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Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

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Theo
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Theo »

@Neandertaler: Es kann durchaus sein dass es in Sestriere damals beim Bau auch schon einen gröberen Zwischenfall gab, ich könnte mich allerdings nicht erinnern dass das hier jemals Thema war. Die Bilder mit der Kabine sind aber von 2008.

Was den Lagerungsort von gewissen Gerätschaften angeht spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Wo brauche ich es? Wie oft brauche ich es? Was habe ich für Staumöglichkeiten? Dass solche Hilfsmittel dort ( also Kabine ) sein sollten wo man sie braucht ist glaube ich soweit klar. Jetzt komm aber das wie oft. Braucht man es wenig, dann ist eine Kiste auf dem Kabinendach wohl der beste Ort. Braucht man es oft ( Dienstfahrten ) dann ist das Podest sicher nicht komplett falsch.
Für den letzten Fall gibt es aber zwei Sachen zu beachten. Dinge werden nicht einfach so lose mitgeführt sondern sind entsprechend zu sichern. Ist das Verwenden solcher Dinger während dem Betrieb sicherheitsrelevant so müssen Vorkehrungen getroffen werden dass eine unabsichtliche Verwendung so gut wie ausgeschlossen ist und dass eine absichtliche Verwendung für den Betreiber ganz sicher auch nicht mehr attraktiv ist. Das wäre z.B. so wenn bei der Verwendung automatisch ein Sicherheitskreis aktiviert wäre und dadurch die Fahrgeschwindigkeit deutlich herabgesetzt würde.
Ich bin allerdings nicht so naiv zu Glauben dass man nicht auch das wiederum irgendwie umgehen könnte wenn man wirklich wollte. Es ist aber sicher so dass: Je komplizierter und/oder einschneidender etwas ist, desto unwahrscheinlicher ist die Anwendung.
Der letzte Regierungsvertreter wo an einer Pressekonferenz etwas für die Menschen positives gesagt hat und dies dann auch später eingehalten hat war Günter Schabowski am 9.11.1989.

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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Skipapi »

Lagorce hat geschrieben: 02.06.2021 - 23:44 Hier noch eine Simulation vom italienischen Forum:
https://www.youtube.com/watch?v=dX27YOxF6SA
Von primärem Interesse ist doch was vor dem Zugseilversagen geschah. Warum hat man sich entschieden die Tragseilbremse ausser Funktion zu setzen? War sie fehlkonstruiert? Ein Hinweis könnte sein, dass bei ähnlichen Bahnen die Zangen ebenfalls oft montiert sind (hoffentlich nur bei Leerfahrten) oder in Griffnähe im Korb spazieren gefahren werden, was auch für einen regelmäßigen Einsatz spricht. So wie ich die Experten hier verstehe, hat eine gut konstruierte Tragseilbremse kaum je Fehlunktionen und es ist deshalb auch nicht üblich diese bei Leerfahrten zu deaktivieren. Trug eine Fehlfunktion der Tragseilbremse zum Zugseilversagen bei? Wie kam es zu diesem Versagen?
Was nach dem Versagen des Zugseils geschah, ist hingegen eigentlich doch klar: weil das Notsystem nicht greifen konnte, stürzte die Gondel ab. Ob die Gondel sich auf dem Waldboden überschlug oder nicht, etc. ist doch eigentlich irrelevant. Irre ich?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Besten Dank an ATV für das Bildmaterial.
Habe immer Mühe den Zugseildurchmesser einzuschätzen, bei Varallo hier sowas um die 20 mm? Müsste mal in den EN nachschlagen wo der Mindestdurchmesser liegt, weiss es nicht mehr auswendig.

Interessant ist die Nahaufnahme der Zugseilanbindung, irgendwie befürchte ich immer mehr, dass eine aktive hydraulische Vorspannung der Schlaffseilauslösung nicht auszuschliessen ist. Sowas würde mich jedoch sehr erstaunen, das dies völlig unnötig komplex und viel zu fehlfunktionsanfällig wäre. Auf ein solche völlig blödsinnige Idee muss man zuerst kommen. Deshalb glaube ich immer noch nicht an sowas unsinniges. Nur sehe ich nicht, wie man sonst von aussen die Vorspannung einstellen könnte und die Schlaffseilauslösung muss man relativ einfach einstellen können, also sicher einmal ohne den hinteren Teil der Vorrichtung (derjenige mit dem Vergusskopf) zu demontieren.

Jedenfalls ist die ganze Fangbremsenhydraulik unnötig weitaus zu komplex aufgebaut, dass dann allerlei Betriebsstörungen auftreten können, ist dann auch nicht mehr erstaunlich., oder gar vorprogrammiert.


ATV hat sich nicht zu den Blockierbügeln ("Forchettone") geäussert, nur lediglich darauf hingewiesen, dass einer der beiden auf dem Podest mitgeführt wird. Er weiss ebensogut wenn nicht besser als andere hier, dass das Werkzeug für Notöffnung + Not-Offenhaltung (muss nicht unbedingt getrennt sein, z.B. Gewindestangen mit Muttern bei anderen Fangbremsenbauarten erfüllen beide Zwecke gleichzeitig) stets mitgeführt wird.

Das obere Zugseil der 2. Sektion von Mottarone weist angeblich (d.h. laut Medien) einen Durchmesser von 25 mm auf, was durchaus stimmen könnte.

Ist das schwarze Teil aus dem das Zugseil austritt eine Art Stabilisierungshülse aus Elastomer? Auf gewissen Fotos von Mottarone ist diese Teil bräunlich.
Nächstes Teil Richtung Gehängetragachse (zylindrisch, schwarz, leicht konisch) könnte aus brüniertem Stahl sein und den Vergusskegel des oberen Zugseils halten, dieses Teil ist irgendwie am verzinkten zylindrischen Teil angebracht (axiales vollständig seilzug-lasttragendes Gewinde mit radial (im Foto z.T. sichtbaren) Sicherungsschrauben????) montiert.
Im vorderen Teil befindet sich die Vorspannung der Schlaffseilauslösung. Das vermutlich von der (im Foto) rechten Seite her betätigte Hydraulikventil ist gut erkennbar (Hohlschraubenanschluss).

Erkennbar sind noch zwei Schmiernippel (bei einem davon wurde bei Mottarone die Kugel weggedrückt) und ich vermute eine Hydraulikanschluss-Verschlussschraube, die symmetrisch zum Vorspanndruckanschluss auf der gegenüberliegenden Seite (im Foto nicht sichtbar da verdeckt) angeordnet ist, damit man dasselbe Teil für das Gehänge der linken sowie das der rechten Spur einsetzen kann, dabei muss man lediglich den Hohlschraubenanschluss mit dem Verschlussstopfen tauschen.

Soweit mal meine Interpretation, also reine Vermutung. Mit einer Schnittzeichnung hätte man viel Zeit gespart.

Betone nochmals, dass die hydraulische Vorspannung nur eine Vermutung ist. Sollte dies stimmen, wäre es interessant zu wissen, ob diese Vorrichtung infolge Fehlfunktion oder Fehlkonstruktion das entsprechende Zugseil unnötig dynamisch belastet (z.B. Schwingungen). Dass sowas dann zu verfrühten Drahtbrüchen führen würde, wäre für mich erstaunlich, diese Einschätzung überlasse ich jedoch den Werkstoffexperten.

Habe leider nur beschränkt Zeit weitere Posts zu verfassen.

@ATV: Weisst du, wer hinter der Entwicklung dieser knorzigen Fangbremsenhydraulik ist?


