Der Ballon d'Alsace ist ein Berg mit viel Geschichte und Geschichten. So ist der zeitweise "Welscher Belchen" genannte Berg zum Beispiel Teil des mit der keltischen Kultur in Zusammenhang gerbachten Belchendreiecks. Anfang des 20. Jahrhunderts war die über seine Höhe führende Passstraße Schauplatz der ersten Bergwertung einer Tour de France. Nur ein Fahrer konnte ihn damals bezwingen ohne abzusteigen. Geopolitisch zeichnet der Berg aus, dass in seinem Gipfelbereich drei französische Regionen (Alsace, Lorraine, Franche Comté) sowie vier Départements (Haut Rhin, Vosges, Territoire de Belfort, Haute-Saône) aufeinandertreffen. Diese vier Départements vermarkten auch gemeinsam des Ski- und Freizeitgebiet im Gipfelbereich in Form ihres Syndicat Mixte Interdépartemental du Ballon d'Alsace.
Bis 2008 fanden die Skiaktivitäten in drei getrennten Skigebieten (Gentiane, Langenberg-Chaumière, Jumenterie) ohne Verbindungen statt. Seit 2008 hat man erhebliche Investitonen für das skifahrende Volk getätigt und die ersten Stufen eines umfassenden Masterplans umgesetzt.
Bislang sind folgende Umbauten erfolgt:
- Abbruch des Doppelliftes an der Jumenterie; dieses Gebiet ist bis auf einen kurzen Übeungslift stillgelegt
- Umlegen der Zufahrtsstraße von Belfort, Rückbau eines Kreisels und Neubau einer Kreuzung mehrere 100 Meter weiter nordwestlich; dies dient dazu, Platz für die neue Skigebeitsverbindung und begelitende Infrastruktur zu schaffen.
- Bau des neuen Verbindungslifts Bruyères zur Verbindung der Sektoren Gentiane und Langenberg-Chaumière.
- Abbruch des Skiliftes Myrtilles am Südhang, um im Gipfelbereich der Tête des Redoutes Platz für den neuen Verbindungslift und die neu platzierten Bergstationen der erneuerten und geplanten Lifte zu schaffen.
- Völlige Erneuerung der Skilifte Tourtet, Petit Langenberg und Ecureuils
- Umfangreiche Pistenbegradigungen, vor allem am Skilift Ecureuils
- Erweiterung der Beschneiung
Folgende Stufen des Masterplans stehen noch aus:
- Bau einer 4er-Sesselbahn ab Mitte Grand Langenberg auf die Tête des Redoutes
- Abbruch des Skiliftes Grand Langenberg und Entfall der Pisten in der unteren Hälfte
- Bau eines blau ausgeschilderten Serpentinenwegs durch den Wald zur Talstation der neuen Sesselbahn
- Nochmalige Erweiterung der Beschneiung
Die genannten weiteren Stufen des Masterplans sind meines Wissens nach aus Geldmangel auf Eis gelegt, der Zeitpunkt der Umsetzung ist ungewiss. Insgesamt ist eine klare Strategie erkennbar: Hier soll ein modern ausgebautes, schneesicheres und einigermaßen großes Skigebiet für schwächere Skifahrer entstehen. Diese Zielgruppe will man perfekt bedienen. Immerhin hat der jetzige Zeitpunkt den Charme, dass die perfekte Verbindung der Sektoren Gentiane, Chaumière und Langenberg vollzogen ist, der stillgelegte Myrtilles-Hang (ungewalzt) noch nutzbar ist und die schwarzen Pisten am Grand Langeberg noch vollständig existieren. Ein guter Zeitpunkt also, sich die Sache näher anzuschauen und zu dokumentieren.
Das Skigebiet ist grob folgendermaßen aufgebaut: Am Kulminationspunkt Tête des Redoutes treffen die Lifte der drei Sektoren Gentiane, Chaumière und Langenberg zusammen. Von dort verzweigt sich das Gebiet sternförmig auf unterschiedliche Hänge und Hangrichtungen. Der eigentliche Gipfel des Ballon d'Alsace ist nicht erschlossen. Der höchste Punkt des Skigebiets liegt an der Bergstation des Mannheimer-Lifts, die knapp höher liegt als die Tête des Redoutes.
Die Anreise aus dem Moseltal erweist sich auf schneebedeckter Straße als unproblematisch, im Bereich Jumenterie fährt man jedoch in dichten Nebel ein. Ich parkiere zwischen den Liften Tourtet und Mannheimer und steige am Tourtet-Lift ein. Dort begrüßt mich das Schild mit dem Öffnungsstatus ...
... und der Pistenplan.
