie abrupt und schaukelte umher.
Bei Notstrom und Wind ja nichts ungewöhnliches.
Die Gondel war meines Erachtens auch überfüllt. Viele Passagiere bekamen Panik und weinten.
Auch hier wieder rein subjektiv. Ich glaube kaum, dass die Dame weiß, für wie viele Personen die Bahn zugelassen ist. Und dass die Passagiere Panik bekommen und weinen kann ich mir ebenfalls nur schwer vorstellen. Habe selber schon den ein oder anderen außergewöhnlichen Moment durch Starkwindböen erlebt, in Panik ist da aber nie jemand geraten, eher in Unwohlsein.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Seilbahnfreund »

Grausam. Das Unglück und die letzten Spekulationen hier...
Wie man auf den aktuellen Videos und Bilder sehen kann, sind die Stationen frisch Renoviert und damit fällt das Argument heruntergekommen auch flach.
Bitte nicht ins Blaue schreiben und einfach mal Abwarten was bei den Untersuchungen herauskommt.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MarcB96 »

ThomasK hat geschrieben: 25.05.2021 - 01:04
Wenn aber regelmäßig die Kabinen bei voller Geschwindigkeit und Wind an die Stützen schlagen, dann ist es aber mit Kratzspuren an den Kabinen nicht getan; dann sollten durchaus kleine Beulen an den Kabinen festzustellen sein.

Wenn die Kabinen die Einfahrholme in der Bergstation und Talstation berühren, dann entstehen deshalb keine Beulen, da die Einfahrtsgeschwindigkeit mit ca. 0,5 m/s sehr gering ist. Bei ca. 7 m/s und Wind an die Stütze zu donnern, ist eine ganz andere Baustelle.

Wenn laut Leserberichte das Personal das Anschlagen der Kabinen an die Stützen als normal ansieht, dann macht das auf die gesamte Seilbahnanlage einen verdammt schlechten Eindruck.

Ich selbst war noch nie bei dieser Anlage, aber wie ich schon schrieb, machten die Bilder auf mich einen gruseligen Eindruck.

Allerdings darf man keineswegs alle italienischen Seilbahnanlagen über einen Kamm scheren. Es gibt sehr viele Anlagen in Italien, die Top in Schuss sind. Aber ein paar schwarze Schafe gibt es leider auch.
Ist es nicht relativ normal, dass die Kabinen gelegentlich an die Abweiser stoßen (besonders in den Stationen, einige Bahnen scheinen ja fast so gebaut zu sein, dass die Kabine immer an die Abweiser stößt, weil diese etwas in der Fahrspur zu stehen scheinen)? Die werden, dachte ich, doch an den Stützen angebracht, dass die Kabine eher da dranstößt statt an die (deutlich massivere) Stütze um größere Schäden zu vermeiden.🤔
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Rein theoretisch könnte auch eine Fehlauslösung der Fangbremse zum Zugseilriss geführt haben, dass dabei dann dennoch das Fahrzeug nicht erwartungsgemäss ohne vollständige Entgleisung des Laufwerks anhielt würde auf ein doch sehr unwahrscheinliches Zusammentreffen ungünstiger Faktoren deuten.

Ferner werden Seibahnen mit Fangbremse so ausgelegt, dass auch im üngünstigtsten Falle (Auslösung der Fangbremse mit den für die Bahn am ungünstigsten Voraussetzungen bzgl. Lastfall, Position der Fahrbetriebsmittel auf der Strecke, Umgebungstemperatur, Fahrschwindigkeit und -richtung, usw.) noch eine gewisse Reserve bevor ein Seil reisst berücksichtigt (d.h. maximale dynamische Belastung im Ausnahmefall).

Da Kabinen unbegleitet sind, wäre abzuklären, ob die Fangbremse überhaupt in der Kabine von Hand ausgelöst werden kann.
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

