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Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

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Philipp2
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Philipp2 »

Kakadu hat geschrieben: 29.05.2021 - 16:41Dieser Halbmond muß durch das Trag-/Gegenseil abgeschabt worden sein; macht aber den Eindruck, daß das (mind. auch) bei einer Bergfahrt der Kabine 3 passiert sein muß. So schön rund ausgeschabt ist keine direkte Unfallfolge (und das ruft weitere Fragen hervor – da mußte man das Zugseil auf längerer strecke auf Abrieb von da untersuchen) ...
Nachtrag: ich muß mich korrigieren: der abgeschabte Halbmond könnte entstanden sein, als das (schlaffe) Gegenseil noch vom Eigengewicht über die Stütze in richtung Tal gezogen wurde und zwsichen Stütze 3 und Bergstation schon herunterhing. Die Form der Abschabung sieht aber eher nach gespanntem Seil aus. Sowas wäre möglich – die Ausschabung ist aber heftig für nicht mal 20 bis 30 Sekunden.
Die Ausrundung in der Zugseilrollenaufhängung war immer schon so, siehe YT-Videos. Schaut so aus, als hätte man sie erst nach der Montage herausgeschnitten, das war damals gängige Praxis.
https://youtu.be/cclmDHWff4Q Min. 15:20

EDIT: Wobei sich mir die Frage stellt, ob das Laufwerk nicht schon vor der Stützenüberfahrt/-kollision zumindest teilweise entgleist ist. Wenn der Kabinenboden, so wie im italienischen Forum beschrieben, durch das Zugseil so zugerichtet wurde, kann die Kabine unmöglich in einem ansatzweise lorecht hängenden Zustand auf die Stütze getroffen sein - andererseits sieht man keinerlei Verformungen an den Führungen.
Dass es sich bei dem mysteriösen Splitter unter dem Tragseil um einen Teil der Bremsbacken handelt, ist ausgeschlossen?

Kakadu
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

Philipp2 hat geschrieben: 29.05.2021 - 17:06 Die Ausrundung in der Zugseilrollenaufhängung war immer schon so, siehe YT-Videos. Schaut so aus, als hätte man sie erst nach der Montage herausgeschnitten, das war damals gängige Praxis.
Die hintere Seite sieht rot lackiert und "aktiv bearbeitet" aus – somit schon länger so; am vorderen Rand hingegen sehr "holprig". Auch mit der Delle in der Seilrolle könnte da das Seil hier schon noch etwas dazu beigetragen haben.
EDIT: Wobei sich mir die Frage stellt, ob das Laufwerk nicht schon vor der Stützenüberfahrt/-kollision zumindest teilweise entgleist ist. Wenn der Kabinenboden, so wie im italienischen Forum beschrieben, durch das Zugseil so zugerichtet wurde, kann die Kabine unmöglich in einem ansatzweise lorecht hängenden Zustand auf die Stütze getroffen sein - andererseits sieht man keinerlei Verformungen an den Führungen.
Mit der Skizze von hier ließe sich schon erklären, wie das Seil aus den Rollen herausgewürgt wurde. Das war noch in den Rollen, bis es "von hinten" abgehoben wurde. NB: einige Beiträge weiter unten ist das noch in einer animierten Skizze.

https://www.funiforum.org/funiforum/nod ... post252238

NB: sieht doch nach Vergußkopf (und nicht Klemmkopf) aus (so nicht wieder beides in denselben Topf geschmissen wird und nicht unterchieden).
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

Meiner Meinung nach ist das ein Indiz dafür, dass nach dem Abheben der Kabine mit dem Kabinendach von unter her an das Tragseil geschleudert wurde.

Diese Möglichkeit hatte ich zwar schon vorher geäußert; da man allerdings für die Berechnung der Flugbahn der Kabine sehr viele zusätzliche Informationen benötigt, die uns hier nicht zur Verfügung stehen, habe ich meinen Vermutung nicht weiter ausgeführt.

Leider gibt es keine Fotos von der talseitigen Kante des Kabinendachs. Dort müssten die Tragseilspuren noch ermittelt werden können. Ebenso Spuren des Kabinendachs an der Unterseite des Tragseils.

Zum Zeitpunkt des Abhebens bewegte sich die Kabine mit einer Neigung von ca. 14,5 Grad talwärts.

Überlegen wir uns einmal, wie das Tragseil im 3. Seilfeld, also zwischen der Stütze 2 und der Stütze 3 durchhängen könnte.

Das Seilfeld ist ungefähr 1978 m lang. Die Stütze 3 befindet sich ca. 125 Höhenmeter unter der Bergstation. Ich schätze, dass die Stütze 2 sich ca. 125 Höhenmeter über der Talstation befindet, sodass zwischen der Stütze 2 und der Stütze 3 etwa 300 Höhenmeter überwunden werden.

Die große Unbekannte ist jetzt, mit welchem Durchhangparameter a das Tragseil bei der Kettenlinie a * cosh (x / a) durchhängt.

Bei langen Seilfeldern und großen Pendelbahnen liegt a meistens zwischen 2000 und 3000. Beispielsweise ist das Tragseil der Seilbahn Zugspitze deutlich straffer gespannt als bei der Pendelbahn Trockener Steg - Klein Matterhorn. Bei der Klein Matterhornbahn (Pendelbahn) liegt der Parameter ungefähr bei 2300 und bei der Seilbahn Zugspitze etwa bei 2800.

Ich nehme jetzt einfach mal an, dass in Mottarone das Seil straffer gespannt ist als bei der Pendelbahn Klein Matterhorn, aber schlaffer als bei der Seilbahn Zugspitze und setzte den Parameter etwa bei 2500 an. Mir ist bewusst, dass die Tragseile auch deutlich straffer gespannt werden können. Es gab mal ein Seilbahnprojekt für eine Seilbahn zwischen Sizilien und Festlandsitalien mit zwei Stützen, die jeweils ca. 350 m hoch waren und beide auf dem Festland stehen, bei dem der Durchhangparameter etwa bei 5000 lag.

Ich gehe jetzt mal in Mottarone von einem Durchhang von f (x) = 2500 * cosh (x / 2500) aus. Wir legen die Funktion so fest, dass im tiefsten Punkt das Tragseil durch den Ursprung des Koordinatensystems geht, also f(0) = 0 ist, sodass wir für das Seilfeld 3 also die Funktion f(x) = 2500 cosh (x / 2500) betrachten. Die Stütze 2 steht links und die Stütze 3 steht rechts.