Am Tourtet-Lift kann man nicht bezahlen, darf aber ohne Karte hinauf fahren, um zu einer der Kassen (Gentiane, Langeberg) abzufahren.
Der Mannheimer-Lit ist geschlossen, wir werden später erfahren warum.
Zu dieser Zeit herrscht starker Nebel
^^ Im Tourtet-Lift
Oben die Bergstation des neuen Bruyères-Lift (Heidekrautlift) ...
... sowie der ebenfalls komplett erneuerte (und verlängerte) Skilift Petit Langenberg - in mindestens genauso schlimmem Nebel.
Die grüne Piste des Petit Langenberg führt an der Bergstation des Grand Langenberg vorbei.
Die Skilifte Petite Gentiane (Enzian) stellen nur eine flache Übungswiese dar.
^^ Petite Gentiane
Der Skilift Grande Gentiane ist etwas länger und führt etwas weiter nach unten. Seine blaue Piste windet sich um ein paar Baumgruppen und strahlt damit einen Hauch von Flair aus - wenn man bescheidene Maßstäbe anlegt.
^^ Grande Gentiane
Am Gegenhang dieses Anfängerbereichs führt der neue Bruyères-Lift über die ebenfalls neue Lift- und Pistenbrücke über die Passstraße und nach einer Kurve hinauf auf die Tête des Redoutes.
^^ Abfahrt zwischen Petite- und Grande Gentiane, am Gegenhang Bruyères-Lift mit grüner Piste und Straßenbrücke; ganz oben im Hintergrund, knapp rechts der Bildachse die Schneise des Mannheimer-Lifts
^^ Im Bruyères-Lift kurz vor der Straßenbrücke, bei später gelichtetem Nebel
In der Mitte des Petit-Langenberg-Hangs beginnt die mit Abstand interessanteste Piste, die mit einigen Varianten verhältnismäßig tief nach unten führt: Die Grand Langenberg! Nur - wie lange noch?
Nach sehr steiler Einfahrt in den Hang geht es gemäßigt und gut gewalzt weiter - eigentlich eher dunkelrot.
^^ unterhalb der steilen Einfahrt auf die weniger steile obere Hälfte der Piste photographiert, hinten rechts der Ecureuils-Hang (Eichhörnchen)
^^ noch etwas weiter unten
^^ Der Blick nach oben zeigt die steiel Einfahrt ganz oben.
Vom mittleren Bereich der Grand Langenberg schaut man stets hinüber auf den Ecureuils-Hang
^^ Ecureuils in der fast-Totalen
Unten geht's auf der Grand Langenberg richtig rund! In sehr steilem und leicht kupiertem Gelände kann man zwischen Buckelpiste (rechts) und halbwegs gewalzter Piste (links) wählen.
^^ Unterer Bereich Grand Langenberg, hier der Buckelpistenteil, von links kommt die gewalzte Piste
^^ Die gewalzte Piste bietet auch eine kleine Umfahrung durch den Wald.
^^ hier der untere Steilhang im linken, gewalzten Bereich; der Schnee ist blütenweiß, aber man muss auch ein paar Felsspitzen achten, die vereinzelt aus dem Schnee ragen.
^^ Queraufnahme zur Veranschaulichung des Gefälles: 25-30°, also 47-58%, also zurecht schwarz, aber nichts Extremes, durch die Kupierung aber sehr spaßig zu fahren
Oben auf der Petit Langenberg beginnt es zu schneien.
^^ Obere Hälfte Petit Langenberg mit grüner Piste
Dann geht es zum stark modellierten Ecureuils-Hang.
^^ linke Piste Ecureuils
^^ rechte Piste Ecureuils (Stade de Slalom)
Die beiden Ecureuils-Pisten sind vollständig geglättet, führen wie die meisten anderen in diesem Gebiet direkt am Lift entlang, wären für mein Gefühl fast noch blau und erweisen sich mir als ziemlich uninteressant. Das interessanteste an diesen Pisten ist der sehnsüchtige Blick auf Grand Langenberg.
^^ obere Hälfte Garnd Langenberg
Beim heute seltenen Zustand ohne Nebel und Schneefall geht's in Richtung Mannheimer - schauen, was dort los ist.
^^ Blick vom Toutet-Hang auf den Mannheimer-Hang, der mit einer Kurve mittelsteil nach oben führt
Unten auf dem Verbindungsweg kommt man zunächst am Gasthaus vorbei ...
Die Piste ist perfekt gewalzt, der Lift steht, am Seil hängen einige Stangen - merkwürdig. Also steige ich langsam hinauf, um den perfekten hang zu befahren und vielleicht noch eine interessante Info zu erhalten.
