Ich darf euch eine Weltneuheit vorstellen: Das erste Seilbahnvideo in 4k Auflösung. Also an alle die sich einen Ultra HD Fernseher für die WM gekauft haben können ihn nun mit Seilbahnvideos füttern.

Nun zu eigendlichen Sache über einen kleinen Exoten in der schweizer Seilbahnlandschaft.
Der Fluss Tessin, welcher dem Kanton seinen Namen gab, schuf südlich von Bellinzona, bis zum Lago Maggiore, die Magadino-Ebene.
Hier, wo von Osten, der Fluss Morobbia aus dem gleichnamigen Valle Morobbia in den Tessin mündet, befindet sich die Ortschaft Camorino.
Das einst alleinstehende Dorf, mitten im typisch Tessiner Rebgebiet hat eine Bewegende Geschichte hinter sich.
Mitte des neunzehnten Jahr hunderts lies der Bundesstaat, aufgrund von Arbeitslosigkeit und Spannungen mit Italien, durch General Dufour eine Militärische Festung quer durch die Magadinoebene, von Camorino nach Sementina bauen.
Die sogenannten Hungerfestungen.
Die heute noch bestehenden charakteristischen runden Türme zieren den Rebberg oberhalb von Camorino. Die 5 Festungen können besichtigt werden.
heute ist Camorino mit der Nachbarsgemeinde Giubiasco zusammen gewachsen, und Teil der Aglomeration rund um die Tessiner Hauptstadt Bellinzona.
Südöstlich der Magadinoebene erstreckt sich der Hügelzug des Cima, welcher auf dem Ceneripass endet. Oberhalb von Camorino befindet sich auf diesem Hügelzug Croveggia.
Am 1. Juni 1825 beschlossen die verschiedenen Besitzer der Alpe di Croveggia, sich zu einem Patrizionat zusammen zu schliessen um die Alpen gemeinsam zu verwalten und zu bewirtschaften.
Die Erste Seilbahn an diesem Bergrücken war die kleine Kraftwerkstandseilbahn Tschantarelli, welche 1935 erstellt wurde. Diese Anlage besteht bis heute. Und gehört dem Kraftwerk Morobbia.
Im Wandel der Zeit wurden die Alpen rund um Croveggia nach und nach aufgegeben und sich selbst überlassen. Die Industrialisierung des Tessins und die Verkehrstechnische erschliessung durch die Eisenbahn beschleunigten diesen Trend. Während dem zweiten Weltkrieg wurde dieser Trend für Kurze Zeit unterbrochen um die Anbauschlacht zu schlagen.
Ebenfalls wurden die Alpen für den Schmuggel genutzt. Mit den goldenen 50ern war der Alpbetrieb wie auf zahlreichen anderen Tessiner Alpen definitiv vorbei und die Alpen rund um Croveggia verwilderten weitgehend.
Auf Private Initiative hin sollten die Alpen auf Croveggia in den 1960er Jahren wieder bewirtschaftet werden. 1960 wurde von Camorino aus eine einfache Materialseilbahn erstellt. Die mit einem Benzinmotor angetriebene Anlage konnte 100kg in 20 Minuten auf die Alp transportieren. Die Anlage war aber nur für Materialtransporte, und bestand aus nicht mehr wie einer Holzkiste mit vier Rädern. Mit dieser Anlage wurden die vernachlässigten Alphütten und die verwilderten Weiden wieder unterhalten und bewirtschaftet.
Von Anfang an war der Wunsch da, eine Seilbahn zu erstellen, welche auch Personen transportieren konnte. 1962 wurde ein entsprechendes Projekt einer Seilbahn nach Pian Grande, der Gemeinde vorgelegt.
Gegen diese Anlage erhob sich erheblicher Widerstand, und auch die Gemeinde lehnte das Vorhaben ab.
Ein neues Projekt, wurde gegenüber dem ursprünglichen Vorhaben redimensioniert, und im zweiten Anlauf schliesslich 1966 vom Kanton bewilligt.
Aufgrund von Streitigkeiten über die definitive Linienführung, konnte das Projekt jedoch erst gegen Ende der 1960er Jahre zur Ausführung gebracht werden.