Edit: Vollständiges Edit, da zuerst Draft gepostet.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

Latesn hat geschrieben: 03.06.2021 - 08:45
ATV hat geschrieben: 03.06.2021 - 07:18 ... Bahn gefunden die zumindest 50% eines solchen Laufwerkes besitzt ...
Lagorce hat geschrieben: 03.06.2021 - 09:08 ATV hat sich nicht zu den Blockierbügeln ("Forchettone") geäussert, nur lediglich darauf hingewiesen, dass einer der beiden auf dem Podest mitgeführt wird.
Varallo hat offensichtlich nur eine Fangbremsenzange pro Laufwerk (Oropa und Mottarone I/II haben jeweils deren zwei) – somit ist natürlich auch nur eine Offenhaltespange mitzuführen.
Latesn hat geschrieben: 03.06.2021 - 08:45 Erstens kann man nicht garantieren, dass bei einer Tragseilbremsung (z.B. durch Fehlauslösung) die Teile nicht wild durch die Gegend fliegen, wenn nicht fixiert.
Wenn man genau hinschaut, hört die Gewindestange irgendwo unterhalb des Podestgitters auf. Des weiteren ist darauf hinzuweisen, daß die Bahn erkennbar keine Stütze hat – sprich: bei Normalbetrieb besteht kein Anlaß, daß die Spange einfach so davonfliegt. Es sieht sogar danach aus, daß sie an der Gewindestange fixiert sein müßte (was aber in keinem der Bilder wirklich gut zu erkennen ist; bei dem mit beiden Kabinen von oben könnte es bei der linken ev. etwas besser erkennbar sein).
Und zweitens deutet es zmd. darauf hin, dass diese Gabeln zmd. relativ häufig eingesetzt werden (müssen) ...
Das wäre zu klären. Jedoch muß so ein (für einen (allfälligen Not-)Betrieb essentielles) Teil irgendwo versorgt werden, wo es (a) greifbar ist, wenn es gebraucht wird, (b) nirgendwo irgendwem im Weg liegt, und (c) nicht Gefahr läuft, von jemandem weggeräumt zu werden, der keine Ahnung hat, wofür es ist – und dann fehlt, wenn es dringend gebraucht wird. Auf dem Gehängepodest ist so ein Ort, wo all diese Kriterien erfüllt sind.

Fazit: der einzige Grund, warum es nicht auf dem Podest mitgeführt werden sollte, wäre also, mißbräuchliche Nutzung zu unterbinden. Aber da stellt sich die Frage, was für eine Betriebsmentalität herrschen müßte, wenn dermaßen nicht mal der Belegschaft zu trauen wäre ... wobei natürlich "Anordnung durch Chef" ein anderes Kaliber wäre (was beim Mottarone nun sehr wohl ein ernsthaftes Thema sein könnte).
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Daten zu Varallo:
https://sacromontedivarallo.com/funivia/

Und Bild hier:
https://sacromontedivarallo.com/wp-cont ... 0A7978.jpg

Zugseildurchmesser (oben sowie unten): 16 mm (zum Grössenvergleich für die Fotos).

Das nur eine Fangbremsenzange vorhanden ist, habe ich zuerst gar nicht bemerkt, hatte mich auf die Befestigung des Zugseils konzentriert. Wenn ich es richtig sehe, ist die Ausführung identisch bis auf den kleineren Zugseildurchmesser. Möglicherweise ist der Vergusskegel für das 16 mm Seil gleich gross wie der vom oberen 25 mm Zugseil in Mottarone, kenne jedoch diese Vergussköpfe für Zugseile zu wenig.


Edit:
In diesem Video von Local Team sind Nahaufnahmen des Seilkopfes von der Rapallo Bahn:

La funivia di Rapallo in manutenzione: stesso direttore Mottarone
https://www.youtube.com/watch?v=kXlTIbTSvyM

Das hinterste Teil beim Seilaustritt sieht anders aus, würde eigentlich eine zylindrische einteilige Dämpfungshülse aus Elastomer, die ebenfalls als Abdichtung gegen Wassereintritt dienen kann erwarten, also wie in ATV's Video (Varallo), jedoch in diesem neuen Video (Rapallo), das nach dem Unfall Mottarone upgeloaded wurde, sieht es eher m.E. eher nach einer zweiteiligen Hülse aus hartem Kunststoff aus. Weisse Elastomere sind zwar möglich, jedoch nicht so üblich und da weniger UV-beständig würde ich eher auf sowas wir PA, PE oder PTFE tippen. Allerdings ist dann ohne Dichtung oder Dichtmasse die Abdichtung schlecht und die i.Vgl. zu einem Elastomer viel höhere Härte würde kaum Seilschwinungen am Kopfaustritt dämpfen.

Wurde Bremsbelag entfernt? Muss Video nochmals anschauen. Etwas sieht merkwürdig aus.

Gewisse Pendelbahnen weisen nach dem Seilkopf noch einen getrennten Zugseil-Schwingungsdämpfer auf (z.B. ziemliche lange Elastomer-Halbschalen).
Zuletzt geändert von Lagorce am 03.06.2021 - 12:41, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kris »

Ok, der Beitrag steht schon im AF, jedoch ist dort dtz. der Eifer der Unfallanalytiker ein derartiger, dass jeder Beitrag in Minutenschnelle in den unerreichbaren Tiefen zurückliegender Forenseiten verschwindet, da offenbar einer schnellen Untergangswirkung unterliegend wie auch alles in Facebooks Timeline. Finde das eher schade, insbes. wenn man doch einiges an Zeit zur Zusammenstellung von Beitragen reingebuttert hat... Somit kommts ins wohlige SS...oops. Sommerschi. ;-)

Nur so am Rande, einige Akteure. Ich meine man sollte deren Hintergründe, Agenden und Möglichkeiten bei der Analyse vorlaufender Unfallursachen nicht ganz außer Acht lassen:


1.) Besitzer ("Proprietario"):

Betreibt Anlage nicht selber, trägt i.d.R. jedoch die Kosten zum Erhalt der Substanz, somit wären dies große Revisionen und Gebäude.

>> Gemeinde Stresa, seit der Renovierung 2015, davor die Region Piemont. Knapp bei Kasse und daher Seilbahnbetrieb per Auschreibung nach Bestbieterverfahren an Betreiber-Konsortium aus Nerini und Leitner bis 2028 vergeben. Eine vorhergehende Auschreibung ging leer aus, für die zweite erfolgreiche erhöhten Region und Gemeinden ihre Zuschüsse substantiel.


2.) Pächter und Betreiber ("Gestore") der Anlage:

>>
Bis auf vier Jahre wurde die Bahn seit der Einweihung 1970(71?) bis heute von "Ferrovie del Mottarone", gehörend der Familie Nerini, betrieben. Von 1997 bis 2001 fuhr die Gemeinde die Bahn selber. Die Famile Nerini war zuvor seit Anbeginn in die Zahnradbahn involviert.

Leitner ist bereits 2016 aus der Kooperation mit Nerini ausgestiegen, nachdem Forderungen an Nerini (oder "Ferrovie del Mottarone"?) nicht geleistet wurden. Wonach Leitner die Verpfändung über 800k€ von Nerinis Privatvermögen erreichte. Nerini verdiente offensichtlich überaus gut mit dem Betrieb der Seilbahn. Er gab bisher an, vom unsachgemäßen Betrieb mit Forchettoni nichts gewusst zu haben und sei sich somit keiner strafrechtlichen Schuld bewusst.



3.) Technischer Leiter ("Direttore d'Esercizio"):

Ist gegenüber dem Verkehrsministerium für die Einhaltung der behördlichen Normen verantwortlich und einzig diesem Verpflichtet. Benötigt akademischen Ing. Abschluss, ist idR. für mehrere Anlagen bzw. Betreiber tätig, vielfach nicht an der Anlage:

>> Enrico Perocchio - Zugleich angestellt bei Leitner. Gab bisher an, vom unsachgemäßen Betrieb mit Forchettoni nichts gewusst zu haben und sei sich somit keiner strafrechtlichen Schuld bewusst.