Um die Situation einigermaßen abschätzen zu können, habe ich folgendes Video verwendet:

https://www.youtube.com/watch?v=H8qxqOIMEu8

Bei diesem Video sieht man übrigens auch bei 4:36 wieder, wie Personen in der Kabine sind und oben am Laufwerk die Tragseilfangbremsen mit den Deaktivierungskrallen im ganz normalen Betrieb eingesetzt sind.

Bei 2:04 fährt die Kabine 4 über die Stütze 2 und bei 7:30 fährt sie über die Stütze 3. Die Kabinenkreuzung ist bei 4:38 oder 4:39. Ich nehme an, dass bei dieser Fahrt mit 6 m/s gefahren wurde und das Seilfeld also 1956 m lang ist. Das deckt sich gut mit unseren früheren Abschätzungen, bei der wir auf etwa 1978 m Seilfeldlänge gekommen sind.

Die Kabinenkreuzung ist bei 4:38 oder 4:39. Wenn wir also die Daten von Lift World verwenden, also eine Streckenlänge von 2998 m annehmen, dann folgt daraus, da wir innerhalb des dritten Seilfeldes keine Bremsung haben, die Stütze 2 somit 2998 / 2 - 155 * 6 = 569 Meter von der Talstation entfernt ist und die Stütze 3 demnach 2998 / 2 - 171 * 6 = 473 Meter von der Bergstation.

Bis auf etwa 20 Meter kommen wir also an die wahren Begebenheiten hin.

Der Knackpunkt sind jetzt der Durchhangparameter und die Höhenunterschiede.

Schätzen wir den Durchhangparameter auf 2500 und setzten wir für Stütze 2 den Funktionswert x = -600 und für die Stütze 3 den Funktionswert x = 1350 ein, so erhalten wir für y an der Stütze 2 +72,3 und für y an der Stütze 3 den Funktionswert + 373,44 was bedeutet, dass die Kabine auf dem Stützenkopf 2 sich etwa 72 Meter über dem tiefsten Punkt im Seilfeld befindet und auf dem Stützenkopf 3 ungefähr 373,4 m über dem tiefsten Punkt. Das kommt mit den Beobachtungen aus dem Video einigermaßen hin. Der tiefste Punkt im Seilfeld wird also etwa 600 m bzw. 100 Sekunden nach dem Überfahren der Stütze 2 erreicht. Der tiefste Punkt im Seilfeld wäre dann im Video bei ca. 3:34 (Youtube-Uhr) erreicht. Das kommt ungefähr hin.

Die Ableitung von f(x) = 2500 * cosh (x / 2500) ist nun f´(x) = sinh (x / 2500).

Setzen wir für die Stütze 3 in der Ableitung f´(x) = sinh (x / 2500) den Funktionswert x = 1350 ein, dann bekommen wir 0,5666... d.h. die Steigung des Tragseils knapp unterhalb der Stütze 3 beträgt also knapp 57 % und somit etwa 29,5 Grad. Die Kabine 3 fliegt aber in einem Gefälle von ca. 14,5 Grad, sodass sich beide Funktionen ungefähr - je nach Höhe des Gehänges und der halben Kabinenlänge - ca. 20 m unterhalb der Stütze 3 schneiden. Da aber 20 m länger ist als die Kabinenlänge, ist nachvollziehbar, dass die Stütze 3 weitgehend unbeschädigt geblieben ist, da sich die Kabine 3, als sie von unten an das Tragseil schmetterte, sich bereits vollständig außerhalb des Lichtraumprofils der Stütze 3 befand.

Ungefähr 20 m Tragseillänge unterhalb des Stützenkopfes der Stütze 3 sollten also die Ermittler gezielt am Tragseil nach Spuren des Kabinendaches Ausschau halten.

Man darf auf den Untersuchungsbericht sehr gespannt sein. Da uns hier viel zu viele Daten fehlen, sind wir auf grobe Schätzungen angewiesen und müssen uns die fehlenden Informationen aus Internetvideos mühsam zusammenschustern.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Auf einer solchen Irrfahrt ist dynamisch sehr viel möglich. Für die ersten paar hundert Millisekunden kann man vielleicht noch recht realistisch mit dem Computer simulieren, danach wirken soviele zufallsbedingte Parameter ein, dass es in der Praxis unmöglich wird, dies sinnvoll rechnerisch zu modelisieren.

Die Fangbremse wird IIRC aufgrund des höchsten Seilzugs ausgelegt.

Bei den Bremsen wird aufgrund der min. und max. Verzögerung in den jeweiligen worst-case Situationen ausgelegt und dann geht die Spielerei los mit der Anpassung der Trägheit (weshalb Direct Drives bei Pendelbahnen heikel sind da zuwenig Trägheit vorhanden ist). Ein relativ kleines Schwungrad auf der Motorwelle entspricht sehr grossen bewegten Massen, wurde irgendwo besprochen.

IMO wäre es für grosse Bahnen jeglicher Art sinnvoller und viel sicherer ein von den CEN abweichendes Bremssystem einzusetzen, das auf mehrfachige Redundanzen basiert jedoch nicht mehr strikte zwischen der Betriebsbremse und der Sicherheitsbremse unterschieden wird. Kann hier nicht näher darauf eintreten, ist jedoch fundiert bzgl. Sicherheits-Levels, nicht irgendwie eine Spinneridee à la Creissels.

Weiter oben wurden höhere Geschwindigkeiten erläutert. King Da Ka arbeitet mit hoher Leistung und hoher Geschwindigkiet. Auch Schachtfördermaschinen im Bergbau erreichen hohe Geschwindigkeiten (z.B. 20 m/s). Siehe hier: https://www.siemag-tecberg.de

Bei starker Belastung kann einiges abgerieben werden, da Seil wie ein Diamantsägedraht wirkt. Klar, weniger hart, diesselbe Stelle wird jedoch nicht mehrmals beansprucht.
Bei Zugseilüberschlag kann Zugseil bei unsachgemässem Vorgehen wegen der Reibungsabnützung reissen, nicht unbedingt infolge Überlast.

Irgendwie habe ich das schlechte Gefühl, dass allmählich immer mehr Unregelmässigkeiten Punkto Wartung und Bedienung entdeckt werden. Nur ist zum Glück sowas absolut NICHT repräsentativ.
Wären die allermeisten Betreiber in West Europa nicht sehr seriös, gäbe es viel mehr schwere Unfälle.