1969 begann man mit dem Bau der Luftseilbahn Camorino Monti di Croveggia. Gegenüber dem Ursprünglichen Plan, wurde die Trasse nicht bis Pian Grande geführt, sondern Endete rund 200 Höhen meter unterhalb, auf der Namensgebenden Alp Croveggia. Ebenfalls wurde nur noch eine einspurige Anlage in Auftrag gegeben.
Für den mechanischen Teil wurde Guido Meyer, Jahrgang 1923, aus Bellinzona beauftragt.
Die Projektierung übernahm der Churer Inschenieur Richard Coray junior, Sohn des bekannten Brückenkonstrukteur aus Chur welcher für die RhB diverse Lehrgerüste konstruierte. Weltruhm erlangte Coray und sein Sohn Richard Coray jun. mit der berechnung und Konstruktion für das Lehrgerüst der Salginatobelbrücke in Schiers.
Coray arbeitete von 1953 bis in die 80er Jahre mit der mechanischen Werkstätte von Guido Meyer in Bellinzona zusammen. Unter dieser Zusammenarbeit entstanden Diverse Kleinpendelbahnen für Alperschliessungen, Kraftwerksbahnen und Materialseilbahnen sowie Schräglifte.
Die Firma G.Meyer ging neunzehnhunderteinundneuzig in der Firma Premel auf, und fungierte fortan als Generalunternehmen für Kleinseilbahnen.
Die mechanischen Komponenten wurden ab 1991 bei diversen Seilbahnherstellern eingekauft, oder Oggasionen weiter verwendet, unter anderem von Bartholet und Leitner. Dabei entstanden unter anderem Die Seilbahn in Lumino oder Tremortschio.
Der Seilbahnbereich wurde 2013 aufgegeben.
http://www.stahlseil.ch/gallery/main.ph ... alNumber=3
1970 konnte die auf die Alp Croveggia führende Seilbahn dem Betrieb übergeben werden. Neben der Alperschliessung wurde die Bahn schnell auch von Wanderern entdeckt welche die Alp Croveggia als einen beliebten Ausgangspunkt für Wanderungen nutzen wollten. Daher wird die Bahn bis heute auch touristisch genutzt.
Die Konstruktion, der einspurigen Anlage, ist bis heute in der Schweiz einmalig als Personenbahn. Das Laufwerk ist am umlaufenden Förderseil mit Vergusskegeln fix befestigt.
Das zweirollige Laufwerk, angebracht rund 1,5m oberhalb der Zugseilbefestigung, ist eine Speziallösung, Es läuft mit seinen Rollen auf dem Rücklaufenden Zugseil.
Dank dieser genialen Idee, das Rücklaufende Seil als Tragseil zu Nutzen, war es möglich die Anlage mit einer Länge von fast 1,5km Stützenlos auszuführen. Eine Spanneinrichtung für das Förderseil ist nicht erforderlich.
Das Laufwerk ist über ein kurzes Gehänge mit dem roten, vier Personen fassenden, ursprünglich offenen Korb verbunden.
Der Korb wurde später durch Plexiglasscheiben erweitert, um den Fahrgast vor der Witterung zu schützen.
In der Kabine befindet sich ein Funkgerät für die Kommunikation mit der Talstation.
Die Kabine wird mit einer Geschwindigkeit von 3m/s bewegt. Von der rund 10 minütigen Fahrt hat man einen schönen Ausblick auf die leider Raumplanerisch ziemlich verunstaltete Magadinoebene und den Lago Maggiore.
Die Talstation der einspurigen Pendelbahn, mit einem schlanken Stationsgebäude unter einem Pultdach, befindet sich am Südostrand von Camorino, auf einer Höhe von 310 m über Meer.
In der Talstation ist die Antriebsgruppe mit dem Antriebsmotor von 22 Kilowatt Leistung und einem Winkelgetriebe untergebracht. Das Antriebsrad wird, typisch für Anlagen von G Meyer, über eine Kette direkt auf die Antriebsscheibe Angetrieben.
Der Antrieb wird von Hand gesteuert. Der Maschinist bedient über einen Stufenschalter den Antriebsmotor direkt. Um die Drehzahl zu verringern, werden über den Stufenschalter in den Läuferstromkreis Widerstände geschaltet, dadurch wird die Phasenverschiebung zwischen der Läuferspannung und dem Läuferstrom verkleinert und der Anlaufstrom erheblich herabgesetzt.
