Bergbahnen in Schieflage
Vielen Schweizer Bergbahnen geht es finanziell schlecht. Daran wird selbst eine schneereiche Wintersaison mit viel Sonnenschein kaum etwas ändern können. Einige versuchen, über Kooperationen oder Fusionen rentabler und attraktiver zu werden.
Die jüngste Hochzeitsankündigung kam aus dem Berner Oberland: Die Bergbahnen Grindelwald-First und die Jungfraubahn Holding sollen nach dem Wunsch der Verwaltungsräte fusionieren. Ziel des Zusammenschlusses sei es, die Kräfte zu konzentrieren.
Andere Bergbahnen - zumeist grössere Unternehmen - haben diesen Schritt bereits gemacht. Soeben wurde zum Beispiel die Dreierfusion der Bergbahnen von Davos und Klosters vollzogen.
«Davos, Zermatt, Flims: Bislang haben sich eher erfolgreiche Bahnen zusammengeschlossen», sagt Thomas Bieger vom Institut für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus an der Universität St. Gallen (HSG) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda.
Noch zu zersplittert
«Das kann noch lange nicht alles gewesen sein», zeigt sich der HSG-Professor überzeugt. Denn die Branche sei nach wie vor zu zersplittert. Die Bergbahn-Betreiber dürften «nicht nur bis ins nächste Tal schauen». Um die Wettbewerbsfähigkeit international zu verbessern, müsse eine andere Grössenordnung erreicht werden.
Er plädiere jedoch nicht dafür, dass «jede hinterste und letzte Bahn» wegfusioniert werde, betont Bieger. Denn gerade in kleinen Betrieben erledige heute oft noch der Verwaltungsrat viele Arbeiten, die sonst teuer ausgelagert werden müssten, zum Beispiel das Marketing.
Die Preise steigen
Denkbar seien auch andere Formen der Kooperation, sagt Bieger. So könnten Hotels oder sonstige touristische Anlagen dazugekauft werden. Auf diese Weise liessen sich ebenfalls grössere Einheiten bilden, was zu Einsparungen und damit zu einer besseren Rendite führe.
Für die Touristen, die daran interessiert sind, ein möglichst grosses Gebiet mit einem einzigen Billett zu bereisen, ist eine solche Vorwärtsstrategie nicht nur von Vorteil: «Wenn Konkurrenten zusammengeführt werden, können auch die Preise angehoben werden», erklärt Bieger.
Geringer Stellenabbau
Dass Fusionen von Bergbahnen zu einem massiven Stellenabbau führen könnten, wie dies in anderen Branchen der Fall ist, glaubt der Tourismus-Experte nicht. Betroffen seien jeweils nur wenige Angestellte. Die Summe falle kaum ins Gewicht, aber auf die Betriebsrechnung einer Gesellschaft wirke sich dies massiv aus.
Im Übrigen ist laut Bieger mit einer Kompensation zu rechnen: «Wird ein Tourismus-Gebiet attraktiver, führt dies zu einem Boom, von dem weitere Branchen, etwa die Hotellerie, profitieren können. Hier entstehen dann neue Arbeitsplätze.»
Fusionsdruck nimmt ab
Der St. Galler Professor ist allerdings überzeugt davon, dass der Fusionsdruck in den kommenden fünf Jahren eher wieder abnehmen werde. Er begründet dies damit, dass vielfach Gemeinden, denen es finanziell vergleichsweise gut gehe, an Bergbahnen beteiligt sind.
Bleibt die Befürchtung, dass fit getrimmte Schweizer Bergbahnen zum Objekt der Begierde ausländischer Tourismus-Konzerne werden könnten. Bieger sieht darin aber vielmehr eine Chance als eine Gefahr.
Ausländische Firmen mit einem soliden Marktauftritt könnten sich für den Schweizer Tourismus sogar als Vorteil erweisen und mehr Gäste bringen. «Wir brauchen uns jedenfalls nicht zu fürchten. Unsere Berge können ja nicht einfach abgebaut und an einem anderen Ort wieder aufgestellt werden», sagt Bieger.
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Von Espace.ch