Die grösste zukünftige Sicherheitsherausforderung, ist, aus meiner Sicht, weiterhin sehr gutes Personal zu finden. Was die Technik anbelangt, habe ich keine Sorgen, der entscheidende Faktor wird jedoch immer der Mensch bleiben.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

In meinem zuvor geposteten Link aus dem Funiforum ist ein Bild des Kabinenbodens zu sehen – mit einem durch das Seil verursachten Loch an der Kante ...
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

MMA hat geschrieben: 29.05.2021 - 17:04
Übersetzt mit DeepL:
(...) the person in charge of the activity heard the characteristic noise of the loss of pressure in the braking system of the cabin repeating itself every two to three minutes before the disaster.
Sowas sollte man in den Aufzeichnungen der on-board Steuerung finden. Sofern sachgerecht und sofort nach dem Unfall ausgebaut ist es sehr wahrscheinlich, dass aufgezeichnete Daten der on-board SPS auch nach dem Unfall ausgelesen werden können, ggf, im Labor zusammen mit dem SPS Hertseller (hier möglicherweise Siemens da da Touch von Siemens ist). Ähnlcih wie bei Flugunfalluntersuchungen kann man in letzter Instan noch Chips ausbauen oder ggf. mit Test-Clip auslesen. Ist jedoch sehr aufwendig, sowas wir z.B. für Solid-State Flugschreiber gamacht.

Hydraulik-Druckschwankungen sollten keinen direkten negativen Einfluss haben sofern der Mindestdruck der zur Auslösung der Fangbremse führt nicht unterschritten wird. In solchem Falle wird die Fangbremse schliessen, jedoch nicht irgendwie (ggf. unbmerkt) mit reduzierter Kraft reiben, ausser auch hier Designfehler.
Zu überprüfen ist jedoch, ob die Schliessung, wie ich es erwähnt habe, durch Kurschliessen der vorderen und hinteren Zylinderkammer erfolgt und nicht ausschliesslich durch Tankrückfluss.

Unklar ist ebenfalls wie die Vorspannung für die Schlaffseilauslösng erfolgt. Ausser Druckfedern (i.d.R. Tellerfedernpakete) wäre nichts anderes sinnvoll. Wie bereits erwähnt, wäre eine aktive hydraulische Vorspannung einen schwerwiegenden Designfehler, zumindest IMO.
Gesamthaft betrachtet erscheint die Hydraulik der Fangbremse doch unnötig komplex, was sie entsprechend anfälliger macht.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von cupra300 »

Hallo zusammen,

ich verfolge nun dieses Forum schon seit längerem und beobachte seit der Tragödie im speziellen diese Diskussion.

Für einen Laien wie mich ist es sehr beeindruckend, was hier erarbeitet wird.

Ich habe eine kurze Frage an euch. Sind diese Geräusche der Bahn (müsste sogar die Gondel 3 sein) für euch normal? Im Speziellen meine ich die Geräusche ab ca. 8:55 im YouTube Video, welches letztes Jahr hochgeladen wurde.

Für mich als Außenstehender klingen diese alles andere als normal.

Vielen Dank Vorab.

Link:
https://www.youtube.com/watch?v=kjCD6ZV ... WL&index=2
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

ThomasK hat geschrieben: 29.05.2021 - 18:16 Leider gibt es keine Fotos von der talseitigen Kante des Kabinendachs.
Sinnvoll wäre es, unbeachtet der Urheberrechte (höhere Gewalt!) eine Referenz-Bildbibliothek (Fotos sowie Video-Frames) zu erstellen und die Bilder systematisch taggen und einordnen und ebenfalls sämtliche nützliche Videos katalogieren.

cupra300 hat geschrieben: 29.05.2021 - 18:51 Ich habe eine kurze Frage an euch. Sind diese Geräusche der Bahn (müsste sogar die Gondel 3 sein) für euch normal? Im Speziellen meine ich die Geräusche ab ca. 8:55 im YouTube Video, welches letztes Jahr hochgeladen wurde.

Für mich als Außenstehender klingen diese alles andere als normal.
https://www.youtube.com/watch?v=kjCD6ZV ... WL&index=2
Finde ich eigentlich im Absoluten etwas schwer zu beurteilen (ist mir bei 00:08:55 nicht extremes aufgefallen). Kommt ganz darauf an, woher das Geräusch genau stammt. In einem anderen Video habe ich ein sehr merkwürdiges lautes Geräusch gehört (IIRC 2 -3 s), das ich jedoch nicht identifizieren konnte. Klar, dass eine sauber gewartete Bahn eigentlich nicht wie eine Geisterbahn tönen sollte, kommt jedoch auch auf das alter, die Baurt, usw. drauf an.

Hier eine PB mit genialer Geräuschkulisse, Bahn gibt es dank den @#§£$&* EU Bürokraten leider nicht mehr, die neue Bahn ist so eine fade McDonald's-artige Serien-Bahn. Obwohl ich eigentlich eher sehr grosse Deoppeltragseil-Pendelbahnen mag, diese Bahn hatte es in sich. Das muss man erlebt haben, noch netter mit nicht schwindelfreien Mitfahrern. Video von Stahlseil:
https://www.youtube.com/watch?v=b0tYlMc1i8M
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Paolomaestro »

Lagorce hat geschrieben: 29.05.2021 - 18:22
Die grösste zukünftige Sicherheitsherausforderung, ist, aus meiner Sicht, weiterhin sehr gutes Personal zu finden. Was die Technik anbelangt, habe ich keine Sorgen, der entscheidende Faktor wird jedoch immer der Mensch bleiben.
Dazu müssten die meisten Seilbahnbetriebe mal ihr Personal besser bezahlen! Meist wird ständig wechselndes Saisonpersonal zum Mindestlohn bzw Kollektiv angestellt. Die Sicherheits bzw Einschulungen werden im Schnelldurchlauf durchgezogen! Auf Kosten der Sicherheit der zahlenden Kundschaft!
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von cupra300 »

Lagorce hat geschrieben: 29.05.2021 - 19:15
ThomasK hat geschrieben: 29.05.2021 - 18:16 Leider gibt es keine Fotos von der talseitigen Kante des Kabinendachs.
Sinnvoll wäre es, unbeachtet der Urheberrechte (höhere Gewalt!) eine Referenz-Bildbibliothek (Fotos sowie Video-Frames) zu erstellen und die Bilder systematisch taggen und einordnen und ebenfalls sämtliche nützliche Videos katalogieren.

cupra300 hat geschrieben: 29.05.2021 - 18:51 Ich habe eine kurze Frage an euch. Sind diese Geräusche der Bahn (müsste sogar die Gondel 3 sein) für euch normal? Im Speziellen meine ich die Geräusche ab ca. 8:55 im YouTube Video, welches letztes Jahr hochgeladen wurde.

