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Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

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Neandertaler
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

Christoph Lütz hat geschrieben: 26.05.2021 - 21:04
Neandertaler hat geschrieben: 26.05.2021 - 20:58 Ja, das Tragseil ist geerdet. Die Einführung der Zugseilüberwachung war eine Konsequenz aus dem ersten Unglück In Cavalese.
Neun, gab es vorher schon und wurde in Cavalese überbrückt.
Klär mich mal auf. Wahrscheinlich habe ich in dem Moment nicht auf der Seilbahnschule aufgepasst.

Es gab ein anderes System davor, mit dem konnte man aber nicht unterscheiden, ob der Fehler beim Seil oder in der Kabine war. Es wurde quasi der Erdschluss aufgehoben wenn die Kabine zur Abfahrt bereit war. Daher war es nicht möglich zwischen Seilüberwurf und Kabinenstörung zu unterscheiden.

Zumindest ist mir das so erklärt worden.
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Lagorce
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

@Neandertaler:
Meine Antwort war keinerlei spezifisch auf den Mottarone Unfall bezogen.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Marco »

Nur haben wir uns an jene, die auf Zebrastreifen ihr Leben lassen schon gewöhnt. Es kommt aber keiner auf die Idee, alle Zebrastreifen für einen der beiden Verkehrsteilnehmer zu sperren, also eine Ampel aufzustellen.
... und auch das wäre bekanntermaßen keine Garantie dafür, dass dann nichts mehr passieren könnte.
Hier hat man aber mutmaßlich eine Ampel aufgestellt, diese aber dann zugunsten besseren Verkehrsflusses zur Hauptverkehrszeit ausgeschaltet.
Zudem natürlich Äpfel und Birnen. Wenn ich ein öffentliches Verkehrsmittel betrete, kann ich erwarten, dass es mich unversehrt ans Ziel bringt, wenn ich mich darin vorschriftsmäßig verhalte.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MarcB96 »

Auf diesem Bild https://static.fanpage.it/wp-content/up ... tarone.jpg kann man erkennen, dass das Zugseil rechts noch am Laufwerk zu hängen scheint, aber nicht links (hab nur keine Erklärung für das Seil, dass mittig etwa unterhalb der Klammer auf der Fangbremse runterhängt). Leider erkennt man den Bereich wo das Zugseil an der Kabine befestigt ist nicht.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Drahtseil »

Bild
Es sieht ganz danach aus, dass das Zugseil direkt am oder im Klemmkopf abgerissen ist. Dafür spricht eindeutig, dass zum ersten der Klemmkopf plan am Baum anliegt. Das wäre so mit Seil definitiv nicht möglich. Zudem ist auf diversen Drohenaufnahmen nur ein Seil zu sehen, was zwischen Stütze 3 und der abgestürzten Kabine liegt. Dieses ist das talseitige Zugseil, welches von Laufwerk in Teilen zu Tal gezogen wurde. Ein teil davon verfing sich dann an Stütze 3, der Rest liegt verteilt auf dem Boden.
MarcB96 hat geschrieben: 26.05.2021 - 21:51 Auf diesem Bild https://static.fanpage.it/wp-content/up ... tarone.jpg kann man erkennen, dass das Zugseil rechts noch am Laufwerk zu hängen scheint, aber nicht links (hab nur keine Erklärung für das Seil, dass mittig etwa unterhalb der Klammer auf der Fangbremse runterhängt). Leider erkennt man den Bereich wo das Zugseil an der Kabine befestigt ist nicht.
Das mittige sind die Hydraulikleitungen der Tragseilbremse, die abgerissen sind und nun lose herunterhängen.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Latesn »

Sio und noch ein Artikel aus LaStampa 2016 zur Renovierung
A occuparsi dei lavori sarà la Leitner spa, che in società con la «Ferrovie del Mottarone» guidata da Gigi Nerini, si è aggiudicata la gara per l’ammodernamento dell’impianto e la gestione fino al 2029.

Le opere, di cui è responsabile per l’impresa l’ingegnere Enrico Perocchio della Leitner (mentre la direzione è stata affidata all’ingegnere Vincenzo Barbera), prevedono la sostituzione di tutte le apparecchiature elettriche con sistemi più avanzati, il rifacimento delle quattro cabine, la sostituzione dei trasformatori di alimentazione con un sistema ridondante, che permetterà l’esercizio anche in caso di guasto. [...]

Tra i primi interventi ci sarà l’effettuazione delle magnetoscopie, una sorta di radiografia alle funi per verificarne l’integrità. Il sistema delle funi, già sostituito in una precedente revisione generale, ha la scadenza al 2029. [...]

«Auspico che la società di gestione voglia riassumere il personale della vecchia gestione» ha aggiunto Bottini. I lavori hanno un costo complessivo di 4,4 milioni di euro: finanziati con 1,56 milioni dalla Regione e 1,86 dal Comune di Stresa, che erogherà i fondi in rate annuali prelevando dalla tassa di soggiorno. La società Funivie del Mottarone, costituita da Leitner e da Ferrovie del Mottarone, contribuirà con 1 milione di euro e anticiperà le quote del Comune poi rimborsate in rate annuali.
Übersetzung wiederum ohne Gewähr: (Anmerkungen in Klammern)

Die Firma Leitner Spa, die in einer Bietergemeinschaft mit der von Gigi Nerini (Geschäftsführer - Seit gestern in Haft) geleiteten Ferrovie del Mottarone
die Ausschreibung für die Erneuerung der Anlage und deren Betrieb bis 2029 gewonnen hat, wird die Renovationsarbeiten ausführen.

