Tirol baut, Bayern schaut zu
Verfasst: 13.05.2004 - 08:38
Münchner Merkur 13.05.2004:
Tirol baut, Bayern schaut zu
Skifahren auf 3500 Meter Höhe - Naturschützer entsetzt
VON DIRK WALTER München/Innsbruck - Naturschützer sind entsetzt, Skifahrer begeistert: Durch eine Änderung des Naturschutzgesetzes hat der Landtag in Tirol den Weg für die Erschließung neuer Gletscherskigebiete geebnet. Vor allem im Kaunertal will ein Bergbahn-Betreiber hoch hinaus: Eine Kabinenbahn soll Skifahrer auf die 3526 Meter hohen Weißseespitze befördern - es wäre das höchste Skigebiet Österreichs. Bayerns Skilift-Betriebe blicken mit Neid über die Grenze.
Eugen Larcher redet nicht lange herum. "Die letzten 300 Meter sind entscheidend", sagt der Geschäftsführer der Kaunertaler Gletscherbahnen. Zurzeit liegt die Bergstation auf 3160 Meter Höhe - das reichte in den vergangenen drei Sommern nicht, um den Lifte das ganze Jahr durchgängig in Betrieb zu halten. Zwischen August und Mitte September war eine Zwangspause nötig - Klimaerwärmung und radikale Gletscherschmelze machen auch den österreichischen Liftbetreibern zu schaffen, gibt Larcher unumwunden zu.
"Wir müssen den Leuten die Berge wieder näher bringen." Bergbahn-Betreiber Eugen Larcher
Also müssen die Bergbahnen höher hinaus, folgert Lärcher. Das Projekt, gegen das Peter Haßlacher vom Österreichischen Alpenverein schon "alle rechtlichen und politischen Mittel" angekündigt hat, ist praktisch baureif: Eine Bergbahn mit zwei Kabinen (für je 100 Personen) soll die Skifahrer auf 3500 Meter Höhe befördern. "Wir müssen den Leuten die Berge wieder näherbringen", sagt Larcher.
Bislang jedoch war das nicht möglich - das Naturschutzgesetz verbot die Erschließung unberührter Gletscher. Beim Kaunertal müsste der Gepatschferner bebaut werden. Peter Haßlacher warnt vor dem "Vordringen in neue Dimensionen". Im Kaunertal würde nur der Anfang gemacht. Schon gibt es Planungen auch für das Pitztal, wodurch unter anderem die abseits gelegene Braunschweiger Hütte (2759 Meter) des Deutschen Alpenvereins plötzlich mitten in einem Massen-Skigebiet liegen würde. "Der Schutzhüttencharakter wäre futsch", sagt Haßlacher.
Rolf Vonau, Vorstand der Bayerischen Zugspitzbahn AG, hat andere Sorgen. Er befürchtet "eine verschärfte Konkurrenzsituation" im Früh- und Spätwinter. Skifahrer könnten dann stärker in die Gletscherregionen ausweichen. Und Vonau will reagieren: Auf der Zugspitze werden die bestehenden Anlagen Stück für Stück modernisiert - als nächstes wohl 2006 der Wetterwandeck-Lift, den Vonau durch einen zweiten Sessellift ersetzen will. Viel mehr ist auf Deutschlands einzigem befahrbaren Gletscher nicht machbar. "Da sind wir hilflos", meint Vonau, und ist sich in diesem Punkt mit Wolfgang Bosch einig. Der Vorsitzende des Verbands deutscher Seilbahnen kennt kein einziges Gebiet, das in Bayern neu für Skifahrer erschlossen werden soll.