Für mich als Außenstehender klingen diese alles andere als normal.
https://www.youtube.com/watch?v=kjCD6ZV ... WL&index=2
Finde ich eigentlich im Absoluten etwas schwer zu beurteilen (ist mir bei 00:08:55 nicht extremes aufgefallen). Kommt ganz darauf an, woher das Geräusch genau stammt. In einem anderen Video habe ich ein sehr merkwürdiges lautes Geräusch gehört (IIRC 2 -3 s), das ich jedoch nicht identifizieren konnte. Klar, dass eine sauber gewartete Bahn eigentlich nicht wie eine Geisterbahn tönen sollte, kommt jedoch auch auf das alter, die Baurt, usw. drauf an.

Hier eine PB mit genialer Geräuschkulisse, Bahn gibt es dank den @#§£$&* EU Bürokraten leider nicht mehr, die neue Bahn ist so eine fade McDonald's-artige Serien-Bahn. Obwohl ich eigentlich eher sehr grosse Deoppeltragseil-Pendelbahnen mag, diese Bahn hatte es in sich. Das muss man erlebt haben, noch netter mit nicht schwindelfreien Mitfahrern. Video von Stahlseil:
https://www.youtube.com/watch?v=b0tYlMc1i8M
Vielen Dank für deine Antwort. Ich meinte vielmehr auch die Einfahrt in die Station. Trotzdem vielen Dank.

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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

Lagorce hat geschrieben: 29.05.2021 - 19:15 ...

Hier eine PB mit genialer Geräuschkulisse, Bahn gibt es dank den @#§£$&* EU Bürokraten leider nicht mehr, die neue Bahn ist so eine fade McDonald's-artige Serien-Bahn. Obwohl ich eigentlich eher sehr grosse Deoppeltragseil-Pendelbahnen mag, diese Bahn hatte es in sich. Das muss man erlebt haben, noch netter mit nicht schwindelfreien Mitfahrern. Video von Stahlseil:
https://www.youtube.com/watch?v=b0tYlMc1i8M
Und ich hab immer gedacht, die Schweiz ist nicht in der EU und kein Schweizer lässt sich was von der EU sagen. Wie man sich täuschen kann ...

Aber egal, einer muss ja Schuld sein, im Notfall Zensursula Flintenuschi. Dann wäre das auch geklärt.

Zurück zum Thema:
Diese unbekannte gelbe Teil könnte auch von der Kabine selber sein, und zwar ein Stück Hartholz. Die alten Kabinen war es nicht unüblich, als "Schlagschutz" gegen Eis auf dem Dach eine Lage Bretter anzubringen. Hat hier jemand Fotos von oben, also dem Dach der Kabine?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von AreSee »

Lagorce hat geschrieben: 29.05.2021 - 19:15 Hier eine PB mit genialer Geräuschkulisse, Bahn gibt es dank den @#§£$&* EU Bürokraten leider nicht mehr, die neue Bahn ist so eine fade McDonald's-artige Serien-Bahn. Obwohl ich eigentlich eher sehr grosse Deoppeltragseil-Pendelbahnen mag, diese Bahn hatte es in sich. Das muss man erlebt haben, noch netter mit nicht schwindelfreien Mitfahrern. Video von Stahlseil:
https://www.youtube.com/watch?v=b0tYlMc1i8M
Dies ist halt noch Nostalgie pur.
Alleine das uralte Kopierwerk ist immer wieder interessant, auch die Drehzahlregelung für den Schleifringläufer und die Zugehörigen Geräusche (auch heut noch vielerorts bei Schleppliften anzutreffen).

Aber nichts desto Trotz; seien wir doch Froh dass die Technik weiter geht und wir nicht stehen bleiben ;)
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von AreSee »

Neandertaler hat geschrieben: 29.05.2021 - 20:034
Und ich hab immer gedacht, die Schweiz ist nicht in der EU und kein Schweizer lässt sich was von der EU sagen. Wie man sich täuschen kann ...

Aber egal, einer muss ja Schuld sein, im Notfall Zensursula Flintenuschi. Dann wäre das auch geklärt.
Auch die Schweiz übernimmt überall die Normen aus der EU. So gelten bei neueren Anlagen im Normalfall die CEN Normen.
Was früher durch eigene Gesetzgebungen durch das BAV (Bundesamt für Verkehr) erarbeitet wurde, wird heute alles aus der EU übernommen.
Dies auch in anderen Branchen.
Mal abgesehen davon, sind die europäischen Normen sicherlich nicht schlechter, nur wie in diesem Thread schon einige geschrieben haben - Aufwändiger und Bürokratischer.

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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MMA »

daGuschtl hat geschrieben: 26.05.2021 - 10:14
Einer der vorläufig festgenommenen Männern soll laut „Corriere Della Sera“ Luigi Nerini (56) sein, Inhaber der Firma „Ferrovie del Mottarone“, die die Seilbahn-Anlage verwaltet. Neben ihm werden auch Direktor Gabriele Tardini (63) und der operative Leiter des Dienstes, Ingenieur Enrico Perocchio, verdächtigt die Seilbahn manipuliert zu haben.
https://www.lastampa.it/biella/2021/05/ ... 1.40316552
"I put the fork in, I've done it other times too". Gabriele Tadini, the head of the Mottarone cable car service, admitted it again during the questioning that is taking place this morning in Verbania prison. During his interrogation by the investigating magistrate, Donatella Banci Bonamici, Enrico Perocchio, the director of the cableway, denied any knowledge of Tadini's decision: "I didn't know about the brakes, I wasn't aware of it. Luigi Nerini, owner of Ferrovie del Mottarone, also passed the buck to the other suspects: "Safety is not the operator's business," he told the judge.
[...]
The first person to be heard was cableway supervisor Gabriele Tadini, defended by lawyer Marcello Perillo, who reiterated the first admissions made on Tuesday: "My client confirmed to the judge that he had put the brake block on". The manager of the cable car admitted that he had placed the brake lock on other times in the past and explained that the anomalies manifested by the system could not be linked to the rope and ruled out any connection between the problems with the brakes and those with the rope. "I am not a thug. I would never have taken people up if I had thought the rope would break," Tadini told the gip.
[...]
The hearing lasted about three hours. Thanks to the confirmation of the confession, the defence hopes to obtain house arrest for Tadini: "My client is devastated, he has not eaten or slept for four days, he will carry the burden of this for the rest of his life. Innocent people died, it could have been Tadini's son or mine," said lawyer Perillo.
[...]
Manager Nerini: "The safety of the cableway was their responsibility".
"Safety is not the operator's business," Luigi Nerini, the manager of the Mottarone cable car, told the Verbania gip, according to his lawyer, Pasquale Pantano. "By law it was Tadini and Perocchi who had to deal with it," he added. Nerini explained that he had to take care of "the company's business" and that "he had no interest in not repairing the cableway". To the judge, Nerini said: 'I could not stop the installation myself'. And his lawyer reiterated: "Stop saying that he saved on safety".
[...]
Outside the prison, meanwhile, a person demonstrates with a sign reading "if guilty, life imprisonment".
Zusammengefasst also:
Direktor Gabriele Tardini (63) ist geständig,
Inhaber Luigi Nerini (56) und Ingenieur Enrico Perocchio streiten es ab, von der Überbrückung gewusst zu haben.