Die Arbeiten, für die der Leitner-Ingenieur Enrico Perrochio (Anmerkung: Verantwortlicher Techniker - Seit gestern in Haft)
die Verantwortung trägt (während die Organisation in der Verantwortung von Ingenieur Vincenzo Barbera liegt) umfassen die Erneuerung
der elektrischen Steuerung, die Revision der vier Kabinen und den Einbau einer redundanten Stromversorgung.
[... Aufzählung weiterer Arbeiten]
Zu den ersten Arbeiten zählt die magnetinduktive Prüfung der Seile, um deren Zustand zu überprüfen.
Das Seil ist bis 2029 kollaudiert
[...]
"Ich hoffe, dass die neue Betriebsgesellschaft die Angestellten des bisherigen Betreibers übernehmen wird" so Bürgermeister Bottini.
Die Gesamtkosten von 4,4 Millionen Euro werden großteils von der Region Piemont (1,56 Millionen Euro), sowie der Gemeinde Stresa (1,86 Millionen Euro)
getragen, wobei diese Kosten in Raten durch Entnahmen aus den Einnahmen durch die Kurtaxe abgezahlt werden.
Das von Leitner und den Ferrovie del Mottarone gegründete Kooperationsunternehmen Funivie del Mottarone wird 1 Million Euro übernehmen und
der Region und der Gemeinde den restlichen Betrag vorschiessen, bis die Raten bezahlt sind.
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Neandertaler
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

Marco hat geschrieben: 26.05.2021 - 21:26
... und auch das wäre bekanntermaßen keine Garantie dafür, dass dann nichts mehr passieren könnte.
Hier hat man aber mutmaßlich eine Ampel aufgestellt, diese aber dann zugunsten besseren Verkehrsflusses zur Hauptverkehrszeit ausgeschaltet.
Zudem natürlich Äpfel und Birnen. Wenn ich ein öffentliches Verkehrsmittel betrete, kann ich erwarten, dass es mich unversehrt ans Ziel bringt, wenn ich mich darin vorschriftsmäßig verhalte.
Sicher ist das schon der Vergleich von Äpfeln und Birnen. Es zeigt aber das Paradoxum bei diesen Diskussion über noch mehr Sicherheit gut auf. Da baut einer ordentlichen Mist und danach muss sich alles ändern für alle. Oder es passiert so oft, das es als normal angesehen wird.

Und bei dem zweiten, das du sicher ankommst, da hast du Recht und wird dir keiner widersprechen.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Erli.GB »

Eine Frage die sich mir gerade stellt:
Bei Stütze 3 hat sich doch das Gegenseil um diesen komischen Halter unten gewickelt.
Wieso eigentlich, das gegenseil wird doch auch auf den Rollen der Stütze geführt. Wenn das Zugseil reißt wird der Wagen durch das Gegenseil und die Schwerkraft talwärts gezogen.
Ist das Gegenseil da dann noch vorher entgleist bevor der Wagen bei der Stütze ankam?
Oder wie kommt das Seil da hin?
...oder hat gar das verhedderte Gegenseil den wagen zum entgleisen gebracht...
Auf der rechten Seite der Stütze 3 lag das Seil (Zugseil) noch auf den Rollen auf und geht dann halt schnell Richtung Boden (bergwärts wie auch talwärts).
Oder habe ich da schon Paranoia und sehe Gespenster...
Bin schon gespannt auf den offiziellen Bericht wie sich das genau abgespielt haben soll das ganze.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ttramp »

Nachdem ich hier im Forum häufig Beiträge mitlese, bin ich nun auf eine mögliche Ursache für den Seilriss gekommen.

Das Zugseil ist teilweise starken Schwingungen ausgesetzt (wie in den Videos ersichtlich, z.B. vor dem Überfahren an Stützen). Diese Schwingungen sind Vergleichbar mit Hammerschlägen an den Tragrollen auf das Seil. Diese Hammerschläge führen zur Martensitbildung und irgendwann zu einem Sprödbruch. Martensit auf Drähten ist nur schwer zu erkennen (Schliffbild mit Ätzen). Dies würde auch erklären, warum das Seil im näheren Bereich der Gondel gerissen ist.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Kann es nicht gut sehen, ist das vordere zylindrische Metallteil, wo sowas wie eine Gummimanschette (?) den Seilaustritt abdichtet noch am hinteren Teil in dem das Hydraulikventil untergebracht ist noch vorhanden und etwa in horizontaler (Winkellage jedoch schwer abzuschätzen) Richtung gegen den Baumstamm gedrückt?

Kenne diesen Seilkopfaufbau nicht. Wurde Seil herausgerissen oder versagte die Verbindung zwischen den beiden Teilen?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MarcB96 »

Erli.GB hat geschrieben: 26.05.2021 - 22:37 Eine Frage die sich mir gerade stellt:
Bei Stütze 3 hat sich doch das Gegenseil um diesen komischen Halter unten gewickelt.
Wieso eigentlich, das gegenseil wird doch auch auf den Rollen der Stütze geführt. Wenn das Zugseil reißt wird der Wagen durch das Gegenseil und die Schwerkraft talwärts gezogen.
Ist das Gegenseil da dann noch vorher entgleist bevor der Wagen bei der Stütze ankam?
Oder wie kommt das Seil da hin?
...oder hat gar das verhedderte Gegenseil den wagen zum entgleisen gebracht...
Auf der rechten Seite der Stütze 3 lag das Seil (Zugseil) noch auf den Rollen auf und geht dann halt schnell Richtung Boden (bergwärts wie auch talwärts).
Oder habe ich da schon Paranoia und sehe Gespenster...
Bin schon gespannt auf den offiziellen Bericht wie sich das genau abgespielt haben soll das ganze.
Ich vermute, dass das das untere Zugseil von der abgestürzten Kabine ist. Quasi dass die Kabine das Seil bergab überholt hat.
MMA
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MMA »

daGuschtl hat geschrieben: 26.05.2021 - 10:14
Einer der vorläufig festgenommenen Männern soll laut „Corriere Della Sera“ Luigi Nerini (56) sein, Inhaber der Firma „Ferrovie del Mottarone“, die die Seilbahn-Anlage verwaltet. Neben ihm werden auch Direktor Gabriele Tardini (63) und der operative Leiter des Dienstes, Ingenieur Enrico Perocchio, verdächtigt die Seilbahn manipuliert zu haben.
Interessant bei Herrn Perocchio, der angibt bei Leitner zu arbeiten: 8O
https://www.facebook.com/enrico.perocchio
https://it.linkedin.com/in/enrico-perocchio-991b273a
https://www.lastampa.it/biella/2021/05/ ... 1.40316552
Wie der Corriere della Sera schreibt, ist Enrico Perocchio auch Mitarbeiter der Firma Leitner aus Sterzing. Für die Seilbahn am Lago Maggiore arbeitete der 51-Jährige als technischer Direktor jedoch freiberuflich.
Die Staatsanwältin sprach von einem „erschütternden“ Entschluss, der deshalb getroffen worden sei, weil die Kassen bereits stark unter dem Lockdown gelitten hätten. Dabei habe es sich nicht um die Entscheidung eines einzelnen, sondern um eine gemeinsame gehandelt, die auch nicht begrenzt auf diesen einen Tag gewesen sei.
https://www.suedtirolnews.it/wirtschaft ... #offcanvas
ThomasK
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ThomasK »

