In (Sommer-)Zeiten wie diesen darum nun ein exklusiver Blick hinter die Kulissen. Die Zitate stammen aus einer großen österreichischen Tageszeitung, die mir meinen Lebensunterhalt finanziert.
Prolog: 5. Februar.
A warm welcome in Åre: Blick vom Pressezentrum und FIS-Hotel Holiday Club zum neuen Bahnhof. Im Hintergrund der Åreskutan.Eigentlich war es ja schon am Freitagabend abzusehen, dass Åre einen rennfreien Samstag erleben würde. Erst schneite es dicke, feuchte Flocken aus den tief hängenden Wolken, und als sich der WM-Eröffnungstag seinem Ende zuneigte, peitschte der Sturm die Schneesterne waagrecht durch die mittelschwedische Luft. Ein Wetter zum Davonlaufen, nur einige unentwegte Raucher duckten sich im Windschatten und suchten Schutz. Draußen dröhnten die Bagger vorbei und versuchten, die rutschigen Straßen griffig zu machen.
Nichts Neues auch gestern: Regen in der Nacht, Schnee und Sturm und Bagger am Morgen. Keine Rennen – eine Frage: Was ist dieses Åre eigentlich?
Die Antwort fängt mit der Aussprache und Schreibweise an. Denn erst durch den Knödel auf dem „A“ wird der Schweizer Fluss Aare zum schwedischen Åre (mit einem kehligen Mittelding aus A und O), und auch die Kleinstadt nahe der norwegischen Grenze hat ihr Gewässer. Die Experten streiten freilich, ob der 372 Meter hoch gelegene Åresjön nun ein See oder ein Fluss ist – die Traditionalisten sind für Letzteres.
Seinen Namen hat der Ort den Norwegern zu verdanken, ein Åre besteht nämlich aus Åreskaft und Åreblad und ist ein Paddel. Zum westlichen Nachbarland gehörte die heutige Provinz Jämtland von 1178 bis 1536, von 1537 bis 1645 waren beide gar dänisch. Seit 1645 und dem Frieden von Brömsebro aber ist Jämtland schwedisch. Zumindest vorläufig, denn seit den 1960er-Jahren gibt es eine Unabhängigkeitsbewegung, die sich – gewaltlos – für die Loslösung von Restschweden stark macht.
Betten-Burg Sprachlich ist die Trennung seit Ewigkeiten vollzogen – der regionale Dialekt hat mit dem Reichsschwedisch nur wenig gemeinsam. Jämtland ist doppelt so groß wie die Steiermark, doch nur 3,75 Einwohner sind hier pro Quadratkilometer zu finden (Steiermark: 72). Bewohnt ist die Region indes schon seit der Steinzeit. Im Mittelalter wählten Pilger den Weg durch das Åredalen, das Tal von Åre, um ins 180 Kilometer entfernte Trondheim zu kommen, und seit dem späten 19. Jahrhundert wird hier auch geurlaubt.
Heute ist die 10.000 Einwohner große Gemeinde das größte Alpin-Ski-Resort in Skandinavien: 31.000 Betten, die meisten in kleinen Häusern und Apartments, das Skigebiet verfügt über 40 Anlagen und 97 Pisten bis auf 1420 Meter hinauf, 40 Euro kostet die Tageskarte.
Der Hauptort Åre selbst, 3400 Einwohner klein, ist zum zweiten Mal nach 1954 Ausrichter einer Alpin-WM. Damals, als die Bewerbe nach einer Woche schon wieder beendet waren, räumten die Österreicher um Trude Klecker, Christian Pravda und Anderl Molterer acht Medaillen (2 Gold, 3 Silber, 3 Bronze) ab, Platz 2 in der Nationenwertung. Zwei Silbermedaillen eroberte übrigens die Schweizerin Madeleine Berthod, zwei Jahre später wurde sie Weltmeisterin und Olympiasiegerin in der Abfahrt.
