Traditionsgemäß erfolgte die Anreise mit dem Zug (Nachtzug Wien-Zürich, dann über Lausanne nach Martigny). Die Fahrt mit der TMB (Train du Mont Blanc) über Chatelard-Vallorcine war nun im Sommer mindestens genauso eindrucksvoll wie im Winter. Die Kontraste zwischen dem Firn und Eis der riesigen Gletscher (z.B. Glacier de Trient, Glacier du Tour) und dem saftigen Grün der Täler war sogar noch etwas deutlicher.
Am Bahnhof von Chamonix angekommen, schnappte ich sogleich meinen neuen (!) Fotoapparat und fotographierte den Mont Blanc, von dessen Flanke sich der Glacier des Bossons bis nahe des Talgrunds herabzieht.
Von der Strasse zum Zentrum von Chamonix hatte ich einen schönen Blick auf Le Brévent, dem höchsten Punkt des Skigebiets Brévent-La Flégère. Das Zentrum von Chamonix besteht aus einem Potpourri pittoresker Gebäude und ist durchaus attraktiv (allen Unkenrufen von Lederhosenarchitekturliebhabern zum Trotz, die sich an den modernen, teilweise etwas überdimensionierten Zweckbauten an den Rändern von Chamonix stören).
Mein Hotel lag im Südwesten von Chamonix, etwa knapp 2 km vom Zentrum entfernt. Angesichts der Ausblicke kam mir aber selbst der Fußmarsch mit zwei Rucksäcken (einer am Rücken, der andere am Bauch) kurzweilig vor.
Hier der Blick zur Gletscherzunge des Glacier des Bossons mit dem Mont Blanc (die runde Kuppe links der Mitte).
Die berühmte Aiguille du Midi (3842m) mit der Seilbahnbergstation. Rechts in der Mitte ist die Ruine der Mittelstation der alten Seilbahn zu sehen.
Nach ca. 30 Minuten erreichte ich das Hotel Le Vert.
Der Name des Hotels rührt von der Aiguille de Verte (4122m) ab. Hier der Blick auf diesen imposanten Gipfel (der über dem Skigebiet von Argentière thront) vom Balkon meines Hotelzimmers (der Felsdom davor ist die Les Drus, 3754m).
Nach und nach trafen dann auch unser Bergführer Tom sowie die anderen Kursteilnehmer Conny, Christian und Uli ein. Bereits auf den ersten Blick ergab sich dann gleichsam „automatisch“ die Zusammensetzung für die Seilschaften während der darauf folgenden Kurstage. Christian und Conny sind nämlich Extremsportler im Bereich Bodybuilding, wobei Conny unlängst Deutschland bei den World Games im Amateur-Frauen-Bodyuilding vertreten hatte. Dies bedingt natürlich ein entsprechendes Körpergewicht, was dann wiederum auch einen entsprechend kompatiblen Seilpartner voraussetzt. Zum Glück war Uli ziemlich genau in meiner Gewichtsklasse …
Der erste echte Kurstag begann am Dienstag mit Klettertraining. Gleich hinter dem Hotel findet sich einer der zahlreichen Sportklettergelände im Chamonix-Tal. „Les Rochers des Gaillands“ zählen sogar zu den traditionsreichsten im ganzen Tal und wurden bereits in den 1930er Jahren erschlossen. Der Fels besteht aus kompaktem Gneis und ist leicht geneigt und mit zahlreichen Griffen und Tritten strukturiert. Also ein ideales Übungsgelände für Kletteraspiranten. Zudem ist der Blick auf die Aiguilles de Chamonix und dem Mont Blanc Massiv atemberaubend.
Hier sieht man den rechten Bereich des Klettergeländes „Les Gaillands“. Der Aufstieg zum Einrichten von Top Rope-Sicherungen erfolgt durch eine Stahlleiter, die in dem Einschnitt ganz links montiert ist.
Das Klettergelände von der Seite
Der Blick von der Wiese vor dem Kletterfels auf das Mont Blanc Massiv
Hier sind die Aiguille du Midi, sowie der Montblanc du Tacul (4248m) und der Mont Maudit (4465m) zu sehen (im linken Bilddrittel sieht man auch die Trasse und die Stationsruinen der alten Midi-Bahn).
Unser Tag bestand hauptsächlich aus Top Rope Klettern (d.h. mit Seilsicherung via Umlenkung von oben), Abseilübungen sowie natürlich dem Erlernen der dafür erforderlichen Knoten und sonstigen Seiltechniken. Ich hatte zwar in meiner Studienzeit etwas geklettert, war mir aber nicht sicher, ob meine heutigen Knie- und sonstigen Gelenke noch standhalten würden. Tatsächlich ging es besser als erwartet, allerdings sorgten meine über 15 Jahre alten Kletterschuhe für arge Blasen.
Christian bei der Abseilübung
Am Mittwoch folgte der erste Eistag. Das Eistraining auf aperem Gletscher erfolgt in Chamonix traditionsgemäß auf dem Mer de Glace. Dadurch kam ich in den Genuss einer Fahrt mit der Zahnradbahn zum Montenvers (1913m).
Hier der Blick auf Chamonix während der Auffahrt mit der Zahnradbahn
… und die Ankunft an der Bergstation
Trotz starken Rückgangs ist das Mer de Glace (Frankreichs größter Gletscher) nach wie vor eindrucksvoll. Die wolkenverhangenen Felszacken im Hintergrund müssten die berühmten Grand Jorasses (höchster Punkt Pte. Walker mit 4208m) sein.
Von Montenvers muss man zunächst ein ziemliches Stück weit runter um zum Gletscher zu kommen. Wir nahmen allerdings nicht die kleine Gruppenbahn …
… sondern standesgemäß die Leitern, die an den durchaus steilen Gletscherschliffen montiert sind.
Der Abstieg über diese Leitern zieht sich ganz schön. Vor allem hatte ich das Pech das 60m Seil tragen zu müssen. Die ca. 5kg zusätzlich am Rucksack drücken ordentlich …
Hier sieht man das System der Leitern im Überblick
Ich war daher echt froh endlich wieder „festem“ Boden unter den Füssen zu haben. Auf dem Mer de Glace gings dann talein auf der Suche nach gutem, moränenfreien Übungsgelände (ganz hinten rechts der Bildmitte ist die charakteristische Felsnadel der Dent du Gèant (4013m) zu sehen.
Nach paar Aufwärmübungen (Weitspringen etc.) folgte das klassische Steigeisentraining. Uli beim Üben des Gehens mit Vertikalzackentechnik im steileren Gelände.
Tom, der Bergführer, demonstriert die korrekte Haltung bei der Frontalzackentechnik
Selbst Gewitterdonnern und ein kurzes Regenintermezzo konnten uns nicht vom Üben abhalten. Erst am späten Nachmittag gings wieder zurück …
Zum Glück wars beim Hochsteigen der Leitern trocken
Die letzten paar Hundert Meter gings auf einem bequemen Wanderweg mit schönem Blick auf die kleine Gruppenbahn, die von Montenvers runter zur Gletschergrotte führt
[Fortsetzung folgt]