schneesucher hat geschrieben: 25.05.2021 - 00:05 Auch wenn mich hier einige Experten steinigen werden. Für mich ist das Unglück wahrscheinlich ein Fall italienischtypischer Schlamperei, wie auch der Einsturz der Morandi Brücke. Leserstimmen bei 20 Minuten sprechen jedenfalls wie auch das Unglück selbst eher dafür. https://www.20min.ch/story/eine-unverge ... 8536711396
In Italien ist der technische Zustand der Seilbahnen nicht schlechter, als in den anderen Alpenländern. Inzwischen gelten einheitliche europäische Richtlinien, die auch in Italien sehr penibel eingehalten werden. Bei den Pendelbahnen sind Deutschland und Italien allerdings die einzigen Länder, die noch konsequent an der Tragseilbremse festhalten. Die Berücksichtigung der Wettstein-Theorien spielt dabei aber scheinbar keine große Rolle, zumindest bei Bestandsanlagen. Während in der Schweiz zwischen 1980 und 2000 etliche Bahnen mit neuen Fahrzeugen ausgestattet werden mussten, d. h. mit Bremswagen am Laufwerk oder nichtdruckübertragenden Gehängen, erfolgte in den anderen Alpen nichts dergleichen. In Italien und Deutschland wurde nur jeweils eine Neuanlage (Meran 2000 und Zugsitze) auf Initiative des Herstellers mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet. Zumindest in Deutschland hat der TÜV aber bereits 1975 bei Nachrechnungen festgestellt, dass an Bestandsanlagen Nachholbedarf bestand.
Weit verbreitet sind in Italien noch Pendelbahnen mit Herkulesseilen (Spiralseile) anstatt vollverschlossene Tragseile, obwohl massive Korrosionsprobleme an diesen Seilen bestehen.
Dafür hat Italien die 20-Jahr-Revision, bei der normalerweise alle elektromechanischen Einrichtungen unabhängig von ihrem Zustand ausgetauscht werden müssen. So kenne ich das zumindest aus Südtirol. Wieso bei der Anlage hier mit Baujahr 1970 in den Jahren 2014 bis 2016 eine große Revision durchgeführt wurde, die nicht in das 20-Jahr-Raster passt, weiß ich nicht.
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

Nachdem wir uns hier im Forum den Unfallhergang lange vor einer qualitativ brauchbaren Berichterstattung in den Medien hergeleitet haben, bleibt jetzt nichts anderes übrig, die Ermittlungen abzuwarten. Aus den Medien und den veröffentlichten Fotos kann man nicht erkennen, an welcher Stelle und durch welches Ereignis die Zugseilschleife unterbrochen wurde. Außerdem wird man anhand von möglichen Abnutzungen der Bremsbeläge und Spuren an Tragseil hoffentlich erkennen, ob und wann die Tragseilbremse ausgelöst wurde.

Bisher ist man davon ausgegangen, dass bei einer klassischen Pendelbahn die Zugseilschleife an den Laufwerkbefestigungen versagen kann. Auf Grundlage dieser Überlegung baut man inzwischen Pendelbahnen ohne Tragseilbremsen, jedoch mit durchgehend gespleisster Zugseilschleife (und weiteren elektronischen Überwachungen der Zugseilschleife). Sollte es hier infolge einer Entgleisung an einer Rollbatterie auf einer Stütze oder im Bereich einer Umlenkscheibe zu einer der Zerstörung des Zugseils gekommen sein, muss man die Sicherheitskonzepte auch bei Pendelbahnen ohne Tragseilbremsen hinterfragen.

Lagorce
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Bei ca. 00:19:18 sieht man den Antrieb der Bergebahn durch die Glastür (Mittelstation Alpino, Sektion 2), oder sehe ich was falsch? Vermutlich ist der Antrieb ebenfalls in der Mittelstation untergebracht (ebenfalls gem. Medien, nur traue ich denen nur sehr bedingt, das sehr viele widersprüchliche Angaben zu finden sind).

Schade, dass da nicht näher gefilmt wurde, sowie das innere der Kabinen und eine ununterbrochene vollständige Fahrt.
Dem Video ist zu entnehmen, dass Stütze 3 anscheinend ohne Fahrgeschwindigkeitsreduktion überfahren wird (geringer Seilsattelradius).
Ebenfalls zu beachten ist die moderne Technik, sieht optisch einwandfrei aus. Italienische Seilbahnen werden sehr streng überwacht, gewisse negative Bemerkungen diesbezüglich finde ich unzutreffend.

47PB Alpino-Monte Mottarone Sektion 2

https://www.youtube.com/watch?v=cclmDHWff4Q


2014 - 2016 wurden über EUR 4 Mio. in die Sanierung investiert. Mit solchem Betrag kann man Antriebe auf AC umrüsten, beide Steuerungen ersetzen und sonst noch diverses bei der Eletromechanik erneuern oder ggf. grundlegend sanieren. Z.B. die ganze sichtbare Fangbremsenhydraulik inkl. das im Gehänge untergebrachte Aggregat wurden dabei erneuert.