Und so wird die Elite der Skifahrer auch künftig wohl vor allem in Österreich trainieren. Zurzeit "haben wir 200 Athleten am Gletscher", meldet Eugen Larcher vom Kaunertal. Darunter ist die österreichische Nationalmannschaft, die aber im Somer traditionell in Chile trainiert. Wenn die neue Gletscherbahn erst stehe, bleiben Hermann Maier & Co. in der Heimat, ist sich Larcher sicher.
mm
Tirol baut, Bayern schaut zu
Skifahren auf 3500 Meter Höhe - Naturschützer entsetzt
VON DIRK WALTER München/Innsbruck - Naturschützer sind entsetzt, Skifahrer begeistert: Durch eine Änderung des Naturschutzgesetzes hat der Landtag in Tirol den Weg für die Erschließung neuer Gletscherskigebiete geebnet. Vor allem im Kaunertal will ein Bergbahn-Betreiber hoch hinaus: Eine Kabinenbahn soll Skifahrer auf die 3526 Meter hohen Weißseespitze befördern - es wäre das höchste Skigebiet Österreichs. Bayerns Skilift-Betriebe blicken mit Neid über die Grenze.
Eugen Larcher redet nicht lange herum. "Die letzten 300 Meter sind entscheidend", sagt der Geschäftsführer der Kaunertaler Gletscherbahnen. Zurzeit liegt die Bergstation auf 3160 Meter Höhe - das reichte in den vergangenen drei Sommern nicht, um den Lifte das ganze Jahr durchgängig in Betrieb zu halten. Zwischen August und Mitte September war eine Zwangspause nötig - Klimaerwärmung und radikale Gletscherschmelze machen auch den österreichischen Liftbetreibern zu schaffen, gibt Larcher unumwunden zu.
"Wir müssen den Leuten die Berge wieder näher bringen." Bergbahn-Betreiber Eugen Larcher
Also müssen die Bergbahnen höher hinaus, folgert Lärcher. Das Projekt, gegen das Peter Haßlacher vom Österreichischen Alpenverein schon "alle rechtlichen und politischen Mittel" angekündigt hat, ist praktisch baureif: Eine Bergbahn mit zwei Kabinen (für je 100 Personen) soll die Skifahrer auf 3500 Meter Höhe befördern. "Wir müssen den Leuten die Berge wieder näherbringen", sagt Larcher.
Bislang jedoch war das nicht möglich - das Naturschutzgesetz verbot die Erschließung unberührter Gletscher. Beim Kaunertal müsste der Gepatschferner bebaut werden. Peter Haßlacher warnt vor dem "Vordringen in neue Dimensionen". Im Kaunertal würde nur der Anfang gemacht. Schon gibt es Planungen auch für das Pitztal, wodurch unter anderem die abseits gelegene Braunschweiger Hütte (2759 Meter) des Deutschen Alpenvereins plötzlich mitten in einem Massen-Skigebiet liegen würde. "Der Schutzhüttencharakter wäre futsch", sagt Haßlacher.
Rolf Vonau, Vorstand der Bayerischen Zugspitzbahn AG, hat andere Sorgen. Er befürchtet "eine verschärfte Konkurrenzsituation" im Früh- und Spätwinter. Skifahrer könnten dann stärker in die Gletscherregionen ausweichen. Und Vonau will reagieren: Auf der Zugspitze werden die bestehenden Anlagen Stück für Stück modernisiert - als nächstes wohl 2006 der Wetterwandeck-Lift, den Vonau durch einen zweiten Sessellift ersetzen will. Viel mehr ist auf Deutschlands einzigem befahrbaren Gletscher nicht machbar. "Da sind wir hilflos", meint Vonau, und ist sich in diesem Punkt mit Wolfgang Bosch einig. Der Vorsitzende des Verbands deutscher Seilbahnen kennt kein einziges Gebiet, das in Bayern neu für Skifahrer erschlossen werden soll.
Und so wird die Elite der Skifahrer auch künftig wohl vor allem in Österreich trainieren. Zurzeit "haben wir 200 Athleten am Gletscher", meldet Eugen Larcher vom Kaunertal. Darunter ist die österreichische Nationalmannschaft, die aber im Somer traditionell in Chile trainiert. Wenn die neue Gletscherbahn erst stehe, bleiben Hermann Maier & Co. in der Heimat, ist sich Larcher sicher.
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