https://torino.repubblica.it/cronaca/20 ... 303303256/ und übersetzt mit DeepL.
Kakadu
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

Tadini: "... Non avrei mai fatto salire persone se avessi pensato che la fune si spezzasse ..."
(... ich hätte niemals Leute einsteigen lassen, wenn ich daran gedacht hätte, daß das Seil reißen würde ...)
Ähm: wozu ist dann eine Fangbremse überhaupt da ... :wall:
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

Zum Beitrag vom MMA:

Oh, die Zeit der Ausreden beginnt. Es ist aber das Recht des Angeklagten zu behaupten, das ihn keine Schuld trifft. Nur die Konstellation an der Sache ist nicht so, wie es manch einer gerne hätte um schnell wieder nach Hause zu kommen.

Der Betriebsleiter hat in Italien vom Gesetzgeber festgeschrieben sechs Monate Kündigungsfrist. Dies ist aus dem Grund heraus so, das dieser nicht wegen jeder Kleinigkeit von den Leuten mit dem Geld vom Hof gejagt werden kann. Ganz im Gegenteil: wenn der verantwortliche Techniker von der mechanisch überbrückten Bremse im laufenden Betrieb gewusst hätten, wäre eine Meldung an die Aufsichtsbehörde zwingend gewesen. Der Einsatz von Überbrückungen muss im Betriebstagebuch vermerkt werden. Dieses Betriebstagebuch wird vom verantwortlichen Techniker und der Aufsichtsbehörde geprüft und unterschreiben. Hätte einer von beiden diesen Eintrag regelmäßig zu Kenntnis genommen oder eine Meldung von der Geschäftsleitung erhalten, hätten diese dem Betriebsleiter die sofortige Kündigung aussprechen müssen.

Die Reaktion der beteiligten Personen ist aber wie immer: ich habe von nichts gewusst. Es ist aber ihre Pflicht, das zu wissen und im Bedarfsfall zu handeln.

Der Betriebsleiter hätte auch das Recht und die Pflicht gehabt, bei einer nicht ordnungsgemäß funktionierenden Tragseilbremse den Betrieb sofort einzustellen und eine Reperatur durchzuführen, die ein volle Funktionalität wieder herstellt. Das wäre in keinem Fall ein Grund für eine Kündigung, Abmahnung oder anderes gewesen.

Es ist jetzt zu klären, wer hat wann aus welchem Grund gegenüber wem geschwiegen oder hat jene Papiere, die er unterzeichnet hat, nicht gelesen.

Anderes Thema:
AreSee hat geschrieben: 29.05.2021 - 20:23
Neandertaler hat geschrieben: 29.05.2021 - 20:034
Und ich hab immer gedacht, die Schweiz ist nicht in der EU und kein Schweizer lässt sich was von der EU sagen. Wie man sich täuschen kann ...

Aber egal, einer muss ja Schuld sein, im Notfall Zensursula Flintenuschi. Dann wäre das auch geklärt.
Auch die Schweiz übernimmt überall die Normen aus der EU. So gelten bei neueren Anlagen im Normalfall die CEN Normen.
Was früher durch eigene Gesetzgebungen durch das BAV (Bundesamt für Verkehr) erarbeitet wurde, wird heute alles aus der EU übernommen.
Dies auch in anderen Branchen.
Mal abgesehen davon, sind die europäischen Normen sicherlich nicht schlechter, nur wie in diesem Thread schon einige geschrieben haben - Aufwändiger und Bürokratischer.
Da werde ich wahrscheinlich Mal wieder nicht in der Seilbahnschule aufgepasst haben. Es kann aber auch sein, das dieses, was Du Bürokratie nennst eher der Absicherung dient. Zu all den schönen Teilen, aus dem eine Seilbahn besteht, muß der Hersteller nachweisen, daß diese von der Konstruktion, Materialauswahl und Verarbeitung für einen dauerhaften Betrieb geeignet sind. Für die Konstruktion gibt es Zeichnungen und Berechnung, die die Grundlage der Baugenehmigung sind. Um die Materialauswahl und Verarbeitung zu dokumentieren sind die entsprechenden Unterlagen zu erstellen. All diese Unterlagen hat der Betreiber der Bahn zu lochen, in einen Aktenordner zu geben, weg zustellen und sich im Falle eines Materialversagens daran zu erinnern, wo dies Ordner sind. An diesem Punkt haben viele ihre Probleme. Ohne Unterschrift und/oder Prüfsiegel war es wirklich einfacher zu sagen: ich weiß von nichts...
Eingeführt hat man dies, um diese Bauteile nicht in jedem Land, sondern einmal für alle zu zulassen. Denn wenn dieses Bauteil vom Hersteller für diese Bahn zugelassen ist, darf es eingebaut werden und die Verantwortung liegt beim Hersteller, ist es nicht zugelassen, kann man es einbauen, ist aber dann in jedem Fall selbst dran schuld, wenn etwas schief geht.