Und 2007 nimmt ihr Großneffe Marc das Rennen um WM-Edelmetall in Angriff.
Wenn nicht Ski gefahren wird in Åre, dann gibt es Unmengen an Gelegenheiten, sich die Zeit zu vertreiben. Ausflüge mit dem Schneemobil zum Beispiel (vier Stunden kosten 80 Euro und sind damit um 20 Euro billiger als ein ebenso langer Ritt mit einem Hundeschlittengespann), Jagen, Fischen, Curling, Eis-Kart auf dem zugefrorenen Fluss-See, Reiten, Klettern, Drachenfliegen, Snow-Kite und, und, und, ...
Das Nachtleben hingegen ist überschaubar und gemütlich. Normalerweise. Die Überschau-Bar namens Tirol-Berg, auf deren Dach das gläserne ORF-Studio thront, ist nur für die WM neben der Siegerehrungsbühne auf dem kleinen Platz in der schmucken Ortsmitte eingerichtet worden. Etabliert sind eine Disco und eine Handvoll Bars, wo das Feiervolk freilich über eine mindestens goldene Kreditkarte oder ein dickes Geldbündel verfügen sollte: Femtio Kronor, also 50 Kronen, kostetet das Krügerl Bier, was 6 Euro entspricht. Val d’Isère gibt’s billiger. Autofahrern stellt sich diese Kostenfrage freilich nicht: 0,2 Promille sind in Schweden das Höchste der erlaubten Trunkenheitsgefühle. Und die Polizei ist mindestens ebenso allgegenwärtig wie die großen Bagger, die Schnee räumen, Straßen bestreuen, Zäune transportieren – fast scheint es, als ob jeder Einwohner einen hat.
Polizei und Bagger gibt’s natürlich auch in der drei Fußballfelder großen Festival Arena direkt am See. Wobei „Arena“ eine Übertreibung ist: Eigentlich steht dort nur ein beheiztes großes Zelt, wo Abend für Abend schwedische Bands spielen, rundherum präsentieren sich die Sponsoren, und in einer Ecke sind drei Tipi-ähnliche Zelte dem Volk der Samen, den Ureinwohnern, gewidmet.
So oder so: Diese WM ist die größte Party, die das kleine Åre je gesehen hat. Und dafür bieten die rührigen Gastgeber alles auf, was sie haben. Auch wenn die einzigen Rennen in diesen Tagen mit Baggern ausgetragen wurden.
Temperatur: zwischen fünf und zehn Grad plus.
Das Quartier der Schweizer. Die Fahnen sind so aufgehängt, dass die Österreicher sie immer gut im Blick haben - der ÖSV wohnt vis-à-vis.

Einer von gefühlten 12.189 Radladern im Gemeindegebiet.
Das Haus rechts heißt Diplomat - Après-Ski, Après-Ski, Après-Ski...
Ob sie auch Après-Wasserski anbieten?
Sicher! Hinten das Zielgelände.
Am Eingang zum Festival-Gelände. Lordi haben dort zum Beispiel ein Konzert gegeben.
Plusgrade sind für Autos nicht immer lustig. Auch für dieses Schweizer Teamfahrzeug nicht.
Ho, ho, ho macht die Renate.
Die wichtigste Frau der ersten WM-Woche war aber nicht Frau Götschl, sondern Pia Hultgren, die Chefmeteorologin.
Ein Blick hinter die Kulissen einen lustigen Pressetermins bei den ÖSV-Damen: Maria (Holaus) wird massiert...
...Renate wird massiert...
...Maria wird massiert...
...und das interessiert ziemlich viele. Weil die Rennen abgesagt sind. Der ORF war sicherheitshalber mit nur zwei Kameras da.
Im Ziel wird wieder einmal präpariert.
Das Zielstadion, einmal schneefrei.
Bar och Restaurang Madonna di Campiglio...