Seilalter ist eigentlich sekundär, massgebend ist der effektive Zustand. Dasselbe gilt auch für einigermassen moderne Elektrotechnik, dort betrachte ich eine feste Lebensdauer wie in Italien vorgegeben als übertrieben. Bei SIL 3 / PL e Komponenten legen allerdings die Hersteller meistens eine maximale Lebensdauer von 20 yr fest, was zwar willkürlich und etwas unsinnig, jedoch aus rechnerischen Gründen für die Zertifizierung erforderlich ist (theoretisch könnte man auch auf 18 yr oder 25 yr, usw. berechnen).
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Latesn »

Ich möchte mich jetzt auch nichtmehr gross weiter in Spekulationen versteigen dennoch hier noch zur Information der Link zur Publikation von Dr. Wettstein über die Problematik der Einstellung der Auslösung der Tragseilbremse / Schlappseilerkennung (dies ist nicht das bekannte Theorem der Unterdimensionierung)

https://www.google.com/url?sa=t&source= ... bc6sNSC16B
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Mt. Cervino
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Mt. Cervino »

Lagorce hat geschrieben: 25.05.2021 - 06:43 Rein theoretisch könnte auch eine Fehlauslösung der Fangbremse zum Zugseilriss geführt haben, dass dabei dann dennoch das Fahrzeug nicht erwartungsgemäss ohne vollständige Entgleisung des Laufwerks anhielt würde auf ein doch sehr unwahrscheinliches Zusammentreffen ungünstiger Faktoren deuten.
Bei voller Fahrt bzw. Geschwindigkeit könnte ich diese Theorie noch nachvollziehen, aber da der Zugseilriss ja ganz kurz vor der Station passiert sein muss, wo die Bahn ja bereits mit deutlich reduzierter Geschwindigkeit lief, erscheint mir das unwahrscheinlich.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MarkusW »

Die SZ "bestätigt" den hier rekonstruierten Unfallhergang:
https://www.sueddeutsche.de/panorama/se ... -1.5302588
Kurz vor Ankunft der Gondel in der Endstation, in der Phase also, da sie ihre Fahrt verlangsamt: der erste, metallische Knall. Die Kabine rollt plötzlich zurück, ungebremst und zusehends schneller, beschleunigt durch die Gravitationskraft, 200 oder 300 Meter bergab, bis zum nächsten Pfeiler, den sie eben erst passiert hat. Beim Aufprall wird die Gondel in die Luft katapultiert und stürzt dann in die Tiefe, zwanzig, vielleicht dreißig Meter, zerschellt am Boden und rutscht noch einige Meter den Hang hinunter, bis ein Baum sie stoppt.
Im gleichen Artikel wird auch schon die Frage gestellt, warum die Tragseilbremse nicht funktionierte.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Fuhr die Kabine bergwärts oder nicht? Mag momentan nicht mehr weiter recherchieren.

Auf einem Foto sieht es so aus, als wären nach dem Absturz nicht beide Bremszangen in der gleichen Stellung, eine könnte möglicherweise nicht geschlossen haben, ist jedoch schwer zu beurteilen, da möglicherweise irgendwas die Schliessbewegung einer Bremsange beeinträchtigte (Restweg, der nicht relevant für die korrekte Funktion ist). Interessant wäre ein Foto, das die Oberseite des Laufwerks bei normal geöffneter Fangbremse zeigt.

Die Klemmkraft nimmt infolge der Abnutzung der Bremsbeläge während einer Tragseilbremsung etwas ab, da die Vorspannung durch den Federweg leicht nachlässt. Sinngemässes gilt auch für die Betriebs- sowie Sicherheitsbremse wo man rechnerisch theoretisch maximal sowie minimal abgenutzte Bremsbeläge berücksichtigt.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Gi-Ga-Gondele »

Leitner AG

Offizielle Stellungnahme

https://www.leitner-ropeways.com/untern ... lungnahme/

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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Marmotte »

https://www.simagazin.com/si-magazin/da ... her-sicht/
Der tragische Absturz einer Kabine der Seilbahn Stresa-Alpino-Mottarone hat am Wochenende nicht nur die Massenmedien bewegt. Doch wie ist das Unglück seilbahntechnisch zu beurteilen?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