Wo mit wir jetzt wieder im Thema Unfall sind: wer hat den Vergusskopf erstellt? Ist die Dokumentation über die Herstellung vollständig? Sind alle Prüfsiegel angebracht?
Denn nach allem, was wir jetzt als Laienermitteler wissen, nahm an dieser Stelle das Unglück seinen Anfang. Hier fehlt mir noch die vierte Person bei den Beteiligten.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von AreSee »

Neandertaler hat geschrieben: 29.05.2021 - 21:35 Da werde ich wahrscheinlich Mal wieder nicht in der Seilbahnschule aufgepasst haben. Es kann aber auch sein, das dieses, was Du Bürokratie nennst eher der Absicherung dient. Zu all den schönen Teilen, aus dem eine Seilbahn besteht, muß der Hersteller nachweisen, daß diese von der Konstruktion, Materialauswahl und Verarbeitung für einen dauerhaften Betrieb geeignet sind. Für die Konstruktion gibt es Zeichnungen und Berechnung, die die Grundlage der Baugenehmigung sind. Um die Materialauswahl und Verarbeitung zu dokumentieren sind die entsprechenden Unterlagen zu erstellen. All diese Unterlagen hat der Betreiber der Bahn zu lochen, in einen Aktenordner zu geben, weg zustellen und sich im Falle eines Materialversagens daran zu erinnern, wo dies Ordner sind. An diesem Punkt haben viele ihre Probleme. Ohne Unterschrift und/oder Prüfsiegel war es wirklich einfacher zu sagen: ich weiß von nichts...
Eingeführt hat man dies, um diese Bauteile nicht in jedem Land, sondern einmal für alle zu zulassen. Denn wenn dieses Bauteil vom Hersteller für diese Bahn zugelassen ist, darf es eingebaut werden und die Verantwortung liegt beim Hersteller, ist es nicht zugelassen, kann man es einbauen, ist aber dann in jedem Fall selbst dran schuld, wenn etwas schief geht.

Wo mit wir jetzt wieder im Thema Unfall sind: wer hat den Vergusskopf erstellt? Ist die Dokumentation über die Herstellung vollständig? Sind alle Prüfsiegel angebracht?
Denn nach allem, was wir jetzt als Laienermitteler wissen, nahm an dieser Stelle das Unglück seinen Anfang. Hier fehlt mir noch die vierte Person bei den Beteiligten.
Du hast es schön umschrieben, im Endefekt bleibt es "Bürokratie". Ich habe nicht gesagt dass es schlecht wäre, dennoch ist es ein enormer Zeitaufwand die ganzen Dokumentationen etc zu erstellen bzw zu führen. Sei es vom Bau bis zum Rückbau der Anlage. Aber wie gesagt, dies ist in allen Branchen so.


Frage meinerseits; weiss denn mittlerweile jemand sicher ob es sich um einen Vergusskopf, oder um einen Klemmkopf handelt?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

Bisher war.in Italien noch der Vergusskegel allgemein üblich. Darüber hinaus gibt es einige Bahnen mit Pollerbefestigung am Laufwerk. Der Klemmkopf hat seine allgemeine Verbreitung insbesondere in der Schweiz bzw. bei Garaventa. Ist der Klemmkopf eigentlich noch patentiert?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

cupra300 hat geschrieben: 29.05.2021 - 18:51 Hallo zusammen,

ich verfolge nun dieses Forum schon seit längerem und beobachte seit der Tragödie im speziellen diese Diskussion.

Für einen Laien wie mich ist es sehr beeindruckend, was hier erarbeitet wird.

Ich habe eine kurze Frage an euch. Sind diese Geräusche der Bahn (müsste sogar die Gondel 3 sein) für euch normal? Im Speziellen meine ich die Geräusche ab ca. 8:55 im YouTube Video, welches letztes Jahr hochgeladen wurde.

Für mich als Außenstehender klingen diese alles andere als normal.

Vielen Dank Vorab.

Link:
https://www.youtube.com/watch?v=kjCD6ZV ... WL&index=2

Bei 8:55 konnte ich nichts außergewöhnliches feststellen, sehr wohl aber bei 9:05 - 9:17 insbesondere die Spitze bei 9:10 - 9:12.

Ich habe das Video an dieser Stelle fünfmal durchlaufen lassen.

Ja, ich gebe dir recht, dass das Verhalten NICHT normal ist. Ich bin schon mit verdammt vielen Pendelbahnen gefahren, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.

Es kann sein, dass irgendeine Stelle im Zugseil an einem Querschnitt eine sehr hohe Zahl an inneren Drahtbrüchen aufweist und das Zugseil mit dieser schadhaften Stelle einen kritischen Punkt überquert hat.

Da die meisten Youtuber ihre Filme ein paar Tage oder spätestens nach einem Monat nach der Aufnahme hochladen, ist es plausibel anzunehmen, dass zum Zeitpunkt der Videoaufnahme das Zugseil bereits 22 Jahre alt war. Mit Hilfe des Datenschreibers kann man feststellen, wie viele Biegewechsel das Zugseil zu dem Zeitpunkt bereits hatte.

Vielen Dank für den Hinweis. Dieses Video kannte ich noch nicht.

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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von daGuschtl »

MarcB96
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MarcB96 »

ThomasK hat geschrieben: 29.05.2021 - 22:39
Bei 8:55 konnte ich nichts außergewöhnliches feststellen, sehr wohl aber bei 9:05 - 9:17 insbesondere die Spitze bei 9:10 - 9:12.

Ich habe das Video an dieser Stelle fünfmal durchlaufen lassen.

Ja, ich gebe dir recht, dass das Verhalten NICHT normal ist. Ich bin schon mit verdammt vielen Pendelbahnen gefahren, aber so etwas habe ich noch nie erlebt.

Es kann sein, dass irgendeine Stelle im Zugseil an einem Querschnitt eine sehr hohe Zahl an inneren Drahtbrüchen aufweist und das Zugseil mit dieser schadhaften Stelle einen kritischen Punkt überquert hat.

Da die meisten Youtuber ihre Filme ein paar Tage oder spätestens nach einem Monat nach der Aufnahme hochladen, ist es plausibel anzunehmen, dass zum Zeitpunkt der Videoaufnahme das Zugseil bereits 22 Jahre alt war. Mit Hilfe des Datenschreibers kann man feststellen, wie viele Biegewechsel das Zugseil zu dem Zeitpunkt bereits hatte.

Vielen Dank für den Hinweis. Dieses Video kannte ich noch nicht.
Ist zwischen 9:05 und 9:17 das Quietschen oder das Klappern gemeint?

So ein Klappern ist mir schon öfter bei manchen Bahnen (teilweise bei gewissen Abständen zu Stützen oder bei bestimmten Geschwindigkeiten) aufgefallen (könnte mir am ehesten vorstellen, dass das von Vibrationen in der Kabine stammen könnte)🤔
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

Das klingt nach reiben von Aluminium auf Plexiglas. Also wahrscheinlich von einem Fenster das man öffnen kann.

Auch das schlagen vom Zugseil ist eher normal. Irgendwie müssen ja die ganzen Schwingungen abgebaut werden.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

Aktuelle Info beii RAI: Tadini bleibt im Hausarrest, die anderen beiden werden mangels klaren Schuldbeweisen freigelassen ...
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

MarcB96 hat geschrieben: 29.05.2021 - 23:53 Ist zwischen 9:05 und 9:17 das Quietschen oder das Klappern gemeint?