4.) Betriebsleiter ("Caposervizio"):

Ist für das Operative verantwortlich, also den Betrieb. Hat spezifische Ausbildung. Organisiert und beaufsichtigt Personal, das Abarbeiten der regelmäßigen Sicherheitprozedere und den allgemeinen Betriebsablauf u.a.m.. Berichtet dem Technischen Leiter:

>> Gabriele Tadini, hat seinen eigenen Fehler eingestanden. Ein älterer angenehmer Herr wie ich erfuhr, der mir vor einigen Jahren die Anlagen an der Mittelstation demonstrierte.


5.) Ursprüngliches Betreiberkonsortium (2015-2016):

>> Firma "Funivie del Mottarone": Firmenkonsortium aus Nerinis "Ferrovie del Mottarone" (20%) und Leitner (80%), gegründet im Zuge der Bewerbung auf die PPP-Auschreibung. Der Überwiegende Teil der Revisionskosten von etwa 4,4Mio€ wurde durch die öffentliche Hand aufgebracht, aber durch das PPP Konsortium tw. vorgeschossen. Das Konsortium wurde bald wieder aufgelöst, Nerinis "Ferrovie del Mottarone" war fortan der alleinige Betreiber. Für die Anteile Leitners -so war es zu lesen- bezahlte Nerini lediglich 8000€.



6.) Seilbahnhersteller:

>> 1970 Firma Agudio aus Turin, übernommen durch Poma-Agudio um die Jahrtausendwende, welche die Bahn um 2002 mit neuen Laufwerken ausstattete. 200x übernommen durch Leitner Sterzing.

Leitner gewann 2015 in Kooperation mit Nerinis "Ferrovie del Motarone" die PPP-Auschreibung der Gemeinde Stresa zur großen Revision der Anlage und Betrieb bis 2028 (oder 29?).
Die hydraulischen Anlagen am Laufwerk vergab Leitner an die durchaus erfahrene Firma RVS Oleodinamica aus Turin, die sich im Seilbahnbau in Italien als Sublieferant für hydraulische Abspannungen, Antriebe und Bremsen bewährt hat.
Leitner erhob bald finanzielle Forderungen gegenüber Nerini aufgrund von nicht abgegoltenen Leistungen. Daraufhin erreichte Leitner eine Verpfändung im Gegenwert von etwa 800k€ von Nerinis Privatvermögen.
Kurz darauf wurde das Konsortium aufgelöst (vgl. #5). Leitner muss jedoch seinen eingegangenen Verpflichtungen zur gewöhnlichen und außergewöhnlichen Wartung ("manutenzione ordinaria e straordinaria") bis 2028 auch weiterhin nachkommen. Hierfür erhält/erhielt(?) Leitner regelmäßig(?) in Tranchen oder einmalig(?) einen fixen Betrag, der spätestens mit dem Ausscheiden aus dem Konsortium fixiert wurde. Kolportiert wurde ein Fixbetrag von 2 Mio € für die gesamte Laufzeit.
Wäre dies eine Art Service-Abonement für die regelmäßige Wartung und alles was unverschuldet kaputtgehen kann? Diese Konstellation könnte Einfluss auf die Beurteilung der offenbar anhaltenden Mängel (Druckverlust Hydraulik) des Fangbremsensystems nehmen...



Hinweise: Die angegebenen Jahreszahlen können um ein Jahr abweichen. Obige Angaben entspringen meinem Verständnis aus italienischen Presseberichten und müssen nicht der Realität entsprechen.
Zuletzt geändert von Kris am 08.06.2021 - 22:38, insgesamt 9-mal geändert.
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor Kris für den Beitrag (Insgesamt 2):
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

2.) Betriebsleiter ("Direttore d'Esercizio")

....

Das ist der verantwortliche Techniker. Tätigkeit ist aber richtig beschrieben.

4.) Dienstleiter ("Caposervizio"):

Das wäre in Italien der Betriebsleiter. Tätigkeit ist aber auch hier richtig beschrieben.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kris »

Neandertaler hat geschrieben: 03.06.2021 - 12:32 ....
Merci, habs gändert. Wobei statt "verantwortlicher Techniker" die Bezeichnung "Techischer Leiter" vielleicht die korrektere ist? Möglicherweise mit den üblichen Bezeichungs-Nuancen zwischen AT/CH/DE......
>> Die unaufhaltsame Industrialisierung des Skiraums führt zu Banalisierung und somit zum Verlust der magischen Skisportfreude<<
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von AreSee »

Neandertaler hat geschrieben: 03.06.2021 - 08:30 AreSee, das erinnert mich an eine Diskussion über die Kontrolle von Kugellagern mit einem Ingenieur von skf. Man kann das sehr gut und auch zuverlässig über die Messung der Temperatur machen. Nur dürfen dafür die Lager nicht abgedeckt sein, müssen gut zugänglich sein und sich in einer konstanten Temperatur im Umfeld befinden. Bei der Seilbahn sind die Lager draussen verbaut, mit Kunststoffringen abgedeckt und "extremen" Temperaturschwankungen ausgesetzt. Die Drehzahlen sind auch eher gering um ein Lager auf Temperatur zu bringen. Dieses Methode aus der Industrie ist in diesem Fall nicht anwendbar.
Wenn du dein System zur Seilkontrolle näher beschreiben würdest kann eher sagen, ob diese Methode auch in der Praxis einsetzbar ist.

Neandertaler, dies musst du nicht bestätigen ob einsetzbar oder nicht, denn die Methode ist offiziell vom BAV geprüft und zugelassen. Es nennt sich wie gesagt Winspect, dies ist ein Gerät hergestellt und entwickelt von der Uni Stuttgart, dass das Seil Visuell von aussen mit Kameras und zugehöriger Software auf Drahtbrüche, Martensitbildungen / Blitzachläge analysiert. Ausgewertet werden ausgeworfene Fehler aber vom einem Menschen.

Ich weiss auch dass dieses Gerät ausserhalb der Schweiz nicht direkt auf offene Ohren stösst (kostengrpnde?). Es ist aber um Meilen sicherer als eine Visuelle Kontrolle eines Menschen, der auf ein Seil bei 0.3m/s starrt (Max Geschw. Bei dieser Prüfung.)

PS: Ich vertreibe weder dieses Gerät noch verdiene ich daran. Nicht dass einer auf blöde Gedanken kommt ;)
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

Kris hat geschrieben: 03.06.2021 - 12:47 ...
Andere Länder andere Wörter. Ich denk, mit diesem Schaden den du da angestellt hast können alle leben.
Latesn hat geschrieben: 03.06.2021 - 08:45

Skandal ist es sicherlich noch keiner, allerdings ist ein offenes Mitführen solcher Gerätschaften auf dem Wartungskorb für mich zmd. problematisch. Erstens kann man nicht garantieren, dass bei einer Tragseilbremsung (z.B. durch Fehlauslösung) die Teile nicht wild durch die Gegend fliegend, wenn nicht fixiert. Und zweitens deutet es zmd. darauf hin, dass diese Gabeln zmd. relativ häufig eingesetzt werden (müssen) ... ist die Bremse evtl. konstruktiv so schlecht? Zmd. ist sie ja wahnsinnig kompliziert aufgebaut.
Aus der Übung gekommen? Dir ist es doch bekannt, was man so alles für den Fall eines Falles auf der Station vorrätig haben muss. Da sind die tollsten Sachen dabei, die man ein Mal im Jahr abstaubt und sonst nur im weg herum liegen.
Die besagte "Gabel" auf dem Podest, immerhin ist eines da, schätze ich jetzt mal auf 15 kg. Trage das Mal sicher die senkrechte Leiter zum Laufwerk hoch. Bekannt sollte dir ja sein, das der Notfall in dem man so etwas dann braucht, selten bei Windstille und Sonnenschein ist. Meist ist das Wetter eher be... Äh, unangenehm. Und dann krabbel da hoch beim hunderter Wind, Nebel und Frost mit dem Teil in der Hand. Viel Vergnügen.