AFAIK gibt es noch eine ausführlichere Pressemitteilung auf italienisch, die habe ich allerdings nicht 1:1 gefunden. Die erläutert u.a. diverse Wartungsarbeiten sowie Prüfungen. Z.B. wurde die Schlaffseilauslösung am 12. Dezember 2020 überprüft.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MMA »

schneesucher hat geschrieben: 25.05.2021 - 00:05 Auch wenn mich hier einige Experten steinigen werden. Für mich ist das Unglück wahrscheinlich ein Fall italienischtypischer Schlamperei, wie auch der Einsturz der Morandi Brücke. Leserstimmen bei 20 Minuten sprechen jedenfalls wie auch das Unglück selbst eher dafür. https://www.20min.ch/story/eine-unverge ... 8536711396
Leitner hat neben der oben verlinkten Pressemeldung auch eine Auflistung mit den in letzter Zeit erfolgten Wartungsarbeiten seitens des Herstellers veröffentlicht. Die Bahn soll also regelmäßig (gemäß des Wartungsvertrages und gesetzlicher Regularien) gewartet worden sein.
https://www.leitner-ropeways.com/filead ... 021_DE.pdf

Besonders interessant is folgende Passage:
1. Dezember 2020: Test mit einer Simulation des Zugseilrisses und anschließendem Einfallen der Tragseilbremse - durchgeführt an beiden Kabinen
Die "italienischtypische Schlamperei" ist zum jetzigen Zeitpunkt weder bestätigt noch widerlegt, da es bisher nur wenige öffentliche (siehe Leitner) und subjektive (siehe 20-Minuten) Indizien dazu gibt. Generaues werden wir sowieso erst mit dem offiziellen Untersuchungsbericht erfahren.
Lagorce
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Bin nicht überzeugt, dass eine Kollision mit irgendeinem Teil von Stütze 3 statt fand, konnte aufgrund des veröffentlichen Bild- und Videomaterials nirgends darauf deutende Beschädigungen feststellen. Tragseil Verlauf scheint normal. Zugseil der linken Spur (Nr. 3) entgleiste vollständig und endete am Boden. Zugseil der rechten Spur (Nr. 4) entgleiste sehr wahrscheinlich nicht und verläuft jedenfalls völlig entspannt über den Seilsattel von Stütze 3. Einen sehr ähnlichen Zugseilverlauf habe ich bei einer anderen Pendelbahn nach Zugseilriss selbst gesehen.

(Message oben hatte ich vor Murmel's Post verfasst.)

Edit:
Meinte die aufgeführte Pressemitteilung, hatte sie jedoch bei Leitner nicht gefunden (davon gibt es auch eine Fassung auf Italienisch).
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Pilatus »

https://tagesanzeiger.ch/fall-in-die-tiefe-372384588767

Die Bahn gehört scheinbar der öffentlichen Hand.
carvster|
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von carvster| »

https://youtu.be/PG_E_3cXA-Q
In diesem Video ist davon die Rede, das im Ort die Hypothese um sich geht, dass am Tag vor dem Unglück Wartungsarbeiten durchgeführt worden sind und hierbei wohl ein Fehler unterlaufen sein könnte.

NeusserGletscher
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von NeusserGletscher »

Die Kabine befand sich doch in einem eher flachen Teil vor der Bergstation. Ist es denkbar, dass trotz funktionierender Fangbremse das talseitige Zuseil nach dem Seilbruch zusammen mit der Gewichtskraft zu einer Überschreitung der Haltekraft der Bremse führt und dies nicht in deren Auslegung berücksichtigt wurde? Doppeltes Systemversagen ist ja sonst eigentlich sehr selten, zumal ja offensichtlich regelmässig Wartungen durchgeführt wurden.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Mt. Cervino »

carvster| hat geschrieben: 25.05.2021 - 11:27 https://youtu.be/PG_E_3cXA-Q
Bei 3:10 sieht man in dem Video übrigens die Bergstation, die komplett in frischem Glanz erstrahlt und wohl vor kurzem erst renoviert wurde.
Die Bergstation sah ja außen bis vor kurzem extrem runtergekommen aus. Dieses Bild wird noch in vielen Berichten, Videos und alten Reportagen transportiert.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MMA »

carvster| hat geschrieben: 25.05.2021 - 11:27 https://youtu.be/PG_E_3cXA-Q
In diesem Video ist davon die Rede, das im Ort die Hypothese um sich geht, dass am Tag vor dem Unglück Wartungsarbeiten durchgeführt worden sind und hierbei wohl ein Fehler unterlaufen sein könnte.
Die Aussage, dass die Bahn am Vortag für eine halbe Stunde ausgefallen sei und entsprechende Entstörungsarbeiten durchgeführt werden mussten, hat auch ein deutscher Tourist in einem anderen Medienbericht geäußert (ich meine ZDF), welcher mir nicht mehr vorliegt.