...und das wohl schmalste Haus im Ort.
Eisskulpturen...
Bergbana hinauf nach Tott
Broken Åre, auch Après-Ski. Weil in Schweden das Rauchen drinnen verboten ist, wird draußen geraucht. Kein Problem, ist ja warm.
Tirol-Berg und ORF-Studio.
Nehmen Sie Platz!
Schule
Kirche und Turm
Kirchturm
Friedhof
Hilfsmittel zur Grabpflege liegen rum, man vertraut sich. Während der WM wurden freilich einige Ski geklaut.
Der Bahnhof von der anderen Seite. Mit Supermarkt, Sportgeschäft und vielem anderen - ein sehr nützliches Gebäude!
Want a lift?
Vom Pressezentrum zum Zielstadion. Der See-Fluss wurde als Weg ins Ziel erst in der zweiten Woche wieder freigegeben, das Tauwetter hatte dem Eis ziemlich zugesetzt.
Schlechtes Wetter, keine Rennen - also Gespräch mit einer gut gelaunten Alexandra Meissnitzer...
...und einem gut gelaunten Georg Zirknitzer (62), dem ältesten Trainer im Weltcupzirkus.
Dann kam der Winter zurück. Vom +10 auf -30 Grad in 48 Stunden.
Ein Marschall. Diese Kerzen stehen vor vielen Türen in Schweden.
"Herbert, heute schneit's schon wieder. Was macht's Ihr eigentlich?" Die österreichische Journaille grübelt, Herr Bert Mandl grübelt mit.
Bus fahren wohl weniger. Vom Medienhotel (Continental Inn) wieder einmal im Schneesturm nach Björnen...
...wo man die Dächer mittlerweile freifräst.
Egal, es heißt ja Ski-WM, und das ist nun mal Freiluftsport.
Zwischenspiel
Eiszapfenentfernung am Pressezentrum.Wenn Autos nicht mehr anspringen; wenn Handys den Geist aufgeben; wenn professionelle Fotoapparate streiken; wenn auf dem Weg über den zugefrorenen See zum Zielraum die Wimpern frieren; wenn im Hotel die Heizung ausfällt;
dann ist Winter in Åre.
Die arktischen Temperaturen, die derzeit herrschen (bis zu -31 Grad wurden diese Woche gemessen), machen allen zu schaffen, die nicht in Åre und Umgebung aufgewachsen sind. Und das sind die wenigsten, die derzeit im WM-Ort dick vermummt herumlaufen. Der Intersport-Laden im Bahnhofsgebäude beim FIS-Hotel macht Rekordumsätze. Handschuhe, Gesichtsmasken, Stiefel, Überhosen, Fettcremes, Fellhauben, Wollsocken – das Geschäft wird regelrecht gestürmt.
Menschen aus gemäßigteren Klimazonen wandern wie Michelin-Männchen durch Åre. Und jeden Morgen stellt sich die die gleiche Frage: Was ziehe ich heute an?
Die Sockenkombination von gestern war nicht ideal, nach zwei Stunden bei -22 Grad ging das Gefühl in den Zehen verloren; zwei Schichten Fleece waren zu wenig; vielleicht doch eine zweite Ski-Unterhose, ein zweites Paar Handschuhe?
Nach sechs Tagen Kleidertest hat sich folgende Kombination bewährt: Trekking-Socken unter den Skisocken; Trekkingschuhe oder Fellstiefel; Unterhose, Ski-Unterhose, Jeans, Skihose; T-Shirt, langärmeliges Leiberl, Ski-Unterziehleiberl, zwei Schichten dünnes Fleece, dickes Fleece, Fleecejacke, Trekkingjacke, Regenmantel; Handschuhe, Gesichtsschutz, Haube.