Erli.GB hat geschrieben: 26.05.2021 - 22:37 Bin schon gespannt auf den offiziellen Bericht wie sich das genau abgespielt haben soll das Ganze.

Nachdem, was bisher bekannt ist, fuhr die Kabine 3 bergwärts, d.h. bei dieser Fahrt galt Linksverkehr. Unmittelbar vor der Bergstation riss das Zugseil oder brach die Klemmkopfbefestigung. Aufgrund der Deaktivierung der Tragseilbremse rollte die Kabine 3 ungebremst talwärts.

Die Höhendifferenz zwischen der Bergstation und der Stütze 3 beträgt ca. 125 m. Die Streckenlänge ca. 500 m, woraus sich eine Neigung der Fahrbahn von ungefähr arc sin (125 / 500) = 14,5 Grad ergibt.

Die Fallbeschleunigung der Kabine betrug also ca. 9,80665 m/s² * sin 14,5 Grad also ca. 2,45 m/s². Insgesamt wirkte also auf die Fahrgäste während der Fahrt von der Bergstation zur Stütze 3 eine Kraft von ca. 0,75 g, was bei einer normalen Stützenüberfahrt üblich ist. Es ist davon auszugehen, dass während dieser Zeitspanne, in der die Kabine 3 von der Bergstation auf die Stütze 3 zurückrollte alle Fahrgäste zunächst unverletzt geblieben sind.

Die maximal zulässige Beschleunigung bei einer Stützenüberfahrt ist auf 3 m/s² beschränkt, sodass die Fahrgäste bei der Stützenüberfahrt im Normalbetrieb mindestens eine Beschleunigung von 6,80665 m/s², also mindestens 6,80665 m/s² / 9,80665 m/s² = ca. 0,694 g verspüren, d.h. sich fühlen sich erheblich leichter.

Ich gehe davon aus, dass die Grundspannung im Gegenseil zu gering ist, um die Beschleunigung deutlich zu erhöhen. Der Luftwiderstand ist eigentlich erst bei Geschwindigkeiten über 120 km/h relevant.

Die Streckenlänge zwischen Bergstation und Stütze 3 ist ungefähr 500 m. Die Höhendifferenz ca. 125 m, sodass sich also ergibt:

Abrollzeit t = 500 m * ((2 / (9,80665 m/s² * 125 m))^0,5 = 20,2 Sekunden.

Ca. 20 Sekunden nach dem Riss des Zugseils bzw. Bruch des Klemmkopfes war die Kabine 3 also auf dem Seilschuh der Stütze 3. Da offenbar schönes Wetter herrschte, war die Querpendelbewegung sehr gering, sodass nachvollziehbar ist, dass an der Stütze 3 keine Schäden auftraten.

Es ist davon auszugehen, dass während dieser 20 Sekunden, die die Fahrgäste als extrem lange Stützenüberfahrt empfunden haben, keiner verletzt wurde.

Wie hoch war die Geschwindigkeit der Kabine bei der Stützenüberfahrt?

Da die Geschwindigkeit nur von der Fallhöhe und nicht von der Steigung abhängt, gilt einfach v = (2 * a * s)^0,5 = (2 * 9,80665 ^/s² * 125 m) = 49,5 m/s = 178 km/h.

Aufgrund des Luftwiderstandes, der etwa ab 120 km/h eine größere Rolle spielt, ist zu erwarten, dass die Kabine auf etwa 160 km/h abgebremst worden ist.

Würde jetzt die Kabine 3 bei der Stützenüberfahrt auf dem Seil bleiben, dann ergäbe sich eine Beschleunigung von (44,4 m/s)² / Seilschuhradius nach oben.

Ich schätze den Seilschuhradius der Stütze 3 auf etwa 20 m.

Wegen (44,4 m/s)² / 20 m = ca. 99 m/s² ergäbe sich, wenn die Kabine auf dem Seil geblieben wäre, abzüglich der Erdbeschleunigung eine Kraft von ca. 9 g nach oben, sodass die Kabine logischerweise abhebt.

Im Prinzip verhielt sich also die Kabine 3 so wie ein Skispringer, wobei die Stütze 3 de facto ein Schanzentisch ist.

Nach dem Verlassen der Stütze 3 ändert sich die Kraft für die Fahrgäste von 0,75 g auf 0 g. Schaut man sich die Unfallbilder an, dann dürften nach dem Verlassen der Stütze 3 bis zum ersten Aufschlag etwa 2 Sekunden vergangen sein, d.h. die Schwerelosigkeit wirkte etwa 2 Sekunden.

Nach dem Aufprall wirkten dann Kräfte für Sekundenbruchteile von mehreren 100 g.

Bis zum Ausrollen der Kabine dürften noch mehrere Sekunden vergangen sein, sodass das Horrorszenario insgesamt weniger als 30 Sekunden dauerte.

Nach Auskunft der Ärzte hat ein 5-Jähriges Kind den Aufprall deshalb überlebt, weil sich offenbar sein Vater zwischen dem Kabinenboden und dem Kind befand, sodass der Bremsweg für den Jungen sich von wenigen Millimeter auf einige Dezimeter verlängerte, sodass für dieses Kind den den Aufprall auf seinen Vater sich durch die Verlängerung des Bremsweges sich die Beschleunigungskräfte für ihn so stark reduzierten, dass er überleben konnte.