Grundsätzlich sind solche Gerüchte im Dorf bzw. Aussagen natürlich mit Vorsicht zu genießen. Ein Zusammenhang kann bestehen, muss aber nicht. Da muss ja schon ein schwerwiegender Fehler unterlaufen sein, dass einen Tag drauf das Zugseil reißt.

Aber es ist halt wie immer, die Medien werden für ein paar weitere Tage gefühlt stündlich mit neuen "Erkenntnissen" darüber berichten, dann wird es sich beruhigen und irgendwann kommt der Unfallbericht.
NeusserGletscher hat geschrieben: 25.05.2021 - 11:41 Ist es denkbar, dass trotz funktionierender Fangbremse das talseitige Zuseil nach dem Seilbruch zusammen mit der Gewichtskraft zu einer Überschreitung der Haltekraft der Bremse führt und dies nicht in deren Auslegung berücksichtigt wurde?
Zum jetzigen Zeitpunkt dürfte grundsätzlich so gut wie alles möglich sein. Auch eine bewusste Manipulation von extern kann doch nicht ausgeschlossen werden. Irgendwelche abnormalen Ereignisse müssen ja dazu geführt haben, dass die Kabine abgestürzt ist. Auch deine Vermutung hört sich plausibel an, wobei diese zusätzliche zu berücksichtige Gewichtsbelastung eigentlich auf der Hand liegt.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

NeusserGletscher hat geschrieben: 25.05.2021 - 11:41 Die Kabine befand sich doch in einem eher flachen Teil vor der Bergstation. Ist es denkbar, dass trotz funktionierender Fangbremse das talseitige Zuseil nach dem Seilbruch zusammen mit der Gewichtskraft zu einer Überschreitung der Haltekraft der Bremse führt und dies nicht in deren Auslegung berücksichtigt wurde?
Nein, die Fangbremse ist für den Worst Case ausgelegt. Rechnerisch wird IIRC allerdings die Zusatzkraft in Worst Case Fall für die Abbremsung ("Entschleunigung"?) nicht sehr hoch angesetzt, Einzelheiten müsste ich in den EN nachschlagen, weiss es nicht mehr auswendig, hatte es mal für eine existiernde PB kuriositätshalber nachberechnet.

Im besprochenen Falle hätte eine nach fachgerechter Auslegung ausgeführte korrekt funktionierende Fangbremse absolut problemlos das Fahrzeug sicher zum Stillstand gebracht und es danach auf dem Tragseil sicher zurückgehalten.


Bei 00:02:03 (Tagesschau Video) wird IMO ein Vision-basiertes Prüfsystem gezeigt. Daran wurde jahrelang entwickelt, weiss auch nicht warum dies so kompliziert sein sollte. IMO in erster Linie eine Frage des Preises. Bei der üblichen NDT Seilprüfung wird ein Gerät mit Spulen um das Seil montiert, meist bestehend aus zwei Halbschalen. Festinstallierte Geräte sind selten.

Hier noch das offizielle Website. Gestern wurde noch "Open" angezeigt.
https://www.stresa-mottarone.it

Dass die Bahn am Tag zuvor während der Fahrt anhielt, habe ich auch mitbekommen, nur versuche ich, mich nur auf fundierte Infos zu basieren.

Ebenfalls wurde erwähnt, dass nach dem "Ruck" (Unfall am Sonntag), die Sektion 1 ebenfalls zum Stillstand abbremste. Ob dies wirklich stimmt und ob dann Halt von Sektion 1 von Hand ausgelöst wurde, weiss ich nicht.
Ausser bei Stromausfall wäre sowas eher auf einen Eingriff im Kommandoraum (Betriebspersonal) zurückzuführen, es sei dann es wären z.B. Erdbebensensoren wie bei AKWs vorhanden, was mir jedoch neu wäre.
Ansonsten sind i.d.R. zwei Antriebe in einer Mittelstation für 2 Sektionen bis auf mögliche Notantriebs-Synergien weitgehend unabhängig (meist sind auch getrennnte MS/NS Verteiltrafos vorhanden).

