Verfasst: 14.08.2004 - 17:30
3. Tag: 7. August 2004
Wetter: nicht sonderlich schön, viele Wolken, kaum Sonne, deswegen aber nicht so heiß
Treffpunkt war 12.00 Uhr an den Rofenhöfen, mit 2014 m Höhe die höchstgelegenen Bauernhöfe Österreichs.
Danach Beginn des Aufstiegs zur Vernagthütte. Erst das Rofental über gemähte und beweidete Almwiesen flach ansteigend zur Rofenalm (dort Ende des Fahrwegs, Be-ginn der Materialseilbahn zur Vernagthütte). Erst dort beginnt der Weg steiler zu werden, in weiten Kehren geht es moderat den Platteiberg hinauf, die Aussicht auf das Rofental wird immer besser, auf dem Platteiberg (ca. 2400 m) hat man den ers-ten Blick auf das Hochjoch und den gleichnamigen Ferner. Dann geht es ums Plat-teieck und die Vernagthütte kommt in den Blick. Auf dem Platteieck kann man den Gletscherstand des Jahres 1850 nachvollziehen, als der Vernagtferner in raschem Vorstoß begriffen (+882 Meter in einem Jahr!) den Grund des Rofentals erreichte und die Abflüsse von Hochjoch- und Hintereisferner zum berüchtigten Rofener Eissee staute, der in regelmäßigen Abständen das Venter- und Ötztal durch seine Ausbrü-che verwüstet hat. Der Weg führt nun als schmaler Pfad beinahe eben zum Vernagt-bach und man erreicht die Pegelstation der Kommission für Glaziologie der Bayeri-schen Akademie der Wissenschaften auf 2635 m, die 1973 an der am besten geeig-neten Stelle errichtet wurde, nämlich an der Stelle wo alle Abflüsse des Vernagtfer-ners aus geologischen Gründen an die Oberfläche treten und somit der Gesamtab-fluss messbar wird. Dort wurde unsere Exkursionsgruppe von den Wissenschaftlern empfangen und bewirtet, anschließend wurde über sehr steilen und beinahe weglo-sen Pfad die 1850er-Moräne hinauf zur Vernagthütte auf 2755 m bestiegen. Dieser Weg ist aber inoffiziell und wird nur von den Wissenschaftlern begangen, die eine ei-gene Materialseilbahn von der Vernagthütte haben. Insgesamt ist der Hüttenanstieg zur Vernagthütte zwar lang aber nicht allzu ermüdend, da er selten richtig steil ist. Von den Rofenhöfen sind 3 h realistisch, von Vent entsprechend mehr. Abends gabs ein gutes Essen und lange, interessante Gespräche.
4. Tag: 8. August 2004
Wetter: sonnig von der Früh weg, später Wolken, hat nach Gewitter ausgesehen, hat aber bis zum Abend gehalten.
Gemütliches Frühstück um 7.30 Uhr, dann Aufstieg über die 1850er-Moräne hinauf zum Vernagtferner, der in drei Zungen mittlerweile zerfallen ist (die Firnbecken der drei Zungen sind noch zusammengewachsen, die Schwarzwandzunge wird aber demnächst einen eigenen Gletscher bilden). Die Schwarzwandzunge reicht am wei-testen nach unten und wird auf 2880 m betreten. Diese Zunge hat im letzten Sommer bis zu 8 Meter Eisdicke eingebüßt. Der Gletscher ist insgesamt in einem schlechten Zustand, die großen Firnmassen der Nährgebiete sind letzten Sommer so gut wie abgeschlossen, d.h. was jetzt noch oben liegt, ist Altschnee aus diesem Winter und sobald dieser abgeschmolzen ist, liegt das Eis blank. Anfang August 2004 liegt aber noch erfreulich viel Firnschnee, der Gletscher ist nur im unteren Bereich aper. Wir gehen mit Steigeisen und Grödeln, damit sind wir auf der sicheren Seite. Seil benut-zen wir nicht, es gibt so gut wie keine Spalten, der Gletscher bewegt sich auch nur mehr ganz langsam, ist praktisch zum Stillstand gekommen, was an dem fehlenden Massennachschub von oben liegt. Deshalb gibt es eine stationäre Eishöhle, die wir besucht haben, was sehr eindrucksvoll ist: man befindet sich praktisch mitten im Gletschereis, was auch ein wenig beklemmend ist. Danach kurzer Anstieg über Mo-ränengelände zur mittleren (Taschachjoch-) Zunge des Gletschers, die ebenfalls er-mattet und sehr flach ausläuft, was auf ein Zerfallen und fehlenden Massennach-schub hindeutet. Noch in den 1980er Jahren ist der Gletscher hier ein letztes Mal vorgestoßen, die beiden Zungen Taschachjoch- und Schwarzwand haben sich ge-genseitig überschoben und beeindruckende Eiswände gebildet. Die nun aperen Fel-sen über die wir steigen waren vor 20 Jahren noch beeindruckende Eisbrüche. Am Schwarzkögele (der dritten Zunge) gab es in den 1980ern noch gut 20 Meter hohe Eiswände, die sich über eine Felsinsel geschoben haben und dort immer wieder als Séracs gefährlich abgebrochen sind. Wir steigen dann quer über das immer noch sehr große und beeindruckende Gletscherfeld schräg an in Richtung Taschachjoch bis zu einer im letzten Jahr neuausgeaperten Felsinsel (auf 2990 m). Dort habe ich eine Reihe von Panoramaaufnahmen gemacht, vom großen Amphitheater des Ver-nagtferners. Wir stiegen dann über die Schwarzkögelezunge ab (schönes Gletscher-tor) zur Pegelstation, danach bin ich mit einem Kollegen in gut 1 h 25 min hinunter zu den Rofenhöfen marschiert.