Doch keine Hilfe ohne Haken: Betritt man einen Raum, läuft man gegen eine Wand – 55 Grad Temperaturunterschied. Am ärgsten ist es im Subpressezentrum beim Ziel: Ein mächtiger Elektroofen bläst pausenlos 35 Grad warme Luft in den Raum, unterhalb der Knie aber sinkt die Temperatur rapide gen Gefrierpunkt – der Boden ist kaum isoliert. Überhaupt, das Ziel: Ein Einziges der beheizten (!) Toilettenhäuschen funktioniert, der Rest ist eingefroren, inzwischen hat man auf Plumpsklos umgestellt.
Die Kälte ist auch bei den Rennläufern ein Thema. Gesichtsmasken sind beliebt, manche verkleben sich Wangen und Nase mit Tape. Und begehrt ist während der Wartezeit zwischen Besichtigung und Rennen ein Platz im Café „Olympia“ an der Mittelstation. Dort wurden manche sogar dabei beobachtet, wie sie die Zehen in die Handschuhe steckten. Zum Auftauen.
Feier und Ice Einer der wärmeren Plätze im Zentrum von Åre ist jener der beiden Securities, die aufpassen, dass nur in den Tirol-Berg kommt, wer auf der Gästeliste steht: Sie haben eine gasbefeuerte Heizlaterne. „Das ist fein“, sagt Michael. Und doch hat man auch in der Holzkonstruktion, die als Österreich-Haus-Ersatz dient, Probleme: Ein Elektroofen, der anfangs dafür gesorgt hat, dass die Raucher vor der Tür nicht festfrieren, musste wieder nach innen geschafft werden. „Sonst hätt’ mer des drinnen nimmer derblos’n.“
Eine spezielle Kälte-Erfahrung machten am Freitagabend jene beiden österreichischen Fotografen, die sich die Wartezeit zur Siegerehrung der Herren-Kombination mit einem Bier an der Schneebar des „Broken Åre“ vertreiben wollten: Der Inhalt der ersten beiden Flaschen gefror sofort nach dem Öffnen, der Inhalt der zweiten ebenso – Abhilfe brachten erst zwei gewärmte Flaschen aus dem Pub. Und damit war auch das Rätsel gelöst, warum sonst niemand an der Schneebar stand...
Hihi, heute schon wieder kein Training. "Wir waren Tiefschneefahren", sagen Kathrin und Michaela.
Herr Büchel und Frau Kirchgasser auf nächtlichem Streifzug?
Quatsch. Bloß ein bisschen mehr Blitz als nötig

Anja Pärson zum Ersten.
Strecke. Traumtag. Sonne. Saukalt (-26°).
Alex Meissnitzer, unzufrieden.
Eine Handvoll Fans (festgefrorene Stadionarbeiter?)
Mario Scheiber, unzufrieden.
Aksel Lund Svindal, fröstelnd.
Hermann Maier, unzufrieden.
Maria Riesch, glücklich (weil auf der warmen Pressekonferenz-Tribüne).
Michaela Kirchgasser, amüsiert (wieder Tiefschnee gefahren).
Volunteers müssen immer raus, ob kalt oder warm. Dieser kommt aus Salzburg.
In den Wohnwagen an der Mittelstation dürfen sie freilich nicht.
Sehr witzig: Eingefrorene Klos unter der Zuschauertribüne. Später wurden Zusatzheizungen installiert.
Endlich mal wieder ein Radlader. Im Hintergrund das Pressezentrum.
Die Bäckerei, Ort mancher ÖSV-Pressekonferenz, Wärmestube und der Platz mit dem besten Cappuccino in ganz Åre. Bei Fotografen beliebt, weil die Objektive immer so schön angelaufen sind (siehe Bild).
Endlich mal wieder ein Kirchi-Bild.
Gleich beginnt die tägliche Fragestunde. "Brunkulla Reception", ein schmucker Ort.
"Könnt's bitte auf den Schneehaufen klettern? Machmer doch mal ein anderes Gruppenbild..."