In der Tat! Oben sehe ich, was los ist, und warum der Lift nicht fahren kann.
^^ sieht nicht gut aus
Der Schaden scheint im laufenden Betrieb am Vortag passiert zu sein, da noch Stangen im Seil hängen. Oben steht bereits ein Autogen-Schweißgerät, man will den Schaden wohl zeitnah beheben (ist dann auch binnen 2 Tagen passiert).
Auch diese rote Piste ist eher "hellrot" bis "dunkelblau", macht aber trot der unspektakulären Trassierung Spaß, weil man alleine über das "Cordsamt-Profil" staubt.
^^ Mannheimer-Piste, gegenüber der Tourtet-Hang, über den schon wieder der Nebel herein bricht
^^ Mannheimer-Piste
^^ Endlich mal nebelfrei im Tourtet-Lift
Auch der Petit-Langenberg ist jetzt nebelfrei und in voller Länge erkennbar. Ruhe vor dem Sturm?
^^ Petit Langenberg
Kommen wir zum letzten Kapitel der Erkundung: dem Umbau Myrtilles (Heidelbeeren) / Bruyères (Heidekraut), welche topolgogisch den bislang gravierendsten Eingriff darstellt.
Die ehemals rote und ihres Liftes beraubte Myrtilles-Piste ist derzeit Freeride-Strecke; sie liegt an einem reinen Südhang und ist im Pistenplan noch als weiße Fläche südlich der Tête des Redoutes erkennbar.
^^ Myrtilles-Freeride-Hang, hinten am Gegenhang die Gentiane-Lifte
^^ Zoom auf die Gentiane-Lifte (links Grande, rechts Petite) - wieder setzt Schneefall ein.
^^ Blick aus der Mitte der Myrtilles-Abfahrt nach oben
^^ Blick vom Ende nach oben
Am Ende der (ehemaligen) Myrtilles-Abfahrt gelnagt man auf die Straße und läuft diese exakt 200 Meter (gezählte Schritte) entlang nach Westen und kommt an eine Stelle kurz vor der neuen Ski- und Liftbrücke (Bruyères) ...
^^ neue Lift- und Skibrücke
... von wo aus man wieder abschüssig zum Grande-Gentiane-Lift abfahren kann.
^^ ab hier geht es nach links abschüssig zum Grande-Gentiane-Lift.
^^ Anfänger-Wiese Gentiane in der fast-Totalen
Aus dem Grande-Gentiane-Lift fällt der Blick nach hinten auf den verlassenen und eben befahrenen Myrtilles-Hang.
^^ oben am gegenhang der mittelsteile Myrtilles-(Freeride-)Hang
^^ Umbauzone in der Totalen: Links der neue Bruyères-Lift mit Brücke und grüner Piste, rechts der aufgelassene Myrtilles-Hang, beide treffen sich oben auf der Tête des Redoutes
Fazit dieses Umabuprojekts: Gemischt: Zweifelsohne wurde die Verbindung durch den Bruyères-lift perfektioniert und stellt für die haupt-Zielgruppe die bessere Alternative dar. Andererseits wurde mit der Myrtilles-Piste die einzige rote Piste aufgegeben, welche diese Farbe wirklich verdient. Die etwas "holprige" Verbindung über den 200 m langen Fußweg würde mich weniger stören. Andererseits: Durch den Umbau wurde der Myrtilles-Hang zum netten Freeriden frei was auch nicht schlecht ist, zumal mich die 200 m Fußweg nicht stören. Die Frage ist halt, wie oft man an diesem Südhang überhaupt Tiefschnee fahren kann. Aber auch als Piste ohne Beschneiung gab es wohl viele betriebsfreie Tage. Insgesamt dürfte die jetzige Lösung die praktischere Variante darstellen.
Danach geht's mit dem Wagen weiter richtung Tal und der Schneefall wird stärker.
Gesamt-Fazit: Das Gebiet ist überwiegend eine Aneinanderreihung von Übungshängen zu einem recht großflächigen und komplexen Gesamtgebilde. Die Pisten laufen uninteressant an den Liften entlang, was den fahrspaß einschränkt. Die roten Pisten haben diese Farbe kaum verdient. Absolutes Highlight des gebiets ist die wirklich spaßigen und selektive Grand-Langenberg-Piste mit ihren kleinen Varianten. Diese Piste "reißt" das Gebiet halbwegs "heraus". Jammerschade, wenn der untere Teil im Zuge der Vollemdung des Masterplans wegfiele. Doch dann hätte man wohl konsequent das angestrebte Konzept umgesetzt: Weiläufiges, schneesicheres Gebiet für schwächere Skiläufer, die andernorts leicht überfordert sind.