Insgesamt war die Exkursion sehr interessant, besonders beeindruckend waren die alten Moränenstände, die damalige Größe und Masse des Gletschers muss gigan-tisch gewesen sein. Der Vernagtferner war deshalb ein so rasch reagierender und vorrückender Gletscher, da er ein großes, hochgelegenes Nährgebiet hat (mehrere Becken) die sich zu einer einzigen Zunge verbunden haben. Die Niederschläge in Vent liegen bei etwa 600 mm/a (inneralpine Trockenzone), am Vernagtferner bei et-wa 1500 mm/a wobei die Winterniederschläge dominieren. 70% der Niederschläge kommen aus Süd-/Südwest, da aus Norden kommenden Niederschläge von den vorgelagerten Kalkalpen und Gebirgskämmen abgefangen werden. Die Winternie-derschläge, d.h. die Massenzuwächse sind in den letzten dreißig Jahren in etwa kon-stant geblieben (in den tieferen Lagen hat der Winterschneefall und die Schneede-ckendauer ja bekanntlich schon abgenommen). Entscheidend für den Massenhaus-halt und damit die Entwicklung von Eisdicke und Zungenstand des Gletschers sind aber die Sommerhalbjahre. Wie viel Niederschlag fällt in Form von Schnee? Som-merlicher Neuschnee bremst mit seiner hohen Albedo den Abschmelzprozess, stärkt die Firndecke, die Wolken dämpfen die Sonneneinstrahlung. Der Regen an sich ist für den Schnee und das Eis nicht schädlich, nur die Tatsache, dass es eben kein Schnee ist. Die Temperatur spielt auch nicht die Hauptrolle, sondern die Sonnenein-strahlung. Das besondere am Sommer 2003 waren auch nicht die Temperaturspitzen sondern die lange Dauer der Wärmeperioden. Statt 50 Tage mit Tagesmittel über 10°C an der Pegelstation gab es 100 Tage! Nachts müsste es klar sein (Gefrieren), tagsüber bewölkt um die Abschmelzung möglichst zu begrenzen. In den kühlen Sommern der 1970er Jahre mit positiven Massenbilanzen gab es in jedem Sommer-monat mindestens einen Kaltlufteinbruch mit Schneefall, so z.B. 1985 im Juli 1 ½ Me-ter. Gemessen wird dies alles am Vernagtferner mittels der Pegelstation (Gesamtab-fluss) und der Klimastation (Strahlung, Temperatur, Wind => alles was geht) und durch Frühjahrsbegehungen (Firnschächte werden gebuddelt um die Massenakku-mulation zu messen). Die Eisdicke und die Abschmelzung werden durch Pegelstan-gen gemessen, die ins Eis mittels Dampfbohrer gesteckt werden.
Wenns Fragen gibt: Bitte!
Weitere Infos unter: http://www.glazilogie.de
Interessant ist auch die Geschichte einer geplanten Straße von Vent hinauf zum Vernagtferner, die in den 1960er Jahren gescheitert ist, ebenso wie deutlich später die Straße zum Hochjochferner durch die Rofenschlucht. Wobei der Vernagtferner in den 1960er Jahre als Gletscherskigebiet nicht wirklich geeignet gewesen sein dürfte, da sehr spaltenreich und in schneller Bewegung begriffen.
Bilder in Folge!
=> leider ist mein Upload-Quota erreicht (10 MB). Soll ich jetzt ältere Beriche löschen? Oder bekomme ich als "Viel-Poster" eine Aufstockung? Es wäre schön, wenn es so wäre, da ich die Bilder bereits mit viel Aufwand verkleinert habe. Es gibt sicher User, die ihre 10MB nicht ausschöpfen...