Das gesamte Horrorszenario dauerte im Prinzip also weniger als 30 Sekunden.

Nach dem, was bisher bekannt ist, kann man sich ganz grob so ungefähr den Unfallhergang vorstellen.

Es bleibt zu hoffen, dass dieser Unfall dem 5-Jährigen Kind, das offenbar fast seine gesamte Verwandtschaft verloren hat, nicht sein ganzes Leben kaputtmacht.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

ThomasK hat geschrieben: 27.05.2021 - 00:03 Da die Geschwindigkeit nur von der Fallhöhe und nicht von der Steigung abhängt, gilt einfach v = (2 * a * s)^0,5 = (2 * 9,80665 ^/s² * 125 m) = 49,5 m/s² = 178 km/h.

Aufgrund des Luftwiderstandes, der etwa ab 120 km/h eine größere Rolle spielt, ist zu erwarten, dass die Kabine auf etwa 160 km/h abgebremst worden ist.
Die Rollreibung wäre auch noch zu berücksichtigen – für so hohe Geschwindigkeiten sind die Laufwerksrollen ja nicht ausgelegt ... das dürfte noch eine Reduktion von einigen km/h ergeben – insgesamt ihat sie wohl auf irgendwas bei ca. 130 bis 150 km/h beschleunigt ...
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Tiob »

Schlimm wenn so viele unschuldige Menschen plötzlich aus dem Leben gerissen werden. Mein Beileid mit den Angehörigen...

Es ist toll dass diese Diskussion sogar schon von überregionalen Zeitungen zitiert wurde. Das spricht für die Qualität der Beiträge und Mitdiskutanten hier im Forum.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von PHB »

ThomasK hat geschrieben: 27.05.2021 - 00:03 Es bleibt zu hoffen, dass dieser Unfall dem 5-Jährigen Kind, das offenbar fast seine gesamte Verwandtschaft verloren hat, nicht sein ganzes Leben kaputtmacht.
Hier wäre es das mindeste, dass die Firma Leitner einen Fond/Stipendium für das Kind einrichtet.

Generell finde ich die Medienberichterstattung wieder unterirdisch. Wir reden von einer Pendelbahn die im Wesentlichen auf dem Bleichert-Zuegg System beruht. Ein System von 1923. Gut und gerne 100 Jahre alt. Manche Seilbahnen fahren bei guter Wartung immer noch weitestgehend im
Originalzustand aus der Vorkriegszeit.

Jetzt ein ganzes System
Zu verteufeln ist wieder typisch. Nachdem wir alle Virologen waren, ein kurzes intermezzo als Nahost-Experten hatten, können endlich wieder Millionen Seilbahnexperten hervorkommen. Es wird Zeit für irgendwas mit Fußball.

Rechtlich haben wir Soetwas Ähnliches wie in Chernobyl vorliegen. Die Verantwortlichen handelten in der Überzeugung, dass ein Riss niemals vorkommen kann. Sag niemals nie. Der Zugseilriss ist das eigentlich spannende an dem Unglück. Die überbrückte Tragseilbremse - tragisch.
Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor PHB für den Beitrag (Insgesamt 3):
Simufan 2202LordGraubündenfan
Der Moment des Genusses ist kurz, der wahre Genuss ist seine Erinnerung, welche er hinterlässt.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

PHB hat geschrieben: 27.05.2021 - 01:46 Generell finde ich die Medienberichterstattung wieder unterirdisch.
Traurig ist insbesondere die mangelnde Fachkompetenz, die zu Beginn jeweils zutage tritt. Inzwischen hat sich das gebessert – wohl auch, da hier das eine der beiden Probleme (Fangbremse) technisch gut verständlich rübergebracht werden kann.
Wir reden von einer Pendelbahn die im Wesentlichen auf dem Bleichert-Zuegg System beruht. Ein System von 1923. Gut und gerne 100 Jahre alt. Manche Seilbahnen fahren bei guter Wartung immer noch weitestgehend im Originalzustand aus der Vorkriegszeit.
... was zeigt, wie solide das System eigentlich ist – aber nur, wenn man es korrekt wartet und betreibt ...
Jetzt ein ganzes System zu verteufeln ist wieder typisch.

... wozu hier aufgrund der dermaßen offensichtlichen menschlichen Fehler eigentlich gar kein Anlaß sein dürfte ...

Das Schweizer Radio und Fernsehen hat recht gut berichtet. Als das Wort "fahrlässig" fiel, wurde das vom zugezogenen Experten abgefangen und die Angelegenheit klar als eventualvorsätzlich erkannt, Der Bericht aus Hasliberg bei 10vor10, wo die untere Pendelban nach 50 Jahren neue Tragseile kriegt – mit dem Schlußfazit, daß es absolute Sicherheit nicht gibt, aber wenn alle seriös arbeiten, kein Anlaß zur Sorge besteht – zeigt, daß es auch konstruktiv geht.

In Italien ist die Presse ganz heftig und man ist schwer empört. Der Fall wird mit der Morandi-Brücke in Relation gesetzt (marode Infrastruktur mit schlechtem Image für Italien); in diesem Fall sind aber die Schuldigen zu offensichtlich. Die Sindaca von Stresa spricht sogar von einem "9/11 für Stresa".
Es wird Zeit für irgendwas mit Fußball.
... kommt bald ... :)
Rechtlich haben wir Soetwas Ähnliches wie in Chernobyl vorliegen. Die Verantwortlichen handelten in der Überzeugung, dass ein Riss niemals vorkommen kann. Sag niemals nie.
Die Frage, ob die Weglassung von Fangbremsen vielleicht doch nicht die beste Idee ist, könnte sehr wohl wieder auf hoher Ebene auf's Tapet kommen ... Glimpfliche Fälle hinterlassen eben kein so großes Echo ...
Der Zugseilriss ist das eigentlich spannende an dem Unglück. Die überbrückte Tragseilbremse - tragisch.
Bis zur Frage des Zugseibruchs ernsthafte Erkenntnisse da sind, dürfte – zurecht – die Empörung abgeebbt sein; und letztere gilt klar dem, was man bis jetzt schon weiß – sprich: ohne Fangbremsenüberbrückung gäbe es wohl keine Toten. Denn ohne Überbrückung der Fangbremsen wäre der Zugseilbruch allenfalls eine Randspaltennotiz geworden, da prinzipiell beherrschbar.
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Philipp2
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Philipp2 »