So ein Klappern ist mir schon öfter bei manchen Bahnen (teilweise bei gewissen Abständen zu Stützen oder bei bestimmten Geschwindigkeiten) aufgefallen (könnte mir am ehesten vorstellen, dass das von Vibrationen in der Kabine stammen könnte)🤔

Es geht hauptsächlich um das Rütteln.

Die beiden Schläge bei 9:25 und 9:28 sind völlig normal, weil die Kabine zuerst an den einen Einfahrholm anstößt und dann nach der Querpendelbewegung an den anderen Einfahrholm.

Das Quietschen, das bereits bei 9:02 beginnt, ist für alte Klapperkisten wie die Pendelbahn hier auf den Mottarone auch nicht ungewöhnlich. Auch die Kabinenvibrationen sind zunächst einmal nicht verdächtig. Das sind ganz normale Resonanzen, die bei den Schwingungen der Stahlkonstruktion auftreten.

Das sieht man z.B. bei der Abfahrt der 125-PB Furi - Trockener Steg in Zermatt bei 5:17 bis 5:24

https://youtu.be/mtPzdN-owDs?t=306

Alles völlig normal.

___________________


Quietschen (bei alten Bahnen) und Vibrationen sind ebenso normal wie die Schläge gegen die Einfahrholme bei der Stationseinfahrt.

Im Fall Mottarones geht es aber um die ganz massiven Rüttelbewegungen und das ist in der Tat nicht normal.

Meine Vermutung ist, dass das Zugseil an einer Stelle schadhaft ist und diese Stelle einen kritischen Bereich durchläuft.

Ich gehe davon aus, dass die Ermittler ein Gutachten über den Zustand des Zugseils auf der gesamten Länge anfertigen lassen und das Zugseil auf der gesamten Länge geröntgt werden wird.

Wo waren die Schadstellen?
Wie viele innere Drahtbrüche gab es?
Traten die Drahtbrüche gehäuft auf?

Wenn die Drahtbrüche an einer Stelle des Seiles gehäuft auftreten, dass kann es sehr wohl sein, dass bei diesem Seil die Ablegereife erreicht ist, obwohl es weniger Drahtbrüche im Vergleich zu einem anderen Zugseil hat, bei dem aber die zahlreicheren Drahtbrüche viel mehr über das gesamte Zugseil verteilt sind.

An dieser Stelle kann ich wieder mangels Informationen nur spekulieren.

Ich hoffe aber sehr, dass die gesamten Ergebnisse veröffentlicht werden und die Seilgutachten alle ins Internet gestellt werden.

Klar, die Journalisten lesen so etwas nicht, aber wir wollen das lesen.

Wichtig ist jetzt, dass man die Ergebnisse aus diesem Unfall wissenschaftlich verwertet, um die Forschung voranzubringen.

___________________

Hierzu ein kleiner Einschub:

Man darf eines nicht vergessen. Praktische Experimente können sehr teuer sein. Hätte man die Erkenntnisse aus diesem Unfall aus einem praktischen Experiment gewinnen wollen, dann hätte das mindestens 10 Millionen € gekostet. Der halbe Berg Mottarone hätte gesperrt werden müssen, die Seilbahnanlage ist kaputt, das Experiment mit Stoffpuppen oder Betonklötzen hätte monatelang vorbereitet werden müssen nebst bürokratischem Kleinkrieg mit etlichen Behörden usw.

Als der TGV vor 14 Jahren auf einer gesperrten Hochgeschwindigkeitsstrecke mit 574,8 km/h gefahren ist, kostete dieses Experiment Alstom schlappe 30 Millionen €. Gleichwohl nahm Alstom das Geld in die Hand, um ein für alle Mal den Transrapid auszuknocken. Die Argumentation von Alstom war wie folgt: Die deutschen Ingenieure haben ab 1950 den Transrapid entwickelt, um die (scheinbare) Lücke zwischen der klassischen Eisenbahn (200 km/h) und dem Flugzeug (900 km/h) zu schließen, weil man ein Verkehrsmittel benötigt, das kommerziell 400 - 450 km/h fahren muss, um im Entfernungsbereich bis etwa 2500 km das Flugzeug zu konkurrenzieren.

Ich mache den Ingenieuren aus dem Jahr 1950 natürlich keinen Vorwurf. Aus DAMALIGER Sicht, also 1950, war es plausibel den Transrapid zu entwickeln um die Geschwindigkeitslücke zwischen Eisenbahn und Flugzeug zu schließen.

Der Transrapid wurde erfolgreich entwickelt und bekam die Marktzulassung nebst Serienreife.

Die Überlegung von Alstom war nun wie folgt: Wir bauen zwar keinen Transrapid, aber wir bringen den Nachweis, dass die Entwicklung des Transrapids überflüssig ist, weil man den Geschwindigkeitsbereich zwischen 400 - 450 km/h auch kommerziell ganz normal mit der Eisenbahn fahren kann. Gelingt uns der Nachweis, dann ist der Transrapid weg vom Fenster, denn keiner wird neu ein inkompatibles System bauen, wenn man mit dem bestehenden System Eisenbahn voll kompatibel auch den Geschwndigkeitsbereich fahren kann, den der Transrapid fahren kann.

Der ICE kann ohne Probleme zwischen Köln und Frankfurt mit 300 km/h fahren und dann ohne Umsteigen später auf der Bummelbahn zwischen Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald mit 60 km/h unterwegs sein. Das geht beim Transrapid nicht.

Nur aus diesem Grund, den Transrapid auszuknocken, wurden 30 Millionen € in die Hand genommen und siehe da: Es zeigte sich, dass das, was der Transrapid kann, auch die klassische Eisenbahn kann. Somit gibt es also keine Geschwindigkeitslücke zwischen der klassischen Eisenbahn und dem Flugzeug, weil die Eisenbahn diese Lücke selbst schließen kann.

Betriebswirtschaftlich war das ein genialer Schachzug von Alstom 574,8 km/h zu fahren. Der Transrapid war tot. Und genau so wollte das Alstom. Die Chinesen ließen nur eine Ministrecke mit dem Transrapid in Schanghai bauen, um die deutsche Transrapid-Technologie zu klauen.

Nach dem ersten Schock sagte sich Siemens: OK, aber wir können nicht nur Transrapid, sondern auch Eisenbahn, sodass das Duell Siemens vs. Alstom jetzt nicht Transrapid vs. Eisenbahn heißt, sondern Eisenbahn vs. Eisenbahn. Gleichwohl waren die von Alstom investierten 30 Millionen € für diese Weltrekordfahrt fantastisch investiertes Geld. Die Eisenbahn kann kommerziell 400 - 450 km/h fahren.