CCTV Videoaufnahmen wurden beschlagnahmt. Da die Steuerung vermutlich 2014-1016 ersetzt wurde, liegen ausführliche Logging-Daten vor (Steuerung zeichnet automatisch zahlreiche Daten auf, inkl. wichtige Handbedieneingriffe, wichtige Steuerkreise Kreise sind Batterie bzw. USV gestützt, Netzausfall hat keinen Einfluss auf kritische Sicherheitsfunktionen). Zudem loggen moderne FU ebenfalls zahlreiche Variablen auf und dies unabhängig von der übergelagerten Steuerung, Einzelheiten sind von der Parametrierung des FUs abhängig.

Fahrgeschwindigkeit, Motordrehzahl, Strom, Drehmoment, hydraulische Bremslüftdrücke, Überbrückungen, Fehlerquittierungen, usw. werden zeitgestempelt aufgezeichnet.

Bremskurven kann man ebenfalls am Bildschirm darstellen und dies auch bei zahlreichen älteren Steuerungen.
Zuletzt geändert von Lagorce am 25.05.2021 - 12:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

Drahtseil hat geschrieben: 25.05.2021 - 01:05
ThomasK hat geschrieben: 25.05.2021 - 01:04 Die Leserberichte in dem von dir verlinkten Artikel sind ja schauderhaft.
Das nach solchen Unglücken die Menschen reihenweise aus ihren Löchern gekrochen kommen und berichten, wie dramatisch das damals war und wie gefährlich sie damals schon eingeschätzt hätten sollte ja mittlerweile bekannt sein.

Ich habe mir die einzelnen Leserberichte sehr genau durchgelesen und bin zwar zum Ergebnis gekommen, dass sie zwar viele subjektive Elemente, die für die Rekonstruktion der Unfallursache irrelevant sind, enthalten, aber dies keinesfalls für alle Aussagen gilt und zudem die Aussagen keinesfalls so unglaubwürdig sind, wie es zunächst den Anschein haben mag.

Im Einzelnen:

Auf rein subjektive Punkte wie jemand hat geweint, jemand hatte Angst usw. bin ich erst gar nicht eingegangen. Es kann sein, dass Leute geweint haben, aber dies ist für unsere Belange irrelevant.

Kommen wir zu den anderen Aussagen.

Einmal war die Rede davon, dass ein "Schienenersatzverkehr" organisiert werden sollte, aber kein einziger Bus kam.

Für mich klingt das sehr wohl glaubwürdig, wenn ich meine Erfahrungen von der Deutschen Bahn kenne. Da steht man dann bei Zugausfällen normalerweise mindestens 2 Stunden herum, ehe bei einer Betriebsstörung der Schienenersatzverkehr anläuft. Im Flachland wohlgemerkt! Ehe beim Mottarone ein Bus organisiert ist und ehe der auf dem Berg ankommt, sollten nach meiner Schätzung und Erfahrung als Verkehrsplaner ungefähr 3 Stunden vergehen. Zunächst müssen die Busunternehmer alle angerufen werden, ob die noch Busse zur Verfügung haben. Ist das der Fall, dann müssen Fahrer organisiert werden und ehe die dann an ihrem Arbeitsplatz sind und dann vielleicht noch 30 km vom Busbetriebshof nach Stresa gefahren sind, dauert es mindestens 2 Stunden. Ja und dann müssen die Busse ja noch von Stresa auf den Mottarone fahren und da schätze ich, dass das auch noch einmal fast eine ganze Stunde dauert, sodass wir dann bei einer Wartezeit von fast 3 Stunden wären.

Als vor ein paar Jahren die Seilbahn Grindelwald - Männlichen neu gebaut wurde, fuhren die Fahrgäste mit Bussen auf den Männlichen. Von Grindelwald bis Männlichen sind es 1200 Höhenmeter, das entspricht den 1200 Höhenmetern, die von Stresa zum Mottarone zu fahren sind. Die Seilbahn Grindelwald - Männlichen fährt diese 1200 Höhenmeter in 20 Minuten.