Für Außenstehende: es ist erstaunlich, was so alles in eine Kabine passt und auch mitgenommen werden muss. Das fängt bei diesen Gabeln an und hört bei Wolldecken im Winter und Trinkwasser im Sommer auf.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Latesn »

Neandertaler hat geschrieben: 03.06.2021 - 13:13
Kris hat geschrieben: 03.06.2021 - 12:47 ...
Andere Länder andere Wörter. Ich denk, mit diesem Schaden den du da angestellt hast können alle leben.
Latesn hat geschrieben: 03.06.2021 - 08:45

Skandal ist es sicherlich noch keiner, allerdings ist ein offenes Mitführen solcher Gerätschaften auf dem Wartungskorb für mich zmd. problematisch. Erstens kann man nicht garantieren, dass bei einer Tragseilbremsung (z.B. durch Fehlauslösung) die Teile nicht wild durch die Gegend fliegend, wenn nicht fixiert. Und zweitens deutet es zmd. darauf hin, dass diese Gabeln zmd. relativ häufig eingesetzt werden (müssen) ... ist die Bremse evtl. konstruktiv so schlecht? Zmd. ist sie ja wahnsinnig kompliziert aufgebaut.
Aus der Übung gekommen? Dir ist es doch bekannt, was man so alles für den Fall eines Falles auf der Station vorrätig haben muss. Da sind die tollsten Sachen dabei, die man ein Mal im Jahr abstaubt und sonst nur im weg herum liegen.
Die besagte "Gabel" auf dem Podest, immerhin ist eines da, schätze ich jetzt mal auf 15 kg. Trage das Mal sicher die senkrechte Leiter zum Laufwerk hoch. Bekannt sollte dir ja sein, das der Notfall in dem man so etwas dann braucht, selten bei Windstille und Sonnenschein ist. Meist ist das Wetter eher be... Äh, unangenehm. Und dann krabbel da hoch beim hunderter Wind, Nebel und Frost mit dem Teil in der Hand. Viel Vergnügen.

Für Außenstehende: es ist erstaunlich, was so alles in eine Kabine passt und auch mitgenommen werden muss. Das fängt bei diesen Gabeln an und hört bei Wolldecken im Winter und Trinkwasser im Sommer auf.
Sorry aber das seh ich etwas anders - wenn schon auf dem Podest dann bitte gesichert oder noch besser in einer verschlossenen Kiste für die nicht jeder Depp (du kennst ja unsere Kollegen ...) einen Schlüssel hat. Die Fälle in denen man das Ding braucht dürften sich auf wenige Fälle belaufen (so die Bremse denn funktioniert) und nachdem man bei diesen Anlagen eh ohne Begleiter fährt kann man den Schlüssel auch dann nur aushändigen wenn gebraucht (vgl Kasterl für Brückschlüssel). Ausserdem sieht sowas auch aus wie die sau ... ich hätte meinen Kollegen was gehustet wenn sie mir sowas hinterlassen hätten
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

AreSee hat geschrieben: 03.06.2021 - 12:58Neandertaler, dies musst du nicht bestätigen ob einsetzbar oder nicht, denn die Methode ist offiziell vom BAV geprüft und zugelassen. Es nennt sich wie gesagt Winspect, dies ist ein Gerät hergestellt und entwickelt von der Uni Stuttgart, dass das Seil Visuell von aussen mit Kameras und zugehöriger Software auf Drahtbrüche, Martensitbildungen / Blitzachläge analysiert. Ausgewertet werden ausgeworfene Fehler aber vom einem Menschen.

Ich weiss auch dass dieses Gerät ausserhalb der Schweiz nicht direkt auf offene Ohren stösst (kostengrpnde?). Es ist aber um Meilen sicherer als eine Visuelle Kontrolle eines Menschen, der auf ein Seil bei 0.3m/s starrt (Max Geschw. Bei dieser Prüfung.)

PS: Ich vertreibe weder dieses Gerät noch verdiene ich daran. Nicht dass einer auf blöde Gedanken kommt ;)
Da steht ein ganz großes ichwillhaben! Ins besondere, wenn es möglich ist, mit der Klemme am Seil zu durchfahren. Man lernt immer wieder was dazu.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

Ich überlege mir gerade, was passiert wäre, wenn das Zugseil bei der Kabine 3 etwa 10 Minuten früher abgerissen wäre, also zu dem Zeitpunkt als die Kabine 3 in der Talstation und die Kabine 4 in der Bergstation still stand.

In diesem Fall wäre offenbar gar nichts passiert, da die Kabine 3 am Ankerpoller in der Talstation im Stillstand gestanden wäre. Die Kabine 4 stünde in der Bergstation im Stillstand und die Tragseilbremse hätte die Kabine 4 einfach in der Bergstation festgehalten.

Das Zugseil vor der Kabine 3 wäre auf den Boden geschnellt. Ich vermute, dass das Zugseil auf der gesamten Länge zwischen der Talstation und der Bergstation - wenn man von den Stützenbereichen absieht - auf dem Boden gelegen wäre, also auch im großen Seilfeld zwischen den Stützen 2 und 3. Allerdings glaube ich nicht, dass das Zugseil aus den Zugseilrollen herausgehoben worden wäre. Auf der Fahrbahn 4 hätte sich die Position des Gegenseils fast nicht geändert.

Zwar wäre in diesem Fall die Seilbahn auch stillgelegt worden, aber es wäre niemand gestorben oder verletzt worden.

Bei allem menschlichen Fehlverhalten war es trotzdem unglaubliches Pech, dass das Zugseil gerade dann abriss, als die Kabine 3 in der Bergstation stand. Wäre die Kabine 3 beim Zugseilabriss in der Talstation und die Kabine 4 in der Bergstation gewesen, dann wäre nichts passiert.

Von Corona einmal abgesehen, dass verhinderte, dass statt 40 Personen nur 15 Personen mitfuhren, ist leider das schlechtest mögliche Szenario eingetreten.

Allerdings wäre zu befürchten gewesen, dass, wenn zum Zeitpunkt des Zugseilabrisses die Kabine 3 in der Talstation gewesen wäre, dass man versucht hätte, den Unfall zu verharmlosen. Die Staatsanwaltschaft hätte dann zwar auch ermittelt, aber aufgrund des fehlenden öffentlichen Interesses wäre dann die Bahn nach 6 Monaten im November mit neuen Zugseilen wieder in Betrieb gegangen, wie wenn nichts gewesen wäre.

Lagorce
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

@Neandertaler:
Not-WC und Vorhang hast du vergessen. :)

@ThomasK:
Als mehrere Seile bei den beiden Grands Montets Sektionen während dem Grossbrand in der Croix de Lognan rissen, konnte man sehen was mit den gerissenen Seilen passierte. Gewisse Fotos wurden im Forum gepostet.

Mit der Videobasierten Seilinspektion habe ich mich mal ziemlich genau befasst. Sowas ist technisch nicht so aufwendig wenn man das richtige System wählt. Wegen der Tiefenschärfe hatte ich ein anderes Konzept erstellt, dass man problemlos hätte ausführen können. Mit etwas Erfahrung kann man sehr vieles Entwickeln, ist fast immer eine Geldfrage.
In der harten Alltagspraxis einsetzbare Systeme entwickeln ist genau was wo die Hochschulen meist recht unerfahren sind. Sieht man an den Prototypen, die auf guten Ideen beruhen, die jedoch im Industrieeinsatz von selbst auseinanderfallen würden weil keine industrienahe Praxiserfahrung vorhanden ist. Kannte auch Professoren, deren Skripte total veraltet waren und die eigentlich wenig Ahnung hatten, was man wirklich in der Industrie macht (hat sich vermutlich mittlerweilte verbessert).