(Ende des Einschubs)

________________________


Was heißt das alles nun für die Seilbahnindustrie?

So ein teures Experiment würde man planbar nur dann machen, wenn zu erwarten ist, dass die Erkenntnisse die Seilbahnforschung so weit voranbringen, dass man sich künftig im ÖPNV-Markt ordentliche Marktanteile sichern kann und sich ein zweistelliger Millionenbetrag für ein Stresa-Experiment refinanziert.

Das ist momentan nicht gegeben, sodass der Erkenntnisgewinn aus diesem Unfall bezüglich des Kapitaleinsatzes viel zu gering wäre.

Nachdem aber der Unfall in Stresa nun einmal passiert ist, ist es völlig klar, dass die Seilbahnindustrie die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus dem Unfall mitnimmt und sie für die Forschung verwertet.

Wo gibt es denn sowas, dass ein Seilbahnlaufwerk in der Praxis auf 200 km/h getestet wird?

Das macht man nicht, aber wenn die Ergebnisse nun schon einmal da sind, dann verwendet man sie auch.
MarcB96
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MarcB96 »

ThomasK hat geschrieben: 30.05.2021 - 01:09
Es geht hauptsächlich im das Rütteln.

Die beiden Schläge bei 9:25 und 9:28 sind völlig normal, weil die Kabine zuerst an den einen Einfahrholm anstößt und dann nach der Querpendelbewegung an den anderen Einfahrholm.

Das Quietschen, das bereits bei 9:02 beginnt, ist für alte Klapperkisten wie die Pendelbahn hier auf den Mottarone auch nicht ungewöhnlich. Auch die Kabinenvibrationen sind zunächst einmal nicht verdächtig. Das sind ganz normale Resonanzen, die bei den Schwingungen der Stahlkonstruktion auftreten.

Das sieht man z.B. bei der Abfahrt der 125-PB Furi - Trockener Steg in Zermatt bei 5:17 bis 5:24

https://youtu.be/mtPzdN-owDs?t=306

Alles völlig normal.

___________________


Quietschen (bei alten Bahnen) und Vibrationen sind ebenso normal wie die Schläge gegen die Einfahrholme bei der Stationseinfahrt.

Im Fall Mottarones geht es aber um die ganz massiven Rüttelbewegungen und das ist in der Tat nicht normal.
Das starke Rütteln ist in der Tat ungewöhnlich (wobei zb. die Predigtstuhlbahn kurz vor den Stützen auch relativ starke Rüttelbewegungen macht (mutmaßlich, weil das Zugseil weniger Raum zum schwingen hat und deshalb stärker schwingt)).

https://www.youtube.com/watch?v=pWl8Zpl ... SBMaxi.ESB

Zwar bei weitem nicht so stark wie in dem anderen Video, aber gefühlt deutlich mehr als bei modernen Bahnen.
Meine Vermutung ist, dass das Zugseil an einer Stelle schadhaft ist und diese Stelle einen kritischen Bereich durchläuft.

Ich gehe davon aus, dass die Ermittler ein Gutachten über den Zustand des Zugseils auf der gesamten Länge anfertigen lassen und das Zugseil auf der gesamten Länge geröntgt werden wird.

Wo waren die Schadstellen?
Wie viele innere Drahtbrüche gab es?
Traten die Drahtbrüche gehäuft auf?

Wenn die Drahtbrüche an einer Stelle des Seiles gehäuft auftreten, dass kann es sehr wohl sein, dass bei diesem Seil die Ablegereife erreicht ist, obwohl es weniger Drahtbrüche im Vergleich zu einem anderen Zugseil hat, bei dem aber die zahlreicheren Drahtbrüche viel mehr über das gesamte Zugseil verteilt sind.

An dieser Stelle kann ich wieder mangels Informationen nur spekulieren.
Der Seilbruch war doch am Laufwerk. Rein theoretisch kann diese Stelle (weil das Rütteln im Video einige Meter vor der Station auftritt) das Rütteln nicht verursacht haben oder? Weil der Teil, der die Umlenkung durchquert (ich vermute, dass damit kritischer Bereich gemeint ist) ja eigentlich nicht der Teil war, der schadhaft war.

Was ich mir evtl vorstellen könnte (ist aber auch nur eine reine Vermutung....bin im Bereich Schwingungen/Frequenz/Resonanz auch nur Laie), dass in dem Moment der Antrieb mehr Kraft auf das Zugseil ausübt (bzw warum auch immer anders Kraft auf das Zugseil ausübt als während der Fahrt), aber die Dämpfung vom Zugseil wegen der Schäden die Schwingungen nicht richtig aufnehmen kann (quasi dass wegen der Beschädigung sich irgendwas an der Eigenfrequenz ändert und somit dieses starke Rütteln entsteht, was ohne Schäden weitgehend aufgefangen werden würde).🤔

Was heißt das alles nun für die Seilbahnindustrie?

So ein teures Experiment würde man planbar nur dann machen, wenn zu erwarten ist, dass die Erkenntnisse die Seilbahnforschung so weit voranbringen, dass man sich künftig im ÖPNV-Markt ordentliche Marktanteile sichern kann und sich ein zweistelliger Millionenbetrag für ein Stresa-Experiment refinanziert.

Das ist momentan nicht gegeben, sodass der Erkenntnisgewinn aus diesem Unfall bezüglich des Kapitaleinsatzes viel zu gering wäre.

Nachdem aber der Unfall in Stresa nun einmal passiert ist, ist es völlig klar, dass die Seilbahnindustrie die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus dem Unfall mitnimmt und sie für die Forschung verwertet.

Wo gibt es denn sowas, dass ein Seilbahnlaufwerk in der Praxis auf 200 km/h getestet wird?

Das macht man nicht, aber wenn die Ergebnisse nun schon einmal da sind, dann verwendet man sie auch.
Rein theoretisch könnte man doch (es gibt ja glaub in Österreich eine recht große Halle, wo man eine Höhenrettung an einer Seilbahn testen kann, weiß nur gerade nicht mehr wo) ein Teststück in einer Halle aufbauen, wo man kontrolliert an verschiedenen Laufwerken die Fangbremse aktiv testen könnte (quasi Seilführung mit Neigungsverstellung und die entsprechenden Laufwerke mit darunter angebrachten Gewichten).

Ergänzung:

https://www.youtube.com/watch?v=H8qxqOI ... nkbewohner
Das Rütteln trat wohl nicht nur bei der abgestürzten Kabine auf.

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