Wetter: nicht sonderlich schön, viele Wolken, kaum Sonne, deswegen aber nicht so heiß
Treffpunkt war 12.00 Uhr an den Rofenhöfen, mit 2014 m Höhe die höchstgelegenen Bauernhöfe Österreichs.
Danach Beginn des Aufstiegs zur Vernagthütte. Erst das Rofental über gemähte und beweidete Almwiesen flach ansteigend zur Rofenalm (dort Ende des Fahrwegs, Be-ginn der Materialseilbahn zur Vernagthütte). Erst dort beginnt der Weg steiler zu werden, in weiten Kehren geht es moderat den Platteiberg hinauf, die Aussicht auf das Rofental wird immer besser, auf dem Platteiberg (ca. 2400 m) hat man den ers-ten Blick auf das Hochjoch und den gleichnamigen Ferner. Dann geht es ums Plat-teieck und die Vernagthütte kommt in den Blick. Auf dem Platteieck kann man den Gletscherstand des Jahres 1850 nachvollziehen, als der Vernagtferner in raschem Vorstoß begriffen (+882 Meter in einem Jahr!) den Grund des Rofentals erreichte und die Abflüsse von Hochjoch- und Hintereisferner zum berüchtigten Rofener Eissee staute, der in regelmäßigen Abständen das Venter- und Ötztal durch seine Ausbrü-che verwüstet hat. Der Weg führt nun als schmaler Pfad beinahe eben zum Vernagt-bach und man erreicht die Pegelstation der Kommission für Glaziologie der Bayeri-schen Akademie der Wissenschaften auf 2635 m, die 1973 an der am besten geeig-neten Stelle errichtet wurde, nämlich an der Stelle wo alle Abflüsse des Vernagtfer-ners aus geologischen Gründen an die Oberfläche treten und somit der Gesamtab-fluss messbar wird. Dort wurde unsere Exkursionsgruppe von den Wissenschaftlern empfangen und bewirtet, anschließend wurde über sehr steilen und beinahe weglo-sen Pfad die 1850er-Moräne hinauf zur Vernagthütte auf 2755 m bestiegen. Dieser Weg ist aber inoffiziell und wird nur von den Wissenschaftlern begangen, die eine ei-gene Materialseilbahn von der Vernagthütte haben. Insgesamt ist der Hüttenanstieg zur Vernagthütte zwar lang aber nicht allzu ermüdend, da er selten richtig steil ist. Von den Rofenhöfen sind 3 h realistisch, von Vent entsprechend mehr. Abends gabs ein gutes Essen und lange, interessante Gespräche.
4. Tag: 8. August 2004
Wetter: sonnig von der Früh weg, später Wolken, hat nach Gewitter ausgesehen, hat aber bis zum Abend gehalten.
Gemütliches Frühstück um 7.30 Uhr, dann Aufstieg über die 1850er-Moräne hinauf zum Vernagtferner, der in drei Zungen mittlerweile zerfallen ist (die Firnbecken der drei Zungen sind noch zusammengewachsen, die Schwarzwandzunge wird aber demnächst einen eigenen Gletscher bilden). Die Schwarzwandzunge reicht am wei-testen nach unten und wird auf 2880 m betreten. Diese Zunge hat im letzten Sommer bis zu 8 Meter Eisdicke eingebüßt. Der Gletscher ist insgesamt in einem schlechten Zustand, die großen Firnmassen der Nährgebiete sind letzten Sommer so gut wie abgeschlossen, d.h. was jetzt noch oben liegt, ist Altschnee aus diesem Winter und sobald dieser abgeschmolzen ist, liegt das Eis blank. Anfang August 2004 liegt aber noch erfreulich viel Firnschnee, der Gletscher ist nur im unteren Bereich aper. Wir gehen mit Steigeisen und Grödeln, damit sind wir auf der sicheren Seite. Seil benut-zen wir nicht, es gibt so gut wie keine Spalten, der Gletscher bewegt sich auch nur mehr ganz langsam, ist praktisch zum Stillstand gekommen, was an dem fehlenden Massennachschub von oben liegt. Deshalb gibt es eine stationäre Eishöhle, die wir besucht haben, was sehr eindrucksvoll ist: man befindet sich praktisch mitten im Gletschereis, was auch ein wenig beklemmend ist. Danach kurzer Anstieg über Mo-ränengelände zur mittleren (Taschachjoch-) Zunge des Gletschers, die ebenfalls er-mattet und sehr flach ausläuft, was auf ein Zerfallen und fehlenden Massennach-schub hindeutet. Noch in den 1980er Jahren ist der Gletscher hier ein letztes Mal vorgestoßen, die beiden Zungen Taschachjoch- und Schwarzwand haben sich ge-genseitig überschoben und beeindruckende Eiswände gebildet. Die nun aperen Fel-sen über die wir steigen waren vor 20 Jahren noch beeindruckende Eisbrüche. Am Schwarzkögele (der dritten Zunge) gab es in den 1980ern noch gut 20 Meter hohe Eiswände, die sich über eine Felsinsel geschoben haben und dort immer wieder als Séracs gefährlich abgebrochen sind. Wir steigen dann quer über das immer noch sehr große und beeindruckende Gletscherfeld schräg an in Richtung Taschachjoch bis zu einer im letzten Jahr neuausgeaperten Felsinsel (auf 2990 m). Dort habe ich eine Reihe von Panoramaaufnahmen gemacht, vom großen Amphitheater des Ver-nagtferners. Wir stiegen dann über die Schwarzkögelezunge ab (schönes Gletscher-tor) zur Pegelstation, danach bin ich mit einem Kollegen in gut 1 h 25 min hinunter zu den Rofenhöfen marschiert.