Im besprochenen Falle ging es um hochauflösende Endlos-Bilder mit denen man dann machen kann was man will, sowohl automatisch analysieren wie auch jede beliebige Stelle am Bildschirm zoomen. Bei der Bildverarbeitung geht es zuerst mal darum, algorithmisch feststellbare sichtbare Seil-Unregelmässigkeiten zu taggen, die kann sich dann der Experte zuerst mal am Bildschirm ansehen und dann ggf. vorort am Seil selbst. Offline kann er sich dann auch die Zeit nehmen, das ganze Seil ohne Zeitdruck durchzusehen und das Zoomen ist doch vorteilhaft. Jedenfalls hatte ich ein anderes optisches System ausgewählt. Vorschubweg kann man übrigens sehr gut optisch messen, dazu benötigt man keine Messrollen mit Encoder, dieses Messprizip wird seit Jahren z.B. in der Stahlindustrie eingesetzt.

Weshalb das Winspect so lange benötigte ist mir ein Rätsel.

IMO wird nie eine Maschine das Auge des Seilexperten ersetzen. Auch bein der NDT Prüfung muss der erfahrene Experte Signalmuster interpretieren. Automatisierung ist ein Hilfsmittel, das die Inspektion erleichtert, jedoch bleibt die Erfahrung des Seilprüfers entscheidend.


Durch seinen redundanten Aufbau versagt ein Seil ausser bei externer plötzlicher Einwirkung (Kollision, Brandwärme, Sabotage, Entgleisung,...) eigentlich nicht ohne vorankündigende Zeichen, die man bei den regelmässigen Sichtkontrollen sowie den ausführlicheren Seilprüfungen erkennen sollte.

Das Innenleben der Vergussköpfe kann man allerdings nur destruktiv Testen, man kann dort also nur beobachten was sich nicht im Vergusskegel selbst befindet und ein bestimmter relativ kurzer Bereich ab dem Seilaustritt des Vergusskopfes kann nicht der magnetinduktiven Prüfung unterzogen werden, dies infolge des Wirkbereichs der Spulen im Gerät der nicht ganz bis an das vordere oder hintere Ende des Gerätegehäuses reicht.

Klemmköpfe kann man hingegen jederzeit öffnen, kontrollieren und wieder zusammenbauen. Um Zeit zu gewinnen sollte ein vorbereiteter Reserve-Seilkopf mit bereits einsatzfertiger innerer Peralumandraht-Wicklung vorhanden sein, sowie gewisse Zubehörteile für die Montage, da das Reinigen der Teile zeitraubend ist und man die innere Wicklung am besten auf einer Drehbank erstellt.
Das bei einem fachgerecht erstelltem Klemmkopf das Zugseil während des Betriebs herausgezogen worden wäre, ist mir nicht bekannt.

Zudem ist im Brandfall der Klemmkopf etwas robuster da Vergussköpfe noch wärmeempfindlicher sind als die Seile selbst. In der Praxis ist die jedoch nicht so wichtig, da falls die Temperatur beim Klemmkopf sowas wie sagen wir mal 130 °C erreicht, sieht es für die Kabine schlecht aus, da die Wärme ausser bei Stationsbrand eigentlich fast immer von unten stammt (Wald-/Busch- oder Geäudebrand, Lava,...).
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

ThomasK hat geschrieben: 03.06.2021 - 14:59 Ich überlege mir gerade, was passiert wäre, wenn das Zugseil bei der Kabine 3 etwa 10 Minuten früher abgerissen wäre, also zu dem Zeitpunkt als die Kabine 3 in der Talstation und die Kabine 4 in der Bergstation still stand.
Für einen Seilbruch braucht es eigentich immer irgend einen konkreten Anlaß – sprich: einen Lastanstieg (in welcher Art auch immer).

Laut Angaben sei die obere Kabine (3) ca. 3m vor der oberen Station gestanden. Die Frage ist, was in diesem Zeitpunkt für (dynamische) Kräfte am Werk waren. Antrieb ist ja im Tal – d.h.: zuerst muß die obere Kabine in die Station gezogen werden, steht dort am Anschlag – und danach wird die untere Kabine noch ganz reingezogen, und dazu wird das Zugseilspanngewicht (in der Bergstation) gehoben. Soweit der Prinzipablauf. Nun stellt sich dei Frage: in welchen Momenten gibt es einen momentanen Lastanstieg, der dazu führt, daß das schwächste Glied in der Kette versagt. Die interessante Frage ist nun: was kann eine Lastspitze ausgelöst haben, wenn die Kabine 3m vor der Station steht? Könnte sein, daß sie einen moment lang still stand und dann wieder angefahren ist (sprich: frisch gezogen wurde) – und das den Chlapf auslöste ...

Nun zur Konstellation "andersrum" (Kabine 3 im Tal): was wären prädestinierte Momente für einen Lastanstieg im Zugseil? Natürlich das Anfahren per se – denn "einfach aus dem Stand" wird das Seil kaum brechen. Was wäre also passiert, wenn sich beim anfahren das Zugseil am Zugseilklemmkopf von Kabine 3 gelöst hätte? Die Kabine wäre in die Station durückgerollt und dort angeschlagen (zwar ungebremst, aber noch nicht besonders schnell). Tote hätte es keine gegeben (so sich niemand unter dem herunterschnellenden Seil aufhielt) – allenfalls leichtverletzte in Kabine 3. Da bei Kabine 4 die Fangbremsen gegriffen haben, wäre dort nicht viel passiert. Das nun schlaffe Zugseil hätte es soweit nach oben gezogen, daß es "einigermaßen" durchhing. Ob es im großen Spannfeld bis auf die Bäume runtergekommen wäre, könnte wohl ausgerechnet werden – zu berücksichtigen ist ja noch die Gravitation.

Was wäre in dieser Konstellation aber gewesen, wenn bei Kabine 4 auch die Fangbremsen überbrückt gewesen wären? Da hätte an der Gegenseite (von Kabine 4 aus gesehen) das Zugseil infolge der Gravitation nach unten gezogen, auf der Kabinenseite das Gegenseil – zumindest mal soweit, bis das Gegenseil am Boden liegt.. Die Frage ist, ob das Gewicht des Gegenseils irgendwann im Gleichgewicht gestanden hätte. Eine weitere Frage ist, ob über die Umlenkrolle hätte gebremst werden können.