Im Sami-Zelt. Der Käse, den die freundliche Dame serviert, ist die samische Antwort auf Parmesan und sehr lecker.
Auch eine Art Wintersport
Da ist Sofia Jannok, die samische Antwort auf Björk. Sie hat mit eine signierte CD mit Widmung überreicht!
Und dann wurde doch mal Skigefahren. Mal schlechter...
..mal besser (Julia Mancuso)...
...mal schlechter.
Norwegischen Fans ist die Kälte natürlich egal.
Kuschelstimmung beim intimen Plausch mit Niki Hosp.
Kuschelstimmung bei Daniel Albrecht und Marc Berthod.
Kuschelige Samentrachten...
und intimes Tête-à-tête von Benni und Marlies in Tirol-Berg. Ganz intim sogar. Dass dieser Abend im Tirol-Berg von Ischgl gesponsert war, nun ja - die Rich-Prosecco-Dosen links verraten es ja.
Und während Herr Walchhofer dem ORF ein Interview gibt, stehen andere draußen. Ich zum Rauchen, der Herr zum Aufpassen.
Fritz und Benni...
Niki Hosp, unzufrieden.
Niki Hosp, unglücklich.
Anja Pärson überglücklich...
...und leicht übermütig im Abendrot. Schon wieder Gold!
Jan Hudec aus Kanada musste nach Silber in der Abfahrt Haare lassen,
Fritz Strobl durfte nach Silber im Super-G singen.
Herr Miller und Frau Mancuso im schon erwähnten Diplomat. Nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal (also jedenfalls, was Herrn Miller und mich angeht).
Der Herr mit den kurzen Hosen trug selbige jeden Tag. Er kommt aus ... Norwegen! Ach ja: Hübsche Frostbeulen (sowas hab ich noch nie gesehen) zierten seine strammen Waden.
"Wenn das Rennen nur schon rum wär..." - hinten Frau Kildow.
"Des wor nix..."
"Des wor supa!"
Ausflug nach Tännforsen an meinem (renn-)freien Nachmittag mit dem Hermann-Maier-Fanclub. Lasst Bilder sprechen!
Ein bisschen was haben wir dann aber schon auch gemacht darüber:
Machen wir doch mal ein anderes Gruppenbild...Heute werden in der Flachau wieder die Daumen für den prominentesten Bürger der kleinen Salzburger Gemeinde gedrückt: Hermann Maier startet im WM-Riesenslalom. Und ein Dutzend Daumen wird im Zielraum von Åre gequetscht werden. Zwei davon gehören Maier-Mutter Gerti, zwei weitere Maier-Freundin Stefanie. Die beiden sind das weibliche Drittel der Fanklub-Abordnung, die sich am vorletzten Freitag nach Mittelschweden aufgemacht hat.
Nur 50 Meter vom Zielstadion bewohnt das Sextett ein Apartment mit acht Betten und einem traumhaften Blick über den See, der eigentlich ein Fluss ist. Die Kollegen vom Walchhofer-Fanclub haben das Quartier beim Weltcup-Finale entdeckt, und mit rund 260 Euro pro Tag gehört es zu den günstigeren in Åre.
Fast 600 eingeschriebene Mitglieder hat der Verein, „aber die wenigsten reisen so weit“, weiß Ernst Lackner, der sich seit 1998 um Homepage und Merchandising für den Herminator kümmert. „In den ersten drei Jahren war das ein Full-Time-Job. Inzwischen habe ich noch andere Standbeine, zum Beispiel ein Sportgeschäft.“
Ist Renntag, steht Gerti Maier als erste auf. Und ist Renntag, bringt sie keinen Bissen herunter. Die Maier-Diät? „Mein Schlankheitsrezept“, sagt sie und lacht. „Das war schon immer so, wenn der Hermann gefahren ist.“ Und wenn Sohn Alexander, der Weltcup-Snowboarder, durch die Tore düst, „dann ist die Nervosität noch schlimmer. Ganz schlimm. Und der Alex fährt ja auch noch mehr Läufe als der Hermann.“
An diesem Montagmittag ist Gerti Maier nicht nervös. Ist ja auch kein Renntag. Sondern ein Wintertag aus dem skandinavischen Märchenbuch. Windstill, minus 18 Grad, strahlend blauer Himmel, die Sonne lugt knapp über den baumlosen Berggipfeln hervor. Der richtige Tag für einen Ausflug zu einem zauberhaften Naturdenkmal 30 Kilometer außerhalb des WM-Ortes: Dem Wasserfall von Tännforsen.