Insgesamt war die Exkursion sehr interessant, besonders beeindruckend waren die alten Moränenstände, die damalige Größe und Masse des Gletschers muss gigan-tisch gewesen sein. Der Vernagtferner war deshalb ein so rasch reagierender und vorrückender Gletscher, da er ein großes, hochgelegenes Nährgebiet hat (mehrere Becken) die sich zu einer einzigen Zunge verbunden haben. Die Niederschläge in Vent liegen bei etwa 600 mm/a (inneralpine Trockenzone), am Vernagtferner bei et-wa 1500 mm/a wobei die Winterniederschläge dominieren. 70% der Niederschläge kommen aus Süd-/Südwest, da aus Norden kommenden Niederschläge von den vorgelagerten Kalkalpen und Gebirgskämmen abgefangen werden. Die Winternie-derschläge, d.h. die Massenzuwächse sind in den letzten dreißig Jahren in etwa kon-stant geblieben (in den tieferen Lagen hat der Winterschneefall und die Schneede-ckendauer ja bekanntlich schon abgenommen). Entscheidend für den Massenhaus-halt und damit die Entwicklung von Eisdicke und Zungenstand des Gletschers sind aber die Sommerhalbjahre. Wie viel Niederschlag fällt in Form von Schnee? Som-merlicher Neuschnee bremst mit seiner hohen Albedo den Abschmelzprozess, stärkt die Firndecke, die Wolken dämpfen die Sonneneinstrahlung. Der Regen an sich ist für den Schnee und das Eis nicht schädlich, nur die Tatsache, dass es eben kein Schnee ist. Die Temperatur spielt auch nicht die Hauptrolle, sondern die Sonnenein-strahlung. Das besondere am Sommer 2003 waren auch nicht die Temperaturspitzen sondern die lange Dauer der Wärmeperioden. Statt 50 Tage mit Tagesmittel über 10°C an der Pegelstation gab es 100 Tage! Nachts müsste es klar sein (Gefrieren), tagsüber bewölkt um die Abschmelzung möglichst zu begrenzen. In den kühlen Sommern der 1970er Jahre mit positiven Massenbilanzen gab es in jedem Sommer-monat mindestens einen Kaltlufteinbruch mit Schneefall, so z.B. 1985 im Juli 1 ½ Me-ter. Gemessen wird dies alles am Vernagtferner mittels der Pegelstation (Gesamtab-fluss) und der Klimastation (Strahlung, Temperatur, Wind => alles was geht) und durch Frühjahrsbegehungen (Firnschächte werden gebuddelt um die Massenakku-mulation zu messen). Die Eisdicke und die Abschmelzung werden durch Pegelstan-gen gemessen, die ins Eis mittels Dampfbohrer gesteckt werden.
Wenns Fragen gibt: Bitte!
Weitere Infos unter: http://www.glazilogie.de
Interessant ist auch die Geschichte einer geplanten Straße von Vent hinauf zum Vernagtferner, die in den 1960er Jahren gescheitert ist, ebenso wie deutlich später die Straße zum Hochjochferner durch die Rofenschlucht. Wobei der Vernagtferner in den 1960er Jahre als Gletscherskigebiet nicht wirklich geeignet gewesen sein dürfte, da sehr spaltenreich und in schneller Bewegung begriffen.
Bilder in Folge!
=> leider ist mein Upload-Quota erreicht (10 MB). Soll ich jetzt ältere Beriche löschen? Oder bekomme ich als "Viel-Poster" eine Aufstockung? Es wäre schön, wenn es so wäre, da ich die Bilder bereits mit viel Aufwand verkleinert habe. Es gibt sicher User, die ihre 10MB nicht ausschöpfen...