Klar sind solche Fragen hypothetisch und etwas akademisch – aber nicht nur uninteressant.
Von Corona einmal abgesehen, dass verhinderte, dass statt 40 Personen nur 15 Personen mitfuhren, ist leider das schlechtest mögliche Szenario eingetreten.
Irgendwo war mal was diskutiert worden, daß mit speziellen Auflagen ein Limit von 15 Personen gelten würde; hier ist die Frage, ob ohnehin nur 15 Passagiere da waren – oder ob dieses reduzeirte Limit zur Anwendung gekommen war.
Allerdings wäre zu befürchten gewesen, dass, wenn zum Zeitpunkt des Zugseilabrisses die Kabine 3 in der Talstation gewesen wäre, dass man versucht hätte, den Unfall zu verharmlosen. Die Staatsanwaltschaft hätte dann zwar auch ermittelt, aber aufgrund des fehlenden öffentlichen Interesses wäre dann die Bahn nach 6 Monaten im November mit neuen Zugseilen wieder in Betrieb gegangen, wie wenn nichts gewesen wäre.
Das passiert leider viel zu oft, daß etwas richtig übles passieren muß, damit am richtigen Ort die Augen aufgehen ... :(
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von AreSee »

Neandertaler hat geschrieben: 03.06.2021 - 14:25 Da steht ein ganz großes ichwillhaben! Ins besondere, wenn es möglich ist, mit der Klemme am Seil zu durchfahren. Man lernt immer wieder was dazu.
Es sei gesagt, das Gerät selber ist sehr teuer, eine Anschaffung kommt wohl nur für wenige in Frage.
Viel eher gibt es mittlerweile, jedenfalls in der Schweiz, Dienstleister die das / die Seil(e) prüfen und auch direkt die Auswertung vornehmen.
Die Auswertung bedeutet nochmals einen nicht geringer Aufwand, je nach Erfahrung desjenigen der Auswertet.
Wenn man sich jedoch den Aufwand einer Seilinspektion mit 2 bis 4 Personen berechnet die das Seil manuell prüfen, bei genannten 0.3 m/s und der Pausen dazwischen (ich sage mal nach 10 bis 15 min sind das Hirn und die Augen durch bei rot, da benötigt es spätestens Pausen (wie vorgeschrieben für diese Inspektion), oder mehrere Teams die die Prüfung wechselungsweise vornehmen), dann kann man auch getrost einen Dienstleister mit Winspect dafür beauftragen.
Nach ein paar Jahren werden sich die Kosten armortisiert haben, in Voraussetzung dass die manuelle visuelle Inspektion korrekt und gewissenhaft ausgeführt wird.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

Kakadu hat geschrieben: 03.06.2021 - 15:46 Für einen Seilbruch braucht es eigentlich immer irgend einen konkreten Anlaß – sprich: einen Lastanstieg (in welcher Art auch immer).

Nun zur Konstellation "andersrum" (Kabine 3 im Tal): was wären prädestinierte Momente für einen Lastanstieg im Zugseil? Natürlich das Anfahren per se – denn "einfach aus dem Stand" wird das Seil kaum brechen. Was wäre also passiert, wenn sich beim anfahren das Zugseil am Zugseilklemmkopf von Kabine 3 gelöst hätte? Die Kabine wäre in die Station durückgerollt und dort angeschlagen (zwar ungebremst, aber noch nicht besonders schnell). Tote hätte es keine gegeben (so sich niemand unter dem herunterschnellenden Seil aufhielt) – allenfalls leichtverletzte in Kabine 3. Da bei Kabine 4 die Fangbremsen gegriffen haben, wäre dort nicht viel passiert. Das nun schlaffe Zugseil hätte es soweit nach oben gezogen, daß es "einigermaßen" durchhing. Ob es im großen Spannfeld bis auf die Bäume runtergekommen wäre, könnte wohl ausgerechnet werden – zu berücksichtigen ist ja noch die Gravitation.
Genau das ist die relevante Konstellation.

Die wesentlich größeren Kräfte im Zugseil entstehen beim Anfahren und nicht im Unglücksszenario, wenn die Kabine 3 ein paar Meter vor der Bergstation bei Schleichgeschwindigkeit einfährt.

Beim Anfahrruck sind die Kabinen meistens etwa einen Meter gefahren. In der Talstation beträgt die Steigung ungefähr 10 %, d.h. nach einer Fahrstrecke von einem Meter wäre das Zugseil an der Kabine 3 abgerissen. Die Fallhöhe beträgt also 0,1 m. Wegen v = (2 * a * s )^0,5 wäre die Kabine 3 ungebremst zurückgerollt und mit (2 * 9,80665 m/s^2 * 0,1 m) ^ 0,5 = 1,4 m/s also Fußgängertempo an den Ankerpoller gestoßen. Nun gibt es aber auch noch einen Bremsweg, sodass die Fahrgäste nur einen leichten Ruck verspürt hätten. Bei der Eisenbahn werden die Prellböcke so konstruiert, dass sie Aufprallgeschwindigkeiten von etwa 20 km/h abfangen können. Im Münchner Hauptbahnhof sieht man die Bremswege der Prellböcke. Die Einfahrgeschwindigkeit in den Münchner Hauptbahnhof beträgt nach VzG 30 km/h. Wird mit 30 km/h auf den Prellbock, der nur 20 km/h abfangen kann, aufgefahren, dann gibt es zwar Sachschäden, ansonsten aber maximal Leichtverletzte.

Bei den Pendelbahnen dürfte es ähnlich sein. In Stresa wäre dann wahrscheinlich auch keiner umgefallen.

Das abgerissene Zugseil wäre nach vorne geschnellt und hätte die Fahrgäste in der Kabine 3 nicht gefährden können.

Bei der Kabine 4 waren im Betriebszustand die Tragseilbremsen scharf gestellt. Nachdem die Geschwindigkeit der Kabine 4 sehr gering gewesen wäre, die Steigung in der Bergstation auch sehr gering ist und zudem die Kabine 4 offenbar nur mit 3 - 4 Personen besetzt war, war man weit vom schlechtest möglichen Zustand entfernt. Die Kabine 4 wäre ca. 2 - 3 Meter vor der Bergstation zum stehen gekommen. Die Fahrgäste hätten es zwar nicht mehr zurück auf den Bahnsteig geschafft, hätten aber problemlos vor der Bergstation abgeseilt und in Sicherheit gebracht werden können. Die Fahrgäste der Kabine 3 hätten dann in der Talstation mit dem Betätigen der Türnotentriegelung am Bahnsteig wieder aussteigen können.

Es hätte keine Verletzten oder Toten gegeben.

Es ist wirklich ärgerlich, dass es so nicht gekommen ist.

Kakadu hat geschrieben: 03.06.2021 - 15:46 Was wäre in dieser Konstellation aber gewesen, wenn bei Kabine 4 auch die Fangbremsen überbrückt gewesen wären? Da hätte an der Gegenseite (von Kabine 4 aus gesehen) das Zugseil infolge der Gravitation nach unten gezogen, auf der Kabinenseite das Gegenseil – zumindest mal soweit, bis das Gegenseil am Boden liegt.. Die Frage ist, ob das Gewicht des Gegenseils irgendwann im Gleichgewicht gestanden hätte. Eine weitere Frage ist, ob über die Umlenkrolle hätte gebremst werden können.
Es kann gut sein, dass die Kabine 4 selbst dann, wenn die Deaktivierungskrallen auch bei der Kabine 4im Einsatz gewesen wären, nicht zerstört worden wäre.

Ich schätze, dass bei der 2. Sektion der Seilbahn Alpino - Mottarone der Zugseildurchmesser ca. 27 mm beträgt und der Gegenseildurchmesser ca. 22 mm. Nach meiner Einschätzung könnte das Zugseil eine Masse von ca. 4,3 kg / m haben und das Gegenseil von ca. 2,8 kg / m. Die Anlage ist ca. 3000 m lang, sodass die Zugseilmasse bei einer Zugseillänge von sagen wir mal 3100 m etwa 13 - 14 Mg beträgt und die Gegenseilmasse etwa 8 - 9 Mg. Die Masse der Kabine beträgt schätzungsweise 4,5 Mg; hinzu kommen noch 500 kg für 5- 6 Fahrgäste, sodass es ein annäherndes Gleichgewicht gegeben haben könnte.

Da man noch die Reibungskräfte an den Umlenkrollen berücksichtigen muss, kann es gut sein, dass in dem von dir betrachteten Fall die Kabine 4 selbst dann nicht abgestürzt wäre und vielleicht nur ein paar Meter bergab gerollt wäre, wenn auch auf der Kabine 4 die Deaktivierungsklemmen montiert gewesen wären.

In dem Fall wäre aber die Rettungsaktion der Fahrgäste aus der Kabine 4, die ohne Tragseilbremse frei zwischen Stütze 3 und der Bergstation gehangen hätte, dann wirklich dramatisch gewesen.