Mit dieser Technik verschiebt sich der Kipppunkt hin zu kleineren Drehzahlen. Dabei ist die Verschiebung umso größer, je größer der Widerstand ist.
Eine längere Strecke mit reduzierter Fahrgeschwindigkeit zurück zu legen, ist aufgrund der Wärmeentwicklung in den Widerständen nicht möglich. Diese Technik wurde frühre bei praktisch allen Skiliften und diversen Umlaufbahnen eingesetzt.
Die Einfahrt in die Stationen erfolgt durch eine Punktweise Überwachung der Einfahrgeschwindigkeit. Die Position des Fahrzeuges wird über einen mechanischen Linienzeiger signalisiert. Zirka 100 meter vor den Stationen wird dem Maschinsten akustisch signalisiert, dass die Geschwindigkeit unter einen Meter pro sekunde reduziert werden muss.
Wird dies nicht gemacht, wird ein Notstop ausgeführt. Der Maschinist bremst die Anlage hydraulisch mit der Betriebsbremse bis zum Stillstand. Eine elektrische Rekuperationsbremse ist, aufgrund der Antriebstechnik, nur bei voller Fahrgeschwindigkeit möglich.
Die stützenlose Trasse führt über einen Höhenunterschied von 639 Metern und quert im unteren Teil den Riale Grande. Danach führt sie entlang des Valle Grande in südöstlicher Richtung, unter stetig wachsender Steigung, über eine Strecke von 1'410 m, bis zur Alp Croveggia auf 920 m über Meer.
Die Strecke führt grösstenteils durch bewaldetes Gebiet der Aufgelassenen und verwilderten Alpen. Seit Mitte der 90er Jahre führt auch eine gut ausgebaute Forststrasse, zu den Rustico rund 100 Höhenmeter unterhalb der Bergstation.
Die Alpen rund um Croveggia, werden heute praktisch alle als Weekendhäuschen und Rustico genutzt.
Die Bergstation der Pendelbahn besteht aus einem freistehenden offenen Fachwerkpolygon, welches das Umlenkrad trägt. Gegen den Berg ist die philigrahne Stahl Fachwerkkonstruktion mit zwei Spannseilen auf ein Fundament abge spannt.
Der Zugang erfolgt über eine lange und schlanke Zustieg passerelle.
Der Zustieg ist mit einer Kamera überwacht. Der Maschinist kann über Richtstrahlfunk die Vorgänge in der Bergstation beobachten, sowie mit den Gästen Sprechen.
Die Seilbahn Camorino - Monti di Croveggia ist zwar nur eine kleine unscheinbare Alperschliessung.
Dank der kuriosen Technik mit dem rücklaufenden Seil als Tragseil, der schlichten und einfachen Mechanik, sowie dem für eine Konkordatsseilbahn sehr langen stützenlosen Spannfeld, Ist die Seilbahn Monti di Croveggia ein ganz besonderer Exot in der Seilbahnlandschaft Schweiz, und zum Zeuge für die Revitalisierungsversuche alter Tessiner Alpen geworden, welche bis heute andauern.
Guido Meyer aus Bellinzona, welcher seine Seilbahnen praktisch ausschliesslich im Tessin erstellte, lieferte mit unterstützung von Richard CorayJunior, nur rund ein Dutzend Seilbahnen, von welchen heute in ihrer ursprünglichen Form nur noch eine Hand voll bestehen, und durch den leidigen Trend zur Erschliessungsstrasse, leider auch in ihrer Zukunft arg gefährdet sind.
Die Bahn ist abseits von den Touristenmassen immer einen Besuch wert.
Webseite: http://www.teleferica-croveggia.ch/
Album: http://www.stahlseil.ch/gallery/main.ph ... mId=206060
Neu ist das Video in 4k Auflösung verfügbar!!
Direktlink
Technische Daten
Baujahr: 1969
Streckenlänge (schief): 1410 m
Höhendifferenz: 639 m
Grösster Bodenabstand: 25 m
Anzahl Stützen: 0
Hersteller: Guido Meyer
Seil: 24 mm
Antrieb Ort: Talstation
Antriebstyp: Drehstrom-Schleiffring-Läufermotor; 22 kW
Spannsystem: Feste Abspannung
Förderleistung: 28p/h
Fahrgeschwindigkeit: 3.0 m/s