ThomasK hat geschrieben: 27.05.2021 - 00:03 [...] Ich gehe davon aus, dass die Grundspannung im Gegenseil zu gering ist, um die Beschleunigung deutlich zu erhöhen. [...]
Die Fallbeschleunigung der Kabine betrug also ca. 9,80665 m/s² * sin 14,5 Grad also ca. 2,45 m/s². Insgesamt wirkte also auf die Fahrgäste während der Fahrt von der Bergstation zur Stütze 3 eine Kraft von ca. 0,75 g, was bei einer normalen Stützenüberfahrt üblich ist. Es ist davon auszugehen, dass während dieser Zeitspanne, in der die Kabine 3 von der Bergstation auf die Stütze 3 zurückrollte alle Fahrgäste zunächst unverletzt geblieben sind.
[...] Da die Geschwindigkeit nur von der Fallhöhe und nicht von der Steigung abhängt, gilt einfach v = (2 * a * s)^0,5 = (2 * 9,80665 ^/s² * 125 m) = 49,5 m/s = 178 km/h.
Aufgrund des Luftwiderstandes, der etwa ab 120 km/h eine größere Rolle spielt, ist zu erwarten, dass die Kabine auf etwa 160 km/h abgebremst worden ist. [...]
Ich kann's mir nicht verkneifen, daher eine Ergänzung zur Restspannkraft: Ich komme nach Petri (1978), Gleichung 80 (Berechnung der Geschwindigkeitszunahme bis zum Einfallen der Fangbremsen), und etwas konservativ geschätzten Werten für die Seilspannkraft (aus dem Durchhang im 4. Feld geschätzt/errechnet), Seilmasse etc. mit einem Ausbreitungsparameter c=3700 m/s auf einen durch die Zugseilrestspannkraft hervorgerufenen Geschwindigkeitszuwachs von etwa 10 - 15 m/s zusätzlich zu den von Dir errechneten 50 m/s, also in Summe auf ca. 60 - 65 m/s bzw. 216 bis 234 km/h (natürlich ohne Luftwiderstand o.ä. Einflüsse). Das geht auch schon eher in die Richtung der Medienberichte, laut denen die Kabine ca. 14 Sekunden vom Seilriss bis zum Entgleisen brauchte. Nach ca. 20-25 m (Interpretation Gl. 81) geht der Einfuss des Restseilzugs gegen 0, da die Kabine das Restseil überholt bzw. die Zugkraft sehr klein wird.
Dass die Fahrgäste das als "längere Stützenüberfahrt" verspürt haben könnten, glaube ich eher weniger. Die von mir errechneten Werte für die Beschleunigung in Bahnachse (also quasi-horizontal) belaufen sich auf um die 26 - 31 m/s^2, also 2,7 bis 3,2 g unmittelbar nach dem Seilriss. Selbst unter Annahme, dass die Kabine entsprechend ausgependelt ist - stehen geblieben ist da wohl kaum keiner. Ich weiß natürich, dass meine Zahlenwerte ohne die Daten der Anlage wenig aussagekräftig sind, ich möchte lediglich zeigen, dass die Restspannkraft nicht zu vernachlässigen ist.
^^Übrigens, wenn das irgendwer nachrechnen will und die Daten hat, braucht er für die Seilspannkraft an der Kabine lediglich die halbe Spanngewichtskraft herauszufinden und den Hangabtrieb für 24,26 % Neigung abzuziehen, mich würd schon interessieren was da tatsächlich herauskommt.
Kakadu hat geschrieben: 27.05.2021 - 03:01 [...] Das schweizer Radio und Fernsehen hat recht gut berichtet. Als das Wort "fahrlässig" fiel, wurde das vom zugezogenen Experten abgefangen und die Angelegenheit klar als eventualvorsätzlich erkannt, Der Bericht aus Hasliberg bei 10vor10, wo die untere Pendelban nach 50 Jahren neue Tragseile kriegt – mit dem Schlußfazit, daß es absolute Sicherheit nicht gibt, aber wenn alle seriös arbeiten, kein Anlaß zur Sorge besteht – zeigt, daß es auch konstruktiv geht.
In Italien ist die Presse ganz heftig und man ist schwer empöft. Der Fall wird mit der Morandi-Brücke in Relation gesetzt (marode Infrastruktur mit schlechtem Image für Italien); in diesem Fall sind aber die Schuldigen zu offensichtlich. Die Sindaca von Stresa spricht sogar von einem "9/11 für Stresa". [...]
Der Zugseilriss ist das eigentlich spannende an dem Unglück. Die überbrückte Tragseilbremse - tragisch.
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Bei uns hat die Regionalzeitung sofort den Vertreter der Wirtschaftskammer befragt, der natürlich konterte, dass etwas derartiges bei uns nicht möglich sei. Lachhaft. Dafür hat man in den Kommentaren der auflagenstärksten Tageszeitung ob des Informationsmangels über Zusammenhänge mit israelfeindlichen Terrorangriffen und Chemtrails diskutiert, vom italienischen Prinzip der Wartung (= Warten) ganz zu schweigen... Die Reaktion der italienischen Presse erscheint allerdings nachvollziehbar.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von NeusserGletscher »

Solche Unglücke kommen oft dann vor, wenn alle Verantwortlichen davon ausgehen, dass bei ihnen so was nie passieren kann. Ich halte es trotzdem für verfrüht, den Stab über die Verantwortlichen zu brechen. Hätten sie auch so gehandelt, wenn sie sofort Geld für die erforderliche Reparatur bekommen hätten? Derzeit sollte es doch kein Problem sein, bei den Seilbahnherstellern schnell ein paar Techniker zu bekommen, die einem die Bahn reparieren.