Dann schauen wir uns einmal den Wettkampf Seilbahn vs. Bus auf der Strecke Grindelwald - Männlichen an:

Seilbahn: https://www.youtube.com/watch?v=NxA9uI9IpgQ (20 Minuten)

Und jetzt der Bus:

Teil 1: https://www.youtube.com/watch?v=r7IioE14wWs
Teil 2: https://www.youtube.com/watch?v=qGsCI3O_Q6o

Mit dem Bus dauert das mit 44 Minuten mehr als doppelt so lange wie mit der Seilbahn!

OK, die Touristen sind keine Verkehrsplaner und verstehen das nicht, warum es 3 Stunden dauert, bis auf dem Mottarone endlich mal ein Bus ankommt; dies entwertet aber keineswegs ihre Aussagen als unglaubwürdig!

Wenn die Anlage mit Notstrom fährt, weil sie ein technisches Problem hat, dann ist die Frage zu stellen, wie oft das vorkommt und was die Ursache für das technische Problem ist.

Es ist aber schon bezeichnend, dass bei den wenigen Videos, die im Internet zu finden sind, auch schon wieder eines mit dabei ist, bei der die Bahn 100 m vor der Bergstation stehenbleibt und dann ein paar Meter rückwärts fährt. Das ist nämlich kein normales Fahrverhalten:

https://youtu.be/cclmDHWff4Q?t=381

Selbst wenn das Zugseil ein paar Meter gekürzt worden wäre - 100 Meter Kürzung eines Zugseils sind völlig außerhalb der Realität.

Kommen wir nun zu der Aussage, dass die Kabinen bei voller Fahrt die Stützen gerammt hätten.

Da die Fahrgäste sich nicht auskennen, darf man vermuten, dass die Stützenholme gemeint sind, die ein Anschlagen der Kabinen an die Stützen selbst verhindern sollen.

Normalerweise ist es so, dass in Abhängigkeit von der Kabinengröße, der Höhe des Gehänges, der Steigungsdifferenz, des Seilschuhradius und der Geschwindigkeit die Stützenholme bei der Kabinendurchfahrt einen lichten Abstand vom Lichtraumprofil der Kabine von ca. 100 cm haben. Bei normaler Witterung liegen die Schwankungen der Kabine im Bereich von ca. 10 cm.

Im Normalfall berühren also die Kabinen die Stützenholme nicht.

Hätte jetzt die Seilbahn Mottarone pro Fahrspur zwei Tragseile, dann hätte ich die Aussagen der Fahrgäste auch als ziemlich unglaubwürdig empfunden. Die Querpendelbewegung der Kabinen ist bei zwei Tragseilen sehr gering.

Anders sieht es aber aus, wenn nur ein Tragseil vorhanden ist und wenn starker Seitenwind bzw. Windböen just dann auftreten, wenn das Laufwerk der Kabine bei der Stütze auf den Aufrollpunkt fährt.

Ich kenne das Betriebshandbuch der Pendelbahn Mottarone jetzt nicht, aber ich schätze anhand vergleichbarer Anlagen, dass etwa bei 60 km/h Seitenwind eine Windwarnung bewirkt, dass die Fahrgeschwindigkeit bei den Stützenüberfahrten von ca. 7 m/s auf ca. 3 m/s zu verringern ist. Vermutlich bei 80km/h sollte Windalarmgegeben werden, denn diese Anlage ist nach Augenschein keinesfalls so windstabil wie eine 3S-Bahn oder Pendelbahn mit 2 Tragseilen pro Fahrbahn.

Wie könnte bei Windwarnung dann das Fahrprogramm aussehen?

Schauen wir noch einmal auf das Video bei 6:11 an. Anhand der Positionen der Kabinen 3 und 4 sieht man, dass sich die Kabine 3 dann zwischen Stütze 2 und 1 befindet, wenn die Kabine 4 über die Stütze 3 fährt:

https://youtu.be/cclmDHWff4Q?t=371

Die Strecke ist nach den Informationen, die wir bis jetzt haben, ungefähr wie folgt aufgeteilt:

km 0,000 Talstation
km 0,400 Stütze 1
km 0,520 Stütze 2
km 2,498 Stütze 3
km 2,998 Bergstation


Also könnte man das Fahrprogramm bei einer Windwarnung von 60 km/h Seitenwind wie folgt abschätzen:

km 0,000 Abfahrt und Beschleunigung auf 7 m/s
km 0,350 Abregeln auf 3 m/s
km 0,400 Überfahrt bergwärts fahrende Kabine über Stütze 1
km 0,500 Überfahrt talwärts fahrende Kabine über Stütze 3
km 0,520 Überfahrt bergwärts fahrende Kabine über Stütze 2
km 0,550 Aufschalten auf 7 m/s Geschwindigkeit