32 Meter tief stürzen dort pro Sekunde 400 Kubikmeter Wasser. Bei zweistelligen Minusgraden ergibt das eine bizarre Angelegenheit: Die Gischt gefriert sofort, der Vattenfallet ist eine riesige natürliche Schneekanone, die die Ufer des Flusses mit kolossalen Eispanzern überzieht.
Doch der eigentliche Hit entsteht derzeit wie schon seit acht Jahren am unteren Ende des Naturdenkmals: Ein Riesen-Iglu. Ein gewaltiges Tipi dient als Eingang, daran schließt sich ein gut 50 Meter langes Höhlensystem an, manche Räume sind mehr als zehn Meter hoch.
Drinnen schneidet Bertil Andersson gerade mit einer elektrischen Kettensäge einen Eisblock in Scheiben, welche als Tisch dienen werden. „Eis vom vergangenen Winter“, sagt der Endvierziger, „wir haben es aus dem Fluss geschnitten und dann eingelagert.“ Das vierköpfige Team, das sich um den Aufbau des Eispalastes kümmert, hat gut daran getan. „Sonst waren wir an Neujahr immer schon fertig, doch heuer konnten wir erst Mitte Jänner anfangen. Es war viel zu warm.“ Und auch wenn das Iglu heuer kleiner als seine Vorgänger ausfällt (die Naturschutzbehörden haben es so angeordnet) – es ist immer noch riesig.
„Das hätte dem Hermann auch gefallen“, seufzt Maier-Freundin Steffi beim Blick auf die schwedische Eisriesenwelt. Aber der Hermann hatte am rennfreien Tag nur Zeit für einen kurzen Besuch in der Mittagspause, vor dem Riesenslalom-Training. „Leider hat er noch keine Medaille – aber die holt er am Mittwoch“, ist die 23-Jährige aus Ebensee überzeugt.
Gerti Maier wird das Ihre dazu beitragen. Sie wird wie immer als Erste aufstehen, wie immer nichts essen können, wie immer nervös sein. Eine Stunde vor dem Start wird sie mit den anderen fünf hinübergehen ins Zielstadion, wo schon seit dem ersten Renntag das Transparent mit dem Glücksschwein hängt. Das ist nicht immer so: Die Fans von Kurt Sulzenbacher wurden dieser Tage schon von Stoff-Dieben heimgesucht. „Aber im Fall der Fälle haben wir Ersatz dabei“ – Ernst Lackner hat vorgesorgt.
Und wenn ihr berühmterer Sohn dann zum letzten Mal bei dieser Weltmeisterschaft startet, dann wird Gerti Maier wieder ihr Glücksschwein in die Hand nehmen und drücken. Ganz fest. Manchmal drückt sie ein bisschen zu fest: „Letztes Jahr musste ich ihm die Nase stopfen, es ist halt doch schon ziemlich ramponiert.“ Aber es ist von Anfang an dabei. Und das soll auch so bleiben.
Schließlich gibt es auch nur einen Hermann Maier.
Das schmucke Medienhotel.
Gold? Gold?
Gooold!!!
Ausgeschieden: Marlies Schild.
Das Medien-Drama:
Ausgeschieden: Benjamin Raich.
Hinterhergefahren: HM.