Im Prinzip erlebt ein Kumpel von mir grad was ähnliches. Der arbeitet für ein Unternehmen, welches entfernt etwas mit IT Sicherheit zu tun hat. In dessen Anwendungen gibt es bekannte Sicherheitslücken, mit denen man sich höhere Rechte verschaffen oder das System schlichtweg lahmlegen kann. Manche Fehler sind klassische Anfängerfehler und seit Monaten bekannt, regelmässige Updates von sicherheitsrelevanten Komponenten finden aber nicht statt, weil sie niedriger priorisiert werden als neue Features, die man Kunden verkaufen und damit Umsatz generieren kann. Mittlerweile fixt mein Kumpel diese Fehler unterm Radar derjenigen, welche die Arbeiten priorisieren, weil er offene Sicherheitslücken nicht mit seinem Verständnis von Sicherheit vereinbaren kann. Zu seiner Absicherung wird das halt auf den offiziellen Kanälen dokumentiert und wenn ihn irgendwann mal jemand danach fragt, dann teilt er ihm halt mit, dass dies bereits gefixt wurde und nur noch im Testfeld verifiziert werden muss.

Wir werden hoffentlich mehr über die äußeren Umstände erfahren, welche die Verantwortlichen dazu bewogen haben, dermaßen fahrlässig zu handeln. Denkbar ist aber auch, dass genau diese Umstände unter den Tisch fallen. Denn falls es den Verantwortlichen nicht möglich gewesen wäre, schnell finanzielle Mittel zur Durchführung der Reparatur zu erhalten, dann hätte das marode Gemeinwesen Italiens mindestens eine Teilschuld an dem Unglück.
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Lagorce
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Zitat von:
https://www.leitner-ropeways.com/untern ... ensgruppe/
LEITNER ist Teil der Unternehmensgruppe High Technology Industries (HTI), unter deren Dach die weiteren Marken POMA (seilgezogene Personentransportsysteme), PRINOTH (Pisten- und Ketten-Nutzfahrzeuge), DEMACLENKO (Beschneiungsanlagen), LEITWIND (Windkraftanlagen) und AGUDIO (Materialseilbahnen) vereint sind.

Leitner - Poma (LP, L-P) (https://www.leitner-ropeways.com, https://www.poma.net) zusammen mit Konkurrent Doppelmayr/Garaventa (https://www.doppelmayr.com) sind die beiden Marktleaderm im Seilbahngeschäft.

Aufgrund des Unfalls Mottarone Leitner als involvierte Firma pauschal negativ zu beurteilen ist objektiv betrachtet nicht nachvollziehbar.

Inwieweit die Verantwortung von Leitner massgebend ist, werden die Juristokraten entscheiden.

Grundsätzlich kann aufgrund dieses Ausnahme-Ereignis ist eine verallgemeindernde Schlussforgerung bzgl. Qualität oder Sicherheit der Anlagen (inkl. Service) von Leitner nicht angebracht. Moderne Leitner, Poma, Garaventa und Doppelmayr Seilbahnen sind gesamthaft betrachtet ähnlich zuverlässig und sicher.
Zudem sind zahlreiche Zwischenfälle auf Fehlverhalten des Betreiberpersonals zurückzuführen. Ausnahme sind allerdings die Poma Pendelbahnen, bei denen sich überdurschnittlich viele Zwischenfälle ereigneten, dies ist nicht selten auf unübliche mehr oder weniger exotische Technik zurückzuführen.

Die verunglückte Pendelbahn ist zwar ursprünglich älterer Bauart, was alleinig jedoch nichts über deren Sicherheit aussagt. Eine gut gebaute und fachgerecht betriebene (d.h. inkl. Wartung) 50 jährige Anlage kann weitaus sicherer sein als die modernste Anlage wenn dort der Betreiber unseriös ist.

Aufgrund der Gegebenheiten zum Zeitpunkt des Seilrisses (oder anderweitiges technisches Versagen, da genau betrachtet nicht bestätigt wurde, ob effektiv das obere Zugseil zwischen der Gegenstation Mottarone und dem Laufwerk von Fahrzeug Nr. 3 riss, oder ob z.B. der entsprechende Seilkopf versagte) kann man davon ausgehen, dass mit einer korrekt funktionierenden Fangbremse der Unfall verhindert worden wäre.

Das Fahrzeug war wenig beladen, schätzungsweise so grob um 1/4 bis 1/3 der Nutzlast, und befand sich an einer für einen Fangbremseneinsatz unkritischen Stelle der Strecke (keine steile Stelle, nicht unmittelbar vor einer Stütze, usw.).

Ohne die Blockierbügel hätte die Fangbremse mit wirklich sehr hoher Wahrscheinlichkeit den Unfall verhindert.

Aufgrund der Vorliegenden Bedingungen wäre zwar die Verzögerung (Abbremsung) recht hoch gewesen, diese hätte dennoch kaum zu sehr ernsthaften Verletzungen geführt (etwa vergleichbar mit einer Notbremsung bei einem Bus wobei ich dies nicht nachberechnet habe, also eine reine gefühlsmässige Einschätzung meinerseits was den Vergleich mit dem Bus betrifft).

Das Versagen des Zugseils (oder des Seilkopfs, usw.) spielt keine Rolle bzgl. obig erwähntes.

Sofern das Hydraulikventil der bergseitigen Schlaffseilauslösung die Fangbremse erwartungsgemäss auslöst, schliesst sich die Fangbremse und das Fahrzeug wird ohne Entgleisung oder Kollision angehalten da keine Faktoren vorliegen, die in diesem Auslösefall die Effektivität der Fangbremse ausreichend tangieren würden (anders wäre es bei gewissen Bahnen bei einem sehr unwahrscheinlichen Zusammentreffen von extrem ungünstigen Voraussetzungen, was hier nicht zutrifft).