Jetzt befinden sich beide Kabinen im großen Seilfeld zwischen den Stützen 2 und 3

km 2,428 Abregeln auf 3 m/s
km 2,478 Überfahrt talwärts fahrende Kabine Stütze 2
km 2,498 Überfahrt bergwärts fahrende Kabine Stütze 3
km 2,598 Überfahrt talwärts fahrende Kabine Stütze 1
km 2,628 Aufschalten auf 7 m/s Geschwindigkeit
km 2,848 Abregeln und Einleitung Bremsvorgang bis Stillstand
km 2,998 Ende der Fahrt

Die Bahn hat zwar 3 Stützen und somit 6 Stützenüberfahrten pro Fahrspiel; aufgrund der günstigen Stützenanordnung reicht es aber, während eines Fahrspiels lediglich zweimal abzuregeln.

Bei 80 km/h (Windalarm) schätze ich, müsste diese Anlage den Betrieb einstellen. Sie ist meiner Ansicht nach keiensfalls so windstabil wie eine 3S-Bahn. Bei 80 km/h wandelt sich die Windwarnung somit in einen Windalarm um.

______________

Grundsätzlich ist aber denkbar, dass trotz Windwarnung auch noch mit 7 m/s über die Stützen gefahren sein könnte. Zwar ist es aufgrund der Pendelbewegung es "nicht so schlimm", wenn die Kabine mit 7 m/s einen Stützenholm rammt im Vergleich dazu, wie wenn eine Eisenbahn mit 25,2 km/h auf einen Prellbock auffährt; gleichwohl sollte man das keineswegs auf die leichte Schulter nehmen.

Nachdem aber noch die Kabine 4 intakt ist, besteht grundsätzlich für die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit herauszufinden, ob bei 7 m/s öfters Stützenholme gerammt wurden. Im Straßenverkehr ist es nach schweren Unfällen absolut Standard anhand der Beulen herauszufinden, wie schnell die einzelnen Fahrzeuge im Unfall etwa gefahren sind.

Hier sollte meiner Meinung nach die Staatsanwaltschaft Piemont oder wer auch immer die Ermittlungen leitet, Sachverständige aus dem Bereich Straßenverkehr hinzuziehen, denn die haben in dem Bereich extrem viel Erfahrung.

Zwar ist es so, dass das Rammen von Stützenholmen jetzt nicht unmittelbar im Zusammenhang mit dem Unfall steht. Aber die Untersuchung der intakten Kabine 4 diesbezüglich gibt dem Gericht wertvolle Hinweise darüber, wie die Betriebsführung dieser Bahn war.

______________

Ich stimme dir insofern zu, dass die Aussagen der Fahrgäste zwar subjektiv sind, bin aber nicht der Meinung, dass die Aussagen den Anschein haben, völlige Verschwörungstheorien zu sein. Es gehört zu den Aufgaben der Staatsanwaltschaft, den Hinweisen ernsthaft nachzugehen, um sich ein umfangreiches Bild über die Betriebsführung machen zu können.

Klar ist, dass nach so einem Unfall kein Stein auf dem anderen bleiben darf. Ggf. hat dieser Unfall auch zur Folge, dass die CEN-Normen an der einen oder anderen Stelle angepasst werden müssen.

Ich bleibe auch bei meiner Einschätzung, dass dieser Unfall den Trend, bei Pendelbahnen zwei Tragseile pro Fahrbahn vorzusehen, beschleunigen wird, da dies die Sicherheit deutlich erhöht.
Zuletzt geändert von ThomasK am 25.05.2021 - 12:21, insgesamt 1-mal geändert.
Marco
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Marco »

CCTV Videoaufnahmen wurden beschlagnahmt.
Ich dacht's mir eigentlich auch schon: so eine Bahn müsste in den Stationsbereichen ja Überwachungskameras haben zur Kontrolle der ein-/aussteigenden und wartenden Passagiere. Die Aufnahmen dürften für die Experten recht aufschlussreich sein (auch wenn die Durchsicht wohl nur was für Hartgesottene sein wird - insbesondere natürlich nicht für die Öffentlichkeit - aber Unfallermittler sind ja einiges gewöhnt).
IceTigers rulez !

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