Da sich dann die Seilbahn in einem labilen Gleichgewicht befindet, müsste man vermutlich vor der Rettungsaktion versuchen vor und hinter der Kabine das Zugseil bzw. das Gegenseil mit einer Spezialkralle am Tragseil zu befestigen.

Tut man das nicht, dann wäre die Rettungsaktion der Fahrgäste völlig kirre. Immer dann, wenn man einen Fahrgast gerettet hätte, hätte man vorsichtig prüfen müssen, dass die Kabine 4 nicht in die Bergstation hochrollt.

Das erinnert mich an einen Sesselliftunfall in Georgien, der vor ein paar Jahren stattfand. Anstatt nach dem Ausfall des Hauptantriebs die Anlage vor der Getriebeumsetzung vom Hauptantrieb auf Notantrieb vorher zu sichern und zu blockieren, hat man einfach nach dem Defekt des Hauptgetriebes gemeint, man könnte ohne Blockierung auf Notantrieb umstellen. Die Folge: Die Sessel der fixgeklemmten Anlage mit den besetzten Skifahrern krachten mit etwa 5 m/s rückwärts ins Tal.

Da frage ich mich echt, was da für Vollidioten beschäftigt sind. Baller, Baller, Mattscheibe. Gibt´s da keine Betriebshandbücher, oder was?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

AreSee hat geschrieben: 03.06.2021 - 15:54
Es sei gesagt, das Gerät selber ist sehr teuer, eine Anschaffung kommt wohl nur für wenige in Frage.
....
Dann sage ich mal, das wird bald billiger wie es bei allen elektronisch Geräten bisher war.
Kennst du außer dem Dienstleister noch jemanden der das einsetzt um das Mal besichtigen zu können?
Lagorce hat geschrieben: 03.06.2021 - 15:01 @Neandertaler:
Not-WC und Vorhang hast du vergessen. :)
Oh ja, mein absoluter Liebling, der Duschvorhang. Und dann gab es da bis 2008 (?) noch die Flasche Schnaps in manch Bahnen die vom Amt (!!!) vorgeschrieben war....
Das lass ich jetzt aber Mal so stehen.
Latesn hat geschrieben: 03.06.2021 - 14:23
Sorry aber das seh ich etwas anders - wenn schon auf dem Podest dann bitte gesichert oder noch besser in einer verschlossenen Kiste für die nicht jeder Depp (du kennst ja unsere Kollegen ...) einen Schlüssel hat. Die Fälle in denen man das Ding braucht dürften sich auf wenige Fälle belaufen (so die Bremse denn funktioniert) und nachdem man bei diesen Anlagen eh ohne Begleiter fährt kann man den Schlüssel auch dann nur aushändigen wenn gebraucht (vgl Kasterl für Brückschlüssel). Ausserdem sieht sowas auch aus wie die sau ... ich hätte meinen Kollegen was gehustet wenn sie mir sowas hinterlassen hätten
Wenn der Feuerlöscher alarm gesichert ist, kann es sein, das den keiner nimmt. Wenn den in einen Schrank sperrst und den Schlüssel versteckst kann das im Notfall sauber ins Auge gehen. Wenn dann dazu noch Helden der Nacht auf dem Weg sind, die nicht die Gebrauchsanleitung verstehen ist es vielleicht besser wenn danach nichts mehr da ist.
Wenn du alles, was dazu dient die Sicherheit zu erhöhen oder wieder herzustellen dient nicht zugänglich machst ist das der gleiche Quatsch wie der Ursprung dieser Diskussion.
Zu deutsch:
Die Gabel dient dazu, ein versagen der Hydraulik mechanisch zu überbrücken. Diese Gabel nützt dir nichts verplombt im Lager wenn sie am Laufwerk gebraucht wird.

Noch besser wäre, wenn die Konstruktion eine Hydraulik entwirft, die nicht auf Störung gehen kann.
Da aber meist die Konstruktion dazu neigt, noch mal was extra einbauen zu lassen kämpft man mit Problemen die keiner braucht. Weil brauchen tust für diese Konstruktion ein paar Meter Schlauch und Rohr, das ein oder andere T-Stück, einen Tank, eine Pumpe, ein Rückschlagventil, pro Seite zwei einfache Ventile (also vier) zur Schlaffseilauslösung, pro Bremse einen Zylinder, ein Kugelhahn zur händischen Auslösung und einen Druckspeicher. Als extra eine Druckanzeige.
An der Bremse selber ein Bruchsstab für die elektrische Überwachung, der händisch an der Bremse getauscht werden muss, nicht vereist und nur im geöffneten Zustand montiert werden kann.
Mehr braucht es nicht.

Am 21.06. sperrt der Kiosk am Schwimmbad auf, da können wir das da aus Diskutieren. Der Chef dort ist auch Seilbahner im Winter.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

Bei den alten Tragseilbremsen, die noch mit Spindel gespannt wurden, konnte man auch nach dem Einrasten der mechanischen Verriegelung das Öffnungswerkzeug an der Bremszangen belassen. Dann funktioniert die Bremse nicht.

Bei den moderneren hydraulisch offen gehaltenen Systemen der Firmen Habegger, Von Roll oder Garaventa gibt es dagegen nach meiner Kenntnis kein Werkzeug, mit dem Betriebspersonal eine nach ungewollter Auslösung geöffnete Bremszangen festsetzen kann. Fällt die elektromotorische Öffnung aus, gibt es Handpumpen. Platzt ein Hydraulikschlauch, gibt es teilweise Ersatzteile und Werkzeug auf dem Fahrzeug. Müssen zum Öffnen mit Handpumpe Ventile umgelegt werden, die dann wiederholte Einfallen der Bremse verhindern, gibt es eine elektrische Überwachung.

Die Gabel am Agudio-Laufwerk ist dagegen schon eine sehr unkonventionelle Lösung, um es mal vorsichtig auszudrücken. Aber bei diese chaotisch lose verlegten Schläuchen gibt es vermutlich keine andere Lösung, die Fahrzeuge von der Strecke zu bekommen.

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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Theo »

Da steht ein ganz großes ichwillhaben! Ins besondere, wenn es möglich ist, mit der Klemme am Seil zu durchfahren.
Bei einer festgeklemmten Anlage dürfte das grad knapp so reichen. Ich bin bei dem Ding eher gespant wie lange dass es dauert bis mal einer beim Überfahren der Zwischenaufhängungen zu langsam hochklappt oder der Fahrer zu spät bremst und wir das Ding in tausend Teile zerlegen.

Winspect Kunden sind hier aufgelistet. https://www.winspect.info/de/kunden/ Gibt doch einige wo du einen kürzeren Anfahrtsweg hast als zu uns.
Der letzte Regierungsvertreter wo an einer Pressekonferenz etwas für die Menschen positives gesagt hat und dies dann auch später eingehalten hat war Günter Schabowski am 9.11.1989.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

Danke Theo, damit kann ich etwas anfangen. VAG Freiburg, da werde ich doch mal vorbei fahren.

Obwohl, Zermatt ist auch immer eine Reise wert.

Auf jeden Fall danke.
Christoph Lütz hat geschrieben: 03.06.2021 - 19:36 Bei den alten Tragseilbremsen, die noch mit Spindel gespannt wurden, konnte man auch nach dem Einrasten der mechanischen Verriegelung das Öffnungswerkzeug an der Bremszangen belassen. Dann funktioniert die Bremse nicht.