Über das Versagen des Zugseils liegen noch keine verlässliche Angaben vor. Plausibel ist ein Versagen der Verbindung im Seilkopfbereich. Tragseilriss ausserhalb des Endbereichs ist sehr selten und wäre eher auf eine abnormale externe Einwirkung zurückzuführen als irgendeine progressiv fortschreitende mindestbruchkraftmindernde Degradierung.
Zudem wurde die magnetinduktive Seilprüfung am 2020-11-05 durchgeführt so dass in diesem Zeitraum höchst unwahrscheinlich eine derart kritische visuell nicht aufdeckbare Mindestbruchkraftminderung eintrat (ohne externe Einwirkung, eine solche hättte dann jedoch sichtbare Spuren hinterlassen).

Fehler beim Konfektionieren des Seilkopfs und/oder Materialfehler wären nicht vollständig ausgeschlossen, dies wäre dann jedoch auf menschliches Versagen zurückzuführen (Arbeitsvogehensweise, bzw. NDT (nicht-destruktive Prüfung der kritischen Seilkopfteile wobei diese implizit bezugnehmend auf die Pressemitteilung von Leitner zwischen dem 2021-03-29 und 2021-04-01 durchgeführt wurden)).
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Bjoerndetmold
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Bjoerndetmold »

Ich bin Strafrechtler und kein Seilbahnrechtler.

Aber mich interessiert gerade auch deshalb, wie die rechtliche Situation hinsichtlich der Fangbremse ist. Wenn Sie gar nicht vorgeschrieben war, kann man den Betreibern möglicherweise auch keinen oder jedenfalls einen weniger schwerwiegenden rechtlichen Vorwurf machen. Weil man das Unglück mit aktivierter Bremse wohl hätte vermeiden können, bliebe natürlich ein moralischer Vorwurf.

EU-Recht:
Es gilt die
VERORDNUNG (EU) 2016/424 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 9. März 2016
über Seilbahnen und zur Aufhebung der Richtlinie 2000/9/EG
Da es sich um eine EU-Verordnung handelt, muss sie anders als eine EU-Richtlinie oder ein Rahmenbeschluss nicht erst in nationales Recht umgesetzt werden, sie gilt unmittelbar.

Wenn ich das richtig sehe, lässt die Verordnung auch keine strengeren nationalen Regelungen zu, damit wird die Verkehrsfähigkeit des Produkts Seilbahn garantiert. Eine EU-Rechts-konforme Anlage darf ich auch in jedem Mitgliedstaat verkaufen, ohne mich darum zu sorgen, ob nationales Recht andere Anforderungen stellt.

Fraglich ist zunächst, ob die Uraltanlage vielleicht ausgenommen vom Anwendungsbereich ist:
(2) Diese Verordnung gilt nicht für
b) von Mitgliedstaaten als historisch bedeutend, kulturell bedeutend oder denkmalgeschützt eingestufte Seilbahnen, die
vor dem 1. Januar 1986 in Betrieb genommen wurden und die noch in Betrieb sind und in Entwurf und Bau keine
wesentlichen Änderungen erfahren haben, einschließlich der speziell für diese entworfenen Teilsysteme und
Sicherheitsbauteile;
Vielleicht kann da jemand etwas zu sagen. Einerseits heißt es hier teilweise, die Seilbahn sei sozusagen auf Vorkriegsstand, andererseits ist von Renovierungen die Rede und das Laufwerk ist ausgetauscht worden. Die Fangbremse ist jedenfalls nicht alt.

Zu Bremssystemen heißt es :
Alle Seilbahnen müssen über zwei oder mehr Bremssysteme verfügen, von denen jedes Halt bewirken kann und
die so aufeinander abgestimmt sind, dass sie automatisch das gerade in Betrieb befindliche System ersetzen,
wenn dessen Wirksamkeit nicht mehr ausreicht. Das letzte Bremssystem der Seilbahn muss so nah wie möglich
am Zugseil wirken. Diese Vorschriften gelten nicht für Schlepplifte.
Tja, ein am Zugseil wirkendes Bremssystem wirkt natürlich nicht, wenn selbiges reisst.
Andererseits steht da auch nichts von einem Bremssystem, welches auf das Tragseil, wenn es eins gibt, wirken muss.

Für den Fall eines Zugseilrisses gibt es nur diese Regelung, die aber auf eine Luftseilbahn nicht anwendbar ist:
5.7. Bei Seilbahnen, deren Fahrzeuge auf einer festen Trasse fahren (wie etwa Standseilbahnen und Mehrseilbahnen),
ist eine auf die Fahrbahn wirkende automatische Fahrzeugbremse vorzusehen, wenn die Möglichkeit des
Bruches des Zugseils nach vernünftigem Ermessen nicht ausgeschlossen werden kann.
Zu der Vorauflage der EU-Verordung gab es hier mal eine Diskussion: viewtopic.php?f=39&t=755

Dort hieß es noch
Bei Fahrzeugen von Standseilbahnen und – sofern die Art der Anlage es zulässt – bei Zweiseilbahnen ist eine auf die Fahrbahn wirkende automatische Fahrzeug-bremse vorzusehen, wenn die Möglichkeit des Bruches des bewegenden Seilesnach vernünftigem Ermessen nicht ausgeschlossen werden kann.“
Merke: auch Zweiseilbahnen!

Danach hätten sich Deutschland und Italien (bei der Vorauflage) gegen ein Wegfall des Fangbremsenerfordernisses gewandt, wie man leider sieht mit guten Gründen.
Dazu gibt es diese Studie: https://docplayer.org/6326420-Sicherhei ... remse.html

Erfolgreich war man mit den Bedenken nicht, aber ich sehe in der Neufassung der Verordnung keine Pflicht mehr, eine Tragseilbremse / Fangbremse vorzusehen. Meines Erachtens sind zwei unabhängig voneinander funktionierende auf das Zugseil wirkende Bremsvorrichtungen ausreichend.

Von der hier und auch da https://www.bergbahnen.org/forum/viewtopic.php?t=1194 diskutierten Frage, ob diese Frage davon abhängt, ob das Zugseil endlos gespleisst ist, hängt die rechtliche Einordnung nicht ab.