Der große Tag des Didier Cuche. Riesenfreude nach Riesenslalom-Bronze.Endstand WM-Riesentorlauf :
1. Aksel Lund Svindal NOR 2:19,64
2. Daniel Albrecht SUI 2:20,12
3. Didier Cuche SUI 2:20,56
4. Ted Ligety USA 2:20,63
5. Alberto Schieppati ITA 2:20,72
6. Truls Ove Karlsen NOR 2:21,00
7. Kalle Palander FIN 2:21,09
. Jean-Philippe Roy CAN 2:21,09
9. Mitja Valencic SLO 2:21,11
10. Marco Büchel LIE 2:21,26
11. Marc Berthod SUI 2:21,36
12. John Kucera CAN 2:21,41
13. Didier Defago SUI 2:21,44
14. Niklas Rainer SWE 2:21,51
15. Bode Miller USA 2:21,65
16. Thomas Fanara FRA 2:21,73
17. Ondrej Bank CZE 2:22,00
18. Tim Jitloff USA 2:22,23
19. Manfred Mölgg ITA 2:22,32
20. Andre Myhrer SWE 2:22,35
21. Hermann Maier AUT 2:22,44
22. Joel Chenal FRA 2:22,57
23. Peter Fill ITA 2:22,68
24. Jukka Rajala FIN 2:22,75
25. Rainer Schönfelder AUT 2:22,90
Mein schmuckes Zimmer. 185 Euro pro Nacht. Mit Frühstück!
Mein noch schmuckeres Bad. War auch inklusive. Man beachte den Elektro-Ofen links. Da wurde einem beim Duschen immer warm ums Herz (krieg' ich einen Schlag? Krieg ich keinen?)
Stille Freude: Mario Matt, wieder mal Slalom-Weltmeister.
Lautes Ding: Ein Saab Gripen über dem Stadion.
War auch im Gespräch als neuer Abfangjäger für Österreich.
Ausgeschieden: Marc Berthod.
Ausgeschieden: Rainer Schönfelder.
Ausgeschieden: Giorgio Rocca (kein Wunder, der ist in die falsche Richtung gelaufen).
Epilog
Åre, das war eine nette WM in einem schönen Ort mit netten Menschen, nach zwei nordischen in Val di Fiemme und Oberstdorf meine erste alpine. Und meine erste mit abenteuerlichen Preisen: Wir waren einen Abend vom heißen Stein essen und haben zu viert die Kleinigkeit von 400 Euro hingeblättert. Ohne Luxusgüter oder Unmengen an Alkohol.
Drei Kilometer Taxifahren? 25 Euro. Pizza essen? Acht Euro.

Åre, das war eine 2500 km lange Reise von Wien, hin mit dem Autoreise-Nachtzug bis Hamburg (in dem leider das Thermostat kaputt war, weshalb es im Abteil geschätzte 30 Grad hatte) und Übernachtung in Örebro, retour auch deshalb komplett im Auto (mit Übernachtung in Malmö).
Åre, das war Kalt-Warm für Fortgeschrittene. Am ersten Wochenende zehn Grad Plus, am Montag 30 Grad minus, am Wochenende drauf fast null Grad (das war ein wirklicher Hitzeschock, man soll es nicht glauben).
Ich hatte mich vorher immer für kälteresistent gehalten - naja, mit Abstrichen hat sich das bestätigt.
Unvergessen wird mir das Rauchen auf der Terrasse des Diplomat bleiben, bei 28 Grad minus und nur mit einem dünnen Fleece über dem T-Shirt und verschwitzten Haaren;
unvergessen wird mir mein freier Nachmittag in Tännforsen bleiben (auf dem Rückweg kamen uns drei LKWs entgegen, die Yachten (!) geladen hatten;
und unvergessen wird mir mein freier Vormittag beim Pro/Am-Rennen bleiben. Unter drei Pressemenschen aus Österreich wurde ich nämlich Zweiter. Und da war ich ganz schön stolz