Bei den moderneren hydraulisch offen gehaltenen Systemen der Firmen Habegger, Von Roll oder Garaventa gibt es dagegen nach meiner Kenntnis kein Werkzeug, mit dem Betriebspersonal eine nach ungewollter Auslösung geöffnete Bremszangen festsetzen kann. Fällt die elektromotorische Öffnung aus, gibt es Handpumpen. Platzt ein Hydraulikschlauch, gibt es teilweise Ersatzteile und Werkzeug auf dem Fahrzeug. Müssen zum Öffnen mit Handpumpe Ventile umgelegt werden, die dann wiederholte Einfallen der Bremse verhindern, gibt es eine elektrische Überwachung.

Die Gabel am Agudio-Laufwerk ist dagegen schon eine sehr unkonventionelle Lösung, um es mal vorsichtig auszudrücken. Aber bei diese chaotisch lose verlegten Schläuchen gibt es vermutlich keine andere Lösung, die Fahrzeuge von der Strecke zu bekommen.
Über die Schläuche, da kannst dich wundern oder auch nicht. Nur Elektronik ist dort an der falschen Stelle. Die Ausführung muss Wartungs arm und fast Idioten sicher sein. Jedlicher Schnickschnack muss da weg sein. Auch deine Idee, Ersatzschläuche mit zu haben ist ganz nett gemeint, aber stell dich mal alleine im Winter bei strengem Frost da raus und Fang an, etwas zu reparieren während unten 100 Fahrgäste auf die Weiterfahrt warten. Die nächste Frage ist auch, ob noch genug Öl im Tank ist. Theoretisch gut gedacht, praktische Durchführung eher fraglich. Ich steh ja schon immer da wenn der Vertreter mit der PSA kommt mit der Frage: kann man das auch bei -25⁰ mit warmen Handschuhen bedienen? Ein Schönwetterproblem kann jeder beseitigen, der Anspruch ist aber ein Schlechtwetterproblem zu lösen und zwar bei jedem Wetter.

Es handelt sich hier um ein Rückfallebne die keiner bei der Arbeit erleben möchte. Wenn die Bremse bei der Arbeit anspricht aus dem vorgesehenen Grund kannste am nächsten Tag anfangen, dir eine neue Arbeit zu suchen. Die Bahn bleibt dann sicher länger wie ein Monat stehen.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

Neandertaler hat geschrieben: 03.06.2021 - 20:46 Auch deine Idee, Ersatzschläuche mit zu haben ist ganz nett gemeint, aber stell dich mal alleine im Winter bei strengem Frost da raus und Fang an, etwas zu reparieren während unten 100 Fahrgäste auf die Weiterfahrt warten.
Der Ersatzschlauch ist nicht meine Idee. In der technischen Betriebsvorschrift einer großen Deutschen Pendelbahn steht unter dem Punkt „Störungen an den Fangbremsen“ folgendes: Können die Bremsen nicht geöffnet werden, weil ein Schlauch geplatzt ist, defekten Schlauch abnehmen und ersetzen (Reserveschlauch im Fahrzeug).
Die nächste Frage ist auch, ob noch genug Öl im Tank ist.
Ohne Hydrauliksystem lässt sich die Bremse am Mottarone auch nicht öffnen, oder? Wenn der Druck dann nicht zum Räumen der Strecke ausreicht, muss eben nachgepumpt werden. Dazu steht hoffentlich eine Handpumpe zur Verfügung.
Beim Habegger-Bremswagen von 1974 befindet sich die Handpumpe unmittelbar in der Nähe der Bremsbacken, mit kurzen Leitungswegen ohne lange Schläuche. Ich gebe aber zu, das es eine Herausforderung ist, den Bremswagen an der Spitze des Laufwerks auf der Strecke zu erreichen.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

@Christoph Lütz:
Da pumpt man nicht, bei Hydraulikversagen öffnet man mechanisch.
Nochmals: 1) Elektrisch öffnen (Bordbatterigespiesene Pumpe). 2) Handpumpe (via Hydraulikaggregat). 3) Handpumpe direkt angeschlossen. 4) Notöffnung und -offenhaltung rein mechanisch von Hand. ( 2) und/oder 3) je nach Bauart.)

Viele Punkte wurden bereits weiter oben in der Diskussion erläutert.

Je nach Ausführung sind getrennte Hilfsmittel für die Not-Öffung der Fangbremse und die Not-Offenhaltung der Fangbremse erforderlich. Gewindestangensystem mit den Druckplatten und Muttern von dem ich im Fangbremsen Topic ein Foto gepostet habe erfüllen beide Zwecke. Bei Mottarone wird vermutlich beim Hydraulikzylinder der Zange mit einem Spezialwerkzeug (vermutlich mit Gewinde, Hydraulik-Handwerkzeug ist wiederum anfälliger) sowiet geöffnet bis man die Klammern von oben einsetzen kann. Logischerweise sind die Krallen leicht nach innen geformt damit sie durch die Spreizkraft nach unten gezogen werden und nicht gegen oben herausgedrückt, der handförmige Haken mit der Gewindestange dient lediglich als Sicherung (u.a. auch wenn man wieder hydraulisch öffnen kann).

Die Fangbremse ist hydraulisch unnötig kompliziert ausgeführt.

Leider postet niemand die entscheidenden technischen Infos damit man etwas sachlicher das Ganze beurteilen könnten, insbes. Hydraulikschema (das echte, nicht so eine nutzlose 08/15 Infografik) sowie die Schnittzeichnung der kompletten Zugseilanbindung inkl. Vergusskopf und Schlaffseilauslösung.

Mir Berechnungen verliere ich keine Zeit, da zuwenig brauchbare Daten zur Verfügung stehen. Zugseil ist wie bereits erwähnt gem. Medien ein 6x19 mit 25 mm Durchmesser und gem Fotos mit nicht thermokompaktierter Kunststoffseele.

Ziehe mich mal zurück bis interessantes auftaucht. ATV hat übrigens auch auf Italienisch auf Rai 1 geantwortet.


(Habe Probleme mit den PN, bereits zwei Texte während dem Verfassen verloren.)
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Christoph Lütz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Christoph Lütz »

Wenn bei Ausfall der Hydraulik mit einem mechanischen Not-Öffnungswerkzeug die Bremszangen geöffnet werden, warum kann man dann nicht sofort die Strecke damit räumen, sondern muss dieses noch gegen eine Gabel mit Flügelschraube tauschen? Das ist nicht logisch.

Für mich sieht es vielmehr danach aus, dass die Gabel für einen Dauerbetrieb (ohne Fahrgäste) konzipiert ist, wenn z. B. während der Revision das Hydrauliksystem demontiert oder nicht funktionsfähig ist. Dazu braucht man aber nicht eine vollständige Garnitur für alle acht Bremszangen der Bahn. Hier muss der Hersteller mal dringend eine Erklärung in der Fachpresse abgeben, die auch nachvollziehbar ist.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

Luft pumpen geht aber nicht....

Lecks in die Schläuchen sind ja meist schleichende Vorgänge durch abscheuern an Kanten. Wenn da schon mehrere Liter gleichmäßig über das Kabinendach verteilt wurden ist die Frage, ob überhaupt noch genug Öl vorhanden ist, um das System wieder zu füllen. Aber interessant das dies so vorgesehen ist. Wieder was die gelernt.

Eingebaut sind ja generell passiv wirkende Bremsen mit Federspeicher. Ob diese jetzt hydraulisch oder mechanisch offen gehalten werden ist für die Funktion eher unwichtig. Bei der hydraulischen Variante ist das öffnen halt erheblich leichter wenn die Bremse aus welchem Grund auch immer schließt. Die gewaltsame Öffnung mit Gewindestangen ist, so weit wie ich das weiß, immer vorgesehen und wird hoffentlich nur zu Übungszwecken angewendet.
Neu: Aus- und Weiterbildung zur Glühbirne. Man hat die Erleuchtung und kann dann alles mit Fassung ertragen!

Grüße aus Rockcity
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