Im Juni 2013 war es recht heiß. Kilometerlange Wanderungen bergauf machen mir in jener Zeit der drückenden Hitze und der oft drohenden Gewitter weitab weniger Spaß als im Herbst – so lief ich anstatt im Gebirge mal wieder durch die Stadt. Mich verschlug es dabei in den Olympiapark, wo ich schon seit Jahren mal was nachschauen wollte...
Irgendwo im Olympiapark, so hatte es mir ein alteingesessener Kollege einst erzählt, gäbe es noch eine kleine russisch-orthodoxe Kapelle, die von einem Einsiedler nach dem Krieg errichtet wurde.
Ich wusste, dass ich irgendwo in der südwestlichen Parkecke suchen musste und so machte ich mich an jenem 15.06.2013 auf die Pirsch. Während um mich herum alles fürs Tollwoodfestival aufgebaut wurde, lief ich durch die sommerliche Hitze und wurde auf einmal von einem kleinen Hinweisschild zu einem Gebüsch mitten auf dem Gelände geleitet. Ich kannte die Ecke vom Joggen und den allsommerlichen Tollwood-Abendenden, aber eine russische Kapelle hier? Da tauchte ein Eingang zwischen den gerade aufgestellten Buden auf, der eher auf einen Schrebergarten hinwies...
Kaum jemand nahm Notiz von dem Gelände und außer zwei russischen Touristen trieb sich hier niemand herum. Kurze Zeit später sollte ich mich hier sogar allein aufhalten. Ein paar der Bilder sind übrigens vom nächsten Tag, als ich mit einem anderen Objektiv nochmals zu diesem kleinen Paradies mitten in München hingewandert bin.
In diesem ab 1952 aus Kriegsschutt auf dem umliegenden Oberwiesenfeld erbauten Häusl wohnte einst Väterchen Timofei, ein Russe, den es es nach dem Krieg in die bayrische Landeshauptstadt verschlagen hatte.
Obwohl ich das Hauptjuwel (die Kapelle) noch nicht vor Augen hatte, war ich sofort von diesem kleinen Gelände fasziniert. Eine grüne Oase mitten in der Stadt – wie ein Sprung in eine andere Zeit zurück...
Ein zweites Häusl tauchte auf. Väterchen Timofei oder bügerlich Timofei Wassiljewitsch Prochorow lebte von 1952 bis ca. 2002 hier, ehe er die Jahre vor seinem Tod 2004 (mit ca. 110 Jahren!) im Altersheim verbringen musste.
Mitte/ Ende der 1970er Jahre starb seine Frau, die auch hier wohnte und so lebte er fortan als Einsiedler.
Hier kommt die eigentliche Kirche bzw. Kapelle ins Blickfeld – umgeben von Büschen, Bäumen, Vogelgesang und summenden Insekten.
Handgemacht....
Ende der 1960er wollte man hier alles abreisen und den Russen mit seiner Frau wegsiedeln. Doch anscheinend protestierten die Münchner Bürger derart, dass sie bleiben durften und die olympischen Sportstätten ein wenig weiter nördlich platziert wurden.
Da dürften heutzutage ihre in Sotschi an falscher Stelle wohnenden Landsleute schlechtere Karten haben. Der lupenreine Demokrat und seine Schergen gehen bei der Durchsetzung olympischer Gedanken sicherlich weniger zimperlich vor wie die Münchner Stadtverwaltung seinerzeit...
Der Eingang der Kapelle– niemand passte auf, alles war offen – ideale Fotografierbedingungen. (Besser als bei manchem Schlepper in irgendeinem verlassenen Seitental...)
Ich war fasziniert und begeistert füllte ich die Speicherkarte der Kamera auf...
Der Holzboden knarzte leicht unter meinen Schritten und andächtig stand ich da mit der Nikon in der Hand.
Seitenblicke...
Es gibt einen Vorraum und dann den Hauptraum.
Der „Hochaltarbereich“ oder wie man das nennt. (Bei den Griechen gibt es ja immer noch so eine Ikonenwand. Wie das in einer russisch-orthodoxen Kirche ist weiß ich nicht, da ich nur diese kleine Kapelle eben kenne.)
Dem 2004 verstorbenen Hausherrn – Väterchen Timofei - wird gedacht.
Es war fast vollkommen still und ich hielt mich recht lange da drinnen auf. Irgendwie kam ich gar nicht mehr von der Kapelle los, so faszinierte mich dieser Ort.
Die Entdeckung musste später auf der Olympiaalm gleich begossen werden

Eine zweite, kleinere Kapelle gibt es auch noch...
Hat sonst wer noch ein paar interessante Fotos aus München parat? Vor allem welche abseits der üblichen Meilen wären da sehr willkommen...