Dann (jedenfalls wenn es zwei Bremssysteme am Zugseil gibt) hätte die Tragseilbremse aber auch ganz ausgebaut werden können, ohne dass der Betrieb der Anlage hätte unterbunden werden müssen. Stellt sich die Frage, ob man einen rechtlichen Vorwurf an die Beschuldigten daran knüpfen kann, ein Bremssystem deaktiviert zu haben, wenn es gar nicht vorgeschrieben war. Zumindest ist es zulässig, Bahnen ohne Fangbremse zu betreiben, bei welchen aber ein Zugseilriss unweigerlich zu den gleichen schrecklichen Folgen führen würde.

Wie gesagt, dass die Tragseilbremse wie man sieht ihre Berechtigung hat, dass es gute Gründe gibt, sie vorzuschreiben, dass es tragisch ist, dass sie deaktiviert wurde, dass das ein schrecklicher, von keinem gewollter Unfall ist, das alles ist offensichtlich.

Unabhängig von diesen Überlegungen bleibt natürlich auch die Fragen, warum das Zugseil gerissen ist (aus dem gleichen Grund, welcher die Bremse fehleranfällig gemacht hat; aus einem Grund, der mit der Umgehung der Fangbremse zu tun hat; aus einem nicht im Zusammenhang stehenden Grund).

Weiß jemand etwas zum nationalen Recht für den Fall, dass die EU-Verordnung (etwa weil historische Altanlage) doch keine Anwendung findet?
Zuletzt geändert von Bjoerndetmold am 27.05.2021 - 09:22, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Pistencruiser »

NeusserGletscher hat geschrieben: 27.05.2021 - 08:07
Wir werden hoffentlich mehr über die äußeren Umstände erfahren, welche die Verantwortlichen dazu bewogen haben, dermaßen fahrlässig zu handeln.
Wenn sich dass alles so bewahrheitet wurde nicht fahrlässig sondern ganz bewusst vorschriftswidrig gehandelt!
NeusserGletscher hat geschrieben: 27.05.2021 - 08:07
Denn falls es den Verantwortlichen nicht möglich gewesen wäre, schnell finanzielle Mittel zur Durchführung der Reparatur zu erhalten, dann hätte das marode Gemeinwesen Italiens mindestens eine Teilschuld an dem Unglück.
..nein, dann hätte die Bahn stillgelegt gehört! Punkt!
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Erli.GB »

MarcB96 hat geschrieben: 26.05.2021 - 22:51
Ich vermute, dass das das untere Zugseil von der abgestürzten Kabine ist. Quasi dass die Kabine das Seil bergab überholt hat.
Die Kabine müsste also schneller als das Seil gewesen sein...
Dann wäre der Zug den das Seilfeld 3 (zwischen Stütze 2 und 3) ausübt nicht so groß gewesen wie ich mir das vorstelle...

Interessant sind die errechneten Geschwindigkeiten, hätte nicht vermutet das hier wesentlich mehr als 100km/h erreicht worden sein können.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von MMA »

Bjoerndetmold hat geschrieben: 27.05.2021 - 09:16
Bei Fahrzeugen von Standseilbahnen und – sofern die Art der Anlage es zulässt – bei Zweiseilbahnen ist eine auf die Fahrbahn wirkende automatische Fahrzeug-bremse vorzusehen, wenn die Möglichkeit des Bruches des bewegenden Seilesnach vernünftigem Ermessen nicht ausgeschlossen werden kann.“
Merke: auch Zweiseilbahnen!
Problematisch sehe ich hier den Teil "wenn die Möglichkeit des Bruches des bewegenden Seiles nach vernünftigem Ermessen nicht ausgeschlossen werden kann". Was bedeutet dies genau? Bei Bahnen mit nicht-umlaufend-gespleisst Zugseilen besteht ein gewisses Restrisiko, dass das Zugseil an der Kabine abreißt. Reicht dies schon für "vernünftigem Ermessen nicht ausgeschlossen werden kann"?
Bjoerndetmold hat geschrieben: 27.05.2021 - 09:16 Dann (jedenfalls wenn es zwei Bremssysteme am Zugseil gibt) hätte die Tragseilbremse aber auch ganz ausgebaut werden können, ohne dass der Betrieb der Anlage hätte unterbunden werden müssen. Stellt sich die Frage, ob man einen rechtlichen Vorwurf an die Beschuldigten daran knüpfen kann, ein Bremssystem deaktiviert zu haben, wenn es gar nicht vorgeschrieben war. Zumindest ist es zulässig, Bahnen ohne Fangbremse zu betreiben, bei welchen aber ein Zugseilriss unweigerlich zu den gleichen schrecklichen Folgen führen würde.
Deine ausführliche, rechtliche Betrachtung ist das eine, was noch interessant werden wird.
Das andere ist die mediale Betrachtung und hier ist hoch und runter gegangen, dass die Notbremse willentlich deaktiviert wurde. Das ist ein verdammt großer Imageschaden, inklusive der "italientypischen Schlamperei". Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass nach diesem Zwischenfall Fangbremsen wieder vorgeschrieben werden.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Bjoerndetmold »

MMA hat geschrieben: 27.05.2021 - 09:38 Problematisch sehe ich hier den Teil "wenn die Möglichkeit des Bruches des bewegenden Seiles nach vernünftigem Ermessen nicht ausgeschlossen werden kann". Was bedeutet dies genau? Bei Bahnen mit nicht-umlaufend-gespleisst Zugseilen besteht ein gewisses Restrisiko, dass das Zugseil an der Kabine abreißt. Reicht dies schon für "vernünftigem Ermessen nicht ausgeschlossen werden kann"?
Das ist eh Rechtsgeschichte, das war die Regelung nach der alten EU-Seilbahnverordnung. Der Passus ist ja jetzt nur noch Bahnen auf fester Fahrbahn anwendbar.

Aber ja, nach der alten Verordnung könnte es, wenn ich das richtig verstanden habe, einen Unterschied gemacht haben, ob das Zugseil umflaufend endlos gespleisst war, weil hierbei anscheinend das Risiko eines Seilbruchs geringer ist.
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